Bedeutung von Mikronährstoffen für Knochen und Bindegewebe, Ernährungsfaktoren und welche Aminosäuren für den Bewegungsapparat wesentlich sind.
Transkript
Musik
Moderator:
Hallo und herzlich willkommen zum heutigen Podcast
sagen Dr. med. Hans Günter Kugler und Karin Großhardt vom Diagnostischen Centrum
aus Marktheidenfeld. Heute sprechen wir darüber, warum Mikronährstoffe so
fundamental für die Knochen sind - primär einmal am Beispiel der Arthrose, der
Arthritis und der Osteoporose-Erkrankungen des Bewegungsapparates, die sehr
häufig vorkommen. Immerhin leiden in Deutschland rund 5 Mio. Menschen an
Arthrose. Die rheumatoide Arthritis ist die häufigste entzündliche
Gelenkerkrankung, und Osteoporose zählt laut WHO zu den zehn häufigsten
Erkrankungen überhaupt.
Sprechen wir zunächst einmal über die Arthrose. Abgenutzte Knorpel an den Gelenken von Knie, Schulter, Hüfte, Hand und Fingern sind ein häufiges Leiden im Alter, aber auch schon jüngere Menschen sind betroffen.
Dr. Kugler:
Das ist richtig. Ab dem dritten Lebensjahrzehnt
sind erste Gelenkveränderungen im Röntgenbild sichtbar. Mit 40 Jahren hat die
Hälfte der Bevölkerung degenerative Gelenkveränderungen, mit 65 hat so gut wie
jeder Mensch degenerative Gelenkveränderungen. Arthrosen sind übrigens der
häufigste Grund für einen operativen Gelenkersatz. In Deutschland gibt es die
Zahl von 250.000 Hüftgelenken und 100.000 Kniegelenken.
Noch mal ganz
wichtig: Der Röntgenbefund korreliert nicht unbedingt mit Beschwerden.
Moderator:
Kann das Risiko für die Zerstörung des Knorpels
vermindert werden? Gibt es Faktoren, die die Arthrose fördern?
Dr. Kugler:
Es gibt mechanische und biologische Faktoren,
warum Knorpelschäden entstehen. Die Arthrose ist keine reine
Verschleißerkrankung, sondern eine Erkrankung des ganzen Gelenkes.
Risikofaktoren sind zum Beispiel Übergewicht durch Gewichtsbelastung und durch
Freisetzung proentzündlicher Botenstoffe. Es können hormonelle Faktoren mit im
Spiel sein. Wichtig ist auch eine falsche Ernährung, z. B. eine hohe Zufuhr von
Arachidonsäure, ein Mangel an Antioxidantien und anderen Mikronährstoffen.
Moderator:
Zu letzterem Punkt mit den Mikronährstoffen kommen
wir später noch mal, gehen wir zunächst auf die rheumatoide Arthritis ein.
Hans-Günter erkläre bitte kurz, was die rheumatoide Arthritis ist.
Dr. Kugler:
Die rheumatoide Arthritis ist eine chronische, in
Schüben verlaufende Entzündung der Gelenkinnenhaut. Es kommt langfristig zu
einer Zerstörung des Gelenkknorpels und des gelenknahen Knochens. Bei der
rheumatoiden Arthritis sind immer mehrere Gelenke betroffen, besonders an Hand
und Fuß. Mann geht heute davon aus, dass die rheumatoide Arthritis eine
Autoimmunerkrankung ist mit genetischer Prädisposition, wobei die Ursachen noch
nicht vollständig geklärt sind. Was aber auf jeden Fall nachgewiesen wurde, ist
eine vermehrte Freisetzung proentzündlicher Botenstoffe und freier Radikale
sowie eiweißabbauender Enzyme. Stark entzündungsfördernd wirken Moleküle, die
aus der Arachidonsäure gebildet werden z.B. Prostaglandin E2. Man kann also
sagen: Je mehr Arachidonsäure mit der Nahrung zugeführt wird, desto stärker ist
die Entzündungsaktivität.
Moderator:
Und Arachidonsäure ist in Fleisch und Wurst
enthalten. Empfiehlst du bei der rheumatoiden Arthritis auf den Verzehr von
Fleisch und Wurst zu verzichten?
Dr. Kugler:
Auf alle Fälle. Die richtige Therapiemaßnahme bei
rheumatoider Arthritis: Möglichst vollständigen Verzicht auf Fleisch und Wurst.
Empfehlenswert ist eine vegetarische, besser noch vegane Ernährung. Diese
vermindert die Entzündungsaktivität. Außerdem kann man sagen, dass
Mikronährstoffe grundsätzlich sehr wichtig sind zur Verminderung des oxidativen
Stresses und der Entzündungsaktivität sowie zum Schutz von Gelenkstrukturen und
Knochen.
Moderator:
Die Ernährung soll auch bei der Entstehung der
Osteoporose eine Rolle spielen. Calcium ist z.B. ein wesentlicher Mineralstoff,
der für die Knochengesundheit vonnöten ist. Sicherlich ist der Verzehr von
calciumreichen Lebensmitteln förderlich.
Dr. Kugler:
Calcium ist natürlich wichtig für den
Knochenstoffwechsel, aber für die Qualität der Knochen sind auch viele andere
Ernährungsfaktoren, einschließlich der Versorgung mit Mikronährstoffen, wichtig.
Was man bei der Osteoporose nicht essen sollte, sind Nahrungsmittel mit
Phosphatzusätzen, z. B. Schmelzkäse oder auch alle Softdrinks. Proteinreiche
Kost erhöht die Calciumverluste über die Niere. Deshalb ist z. B. Quark keine
besonders gute Calciumquelle. Ungünstig sind auch Genussmittel wie Alkohol,
Koffein und Nikotin; auch ein hoher Kochsalzkonsum führt zu Calciumverlusten.
Moderator:
Wie schaut es mit Milch aus? In den Medien wird ja
immer noch propagiert, dass Milch eine gute Calciumquelle ist, und man zur
Vorbeugung gegen eine Osteoporose viel Milchprodukte verzehren soll.
Dr. Kugler:
Ja man muss einfach sagen, dass Milchprodukte
keine ideale Calciumquelle sind. Die Länder mit hohem Milchkonsum haben weltweit
auch die höchste Osteoporoserate. In afrikanischen Ländern z. B. besteht eine
sehr geringe Osteoporoserate, obwohl die Afrikaner so gut wie keine
Milchprodukte verzehren. Die Häufigkeit eines Calciummangels wird völlig
überschätzt. Und man kann auch sagen, dass ein Teil zum Einbauen in die Knochen
nur bei ausreichender Bewegung erfolgt.
Moderator:
Im Knochen finden ja ständige Umbauvorgänge statt.
Einmal habe ich gelesen, dass das ganze Skelett alle 10 Jahre erneuert wird.
Dr. Kugler:
Das ist richtig, die Knochensubstanz wird
mechanischen Belastungen angepasst, und nach etwa zehn Jahren ist also das ganze
Skelett einmal erneuert. Es gibt verschiedene Zellarten, die eine Rolle spielen
im Knochenstoffwechsel. Die Osteoblasten z. B. synthetisieren die Knochenmatrix.
Und dann gibt es die Osteoklasten. Das sind Zellen, die die feste Kalksubstanz
abbauen. Im Knochen finden ständige Umbauvorgänge statt.
Karin:
Da kann man sich schon gut vorstellen, dass da jede
Menge Mikronährstoffe gebraucht werden. Was bewirken Mikronährstoffe für die
Knochen?
Dr. Kugler:
Die bewirken Verschiedenes: z.
B. Sicherstellung der Versorgung mit allen erforderlichen Knochenbausteinen. Das
ist wichtig für die Vermeidung einer Osteoporoseentwicklung. Hinzu kommt
Entzündungshemmung und Schmerzlinderung bei Gelenkerkrankungen, Verminderung des
oxidativen Stresses, der die Gelenkstrukturen schädigt.
Man kann mit
Mikronährstoffen oft auch eine Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit erreichen,
außerdem sind die Mikronährstoffe wichtig für die Unterstützung der
Knorpelregeneration.
Moderator:
Kommen wir jetzt zu den einzelnen
Mikronährstoffen. Vor über zehn Jahren wurde die Aminosäure Glycin aufgrund
positiver Studienergebnisse als Wundermittel gegen das Voranschreiten
degenerativer Skeletterkrankungen angepriesen. Was ist davon zu halten?
Dr. Kugler:
Ja, bleiben wir zunächst einmal bei den Fakten.
Es ist richtig, dass für die Bildung der Kollagene, viel Glycin benötigt wird.
Jede dritte Aminosäure in Kollagenen ist Glycin. Glycin besitzt auch
antientzündliche Eigenschaften, und eine Supplementierung ist hauptsächlich
erfolgsversprechend bei Arthrosen.
Moderator:
Und was ist mit der Aminosäure Cystein?
Dr. Kugler:
Cystein ist eine wichtige schwefelhaltige
Aminosäure und auch ein Schwefellieferant. Es ist bekannt, dass ein
Schwefelmangel die Knorpelregeneration beeinträchtigen kann. Der geeignete
Wirkstoff für die Cystein-Supplementierung ist N-Acetylcystein. Cystein ist auch
wichtig für die Festigkeit des Bindegewebes.
Moderator:
Eine kräftige Muskulatur ist ja auch wichtig für
die Stabilität der Gelenke. Da denke ich an die verzweigtkettigen Aminosäuren
Isoleucin, Leucin und Valin.
Dr. Kugler:
Genau, die verzweigtkettigen Aminosäuren werden
ja in der Fachliteratur gern als BCAA's abgekürzt. Sie können also den Abbau der
Muskelmasse vermindern. Grundsätzlich sind die verzweigtkettigen Aminosäuren
wichtig für den Muskelstoffwechsel und die Muskelproteinsynthese.
Moderator:
Welche Aminosäuren sind noch wichtig für die
Knochengesundheit?
Dr. Kugler:
Gut, man kann jetzt noch Lysin erwähnen. Lysin
verbessert die Calciumabsorption, also die Aufnahme, und vermindert die
Calciumausscheidung. Es wurde nachgewiesen, dass eine Kombination aus Arginin
und Lysin die Aktivität der Osteoblasten verbessern kann. Daraus folgt, dass
dann Arginin und Lysin einen vorbeugenden Effekt gegen Osteoporose haben.
Dann die Aminosäure Histidin: Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis
wurden mehrfach verminderte Histidinkonzentrationen festgestellt. Und eventuell
hat Histidin auch einen günstigen Effekt bei der Behandlung der rheumatoiden
Arthritis. Allerdings gibt es hierzu eher wenig Daten.
Pflanzliche
Proteine sind besser für die Knochen als tierische.
Eine höhere Knochendichte
wurde erreicht durch die Aminosäure Alanin, Arginin, Glutaminsäure, Leucin,
Lysin und Prolin.
Moderator:
Das waren jetzt interessante Aspekte - auch zu den
Aminosäuren. Im nächsten Podcast geht es weiter mit den anderen
Mikronährstoffen, die wichtig sind für die Gesundheit des Bewegungsapparates.
Wir freuen uns, wenn Sie uns wieder zuhören, bis dahin sagen wir zusammen:
Dr. Kugler, Moderator:
Tschüss.
Musik