"Dieses Fieber, die 'Schweine' zur Schlachtbank zu führen, dient in Wahrheit den Interessen der Feinde sexueller Freiheit, der religiösen Extremisten, der schlimmsten Reaktionäre und derjenigen, die meinen, dass Frauen 'besondere' Wesen sind, Kinder mit Erwachsenengesicht, die nach Schutz verlangen". Das schreibt die französische Autorin Catherine Millet - 100 Frauen, darunter Journalistinnen und Künstlerinnen wie Catherine Deneuve, unterschreiben. Gemeint ist der Ton und die Tendenz der Debatte um Macht und Sexualität, die vom Fall Harvey Weinstein ausgelöst und den Anklagen vieler Frauen unter dem Stichwort #metoo verbreitet wurde. Da finden viele: wenn der 'neue Mann' nicht freiwillig kommen will, dann muss er eben mit Gewalt herbeigeschafft werden. Zum Beispiel per Sexualstrafrecht: in Schweden gilt seit neuestem Geschlechtsverkehr als strafbar, wenn ihm nicht alle Beteiligten ausdrücklich zugestimmt haben. Oder per öffentlicher Beschuldigung: in den USA und anderswo reichen schon Vorwürfe der sexuellen Nötigung, um Karrieren zu gefährden. Männer, die das unangemessen oder sogar diskriminierend finden, bekommen sinngemäß das gleiche zu hören wie viele bedrängte Frauen: "habt euch doch nicht so". Denn jetzt wird reiner Tisch mit den Patriarchen gemacht. Und wenn es ein paar Unschuldige trifft, nehmen wir das in Kauf. Jedenfalls in protestantisch und puritanisch geprägten Weltgegenden. In Frankreich finden auch Frauen die Debatte zu moralisch und sexualfeindlich. Und heizen sie damit wieder gewaltig an.