Rechtsbelehrung - Recht, Technik & Gesellschaft

“Rechtsbelehrung” ist ein Jurapodcast, in dem monatlich aktuelle Rechtsfragen der Netzwelt besprochen werden. Während Rechtsanwalt Schwenke die rechtlichen Hintergründe erklärt, führt der Radiojournalist Marcus Richter durch die Sendung und sorgt mit seinen Fragen und Erklärungen dafür, dass der Podcast auch für Nichtjuristen verständlich bleibt.

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Disclaimer und andere Urban Law Legends – Rechtsbelehrung Folge 11 (Jura-Podcast)


Das ist Spökes, das ist Nonsens, das ist Unfug

sagt unser Gast Henning Krieg (Syndikusanwalt & Law-Blogger) in der heutigen Podcastfolge. Gemeint sind viele der Disclaimer und Rechtsmythen, die im Internet verbreitet werden.

Marcus Richter und ich haben unsere Follower und Hörer dazu aufgerufen, uns Beispiele solcher Disclaimer einzuschicken und haben (fast) alle besprechen, widerlegen oder auch bestätigen können. An dieser Stelle ein großes Dankeschön, Eure Tipps, Vorschläge und Kommentare helfen uns riesig beim Podcasten.

Im Folgenden die Übersicht aller besprochen Disclaimer & Mythen mit weiterführenden Hinweisen, Anmerkungen und Zeitmarken (hh:mm:ss):

  • 00:03:45 – Linkdisclaimer – Linkdisclaimer sind überflüssig, da die Haftung für Links gesetzlich geregelt ist und nicht pauschal durch einen Disclaimer ausgeschlossen werden kann. Zum einem haftet für fremde Rechtsverstöße nur derjenige, der sie sich zu Eigen macht (z.B. „Das was hier steht, sehe ich genauso: http://…“ oder die Rechtsverstöße offensichtlich sind (z.B. Links zu illegalen Musikdownloads). In solchen Fällen verbreitet man das Unrecht jedoch weiter und dagegen hilft kein pauschaler Disclaimer. Allenfalls können ausdrückliche Hinweise das Unrecht, welches per Link weiter verbreitet wird, wiedergutmachen (z.B. „Was dort steht, halte ich für unzutreffend“) oder die Verbreitung ist durch die Pressefreiheit gedeckt (Heise vs. Musikinduistrie).
  • 00:12:10 – Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt – Diesen Disclaimer findet man oft in Impressen (auch als Video). Er hat jedoch keine Wirkung und sollte wenn schon, dann höflich formuliert werden. Zudem kann dieser Disclaimer „ins Auge gehen“, wenn man sich selbst nicht an den eigenen Disclaimer hält und andere ohne vorherigen Kontakt abmahnt.
  • 00:17:45 – E-Mail Disclaimer (diverse Arten) – Diese „Disclaime“r sind rechtlich ohne Bedeutung und eher als „Angstklauseln“ zu verstehen, wenn man von seltenen Ausnahmen absieht. Weitere Ausführungen zu E-Maildisclaimern finden Sie bei der RAin Sieling,  RA Vetter und RA Dr. Ernst. Eine Sammlung von rund 150 dieser Stilblüten findet sich im „Angstklauseln“-Blog.
  • 00:33:05 – ©-Zeichen als Voraussetzung für den Urheberrechtsschutz – Das Urheberrecht entsteht automatisch wenn dessen gesetzliche Voraussetzungen vorliegen und nicht weil jemand es bestimmt. Das ©-Zeichen ist daher nur ein Hinweis auf ein eventuell bestehendes Urheberrecht. Trotzdem ist es sinnvoll das Zeichen zu nutzen, um auf diese Art und Weise die unberechtigte Nutzung von Inhalten durch diejenigen zu verhindern, die diesem Rechtsmythos glauben.
  • 00:37:45 – No copyright infringement intended – Dieser Disclaimer nützt wenig, da Urheberrechtsverstöße auch ohne Vorsatz begangen werden können.
  • 00:39:55 Meldet sich der Urheber auf Anfrage nicht, darf ich dessen Werk nutzen – Nein, keine Meldung ist eher ein Verbot als eine Einwilligung.
  • 00:40:00 – Inhalte auf Social Media Plattformen dürfen frei verwendet werden – Die Verwendung der Nutzerinhalte ist nur im Rahmen der Plattformfunktionen zulässig. (s. Beitrag Teilen im Netz – oder die rechtlichen Grenzen und Gefahren der Verwendung von User Generated Content bei Facebook, Google+, Youtube, Twitter, Instagram & Co.
  • 00:41:16 – Haben Social Media Plattformen alle Rechte an den Nutzerinhalten – Im Regelfall behalten sich die Plattformen Rechte zur Nutzung der Inhalte, um die Inhalte verwalten oder um sie zu Werbezwecken nutzen zu können (z.B. so genannte Sponsored Stories bei  Facebook). Es ist jedoch bereits zweifelhaft, ob die letztere Rechteeinräumung wirksam ist. Der Vorbehalt aller Rechte wäre unwirksam.
  • 00:44:45 – Ein Zitat ist zulässig, wenn der Name der Quelle angegeben wurde – Dadurch vermeidet man ein Plagiat, aber nicht eine Urheberrechtsverletzung. Diese setzt vor allem voraus, dass das Zitat als Beleg der eigenen Gedanken dient.  So ist es zulässig bei einer Diskussion ob Vanilla Ice Musik von Queen übernommen hat, zu Vergleichszwecken kurze Auszüge aus diesen Stücken abzuspielen. Dagegen wäre es nicht zulässig Passagen aus anderen Musikstücken in das eigene Werk zu übernehmen, damit das eigene Stück besser klingt. Weitere Erklärungen zu Zitaten finden Sie in den Beiträgen Texte richtig zitieren, statt plagiieren (Anleitung mit Checkliste) und Wann ist ein Bildzitat erlaubt? – Anleitung mit Beispielen und Checkliste.
  • 00:46:35 – Kurze Musikschnipsel bis zu 3 Sekunden, 3 Akkorden oder Texte bis zu 100 Wörtern sind nicht urheberrechtlich geschützt – Bei Musikstücken können schon „wenige Tonfetzen“ geschützt sein. Auch bei Texten kann bereits ein kurzer Limerick die für das Urheberrecht nötige Schöpfungshöhe erreichen.
  • 00:49:35 – Wer in die Kamera lächelt, erklärt sich mit der Veröffentlichung eines Bildes im Internet einverstanden – Ja, aber nur, wenn die Person weiß, dass das Bild online veröffentlicht wird (Disco-Fotos).
  • 00:52:30 Ab 5 Personen im Bild brauche ich deren Einwilligung nicht, um das Bild zu veröffentlichen – Das ist nicht wahr und gilt nur, wenn es eine öffentliche Versammlung, Aufzug oder ein ähnliches Beisammensein ist, bei dem die Teilnehmer einen gemeinsamen Zweck verfolgen.
  • 00:56:40 – ebay-Klausel 1: Nach dem neuen EU-Recht gebe ich keine Garantie – Das ist so nicht richtig, jedoch kann die Gewährleistung durch Privatpersonen ausgeschlossen werden. Dazu verweise ich auf den Beitrag 7 volkstümliche Rechtsirrtümer bei Ebay bei Hoaxbusters.
  • 01:00:14 – ebay-Klausel 2: Negative Bewertungen nach Absprache – Auch diese Klausel ist unzulässig, man darf den Käufern nicht die Meinung verbieten. Jedoch gibt es Grenzen für zulässige Bewertungen. So müssen die behaupteten Tatsachen wahr sein und die Meinungen dürfen die Grenze zur Beleidigung nicht überschreiten.
  • 01:02:10 „Arschloch“ stellt laut Kölner Gerichten keine Beleidigung dar – Das kommt ganz auf den Zusammenhang an und die im Podcast angesprochene Entscheidung des LG Köln „Die Bezeichnung eines Prozeßgegners in einem Internetforum als „Arschloch“ ist keinen Beleidigung, sondern eine „pointierte Äußerung“ des Mißfallens“ sollte als ein Ausnahmefall betrachtet werden.
  • 01:04:10 (Fast) Das Ende dieses Podcasts
  • 01:05:00 – Mein Blog ist privat, denn ich verdiene damit ganz wenig und nur über Spenden – Die Schaltung von Werbung oder Einnahme von Spenden kann dazu führen, dass ein Blog geschäftlich wird und damit strengeren gesetzlichen Anforderungen unterliegt.
  • 01:08:00 – Mein Privatblog braucht kein Impressum – Das Gesetz stellt beim Impressum nicht zwischen privat und geschäftlich. Allerdings entfällt bei Privatblogs das Risiko von Wettbewerbern abgemahnt zu werden (so denn sie tatsächlich privat sind).
  • 01:10:35 Keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der bereitgestellten Inhalte der Website – Zum einem kann ein Websiteinhaber einem Websitebesucher ohne eine Vorschaltseite oder Registrierung nicht nachweisen, dass er das Impressum tatsächlich gelesen hat. Zum anderen birgt die Klausel eine Abmahnungsgefahr. Denn sie kann gegen die Pflicht verstoßen, Verbraucher über Umstände wie Preise, Versand, etc. verbindlich zu informieren. . Sie sollte daher allenfalls punktuell und deutlich sichtbar, z.B. unter Artikeln, verwendet werden.
  • 01:16:50 Juristen ist der Zutritt verboten – Das „virtuelle Hausrecht“ erlaubt es zwar Personengruppen oder Personen von Webangeboten auszuschließen, jedoch nur wenn ein sachlicher Grund vorliegt. Das ist bei einer pauschalen Ausgrenzung von Juristen nicht der Fall.
  • 01:18:05 – Verlinkung dieser Website ist ohne Zustimmung verboten – Deep Links sind zulässig, außer es wird ein Zugangsschutz überwunden (Paperboy, Screen Scraping)
  • 01:23:00 Ich widerspreche allen Werbezusendungen – E-Mailwerbung darf ohnehin nur mit Einwilligung der Empfänger verschickt werden. Bei der Postwerbung sieht es anders aus, allerdings wird man dem Versender nachweisen müssen, dass er diesen Widerspruch tatsächlich gesehen hat.
  • 01:24:00 – Rechtsanwälte können von sich aus Abmahnungen aussprechen – Nur wenn deren eigene Rechte verletzt worden sind, Ansonsten nur wenn der Anwalt durch einen Mandanten beauftragt worden ist.
  • 01:28:05 Man kann mir nicht nachweisen, dass mir die Abmahnung zugegangen ist – Der Abmahnende muss zuerst nur nachweisen, dass die Abmahnung abgeschickt worden ist. Der Empfänger kann zwar theoretisch bestreiten, dass er die Abmahnung nicht erhalten hat, jedoch wird ihm der Nachweis des Nichtzugangs praktisch sehr schwer fallen.
  • 01:29:32 Das deutsche Recht gilt für mich nicht, da ich ausländische Domains/Server nutze – Nein, grundsätzlich gilt das Recht des Landes in dem man sitzt und zusätzlich des Landes, dessen Bürger als Zielgruppe adressiert werden. Das im Podcast angesprochene Beitrag des RA Feldmann BGH bejaht Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen auf der Website der New York Times und das Urteil zur Arzneimittelwerbung im Internet.
  • 01:36:25 Der Rechtsweg ist ausgeschlossen – Das LG Hannover entschied 2009, dass diese Klausel bei einem Radiogewinnspuel wirksam ist und die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen aus Gewinnspielen verhindern kann. Update 10.01.2014 mit Dank für den Hinweis an RA Sebastian Hoegel: Das OLG Dresden bei einem Postkartengewinnspiel war allerdings einer anderen Ansicht. D.h. es leider doch nicht so klar, ob die Klausel wirksam ist.
Weitere Beiträge zu Disclaimern und Rechtsmythen:
  • Internetrecht: Es ist nicht alles Schwachsinn, aber doch fast – 21 Fakten über Disclaimer im t3n-Magazin
  • Nutzloser Abwehrzauber – Zur Wirksamkeit von Web-Disclaimern von RA Joerg Heidrich und Christoph Köster
  • Der Disclaimer – 10 Jahre unausrottbarer Schwachsinn von RA Dr. Bahr
  • Über den (Un)Sinn von Disclaimern von Martin Rätze
  • Inhalte im Impressum: Von diesen Formulierungen solltest du die Finger lassen von Dominik Horn

Wir freuen uns wieder über Kommentare und Themenvorschläge sowie Bewertungen bei iTunes.

Der Beitrag Disclaimer und andere Urban Law Legends – Rechtsbelehrung Folge 11 (Jura-Podcast) erschien zuerst auf Rechtsbelehrung.


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 January 9, 2014  1h39m