Anders & Wunderlich: Der Geschichten-Podcast

Der Mensch hat die Sprache beim Geschichtenerzählen erfunden. Geschichten erklären die Welt. Sie können uns Mut oder Angst, Freude oder Trauer fühlen lassen, uns Wissen oder Weisheit vermitteln. Eine Geschichte ist kein Werk, sondern ein Akt. Wir denken, schreiben, sprechen und Du hörst uns zu – so kommt sie erst in die Welt. Wir haben über 75 Stunden im Archiv, professionell produziert und kostenlos zu hören. Viele Geschichten sind phantastisch, die meisten regen zum Nachdenken an, einige sind Erlebniserzählungen und hin und wieder sind sie auch komisch. Alle Geschichten sind exklusiv für unseren Podcast geschrieben, gesprochen, aufgenommen, geschnitten und abgemischt. Wir machen keine Werbung, haben keinen Sponsor und es gibt weder Paywall noch Abonnement. Um unabhängig zu bleiben und unsere Arbeit zu finanzieren, suchen wir allerdings nach Unterstützer*innen und haben uns für ‚Steady‘ aus Berlin entschieden. Wer uns monatlich ein paar Euro widmet, kann uns im Blog oder im eigenen Feed zuhören, wie wir uns nach der Aufnahme einer Geschichte über die Hintergründe, Gedanken und Ideen dazu unterhalten. (Gut. Das ist zu hochgestochen und klingt langweiliger, als es ist...

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Expl0660: Dating Online


„Einst lernte man die Ziele seiner romantischen Gefühle offline kennen. Im Job, im Verein oder durch Freunde. Obwohl das anscheinend zur Fortpflanzung reicht, ist das jetzt doch viel bequemer, oder? Finde ich auf jeden Fall.“ Habe ich vor über einem Jahr geschrieben – jetzt gibt es dazu eine weibliche Sichtweise auch noch!

Download der Episode hier.
Beitragsbild: „Online Romance“ von Don Hankins / CC BY 3.0
Musik: „First Date“ von Leslie Hunt / CC BY-NC-SA 3.0

ich hab ja immer geglaubt, sowas wie große liebe und total verliebt sein und so, das kann jeder jederzeit und fast überall auf der welt haben.

jahrelang hab ich das geglaubt. vor allem, als ich das erste mal so richtig in online daten unterwegs war. das war damals mit meinem neuen futuristischen imac.

solange ist das her. gefühlt etwa 2001. das online dating galt als noch nicht so lange erfunden…
dachte ich damals. dabei gab es in new york schon in den 50er jahren einen partnersuch automaten. mit diesem konnte man sich für 5 dollar und einem multiple choice fragebogen 5 partnervorschläge machen lassen.

ich war also der meinung nicht nur etwas neuartiges und aufregendes zu tun, sondern auch ein bisschen was geheimnisvolles…

mit einem knappen persönlichkeitstest meldete ich mich also bei einem bekannten Portal an. mir war zu diesem zeitpunkt überhaupt nicht klar, dass es bei der wahl der plattform deutliche unterschiede geben kann.

sowas wie tinder gab es vielleicht noch nicht, das kann ich nicht genau sagen.

jedenfalls gab es auch keinerlei komplexere Fragen zu beantworten, die z.b. soziale Präferenzen berücksichtigen sollten oder etwa einen Bildungswunsch des gewünschten Traumpartners. mit zwei wesentlichen Fragen zu geschlecht und alter war ich teil des spiels und konnte sofort losdaten.

porträts von attraktiven Männern anschauen, über ihre hobbys, wünsche und vorstellungen philosophieren. die welt war plötzlich groß! und ich war jung. so surfte ich, in der Blüte meiner Weiblichkeit, wie Niobe die griechische Fruchtbarkeitsgöttin, auf den endlosen wellen meiner möglichkeiten. allerdings gebar ich auf diesem weg keine 10 Kinder wie niobe, das ist mir (ich danke dir, Herr) seit dem online dating erspart geblieben.

so ist es wirklich nicht sehr überraschend – jetzt nach über 15 jahren – das die virtuelle suche nach meiner wahren liebe, nicht funktionieren konnte…

heute wissen wir, das z.b frauen über vierzig mit einem höheren bildungsabschluß die verlierer beim anklicken sind. männer mögens gerne jung, das ist halt so. und dabei spielt die anzahl der neuronalen vernetzungen pro millisekunde keine so große rolle. man bin ich eine chauvin!

frauen hingegen ist der bildungsabschluß des partners nicht ganz so wichtig, allerdings die ungefähre gleichaltrigkeit ihres gegenübers. sozialwissenschaftler der uni bamberg stellten 2008 fest, dass durch das gestiegene bildungsniveau der frauen und dem gesunkenen marktwert geringgebildeter männer, genau diese beiden gruppen besonders häufig in singlebörsen anzutreffen sind!

das bedeutet also es entsteht ein überschuss an single-akademikerinnen, die dann mit einem überschuss an jüngeren hauptschulabsolventen das neue familienbild kreieren?

stell ich mir irgendwie nicht unspannend vor. jüngere Männer hingegen haben, so die statistik angeblich nicht so viele probleme mit alleinlebenden frauen die lesen können. (Scherz!)

nein. jetzt lassen wir mal das ewige lamentieren über die gruppe, in der zumindest innerhalb unserer westlichen gesellschaft, am meisten abgelästert wird. männlich, hautfarbe weiß, über 21 und single.

und schon hast du die arschkarte. so kommts mir gerade ein bisschen vor… oder wie gehts euch damit? habt ihr einen ähnlichen eindruck, von dem was die pochende ader des zeitgeists gerade so inszeniert? und das ist auch nicht ganz korrekt.

was mir vor allem beim online daten bisschen bitter im halse stecken blieb, war das zwischen den erfolgreichen matchings und evtl. anschließenden dates, sich wirklich NIE jemand für die ellen hinter niobe, hinter der aufgebretzelten göttin interessiert hat.

nie wurde eine wertschätzung an einer idee von authenitzität wahrgenommen. seltener noch, so etwas entstanden wie ein intuitives miteinander, ein verwoben sein… nie. halt stop… da war ja noch so’n wunderlicher kerl, wie hieß der doch gleich…?


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 June 20, 2017  13m