In der Pandemie hat die Politik schnell gehandelt und das Stadtbild mit Schanigärten und neuen Fahrradwegen verändert. Wie ist das Leben in einer "Corona City"? Was muss bleiben, was kann wieder verschwinden?
Aus den Erfahrungen der Pandemie plädiert die Architektin und Stadtplanerin Ina Laux für einen anderen Wohnungsbau: „Räume müssen auch mehrfach codierbar sind. Also dass ich die umgestalten, umnutzen, uminterpretieren kann, vom Schlafraum zum Broadcast-Studio für meine Zoom-Konferenzen. Wenn du dann auf einmal daheim arbeiten musst und feststellst, dass du Kreuzschmerzen hast, weil das am Küchentisch einfach nicht funktioniert, dann sieht man auch die Endlichkeit der eigenen vier Wände“. Dazu passend hat die Münchner Industrie- und Handelskammer bereits einen Trend ausgemacht: Satelliten der Unternehmenszentrale in den Vororten.„Wo Unternehmen ihren Mitarbeitern dann die Infrastruktur bieten. Sie haben da den Laptop mit dem großen Bildschirm und können in Ruhe telefonieren, sich auch austauschen und zusammenkommen. Aber sie müssen eben nicht immer den Weg nach München auf sich nehmen“, skizziert Annette Hilpert, IHK-Referatsleiterin für Stadt- und Regionalplanung, Standortberatung und Mobilität, ein zukünftiges Szenario der „Corona City“.
„Da spielt eine männliche Sichtweise auf Mobilität eine Rolle“
Die Pandemie hat unser Mobilitätsverhalten in der Stadt verändert. Müssen wir nun „zurück auf Los!“, sprich in den Stau? „Da spielt eine männliche Sichtweise auf Mobilität eine Rolle“, sagt der Mobilitätsaktivist Martin Bauhof. Er bereitet sich gerade auf Proteste gegen die kommende Internationale Automobil Ausstellung „IAA Mobility“ in München vor und meint das Klischee der autogerechten Stadtgesellschaft sei vorbei: „Der Mann geht morgens aus dem Haus, steigt in sein Auto, fährt zur Arbeit, arbeitet acht Stunden, fährt zurück, setzt sich zuhause vorn Fernseher.“ Vielmehr müsse der Verkehr in der Corona City dezentral sein und die Verkehrspolitik sich an der Care-Arbeit orientieren: „Wenn man sich die Wege von Frauen anschaut, die ja viel mehr Care-Arbeit leisten, die haben viel diversere Wege. Erst zur Kita, dann einkaufen, dann den Einkauf zurückbringen, dann vielleicht die Oma pflegen, dann das Kind von der Kita abholen, noch zur Schule, weil da noch irgendwas erledigt werden muss, wieder nach Hause. Diesen Blick müssen wir eigentlich viel mehr anlegen und die Städte da drauf ausrichten.“