ViennaWriter's Podcast

Das Schreiben als Beruf muss keine brotlose Kunst sein. Auch als Kreative:r kann man gutes Geld verdienen und davon leben. Hier unterhalte ich mich mit Menschen aus der Buchbranche darüber, wie es gehen kann. Aber es wird auch noch immer Folgen über Kreativtechniken geben und den ein oder anderen Kaffee-Plausch.

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episode 25: Weltenbau


Mit Lena Falkenhagen über das Erschaffen von Buchwelten, die nicht unserer Alltagswelt gleichen. Von historischen Recherchen über phantastische Zusammenhänge von Magie und Naturgesetzen bis zum Weiterdenken unserer heutigen Technik und wie sie unsere Gesellschaft in zehn, zwanzig oder sechzig Jahren verändert haben wird.

Musik am Beginn: Adam Selzer, „Vintage News“

Shownotes:
Links:
BotsHub Meetup
Camp NaNoWriMo
Überwachungspaket
George Orwell: 1984
Aldous Huxley: Brave new World
WannaCry

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Lena Falkenhagen – falkenhagen.de
Lenas Computerspiel Aktivitäten: 1narrative.de
Twitter: @lenafalkenhagen
FB/Instagram: LenaFalkenhagen

letztes Mal: Folge 14 „Fragmentiertes Erzählen“
Das schwarze Auge
Drakensang Online
Mörderische Schwestern
Altered Carbon
IIT Berlin
PAN – Phantastik Autoren Netzwerk

***
Notizen:

Andere Welten erzählen … außer der heutigen Alltagswelt.

Schuld daran war »Das schwarze Auge«.
Phantastische Elemente sind gut!

Qualitätssinn -> »Verdammt ist das schlecht, das kann ich besser!«
-> Ein phantastischer Anfang.

Seither immer »Flirten mit dem Phantastischen«.

Drakensang Online – mmorpg phantasy online game
phantastisches Romantasy Spiel im Carlsen Verlag »Die Eisrose« (?)

Was muss man beachten, wenn man in einer nicht-Alltagswelt eine Geschichte ansetzt?
Es ist im Roman immer eine fiktive Welt.

Es kommt immer ein ganzer Rattenschwanz an Definitionen nach. Entweder intuitiv handhaben, indem man sich eine besonders klare Vorstellung macht, oder vorab ganz dezidiert ausformulieren.

Die selbst gesetzten Regeln müssen durchgezogen werden.

Naturgesetze müssen eingehalten werden und wenn man sie zu einem späteren Zeitpunkt brechen möchte, braucht man eine verdammt gute Erklärung dafür.

Jason Durall: »Fixing things by story«

Motivation der Charaktere ist wichtig – eine leichte Verschiebung ist oft schon hilfreich, wenn es an der Story hakt. Figuren müssen immer motiviert bleiben.

Wir schreiben ja alle nur mit Tinte.

Character Driven oder Story Driven – entweder man geht von einer Charakteridee aus, aus der sich eine Menge ableitet, oder die Story gibt gewisse Rahmenbedingungen vor.

Charakter getriebener Ansatz: Was für Definitionen fallen beim Charakterdesign »nebenbei« vom Baum?
Zuerst die Welt entwickeln steht der Geschichte und den Charakteren früher oder später im Weg.

Tipp:
1. Charaktere definieren und die Story rund um den Charakter niederschreiben – endet in einer groben Plot-Outline
2. Welt in Abhängigkeit vom Charakter und der Story definieren

Es können auch alles vorläufige Definitionen sein, die dann eine Weile ruhen und später mit frischem Blick wieder aufgegriffen werden.

»Intertextualität« – Ideen anderer AutorInnen aufnehmen (klauen) / »Fanfiction«
Oder eher: Ich will auch einen Vampirroman schreiben!

Wie kommt man auf neue Ideen?
Alles andere langweilt mich, will was Neues machen!
Neue Ideen liegen in Büchern, Filmen, im täglichen Leben …

Autoren-Sessions bei IKEA – Mit Popcorn und Laptop beim Bällebad Konflikte beobachten.

Erst-Recherche geht gut bei Wikipedia, Fakten-Check allerdings dann in Sekundärliteratur, insbesondere, wenn man historische Romane schreiben möchte.

Es gibt ja nichts Absurderes als menschliches Zusammenleben und menschliche Konflikte.

Persönliche Beziehungen können historische Großereignisse extrem beeinflussen.

Auch heutige politische Situationen hätte sich keiner ausdenken können! Vor 10 Jahren wäre man für die Idee der Rückkehr des Neo-Nationalismus, dass eine rechtsnationale Partei mit 12,6% im Bundestag mit Steinen beschmissen und aus dem Verlagshaus gejagt worden.

Die Realität an sich bietet so viele Steilvorlagen … Phantastik und Groteske umgeben uns allgegenwärtig.

Ästhetisierung von Gewalt – so wie sie wirklich ist, möchten wir sie in Büchern oder Filmen nicht erleben.

Definition von Literaten & Schriftstellern: Empathie ist die wichtigste Eigenschaft eines Menschen. Sich in andere Leute hineinversetzen ist essenziell für’s Schreiben.

Ein Schriftsteller muss Fragen stellen.

Für Leser wird es schwierig, wenn menschliche Denkweisen verändert werden.

Was ist, wenn man kein Geschlecht hat oder das Geschlecht wechseln kann? Was, wenn die Gravitation ausfällt oder sich umkehrt – das kriegen wir alles noch gedanklich hin. Aber menschliche Grundfesten verändern geht nur, wenn man auf Stereotypen zurückgreift, die verdeutlichen, was wir dem Leser sagen wollen.

Aus dem Kartenhaus unserer Gesellschaft eine Karte rausziehen – fällt es zusammen oder ordnet sich das neu?

Altered Carbon – der Punkt Sterblichkeit wird aus der Gleichung herausgenommen bzw. der Punkt »Erinnerungen und Persönlichkeit eines Menschen sind auf einem Speichermedium speicherbar und können in andere Körper transferiert werden« wird hinzugefügt.

Wie verändern einzelne Teilaspekte die Gesellschaft und das (menschliche) Zusammenleben?

Man macht sich sehr viel Arbeit, die man im Roman nur zu 10% sieht.

Die Geschichte profitiert immer von viel Hintergrundwissen. Die Geschichten werden reiche rund tiefer.

Jede Phantasywelt wird glaubhafter durch historische Recherche und wenn der Autor _weiß_, wann er von der Norm abweicht und einen guten Grund dafür hat.

Heute können wir uns auf viel Vorarbeit anderer Autor*innen stützen. Fliegende Autos gab es in deren Vorstellungen schon in den Dreißigererjahren, Raumschiff Enterprise kam in den 1960ern. Da sind viele Vorstellungen drin, auf denen wir heute wie selbstverständlich aufbauen können – aber damals waren die mal völlig neu.

Wie neuartig muss eine Idee sein, um tatsächlich oder sensationell zu sein?
Müssen sie nicht, denn je abgefahrener und abgehobener eine Idee ist, desto weniger nachvollziehbar wird sie durch die Leser. 80-90% sollten so bleiben wie unsere Welt bleiben, sonst wird es zu fremdartig. Leser müssen sich in der Geschichte verorten können.

Klischees sind auch unsere Freunde, weil sie den Lesern helfen, sich in die Story einzufinden.

Mainstreambücher wollen gar nichts Neues entwickeln.

Volker Wittpahl vom Institut für Innovation und Technik (IIT) Berlin: »Alle SciFi Themen unserer Zeit sind in den Fünfzigerjahren erfunden worden. Warum gibt es im Augenblick keine Neuerungen, die so zukunftsweisend sind und so neu, dass es interessant wird und man darüber nachdenken möchte?«

Momentan können wir eigentlich nur noch das Thema wiederholen und beobachten, wie unsere Alltagswelt sich an die Zukunftsvorstellungen aus dem Fünfzigern annöhert.

»Wir brauchen mehr Autor*innen, die unsere Technik in die Zukunft denken, damit kreative Hirne die Ideen haben, die die Techniker dann umsetzen können!«
Das ist eine Funktion in der Gesellschaft und der Technik, die wir von Autoren brauchen!

Verein von Phantastik Autoren – PAN

Liebe Autorinnen, liebe Autoren phantastischer Themen und Romane, erzählt uns, wie unsere aktuelle Technik unsere Lebensform und Gesellschaft in zwanzig, dreißig, sechzig Jahren beeinflussen wird. Was für Technik folgt daraus?

Tablets und fliegende Autos sind oder werden heute Realität. Momentan forschen sie am Beamen.

Waren die Menschen damals intelligenter oder visionärer als wir heute? Visionärer wohl.

Hypothese: kollektives Kriegstrauma
Auch interessant: Über die Kriegsjahre haben die Frauen neben Haushalt, Kinder großziehen, ggf. Flucht und Vertreibung auch noch Autos repariert, in Fabriken gearbeitet und alles alleine gemanaged. Und dann kamen die oft tatsächlich schwer durch den Krieg traumatisierten Männer nach Hause und es war plötzlich eine andere Welt. Das Zuhause und die Frauen waren völlig verändert.
In den Fünfzigerjahren kam dann die Pendelbewegung zurück, wo Gewalt gegen Frauen in Pinup-Zeichnungen, etc. ästhetisiert wurde, wo das hübsch gemachte, dem Mann untertane, häusliche Frauenbild dominiert. Das gegenteilige Bild zur selbstbewussten Frau der Kriegsjahre ist plötzlich in der Popkultur angekommen.

George R.R. Martin – Was die Fünfzigerjahre von uns heute unterschiedet: Technik war etwas Positives. Heute wird technischer Fortschritt vorwiegend negativ wahrgenommen.
Er hätte sich nicht vorstellen können, dass die Space-Programme mal eingestellt werden. Damals war mehr und bessere Technik ein Heilsversprechen! Heute ist Technik, Internet, Entwicklung und Innovationen in diesem Bereich mit Dystopien verbunden. Mit Überwachung, Arbeitslosigkeit durch Vollautomatisierung, Abhängigkeit der Menschen von Maschinen im gesundheitlichen System. Selbstfahrende Autos nehmen uns die Autonomie weg.

Überwachungsphantasien sind Realität geworden. Die Menschen geben auf sozialen Medien mehr über sich preis, als sie noch in den Siebzigerjahren jemals freiwillig öffentlich hätten haben wollen.

Wir waren live dabei und können nicht bewerten, an welcher Stelle wir als Gesellschaft falsch abgebogen sind.
Kommerzialisierung des Internets ohne Ethik.
Wir merken selbst, wie schwierig es ist, in der Geschichte zu leben und sie im Nachhinein auch nicht mehr bewerten zu können. Wir können unseren Großeltern im Dritten Reich nicht mehr vorwerfen, dass viele sagten, sie hätten von nichts gewusst. Es geht uns heute mit der Massenüberwachung ja genauso.

In Büchern braucht man klare Ursachen und Wirkungen, damit die Leser sie nachvollziehen können. Unser reales Leben ist schon undurchsichtig genug.

Literatur muss besser, leichter begreifbar sein als die Realität.

Es muss keinen Spaß machen. Es ist in Ordnung, am Ende des Buches (oder der Herr der Ringe Trilogie) physisch und seelisch wund zu sein. Es darf anstrengend sein und Spaß eine eingeschränkte Qualität. Literatur darf und muss anstrengend sein, wenn sie etwas im Menschen bewirken soll.

Phantastik Autoren Netzwerk – PAN
Autorennetzwerk; Verleger, etc. können Fördermitglieder werden.
Interessensvertretung von (phantastischen) Autoren; um das Ansehen von Phantastik in der Gesellschaft & Literatur zu verbessern.
Weit gefasster Phantastik-Begriff: auch Sci-Fi, Steampunk, magischer Realismus, …
2 phantastische Werke müssen veröffentlicht sein, wenn man Mitglied werden möchte. Selfpublisher sind willkommen. Verlagsautoren und Selfpublisher werden gleich behandelt.
Es geht um handwerkliche Professionalität!

Nur 5-10% der Autoren können von ihrem Handwerk leben. Das Netzwerk für Autorenrechte setzt sich dafür ein, dass es (deutlich) mehr werden.

Tipp: Auf Seite Eins einen Marker setzen, in welche Richtung es weitergehen soll und warum die Leser weiterlesen wollen.

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 April 10, 2018  1h33m