SchönerDenken FilmPodcast

Der erste Eindruck - direkt nach dem Kino - in etwa 12 Minuten und spoilerfrei, versprochen. Das ist unser Kerngeschäft. Ansonsten echte Liebe für japanische Filme, eine Schwäche für Science-Fiction und ungebrochene Entdeckungslust für bekannte und unbekannte Klassiker.

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Folge 1098: #Japanuary2021 Nr. 7 Kinoshitas ARMY (Rikugun) feat. Schneeland


Zurecht ist ARMY für sein großartiges, aufwühlendes Finale bekannt, aber worum geht es eigentlich in Keisuke Kinoshitas Kriegsfilm aus dem Jahr 1944? Der Film erzählt eine Dreigenerationengeschichte – von 1866 in der Meji-Ära bis zur damaligen Gegenwart 1944. Zu Beginn wird der Familie ein Prachtband der „Geschichte des Großen Japan“ von einem Soldaten geschenkt – dieses Buch steht natürlich für die große Nation und wird über die Generationen in höchsten Ehren gehalten. Schließlich stehen Tomohiko und seine Frau Waka im Mittelpunkt – und ihr Sohn Shintaro. Groß ist die Angst, dass der schwächliche, aber kluge und hilfsbereite Sohn nicht das Zeug zum richtigen Soldaten hat. Tomohiko selbst war in seiner Jugend als Soldat nie an der Front, sondern immer mit Fieber im Lazarett. Am Ende ist aber aus Tomohikos Sohn Shintaro ein ganzer Mann geworden und er zieht als Teil der Rikugun (Armee) in den Krieg. Michael und Thomas staunen über die Bedeutung des gottgleichen Kaisers und beobachten, dass Kinoshita mitten im Krieg in seinem Film einen Diskurs beschreibt, was echter Patriotismus sei und was geschehen wäre, wenn Japan das Kriegsglück verlassen hätte – zum Beispiel im Kampf gegen die Mongolen. Protagonisten dieses Streits sind ein Unternehmer, der eine patriotische Schule gründet und finanziert und Tomohiko, der dort als Lehrer angestellt ist. Aber Tomohiko ist niemand patriotisch genug, auch nicht der eigene Sohn, dem es nicht gelingt, direkt nach der Ausbildung sofort an die Front versetzt zu werden. Besonders beeindruckt sind Michael und Thomas vom Finale, in dem sich die Mutter Waka doch noch in letzter Minute aufmacht, um sich von Sohn Shintaro zu verabschieden. Was eine kleine harmlose Szene hätte sein können, wird durch Kinoshitas Regie und Taketomis beeindruckende nahe und bewegliche Kamera zu einem mitreißenden Drama, das ohne Worte, die Liebe der Mutter und die verzweifelte Angst, das eigene Kind auf dem Schlachtfeld zu verlieren, zeigt. Ganz großes Kino und ein oft übersehenes Stück Filmgeschichte. Die staatliche Filmaufsicht reagierte erbost. Oberflächlich erfüllt der Film zwar die Vorgaben der Behörde, aber am Ende wird offensichtlich, dass er die Liebe über den Krieg stellt. Kinoshita durfte während des Krieges keine Filme mehr drehen.


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 February 16, 2021  53m
 
 
Japanuary2021
curated by SchoenerDenken in Japanuary | March 11, 2021