Cosmic Latte

Willkommen beim Cosmic Latte Podcast! Begleite Eva, wenn sie mit Jana und Elka bei einem Kaffeehausgespräch, über Galaxien, Sterne und die faszinierenden Wunder unseres Universums plaudert. Ihre Leidenschaft für Astronomie und Wissenschaftskommunikation verbindet die Podcasterinnen miteinander. Eva studiert Astronomie an der Universität Wien. Sie hat einen Abschluss in Kommunikationswissenschaften und erst vor kurzem ihre Masterarbeit über Wissenschaftskommunikation geschrieben. Sie ist neben diesem Podcast auch im Podcast „Das Universum“ zu hören, wo sie über Science in Science-Fiction Filmen redet. Sie träumt davon, eines Tages ins Weltall fliegen zu können. Elka ist zur Zeit FH-Lektorin und hat eine Ausbildung zur Medizinphysikerin abgeschlossen. Außerdem beitreibt sie als @thesciencyfeminist auf Instagram einen erfolgreichen Wissenschaftskommunikationskanal, der vor allem Frauen in der Wissenschaft sichtbar machen soll. Sie träumt davon, eines Tages Evas Weltraumflug programmieren zu dürfen. Jana ist unser neuer Zugang bei Cosmic Latte. Sie hat nach ihrem Masterabschluss in Astrophysik nach Exoplaneten geforscht, bevor sie in die Wissenschaftskommunikation wechselte...

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CL010 - Das Schwarze Loch im Zentrum der Galaxis


Die Episode über Schwarze Löcher und Sagittarius A*

CL010 - Das Schwarze Loch im Zentrum der Galaxis

Die Episode über Schwarze Löcher und Sagittarius A* im Herzen der Milchstrasse

Einleitung

"Wozu braucht Gott ein Raumschiff?" (James T. Kirk)

Diese Frage stellte Kirk in dem Film "Star Trek V: The Final Frontier" (USA, 1989, deutsch: Am Rande des Universums). Darin flog die Enterprise ins Zentrum der Galaxis und findet dort den Gott-Planeten Shakaree.

Heute wissen wir, dass sich im Zentrum der Milchstrasse ein supermassereiches Schwarzes Loch befindet. Aber wie so oft in der Geschichte der Wissenschaft war es ein langer Weg bis dahin. Die Vermutung gab es schon früher, beweisen konnte man es erst vor kurzem. In dieser Episode wollen wir uns daher der Entdeckung Schwarzer Löcher und besonders jenem in unserer Milchstrasse widmen.

Was ist ein Schwarzes Loch?

Wortwörtlich gesprochen ist der Begriff "Schwarzes Loch" etwas irreführend, denn es ist ja kein Loch in das man hineinfallen könnte. Denn per Definition ist ein Loch ja eine offene Stelle, in der etwas fehlt, wo keine Substanz ist - und ein Schwarzes Loch ist gerade das Gegenteil davon, denn es enthält sehr viel Masse. Genau wissen wir es allerdings nicht, weil wir nicht hineinschauen können.

Gemäß seiner Definition, ist ein Schwarzes Loch ein extrem kompaktes Objekt, dessen Masse auf ein sehr kleines Volumen konzentriert ist. Deswegen erzeugt es in seiner direkten Umgebung eine so starke Gravitation, dass selbst Licht diesen Bereich nicht mehr verlassen kann, weswegen es visuell als schwarzes und undurchsichtiges Objekt erscheint bzw. nicht zu sehen ist. Diese Grenze wird Ereignishorizont genannt und ist wie eine Einbahnstrasse: Nichts kann den Ereignishorizont von innen nach außen überschreiten.
Dieser Bereich kann mit dem Schwarzschild-Radius berechnet werden. Rein rechnerisch lässt sich dieser Radius für jeden Körper bzw. jede Masse leicht feststellen und sagt uns, ab welchen Radius ein Objekt (das auf ein Kugelvolumen zusammengedrückt wird) zu einem Schwarzen Loch wird. Er lässt sich mit dieser Formel berechnen:

Die unterschiedlichen Klassen von Schwarze Löcher

Je nachdem wie Schwarze Löcher entstehen kann man sie unterschiedlich klassifizieren:

  • Stellare SL: Sie entstehen, wenn ein ausreichend großer Stern (mit mindestens mehr als 2,5 Sonnenmassen) am Ende seines Lebens keinen Brennstoff mehr hat und unter seiner eigenen Gravitation kollabiert. Unsere Sonne kann also kein SL werden; würde sie trotzdem eines werden, dann hätte sie einen Schwarzschildradius, also einen Ereignishorizont von nur 5 Kilometern Durchmesser.

  • mittelgroße SL: Sie haben circa die 100.000fache Sonnenmasse, aber genau kann man es nicht sagen, weil man sie noch nicht eindeutig nachgewiesen hat. Eventuell gibt es sie in Kugelsternhaufen, wo sie durch Sternkollisionen entstehen können.

  • primordiale SL: Auch diese SL hat man noch nicht nachgewiesen. Aber man vermutet seit den 1960er Jahren dass sich direkt nach dem Urknall in bestimmten Regionen des Raums so viel Masse zusammengeballt hat, dass SL entstehen können. Solche SL wären extrem klein, kleiner als Atome und hätten eine Masse die ungefähr der eines Berges entspricht.

  • Supermassereiche SL: Diese gigantischen Objekte haben das Millionen- bis Milliardenfache der Sonnenmasse. Man findet sie in den Zentren von Galaxien und es wird immer noch erforscht, welche Rolle sie bei der Entwicklung von Galaxien spielen. Das supermassereiche SL im Zentrum unserer Galaxie heißt "Sagittarius A* (Sgr A*)" und ist knapp 27.000 Lichtjahre von der Sonne entfernt. Sein Schwarzschildradius ist so groß, dass es gerade in die Umlauf des Merkur passen würde und es hat die 4-Millionenfache Masse der Sonne. Es gibt aber auch weitaus größere SL; das massereichste, das wir kennen ist TON 618, ein Quasar der bis zu 70 Milliarden Sonnenmassen hat. Es wäre so groß, dass es im Sonnensystem bis zur Neptunbahn reichen würde.

Die Entdeckung von Sgr A*

Es hat gedauert, bis man das SL im Zentrum der Galaxis eindeutig nachweisen konnte. Der Blick ins Zentrum der Milchstraße wird durch Staub verstellt und wir können nicht direkt dorthin schauen. Dort ist auch alles voll mit Sternen - aber Radiowellen können den Staub durchdringen. Schon in den 1960er Jahren hat man vermutet, dass da ein SL ist; 1974 haben die US-Astronomen Bruce Blick und Robert Brown eine starke Radioquelle im Sternbild Schütze (lat. Sagittarius) gefunden, die ziemlich genau im Zentrum der Milchstraße lag. Sie haben sie "Sgr A*" genannt und der Name ist geblieben.

Warum Radioquelle?

SL geben keine Strahlung ab, aber in ihrer Umgebung kann es jede Menge Gas und Staub geben. Das Material kann eine Scheibe um das SL bilden und wenn das wirbelnde Zeug durch die schnelle Bewegung aufgeheizt wird, gibt es jede Menge Strahlung ab und gerade die Radiowellen kann man sehr gut beobachten. Die Menge an Strahlung ist auch ein Hinweis, dass da ein Objekt mit enormer Gravitationskraft sein muss, das das Material so enorm beschleunigen kann.

Was helfen Sternbahnen?

Später haben dann Arbeitsgruppen um Reinhard Genzel (La Silla Observatorium) und Andrea Ghez (Keck Observatorium), die Bahnen von Sternen um das Zentrum der Milchstraße beobachtet. Weiß man, wie groß die Umlaufbahn eines Sterns ist und wie lange es dauert für eine Runde, kann man daraus abschätzen, welche Masse der Stern umkreist und weiß auch, in welchem Raum diese Masse konzentriert sein muss.

Der verräterische Stern S2

Ein wichtiger Stern bei diesem Beobachtungsprogramm war ein Stern mit der Bezeichung "S2". Aus seiner Beobachtung konnte man zeigen, dass die Masse maximal eine Sphäre mit 120 AE Durchmesser einnimmt. Am schnellsten Punkt seiner Bahn bewegt sich der Stern mit 7650 km/s. Für die Autofahrer: das sind 27 540 000 km/h! Oder 2% der Lichtgeschwindigkeit! Die Erde bewegt sich nur mit 30 km/s um die Sonne.

Das erste Bild

Wir wissen also jetzt, dass da ein SL im Zentrum der Milchstraße ist. Aber erst 2019 konnt man ein Bild eines schwarzen Lochs machen, allerdings in einer anderen Galaxie (M87); in unserer Galaxis haben wir das SL im Jahr 2022 fotografiert.

Wobei natürlich nicht das SL selbst fotografiert wurde. Aber man kann die Strahlung aus der Umgebung des SL abbilden, die sehr hell ist und in der Mitte muss es einen Bereich geben, wo es dunkel ist und darin ist das SL.

Das Ziel war also die hochauflösende Beobachtung der Umgebung eines SL. Das geht nur mit Radioeteleskopen, weil die Radiostrahlung durch den Staub hindurch kann und vor allem weil man Radioteleskope als Interferometer zusammenschalten kann.

Das geht natürlich auch mit anderen Teleskopen, aber nur Radiowellen sind so langwellig, dass man das auch mit weit entfernten Teleskopen machen kann. Optische Lichtwellen zum Beispiel schwingen viel zu schnell, um die Daten speichern und später am Computer zusammenführen zu können.

Genau darum geht es bei der Interferometrie: Man nimmt zwei (oder mehr) Teleskope und tut so, als wäre es ein großes. Das ist ein wenig so, als würde man ein Loch in ein Teleskop machen; dann funktioniert es immer noch mit gleichem Auflösungsvermögen, nur die Lichtsammelfläche sinkt ein wenig. Und zwei Teleskope sind quasi ein großes Teleskop mit einem sehr großen Loch. Dann muss man die empfangenen Radiowellen "nur" mit extrem exakter Zeitinformation aufzeichnen und später am Computer alles zusammenführen und daraus ein Bild rekonstruieren.

Event Horizon Telescope

Das erste Bild eines schwarzen Lochs wurde mit dem "Event Horizon Telescope (EHT)" gemacht; ein virtuelles Teleskop von der Größe der gesamten Erde. Im April 2017 haben 8 Radioteleskope auf der ganzen Welt (u.a. auf Grönland, Antarktis, Hawaii, Europa, Süd- und N-Amerika) - zur gleichen Zeit die gleiche Gegend am Himmel beobachtet. 1024 8-Terabyte Festplatten wurden vollgeschrieben und dann hat man fünf Jahre lang an der Auswertung gearbeitet. Am Ende konnte man den Schatten des SL auf dem Bild sehen! Und ein paar Jahre später auch das schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße:

Genzel und Ghez haben den Nobelpreis für den Nachweis der Existenz schwarzer Löcher bekommen und zwar im Jahr 2020. Das EHT-Projekt für das 1. Bild eines SL ist bis jetzt noch ohne Nobelpreis, aber das kann sich ändern.

weiterführende Links und Literaturempfehlungen

Video des DLR Astroseminar mit Heino Falcke über das erste Foto des Schwarzen Loches M87 sowie über Sagittarius A*

Bücher:

  • Boblest, S. Müller, Th., Wunner, G.: "Spezielle und allgemeine Relativitätstheorie, Springer, 2. Auflage, 2022"

  • Falcke, Heino: "Licht im Dunkeln: Schwarze Löcher, das Universum und wir", Klett-Cotta, 2020

Kontakt

Falls ihr Fragen habt, dann schickt uns eine Mail an kontakt@cosmiclatte.at oder schaut auf cosmiclatte.at.

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 March 30, 2023  27m