Musikstück der Woche

Beethoven oder Fauré, Pergolesi oder Bach, gespielt von Orchestern, Ensembles und Chören aus der ganzen Welt: Klassik-Werke aus unserem Archiv zum Anhören und Downloaden.

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Martin Helmchen spielt Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur op. 19


Beethovens langer Begleiter Das Konzertpodium ist Beethovens Zuhause. Als Pianist begeistert er das Publikum und schreibt sich selbst die Musik dafür. Bereits als 14-jähriger, frisch als Cembalist und Organist im Dienst der Bonner Hofkapelle, versucht er, ein Klavierkonzert zu komponieren. Doch es fehlt ihm noch an praktischer Orchestererfahrung. Die sammelt er ab 1788 als Bratscher in der kurfürstlichen Instrumentalmusik, so dass er zwei Jahre später die erste Version seines B-Dur-Klavierkonzertes beenden kann. Eine Aufführung des Werkes aus dieser frühen Bonner Zeit ist nicht belegt, wohl aber der tiefe Eindruck, den Beethovens Spiel bereits damals beim Publikum hinterlässt. „Noch hörte ich einen der größten Spieler auf dem Klavier, den lieben guten Beethofen (…) Sein Spiel unterscheidet sich so sehr von der gewöhnlichen Art, das Klavier zu behandeln, daß es scheint, als habe er sich einen ganz eigenen Weg bahnen wollen, um zu dem Ziel der Vollendung zu kommen, an welchem er jetzt steht.“

Quelle: Komponist und Musikkritiker Carl Ludwig Junker, 1791

Improvisationskünstler Es sind Beethovens Fähigkeiten als Virtuose, die ihm nach seinem Umzug nach Wien Zugang zu den höchsten Kreisen verschaffen. Vor allem seine Improvisationen versetzen die Hörer*innen in Staunen. Auch den Solopart seiner Klavierkonzerte improvisiert er. Als er sich in Wien dem Publikum mit seinem B-Dur-Klavierkonzert präsentiert, arbeitet er das Werk um, 1794 komponiert er sogar einen komplett neuen Schlusssatz. Doch nur die Orchestermusiker*innen bekommen Noten auf die Pulte. „Beim Vortrage seiner Concert-Sätze lud er mich ein, ihm umzuwenden; aber – hilf Himmel – das war leichter gesagt als getan; ich erblickte fast lauter leere Blätter; höchstens auf einer oder der anderen Seite ein paar, nur ihm zum erinnernden Leitfaden dienende, mir rein unverständliche egyptische Hieroglyphen hingekritzelt (…).“

Quelle: Dirigent und Komponist Ignaz von Seyfried, 1803

Mehr zu Beethovens Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur op. 19 Genie mit Geschäftssinn Die heute bekannte Druckfassung des Klavierkonzertes Nr. 2 B-Dur op. 19 muss man also als ausnotierte Improvisation verstehen. Beethoven fertigt selbst die Stichvorlage an, die 1801 gedruckt wird. 1809 fügt er noch eine Kadenz für seinen Schüler und Förderer Erzherzog Rudolph hinzu. Ein Jahrzehnt lang hat er das Werk für sich behalten, bevor er es veröffentlicht: Es ist seine „Musikalische Politik“, mit seinen Kompositionen ein Repertoire zu bilden, das nur er dem Publikum bieten kann. Erst wenn er mehrere Male mit einem Werk aufgetreten ist, verkauft er es an einen Verlag, so dass auch andere Musiker*innen es spielen können. Dass er bis dahin den Solopart nicht ausnotiert, sichert seine Exklusivität, bringt ihn aber bei der Abgabefrist in die Bredouille. In einem Brief entschuldigt er sich bei seinem Verleger für die verspätete Zusendung des Manuskriptes. „Dabei ist es vielleicht das einzig geniehafte, was an mir ist, dass meine Sachen sich nicht immer in der besten Ordnung befinden, und doch niemand im Stande ist, als ich selbst, da zu helfen. So z.B. war zu dem Konzert in der Partitur die Klavierstimme meiner Gewohnheit nach noch nicht geschrieben, und ich schrieb sie erst jetzt, daher Sie dieselbe wegen Beschleunigung von meiner eigenen, nicht gut lesbaren Handschrift erhalten.

Quelle: Ludwig van Beethoven, 22. April 1801

Mozart meets Beethoven Beethoven orientiert sich mit der Besetzung seines Klavierkonzertes Nr. 2 B-Dur op. 19 noch an seinem Vorbild Mozart, mit Streichern, Flöte, Oboen, Hörnern und Fagott. Erst in seinem dritten Klavierkonzert erweitert er die Besetzung um Klarinetten, Pauken und Trompeten. Dieser klassische Orchestersatz eröffnet das Werk und stellt das Hauptmotiv vor, das sich aus einem rhythmischen und einem gesanglichen Motiv zusammensetzt. Mit dem Eintritt des Klaviers beginnt ein Dialog zwischen Orchester und Solopart, der immer wieder musikalische Gedanken aus dem Orchester übernimmt und weiterspinnt. Der zweite Satz ist ein träumerisches Adagio in Form eines Variationssatzes. Bemerkenswert ist hier besonders das Ende des Satzes, wenn das Klavier die Musik leise verhallen lässt. Wie ein Weckruf wirkt danach der Beginn des dritten Satzes mit seinem springenden Rhythmus, der durch das witzige Motiv entsteht, das die zweite Hälfte des Taktes betont. Eine rhythmische Besonderheit bietet der Klavierpart auch im Mittelteil des Satzes, wenn durch eine Aneinanderreihung von Überbindungen ein fast swingender Rhythmus entsteht. Ein langes Decrescendo führt zum Ende des Satzes, der mit zwei lauten Schlussakkorden überraschend abschließt.


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 August 15, 2020  30m