Taugt Film Noir noch, um etwas Relevantes über die Gegenwart auszusagen? Die Frage setzt natürlich voraus, dass Regisseur Robert Aldrich 1955 schon so etwas wie ein Bewusstsein von Noir als genrehaftem Konstrukt hatte. Das muss so gewesen sein, denn KISS ME DEADLY ist eine garstige Rekonfiguration von Noir, so direkt und auf die zwölf, dass sowohl Regie als auch Drehbuchautor und Publikum um die beginnende Historizität des klassischen Noir gewusst haben müssen. Mickey Spillanes Mike Hammer ist hier kein bewundernswerter Alpha-Mann mehr, sondern wird ständig als misogyner Kotzbrocken entlarvt. Alle Frauenfiguren widersetzen sich der neuen, alten Geschlechterordnung der 50er Jahre. An allen Ecken und Enden lauert die Verführung der Konsumkultur. Melodrama ist verboten. Und ganz am Schluss steht die Frage, wie sinnvoll überhaupt noch Filme über die menschliche Bedingtheit sind, wenn mit einem Knopfdruck sowieso für die Menschheit alles vorbei sein kann.
Daten & VerfügbarkeitKiss Me Deadly (de.: Das Rattennest) USA 1955, Regie: Robert Aldrich
Wir haben die Blu ray von Explosive Media/Koch Media gesehen: das Master ist wunderbar, plastisch, scharf und mit schönem Korn. Nennenswerte Extras gibt es neben einem alternativen Ende und etwas Werbematerial keine, aber damit kann man – gerade für den günstigen Preis – gut leben.
RechtlichesFür den Podcast wurden Soundeffekte der Seite Freesound.org verwendet (Beschreibungen in Englisch):
Thanks to all creators and the community of freesond.org!
Special ThanksEin besonderer Dank geht an Florian Hoffmann, der unseren bescheidenen Intro-Text wie ein Ereignis hat klingen lassen. Alle unsere Versuche, ihn mit Nachbearbeitung auf unser Niveau herabzuziehen, sind zum Glück fehlgeschlagen.
Der Beitrag Episode 127: Rattennest (Kiss Me Deadly), 1955 erschien zuerst auf Ein Filmarchiv.