Experimentality | Experimentalität

Kulturwissenschaftliches Arbeiten ist neu zu denken. Gegenwartsbezogene Kulturwissenschaft kann nur noch interventionistisch-experimentell praktiziert werden. Der Podcast ist dabei Werkzeug, Labor, Methode, Experimentalsystem (Rheinberger) und Reflexion der Darstellung meiner wissenschaftlicher Arbeit: sprechendes und gesprochenes Denken. Es geht um die immer mitgeführte Reflexion wissenschaftlicher Sprache, Theorie und Methode in jedem Erkenntnisinteresse.

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episode 9: Sprechendes Denken: Von der sinnlich-sinnhaften Verfertigung soziologischer Erkenntnis beim Sprechen und Hören - Vorträge


Die Wissenschaftskommunikation hat seit einigen Jahren – in der Soziologie mit erheblicher Verzögerung – das Medium Podcasting für sich entdeckt. Dabei werden, den Annäherungen an andere digitale Medien nicht unähnlich, vor allem Podcasts als Instrument der “public science” verstanden und genutzt. Erzählende Formate, Interviews aber auch gebaute Features können dabei als bevorzugte Formate erwähnt werden. Podcasts dienen so vor allem als Medium der Wissensvermittlung. Aber was sind die Potenziale von Podcasts in der Wissensgenese, in der erkenntnistheoretischen Reflexion methodisch-theoretischer Produktion wissenschaftlicher Erkenntnis selbst?

Welche Formen der Konstitution von Wissen sind in auditiven Medien möglich, die in anderen, etwa schriftlichen Texten, nicht möglich sind? Sind Sinn und Sinnlichkeit vermittelt? Werden hierüber neue Zugänge zur Gesellschaft wie auch zur Soziologie möglich? Wie kann etwa mit gesprochener Sprache anders als mit schriftlicher Sprache gedacht werden – sowohl sprechend als auch hörend? Mit welchen Mitteln und unter welchen Bedingungen können auditive Darstellungen als strenge wissenschaftliche Textformate akzeptiert werden? Und welche Bedeutung hat schliesslich die spezifische Form auditiver Medien: Podcast?

Der Vortrag beschäftigt sich mit den Eigenheiten der Darstellung und Durchführung der Wissensgenese im Medium der Stimme, des Sprechens und des Hörens. Die Stimme als ‘reflexives Medium‘ ermöglicht über das Mehr, über den unauslöschbaren Überschuss ihrer “Rauheit” und Körperlichkeit, ein Aufbrechen des diskursiv Verfestigten und eine reflexive Beobachtung der Medialität aller Erkenntnispraxis selbst und das vermeintlich bloss Subjektive neu denken lässt. Darüber hinaus geht es um ein Denken im Gespräch, das über den bloss argumentativen Streit des Diskurses hinausgeht. Dies sind einige der Möglichkeiten einer Öffnung für neues Wissens und neue Wissensformen.

Der Vortrag fand im Rahmen des 40. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie im Panel zu “Podcasts in der Soziologie” statt.

Das Audio wird, gemeinsam mit den anderen Vorträgen des Panels, ebenfalls auf sociohub-fid.de sowie im Podcast Das Neue Berlin veröffentlicht.

LINKS
  • Website des 40. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS): https://kongress2020.soziologie.de/programm
  • Die Website des Fachinformationsdienstes der Soziologie – Sociohub: sociohub-fid.de
  • Podcast Das Neue Berlin: https://dasneue.berlin
LITERATUR
  • Barthes, Roland. 2012. Das Rauschen der Sprache. In: Das Rauschen der Sprache, übers. von Dieter Hornig, 1695:88–91. 3. Aufl. Kritische Essays edition suhrkamp. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
  • Barthes, Roland. 2015a. Die Rauheit der Stimme. In: Der entgegenkommende und der stumpfe Sinn. Kritische Essays III, übers. von Dieter Hornig, 269–278. 9. Auflage. edition suhrkamp 1367. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
  • Barthes, Roland. 2015b. Zuhören. In: Der entgegenkommende und der stumpfe Sinn. Kritische Essays III, übers. von Dieter Hornig, 249–263. 9. Auflage. edition suhrkamp 1367. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
  • Barthes, Roland. 2015c. Die Musik, die Stimme, die Sprache. In: Der entgegenkommende und der stumpfe Sinn. Kritische Essays III, übers. von Dieter Hornig, 279–285. 9. Auflage. edition suhrkamp 1367. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
  • Chion, Michel. 1994. The three listening modes. In: Audio-vision: sound on screen, übers. von Claudia Gorbman, 25–34. New York: Columbia University Press.
  • Jacob, François. 2000. Die Maus, die Fliege und der Mensch: über die moderne Genforschung. Ungekürzte Ausg. dtv 33053. München: Dt. Taschenbuch-Verl.
  • Klenk, Moritz. 2020. Sprechendes Denken: Essays zu einer experimentellen Kulturwissenschaft. Edition Kulturwissenschaft 234. Bielefeld: transcript.
  • Krogh Groth, Sanne und Kristine Samson. 2016. Audio Papers – a manifesto. Seismograf/DMT (August). http://seismograf.org/fokus/fluid-sounds/audio_paper_manifesto (zugegriffen: 19. Mai 2018).
  • Mauss, Marcel. 1989. Die Techniken des Körpers. In: Soziologie und Anthropologie 2: Gabentausch. Soziologie und Psychologie. Todesvorstellungen. Körpertechniken. Begriff der Personn, übers. von Eva Moldenhauer, Henning Ritter, und Axel Schmalfuß, 197–220. 4.-5. Tausend. Fischer Wissenschaft 7432. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verl.
  • Mittelstraß, Jürgen. 1996. Versuch über den sokratischen Dialog. In: Das Gespräch, hg. von Karlheinz Stierle und Rainer Warning, 11–28. 2., unveränd. Aufl. Poetik und Hermeneutik 11. München: Fink.
  • Nancy, Jean-Luc. 2010. Zum Gehör. Übers. von Esther von der Osten. Transpositionen 38. Zürich: Diaphanes-Verl.
  • Rheinberger, Hans-Jörg und Alexandru Bulucz. 2015. Hans-Jörg Rheinberger – die Farben des Tastens: Hans-Jörg Rheinberger im Gespräch mit Alexandru Bulucz. 1. Auflage. Einsichten im Dialog 3. Frankfurt am Main: Edition Faust.
  • Schulze, Holger. 2017. How to think sonically? On the generativity of the flesh. In: Sonic thinking: a media philosophical approach, hg. von Berns Herzogenrath, 217–242. Thinking media. New York: Bloomsbury Academic, an imprint of Bloomsbury Publishing, Inc.
  • Stierle, Karlheinz. 1996. Gespräch und Diskurs: Ein Versuch im Blick auf Montaigne, Descartes und Pascal. In: Das Gespräch, hg. von Karlheinz Stierle und Rainer Warning, 297–334. 2., unveränd. Aufl. Poetik und Hermeneutik 11. München: Fink.


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 September 22, 2020  33m