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Zirkuslektionen und Clickertraining mit Pferden

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Wir sind „die Anderen“ - Aus dem Tagebuch eines Umsteigers


Sein Pferd zu lieben ist keine Frage der Trainingsmethode

Hin und wieder ärgere ich mich darüber, wenn Menschen mit vermeintlich pferdefreundlichen Trainingsmethoden und positiver Verstärkung werben und für nach meinem eigenen, heutigen Verständnis fast schon tierschutzrelevant handeln. Aber so dachte ich auch nicht immer, im Gegenteil. Gerade, wer den Weg des konventionellen Trainings gegangen ist, hat es nicht leicht, zu einem positiven Umgang mit dem Pferd zu gelangen, weil er an Altbekanntem festhält – nicht immer ganz freiwillig. Und manchmal braucht es sogar mehrere Anläufe, bis man „seinen Weg“ gefunden hat. Schließlich gibt es jede Menge Stolpersteine und Argumente, die erst noch entkräftet werden müssen. Ich möchte euch teilhaben lassen an unserer Entwicklung. Ich bin dankbar für jeden einzelnen Stein, weil ich ohne jeden einzelnen heute nicht derart hinter meiner Überzeugung stehen könnte. Ich bin sicher, ihr findet euch an der einen oder anderen Stelle meiner ganz persönlichen „Umsteigerstory“ wieder.

Wer nicht lesen will, der kann übrigens oben auf den „Play“ Button oder „Download“ klicken und den AudioBlog hören

 

Aller Anfang ist schwer … oder doch nicht?

Vor fast 15 Jahren habe ich angefangen, mich mit dem Thema positive Verstärkung und Clickertraining zu beschäftigen. Als ich damals damit anfing, war dieses Thema in der Pferdewelt gerade in der Frühphase und für mich genauso revolutionär wie unbekannt. Zwar habe ich immer schon, für mein Gefühl, positiv mit Pferden gearbeitet, aber wie die meisten hatte auch ich eine ganz konventionelle Reiter- und Reitschulkarriere hinter mir. Der Grund, warum ich letztlich nach weiteren Alternativen suchte, war mein hoher Leidensdruck: Mein neues Pferd funktionierte mit Druck einfach nicht. Und das, was ich davon sah und hörte, sprach mich an. Ich begann also mit dem Clicker zu arbeiten und war begeistert. Das Clickertraining eröffnete mir eine ganz neue Ebene des Pferdetrainings. Ich las, was mir in die Finger kam (und was es damals darüber gab …), diskutierte und tauschte mich aus, um all das Neugelernte gleich darauf auszuprobieren.

Doch leider war meine Euphorie nicht von Dauer – wider erwartend lösten sich mit der Motivation meines Pferdes nicht alle Probleme in Luft auf! Trotzdem hielt ich an dem Konzept fest, bis die ersten, schwierigeren Probleme auftauchten. Das anfängliche und nicht ganz abzustellende Betteln meines Pferdes störte mich nicht – außer die Male, in denen es eskalierte und mein Pferd mit geöffnetem Maul auf mich zusprang. Aber ich hatte ja schon lange mit Pferden zutun und wusste mein Pferd in seine Schranken zu weisen. Während ich ansonsten von außen immer eher belächelt wurde mit meinen Keksen, hatte in solchen Situationen jeder einen „guten Ratschlag“ für mich. Leider kamen diese Ratschläge selten von Menschen, die sich mit dem Thema „positive Verstärkung“ auskannten und so endeten diese Situationen zwar erfolgreich für mich, nicht aber immer positiv für mein Pferd. Hilfe vor Ort gab es nicht – nur eine Handvoll Leute versammelte sich im Internet und unterstützte sich gegenseitig.

Mehr Motivation durch Futterlob

Vieles funktionierte gut – vor allem die Dinge, die wir nicht schon über die „konventionelle Art“ über Druck erarbeitet hatten: Tricks und Zirkuslektionen, Stehenbleiben, Tierarztuntersuchungen… Bei allen anderen Dingen stieß ich immer wieder an meine Grenzen und griff auf die üblichen Mittel zurück: Druck und wenn es sein musste auch Strafe – schließlich konnte ich ja auch nicht alles durchgehen lassen. Noch war mein Kaltblut klein, aber wenn er erstmal groß war… Der Druck durch außenstehende Kritiker machte es mir nicht immer leicht, auf meinem Standpunkt zu beharren und ließ mich durchaus auch mal auch daran zweifeln.

Und so durchlebten wir Höhen und Tiefen des positiven Trainings und des konventionellen Umgangs. Als mein Pferd mitten in der Flegelphase steckte und ich mit meinem Latein am Ende war, suchte ich nach weiteren Alternativen. Ich wollte weiterhin pferdefreundlich mit ihm umgehen – denn für mein Dafürhalten ging ich im Gegensatz zu anderen Pferdebesitzern wirklich nett mit meinem Pferd um – und kam so zum Natural Horsemanship. Und ich fühlte mich sooo verstanden. Auf einmal war mir klar, warum wir all diese Probleme hatten und ich fühlte mich im Recht, wenn ich mein Pferd maßregelte und unter Druck setzte, denn das war doch natürlich und fair! Und grundsätzlich ist es natürlich auch fairer, Regeln aufzustellen, als einen „laissez faire“ Umgang mit dem Pferd zu pflegen (Was ich im Übrigen auch heute noch so sehe – unabhängig von der Trainingsform).

Und dann wurde es erstmal besser – mein Pferd gehorchte und ich wähnte mich in trauter Zweisamkeit. Schließlich wurde ich zu einem guten Führer für mein Pferd! Und endlich hatte ich wieder „Freunde“ und Gleichgesinnte, Trainer und andere Pferdemenschen um mich, die mich ernst nahmen. Und unsere Kommunikation wurde „besser“. Zumindest klappten nach und nach auch schwierige und anspruchsvollere Lektionen, die ich zuvor nicht erarbeiten konnte. Und nun wurde ich nicht mehr belächelt, sondern unsere Leistung wurde endlich anerkannt. Das „kleine, dicke Kaltblut mit dem großen, dicken Mädchen kann ja doch was!“.

Vom auf und ab im Methoden-Dschungel

Doch irgendwas störte mich immer wieder. Und so ganz wollte ich die „Kekserei“ auch nicht aufgeben. Also fütterte ich munter weiter und mixte mich durch den Dschungel der Trainingsmethoden. Und irgendwie stand ich irgendwann damit wieder alleine da – oder wahlweise auch einfach „zwischen den Stühlen“. Die einen sagten, die Kekse seien auch bloß eine „bessere Entschuldigung“, aber keine positive Verstärkung. Die anderen erklärten überzeugend „Pferde füttern sich auch nicht!“ und rieten mir, am besten gar nichts mehr aus der Hand zu geben… Tja und nun stand ich da in meinem Dilemma. Training ohne Futterlob? Ne, nicht mit mir… Dann doch lieber die „gute Seite der Macht!“ und weiter Kekse verteilen.

Gespräche unter Freunden

Und es klappte – schließlich hat es ja schon mal geklappt! Und mein Pferd und ich erlebten einen ungeahnten Höhenflug. Mein Wissen aus dem Horsemanship und der Clicker waren für uns eine gute Kombination. Naja, so ganz auf Druck konnte ich nicht in jeder Situation verzichten, manchmal ging es eben nicht ohne! Ganz, ganz selten musste es dann doch mal sein! Aber der Rest war positive Verstärkung – ganz ehrlich! (Glaubte ich jedenfalls auch weiterhin) Warum mein Pferd trotzdem immer wieder weg lief, wenn ich ohne Seil gearbeitet habe, konnte ich immer noch nicht verstehen. Schließlich gab es doch bei mir die besten Leckerlis der Welt – und das auch noch reichlich. Bei anderen funktionierte das doch auch? Warum nicht bei mir? Vielleicht waren wir einfach nicht für das Arbeiten über reine positive Verstärkung gemacht? Vielleicht geht das einfach nicht mit jedem Pferd! Ich jedenfalls, gab immer mein Bestes, für mein Pferd ein guter Mensch zu sein. Und trotzdem hatte ich den Eindruck, mein Pferd fühlte sich bei mir nicht immer wohl – warum sollte es sonst weglaufen. Ich war auch manchmal wütend! Wie undankbar war es doch, wo ich es doch so sehr liebte!

Glücklicherweise hatte ich jede Menge Leute um mich, die jede Menge Erfahrung auf dem Gebiet der „Pferdedressur“ hatten und so nahm ich auch an Kursen teil, die mir versprachen – ganz ohne Zwang – aus mir und meinem Pferd ein gutes Team zu machen. Aber konsequent musste ich schon sein. Denn das, was ich und mein Pferd hatten, nannte sich „Gentlemen Agreement!“ – solange mein Pferd tun konnte, was es wollte, machte es mit. Aber wenn es schwierig wurde, brenzlig oder auch einfach nur anstrengend, dann entschied es selbst und ließ mich sprichwörtlich im Regen stehen und suchte das Weite. „Da muss man einmal drüber weg arbeiten“ und „durch den Druck gehen“, damit diese Sache ein für alle Mal geklärt war. Das habe auch mit Strafe nichts zu tun, sondern sei lediglich eine Korrektur und für ein Pferd ganz normal und natürlich. Und ich klärte das! Ein für alle Mal wollte ich dieses Thema beenden und mir den Respekt meines Pferdes verdienen und beweisen, dass ich Chef sein kann. Es dauerte 20 Minuten und viel Schweiß bis wir diese Diskussion beendet hatten und mein Pferd mir endlich auch frei folgte – „freiwillig“. Ich hätte weinen können vor Glück und alles war erstmal gut. Dankbarkeit – irgendwie jedenfalls – für die Resozialisierung unserer kleinen 2-Pferde-Familie (also mich und mein Pferd).

Bei Seite geschoben waren zunächst all die Zweifel, ob es in Ordnung ist, mein Pferd unter Druck zu setzen. Schließlich folgte mein Pferd mir, wohin ich auch ging. Und dieses hielt an – solange ich konsequent war und jeden Versuch meines Pferdes, sich zu widersetzen, auch tatsächlich unterbunden habe. Denn ranghohe Pferde sind immer konsequent und nur, wer angedrohte Konsequenzen im Ernstfall auch durchzog, dem konnte man vertrauen. Dabei ging es mir gar nicht darum, dominant zu sein. Und überhaupt bedeutete Dominanz für mich nur, dass ich über das Wissen, die Entscheidungsfähigkeit und auch die Erfahrung eines guten Managers verfügte, dem sich das Pferd ja sicher gern unterordnete. Und so richtig von Unterordnung konnte man ja auch nicht sprechen, schließlich verkörperte ich die verbundenen Qualitäten von Leitstute und Leithengst in einem – Vertrauen im Doppelpack quasi, das „Überpferd“ sozusagen. Natürlich glaubte ich auch schon damals nicht, dass mein Pferd wirklich denkt, ich sei ein Pferd. Aber ich konnte ja zumindest üben, mich in Führungsangelegenheiten und Körpersprache wie eines zu verhalten, damit es mich besser verstand.

Zurück auf dem Boden der Tatsachen

Und ich dachte – und hoffte – so sehr, dass wir endlich angekommen waren in unserem sicheren Hafen der gemeinsamen Kommunikation. Natürlich bemerkte ich, dass mein Pferd manchmal unwirsch mit dem Schweif wedelte, die Ohren anlegte oder anderweitig seinen Unmut äußerte – und eben nicht immer dableiben wollte. Aber er blieb dann doch, weil er es für mich tat! Weil er mich respektierte! Und überhaupt: ich muss für meinen Unterhalt auch arbeiten und das macht mir nicht immer Spaß, gerade wenn es mich viel Mühe kostete. Dem Pferd wird es genauso gehen, aber der Spaß, der kommt schon noch! Auch bei den Lektionen, die bisher einfach nur „anstrengend“ für uns beide waren. Ich wollte doch so gerne auch so ein energetisches Kraftpaket, welches sich wie durch Zauberhand mit mir und ohne mich bewegte. Naja, wie schon gesagt, ich dachte und hoffte – und nichts änderte sich. Zwar musste ich keinen Druck mehr machen (das dachte ich jedenfalls), aber so richtig glücklich waren wir beide nicht mit dieser Lösung. Aber schon wieder etwas ändern? Noch mal zurück? Wie unglaubwürdig würde ich mich damit machen. Wie enttäuschend wäre das für alle, die von mir lernten. Und wie sehr würde uns das wohl zurückwerfen. War es das wert? Ich zweifelte – an nahezu allem. An mir, an meinem Pferd, an meiner Erfahrung, an meinem Wissen… Ich hatte mich weiterentwickelt. Ganz sicher. Im Gegensatz zu meinen „Jugendsünden“ war dies schon ein großer Fortschritt. Das musste man ja auch erstmal nachmachen…

Und dann kam er, der große Knall, der mich von meinem hohen Ross auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Auf einmal war es wieder da, unser Problem: Hilfe, mein Pferd rennt weg (und ich bin zu blöd, es zu trainieren). Glücklicherweise war ich gerade auf einem Kurs und glücklicherweise war ich nicht die einzige, mit diesem Problem. Da hatte sich doch ein kleiner, frecher Haflinger den gleichen „Scherz“ mit seiner Besitzerin erlaubt, die aber ebenfalls nicht in der Lage war, dieses Problem allein zu lösen, so dass der Trainer das Pferd in die Hand nahm und es für sie lösen wollte. Eine gefühlte Ewigkeit widersetzte sich das Tier den Führungsqualitäten und fand eine Lücke in jeder Treibrichtung – bis es erkannte, dass es aussichtslos war, sich zu widersetzen und sich endlich unterordnete. Die zuvor gut gefüllte Reithalle hatte sich um ein paar Plätze erleichtert, weil einige zuvor hoffnungsfrohe Zuschauer sich das Spektakel nicht bis zum Ende anschauen wollten oder konnten. Der Trainer betonte während seiner seelenruhigen Erklärungen im „Tanz mit der Bestie“ immer wieder, wie unfair es doch gegenüber ihm sei, dass Ergebnis nicht abzuwarten. Ich kannte das Ergebnis schon: DAS, war nicht, was ich wollte. DAS war nicht meine Vorstellung von positivem Umgang. DAS war nicht meine Zukunftsvision unseres Zusammenseins. Und ganz sicher, war dies keine positive Verstärkung. Es war mein letzter Kurs bei diesem Trainer, der mein Pferd gern „Cookiemonster“ rief und der bis heute noch behauptet, mit positiver Verstärkung – aber ohne Futter – zu arbeiten.

Die meisten Probleme erfordern langfristige Lösungen

Der Kurs änderte vieles und brachte mir eine wichtige Erkenntnis: Nicht alles, was sich positiv anhört, ist es auch. Und er machte mir auch klar, dass mein Ausbildungsweg zukünftig ein anderer, nicht auf Druck basierter sein sollte. Ich fühlte mich schlecht. Lange. Ich machte mir Vorwürfe und ich ärgerte mich über mich selbst. Ich bemitleidete mein Pferd für den schlechtesten Menschen des diesseitigen Pferdeuniversums. Warum habe ich nicht auf mein Bauchgefühl (und mein Pferd) gehört, sondern habe mich immer wieder bequatschen lassen? Warum konnte ich nicht für uns einstehen und bin unter dem Druck von außen immer wieder eingeknickt? Und vor allen Dingen, warum habe ich das gar nicht so empfunden? War ich denn blind? Oder blöd?

Nach dieser Erkenntnis dauerte es noch eine ganze Weile, bis ich tatsächlich überzeugt war, dass dieser Weg, „positive Verstärkung“, für uns funktionierte. Denn leider lassen sich alte Gewohnheiten nicht so leicht ablegen. Zu oft hatte sich „mein Fehlverhalten“ schon für mich gelohnt und ich tappte in die Falle – gedanklich und tätlich. Und meinem Pferd ging es ganz genauso! Wie oft hatte es sich schon gelohnt, wegzulaufen? Wie oft hatte es sich schon gelohnt „nicht zu funktionieren“? Und nun hatte ich dem auch nichts mehr entgegenzusetzen – denn ich ahndete sein Fehlverhalten nicht, was uns zumindest kurz in ein anarchistisch anmutendes Chaos stürzte. Was mich später teuer zu stehen kam war nicht das Ausbleiben von unangenehmen Konsequenzen, sondern der Glaube, ich könnte einfach aufhören Druck zu machen, stattdessen belohnen und weitermachen wie bisher. Denn ohne Druck, gab es kein Verhalten – über die Jahre habe ich mir ein waschechtes „Cross-Over-Problem“ herangezogen. Durch das jahrelange Mischen von Belohnung (positive Verstärkung) und Druck (negative Verstärkung) konnte mein Pferd zwar eine Menge, aber ich kam nicht mehr dran. Stattdessen zog mein Pferd es vor – richtig – wegzulaufen, wenn es ihm zu viel/zu blöd/zu schwer/zu negativ belastet war – und lernte wieder einmal, dass sich dies lohnte. Ich konnte Verhalten nicht abrufen, wenn ich nicht wieder Druck anwenden wollte. Die Belohnung hatte durch die Kombination mit Druck über die Jahre an Wert verloren und viele der Übungen, die mein Pferd früher quasi im Schlaf runterbeten konnte, beinhalteten „vergiftete Signale“, das heißt mit jedem Abruf, erinnert sich mein Pferd an die gemachten Erfahrungen und den Lernprozess. Tatsächlich „Lösen“ kann man dieses Problem nur, wenn man die Lektionen komplett neu erarbeitet und mit neuen Signalen belegt. Schwierig, wenn es um so simples Verhalten wie „am Seil von A nach B laufen“ geht und man mit seinem Pferd nicht einfach nur Zeit zuhause verbringen kann, sondern den Hof regelmäßig auch verlassen muss. Und auch frustrierend. Und wieder könnte ich mich darüber ärgern, doch es hilft nichts, es ist wie es ist und am besten ist es, mit den Konsequenzen seiner Vergangenheit leben zu lernen. Und Geduld zu haben! Und vor allen Dingen: diesmal möglichst konsequent zu sein, im positiven Sinne. Das ist der Punkt, an dem wir heute stehen. Zumindest wenn ich meinem Pferd Glauben schenke. Aber wir sind auf einem guten Weg – zumindest glaube ich, mein Pferd dies sagen zu hören.

Ehrlich motiviert mit positiver Verstärkung

Eine gute Beziehung durch positive Verstärkung

Mit meinen Kunden trainiere ich schon lange auf positiver Basis und viele meiner „Kundenpaare“ haben uns, zumindest was die Zuverlässigkeit und Motivation angeht, in manchen Lektionen längst überholt. Denn im Gegensatz zu mir, hatten sie Anleitung und jemanden, der die Fehler schon für sie gemacht hat, damit sie diese nicht mehr selbst machen müssen. Jemand der weiß, dass „Druck“ nicht funktioniert, um glückliche Pferde zu bekommen. Und das ‚weniger Druck‘ nicht ‚mehr freiwillig‘ bedeutet. Dazu kommt das mittlerweile große Ausbildungsangebot und eine wachsende Community an Pferdebesitzern, Trainern und Pferdefreunden, die der Vorgabe des konventionellen Trainingsmodelles trotzen und sich stetig weiterbilden und gegenseitig unterstützen. Wer gleich richtig anfängt, hat es besonders leicht – leichter jedenfalls, als Umsteiger. Denn die Vergangenheit kann man nicht ungeschehen machen. Leider gibt es keinen Reset-Knopf und auch keine Rückspultaste. Das Haus kann man Abreißen, aber das Fundament und der Grund, auf dem es stand, der bleibt. Man kann darauf aufbauen, aber diesmal gibt es keine Abkürzung, sondern nur ehrliche Handarbeit in Eigenregie. Bis wir da sind, wo wir mal hinwollen, wird es dauern. Vielleicht ein Leben lang. Aber wie sagt man so schön? Der Weg ist das Ziel. Trainerpferde sind eben gute Lehrpferde, aber keine Vorzeigepferde, weil sie die eigenen Fehler in jeder Entwicklungsphase ausbaden müssen.

Und auch wenn es schwer war und ist, auch wenn ich Fehler gemacht habe und ich heute den Kopf über mich schüttle, bin ich tatsächlich dankbar dafür, all diese Erfahrungen gemacht zu haben. Ohne diese Geschichte wäre ich heute nicht da, wo ich bin. Weder persönlich, noch beruflich! Ohne diese Erfahrung gemacht zu haben könnte ich heute nicht voller Überzeugung sagen, dass der Weg, den ich gehe, der richtige (für mich) ist. Wenn ich mit meinen Schülern über Trainingsmethoden spreche, kann ich heute mit gutem Gewissen und voller Überzeugung sagen, warum ich heute einen anderen Weg wähle. Und ich verstehe jeden Zweifler und Verzweifelten so gut, denn mir ging es genauso! Ich kenne all dies nicht nur aus der Theorie, sondern aus der Realität in der Praxis.
Und obwohl ich genau weiß, wie es ist, wenn man einer „der Anderen“ ist, erwische ich mich immer wieder dabei, dass ich mich ärgere oder aufrege, wenn Menschen in meinen Augen unfair mit ihren Pferden umgehen. Und manchmal passiert es mir auch, dass ich meine Klappe nicht halten kann und dies auch kund tue (um es meist kurz darauf wieder zu bereuen…). Und ich frage mich, warum dies so ist, wo ich doch meine Energie so viel sinnvoller investieren kann. Ich glaube, es regt mich deshalb so auf, weil ich mich selbst in diesen Leuten wiedererkenne. Darüber, dass sie in die gleiche Falle tappen, wie ich einst – wohlwissend, wie anmaßend es ist, darüber zu entscheiden, was für jemanden richtig oder falsch ist. Aber damals zu wissen, was ich heute weiß, hätte mir und meinem Pferd so viel erspart, was ich auch anderen gerne ersparen möchte. Und wenn ich dann schimpfe und kritisiere, hinweise und anprangere, fechte ich eigentlich meinen eigenen, inneren

Stillstand ist Rückschritt – Gemeinsam in eine positive Zukunft blicken

Kleinkrieg mit meinem Gewissen aus. Doch meistens gelingt es mir inzwischen, Verständnis zu haben und zu lächeln. Denn ich weiß, jeder ist auf der Suche und geht mit seinem Pferd so um, wie er es für sich UND sein Pferd am besten hält und ist dabei felsenfest der Überzeugung, es sei richtig. Schließlich habe ich – bei all dem „Mist“ den ich veranstaltet habe – auch immer das Beste für mein Pferd gewollt. Und wer glaubt, er tut das richtige, will auch nicht überzeugt und schon gar nicht missioniert werden! Ganz zu schweigen davon, dass man niemanden vom Gegenteil überzeugt, indem man ihn verurteilt oder anprangert. Und ich wünsche all diesen Leuten, dass sie irgendwann dort ankommen, wo sie hinwollen! Denn die beste Überzeugung ist es, die Erfahrung selbst zu machen. Und vielleicht trage ich mit meiner Arbeit ein klein wenig dazu bei, sie auf ihren eigenen Weg mit Pferden zu bringen. Vielleicht bin ich sogar der Stein, der die Sache ins Rollen bringt.
Und etwas ist immer noch genau wie damals, hat sich bis heute nicht geändert: Ich bin immer noch stets auf der Suche, ein besserer Mensch für mein Pferd zu sein, wie so viele andere auch. Ich lerne täglich dazu. Ich glaube auch heute, dass ich dies ganz gut hinbekomme – meistens jedenfalls (das Lernen, das Glauben und auch das Sein). Und weil dies so ist, sollten wir alle respektvoll und vorurteilsfrei miteinander umgehen, auch, wenn wir wissen, dass bei unserem Gegenüber unserer Meinung nach noch sehr viel pferdefreundliches Entwicklungspotential besteht. Wir wissen es nicht besser, bis wir es besser wissen. Das beste Argument ist es, mit gutem Beispiel voran zu gehen, unbeirrt vorzuleben, wovon man überzeugt ist. Statt mit dem Finger auf andere zu zeigen, sollten wir versuchen, Verständnis und Respekt füreinander aufzubringen, denn auch wir waren bestimmt irgendwann einmal „die Anderen“.

Der Beitrag Wir sind „die Anderen“ - Aus dem Tagebuch eines Umsteigers erschien zuerst auf Motionclick.de - Positives Pferdetraining mit Sylvia Czarnecki » Podcast Feed.


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 October 14, 2015  20m