Haecksenwerk

Die Haecksen verstehen sich als Anschlussmöglichkeit im CCC-Umfeld, unterstützen sich gegenseitig und helfen einander, die wildesten Ziele zu erreichen – mit dem Podcast "Haecksenwerk" jetzt auch zeit- und ortsunabhängig. Die ganze Bandbreite an Technik, Kultur und Feminismus.

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episode 1: hckn001: Technik kreativ nutzen


Willkommen zu unserer ersten Folge beim Haecksenwerk! 

Haecksenwerk ist das Podcastkollektiv der Haecksen. Es geht um die ganze Bandbreite von Technik, Kultur und Feminismus. In unserem Podcast möchten wir Einblicke in Themen geben, die uns bewegen.

Wie können Menschen sich selbst Technik erschließen? In unserer ersten Folge spricht Piko mit Pecca darüber, wie sie sich Technik erschließt und aneignet. Außerdem kommen auch andere Haecksen zu Wort und sagen, was für sie Technik ist und wie sie mit Technik umgehen. Es geht um Handwerkliches, um Soft- und Hardware und vor allem: um Kreativität.

Links
  • Pecca auf Twitter: @Pecc0r
  • Make Magazin: https://www.heise.de/make/
  • Book-Nook: Peccas Book-Nook-Projekt auf Twitter
  • Inkscape: https://inkscape.org/de/
  • Tastaturlayout Neo2: https://neo-layout.org/
Mikrocontroller
  • Calliope: https://calliope.cc/
  • Raspberry Pi: https://www.raspberrypi.org/ oder https://www.einplatinencomputer.com/
  • Arduino: https://www.arduino.cc/ oder https://funduino.de/
Spaces und Gruppen
  • Hacker/Maker-Spaces-Liste für FNTI: https://nifti.org/
  • stratum0: https://stratum0.org
  • Heart of Code: http://heartofcode.org/
  • Jugend hackt: https://jugendhackt.org/
  • PyLadies: https://pyladies.com/
  • Rails Girls – Get started with tech: http://railsgirls.com/
Stichworte zur Folge

Hacken, Hacker*in, Making, Maker*in, Crafting, Handwerk, Elektronik, 3D-Druck, Lasercutter, Fräse, Software, Hardware, Kreativität

Credits
  • Redaktion: Piko, joliyea, naerrin
  • Sprechende: Piko, Pecca
  • Weitere Stimmen: waldwesen, naerrin, janepie
  • Produktion: joliyea, naerrin
  • Coverart: https://mullana.de/
Transkript

Piko: Hallo und willkommen zur allerersten Folge des Haecksenwerks, dem Podcast der Haecksen. Wir sind ein Podcast-Kollektiv, das gegründet wurde aus den Haecksen. Die Haecksen, das sind nicht irgendwelche Esoterikpersonen, sondern das ist ein anderes Wort für Hackerinnen. Das heißt, wir sind eigentlich vor allem Feministinnen, die sich gerne mit Technik beschäftigen und wir wollen in diesem Podcast die ganze Bandbreite von den Themen, die uns interessieren, darstellen. Wir wollen mit vielen unterschiedlichen Menschen sprechen, die alle ihre eigenen Perspektiven auf Technik und IT haben und richtig tiefe Einblicke in einzelne Themenfelder geben können. Dieser Podcast ist für uns also auch eine kleine Ergänzung zu unseren regelmäßigen Frühstückstreffen – und die perfekte Gelegenheit, uns gegenseitig alles zu fragen, was wir schon immer mal wissen wollten, weil es einfach so viele spannende Haecksen gibt. Schön, dass wir hier also zusammen sind. Ich bin Piko, promoviere in Hamburg und spreche heute mit Pecca. Und nein – das sind nicht unsere „echten“ Namen, sondern bei uns ist es total normal, dass man sich einen eigenen Namen ausdenken kann, einen „Nick“ oder Spitznamen. Viele genießen das total, weil man so das Freizeitleben ein bisschen besser vom restlichen Alltag trennen kann. Und weil wir den Podcast ja in unserer Freizeit aufnehmen, machen wir das auch hier so.Das Thema unserer ersten Folge wird sein, wir man sich Technik selbst erschließen kann. Wir haben dafür ganz viele Haecksen gefragt, wie sie zu dem Thema Technik gekommen sind. Vor allem bin ich heute aber einfach super neugierig und darf Pecca ausfragen. Sie ist auch Haeckse und für mich eine total interessante Bastlerin und Makerin. Hallo Pecca!

Pecca: Hallo Piko!

Piko: Magst du dich mal kurz vorstellen?

Pecca: Ich bin Pecca, ich bin Makerin oder wie ich das auch gerne nenne: Hardware-Haeckse. Also jemand, der sich gerne mit Hardware beschäftigt, mit Technik zum Anfassen in dem Fall: Elektronik, Mikrocontrolern und ein Faible für große Geräte, für rapid prototyping, hat. Und ich arbeite als Redakteurin beim deutschen Make Magazin, wo ich als Quereinsteigerin gelandet bin.

Piko: Eine Quereinsteigerin?

Pecca: Genau.

Piko: Das heißt, du hast nicht immer was mit Technik gemacht?

Pecca: Also mein Lebeneslauf ist in der Hinsicht relativ klassisch, dass ich halt irgendwie immer gerne gebastelt und irgendwie kreative Sachen gemacht habe, und dann sagen alle: joa, du bist ja ein Mädchen, wie wär’s wenn du was mit Design oder Kunst studierst? Ich habe mich aber auch immer sehr viel für Wissenschaft und Technik interessiert und hab dann lange gehadert ob ich in die Richtung gehe und hab dann gedacht so: Ah, ich mach lieber das, was sozusagen safe ist und Design studiert. Und während des Designstudiums gemerkt, dass ist ganz nett, aber meine Passion liegt ganz woanders. Und hab dann die ganze Zeit währenddessen mich eigentlich ständig nur mit Making und auch meiner Aktivität in der Hackerszene beschäftigt. Hab Leute kennengelernt, bin zu Events gefahren, einen Hackerspace gegründet und irgendwie ist das dann plötzlich mein Beruf geworden.

Piko: Das ist ziemlich spannend – auch, weil es schon sehr auffällig ist, dass es vielen Menschen so geht: Ich kenne auch viele andere Haecksen, die erst recht spät gemerkt haben, dass sie sich mit dem Thema Technik ihr Geld verdienen könnten. Häufig haben sie das dann erst nach erst nach ihrem eigentlichen Studium oder ihrer Ausbildung gemerkt – und sind jetzt dann eben Quereinsteigerinnnen. Obwohl sie schon als Jugendliche gerne Zeit am Computer verbracht haben, wie zum Beispiel Waldwesen:

Waldwesen: Ich habe Computerspiele schon immer voll gerne gespielt. Ich habe mit 14 meinen ersten eigenen Rechner gehabt, an dem ich dann auch rumgeschraubt habe, weil er irgendwann nicht mehr schnell genug war und musste Teile austauschen. Ich hab dann aber trotzdem BWL studiert und das war total schrecklich, auch wenn es ein duales Studium war. Und hab dann aber meine erste nette IT-Abteilung kennengelernt und da dann angefangen, mich mit Systemen und Prozessen auseinanderzusetzen und bin dann da tatsächlich in ein Software-Unternehmen gewechselt. Da war ich auch nicht dauerhaft glücklich, aber es hat mich zu meinem heutigen Job gebracht, der mich irgendwo zwischen – als Link zwischen – Anwendern und Entwicklern positioniert. Das heißt, ich vermittle Menschen viel über Technik, versuche ihnen auch die Angst zu nehmen, für zum Teil auch Menschen, die einen ähnlichen Lebenslauf haben wie ich, also ja so aus der BWL-Ecke kommen, näher an Technik heran, auch an Technikprojekte, an Entwicklungsprojekte und gleichzeitig habe ich eben auch gelernt, die Sprache der Entwickler zu sprechen und denen zu erklären, was ich von ihnen möchte.

Piko: Das ist schon krass, dass da Menschen so motiviert sind, dass sie sich dann nochmal richtig in ein neues Themenfeld reinfuchsen – und dann da so gut werden, dass sie damit ihr Geld verdienen können. Pecca, wie erschließt du dir denn Technik gerade selbst?

Pecca: Also für mich ist es am einfachsten, mir tatsächlich ein Projekt zu suchen, ein konkretes, auf das ich wirklich Lust habe und für das ich so sehr brenne, dass ich mich nur damit befassen will und alles dazu lernen will, das es gibt. Und das ist für mich dann auch oft ein Weg, mir neue Technologien zu erschließen. Und mir fällt es sehr leicht, wenn ich zum Beispiel ein neues Gerät kennenlerne, mir schnell zu denken so: Boah, was könnte ich damit bauen. Und im Hackerspace bin ich oft die, die vorantreibt, dass wir neue Gerätschaften anschaffen. Einfach weil ich sehe: Ok, es gibt einen neuen 3D-Drucker, da kann man noch viel feinere Sacken drucken, damit könnte ich xyz machen. Es gibt Resindrucker, so etwas brauchen wir unbedingt! Und: Boah, mit einem Lasercutter, damit könnte ich mir ein Vogelhäuschen lasern. Und mit Software ist das ähnlich. Ich gehe zum Beispiel eigentlich jedes Wochenende auf irgendwelche Outdoor-Aktivitäten und brauch dafür 10.000 verschiedene Packlisten. Und dann dachte ich mir: Naja, da muss ich mir vielleicht jetzt mal eine App zu bauen, mit der ich nur noch drei Klicks mache, mit irgendwie: Ich fahre mit Fahrrad und Auto in warmem Wetter an den und den Ort und möchte meine Wandersachen mitnehmen und dann wird die automatisch zusammen gestellt. Und das war dann für mich so ein Grund: Ok, dann setze ich mich jetzt mal hin und lern das mal. Und dann kann ich mir die Sachen auch merken. Wenn ich einfach nur einen Kurs besuche und nicht weiß was ich dann hinterher damit machen soll, dann geht das zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus. 

Piko: Du dokumentierst das ja auch so ein bisschen auf Twitter und da konnte man im letzten Jahr ein wunderschönes Projekt beobachten, nämlich die Book-Nooks. Kannst du uns da ein bisschen was drüber erzählen?

Pecca: Ja, das ist auch echt so mein Herz-Projekt gewesen. Da haben die Leute total gelacht, weil ich immer so morgens um 3:00 dann die Updates geschrieben habe, so kurz bevor ich wieder aufstehen musste zum Arbeiten. Genau, Book-Nooks sind kleine Buchstützen, beleuchtete, die so eine Art Diorama zeigen. Also man guckt dann so in das Bücherregal in eine Welt – und meistens in eine Welt aus einem Buch. In meinem Fall “Die Stadt der träumenden Bücher” von Walter Moers. Und da habe ich mir halt einen kleinen Plan, eine Skizze, gemacht und dann ein halbes Jahr mir die Nächte um die Ohren geschlagen, das ganze mit dem Vektorprogramm, Open Source Vektorprogramm Inkscape zu entwerfen. Und dann auf dem Lasercutter zu schneiden und dabei auch halt herauszufinden: ok, wie verändern verschiedene Gravurtiefen und verschiedene Schnitteinstellungen beim Laser dann auch mein Ergebnis? Wie verändern verschiedene Holztypen das Ergebnis? Wie kann ich das Ausnutzen, was ich dabe lerne? Und dann natürlich auch hinterher das Ganze mit LEDs dann zu beleuchten. Ich wollte ursprünglich da noch einen Arduino einbauen, um das Licht speziell zu steuern und dann habe ich aber so die ersten Tests einfach mit Flacker-LEDs und normalen LEDs und einer Batterie gemacht und hab gesehen, das sieht eigentlich schon super aus. Man muss es jetzt auch nicht overengineeren und hab’s dann so gelassen. Aber das ist ein wirklich sehr schönes Projekt gewesen und auch genau die Sorte Projekt, die ich meine, wo du halt Aufstehst und darauf brennst, daran weiter zu arbeiten und gar nicht ins Bett gehen willst. Und das ist ein wunderbarer Weg, um Sachen zu lernen, sich anzueignen.

Piko: Wir tun da auf alle Fälle Links in die Shownotes, weil einem geht da auch das Herz auf, wenn man sich das anschaut. Gerade auch, wenn man die Bücher kennt.Bücher ist ja auch bei den Haecksen immer wieder so ein Thema. Ich glaub, dass es von außen manchmal so aussieht, dass sich Tech-Nerds immer nur mit digitalen Geräten beschäftigen. Aber gerade bei den Haecksen haben wir auch total unterschiedliche Hintergründe. Närrin hat zum Beispiel was ganz anderes studiert – und zum Thema Technik fällt ihr das hier ein:

naerrin: Für mich ist Technik zum Beispiel als Germanistin und Philosohpin, die ich ja im Bachelorstudium auch irgendwie geworden bin, vor allem dieses Techné, wie es so schön heißt, aus dem ursprünglichen Begriff, und das ist eigentlich einfach das Handwerk. Dinge zu tun. Und deswegen sehe ich Technik nicht nur auf der informationstechnologischen Ebene, sondern auch in vielen anderen Bereichen. Und zur Technik gekommen bin ich überwiegend darüber – ja – Dinge selber machen und ausprobieren. Und sich kreativ damit befassen. Und deswegen beschäftige ich mich auch in dieser Definition von Technik mit allem möglichen, was man mit der Hand machen kann. Also Handwerk im Sinne von Handarbeit vielleicht auch. Also Sticken, Häkeln, Nähen, aber auch damit – ja – neuestens mit dem 3D-Drucker. Mit ein bisschen Python, aber mir fehlt immer die Anwendung, deswegen fällt mir das immer aus dem Kopf raus. Und halt zum Beispiel mit Podcasten: Wie kriege ich den Klang vernünftig hin? Was muss ich wissen, um etwas machen zu können, das andere Leute gerne hören?

Piko: Für naerrin sind Computer also auch einfach ein Werkzeug, um kreativ zu sein. Aber nochmal zurück zu deiner Geschichte, Pecca: Du interessierst dich ja auch für ganz unterschiedliche Bereiche. Gibt es da eigentlich Unterschiede zwischen Hardware und Software und Makerkram? Hast du da eine Präferenz?

Pecca: Das überschneidet sich. Also Hardware ohne Software ist oft relativ schwierig. Also einen Arduino oder einen Raspi dazu zu bringen, dass er was interessantes tut, dass er, was weiß ich, die Jalousien steuert; da muss man natürlich programmieren können, aber in einem weitaus geringeren Rahmen – mit weniger Konsequenzen im Prinzip, als wenn man jetzt in einem Betrieb ist und an einem riesigen Programm und Datenbanken schreibt. Und das ist für mich, glaube ich, primär Software. Dann Hardware, finde ich, ist halt sehr elektroniklastig. Und beim Maken, finde ich, kommt halt noch eine dritte Komponente rein, das ist Crafting. Was halt seit jeher auch von Frauen geprägt ist, und was ich halt auch einen ganz wichtigen Teil der Makerszene finde, dass man halt sagt: Ok, wir kombinieren das alles. Wir sagen nicht: Ok, Hacken hört bei Hardware auf, sondern man kann auch beleuchtete Kleidung machen oder ich darf blinkende Ohrringe haben und so und da muss ich nicht sagen der Teil ist uncool, sondern das ist ein großes Ganzes. Darum ist, glaube ich, tatsächlich die Makerszene oder das Making so mein Lieblingsspielbereich.

Piko: Wir haben jetzt schon ganz viele Fachbegriffe gesagt, die wahrscheinlich die meisten kennen, aber trotzdem einmal drauf: Crafting ist wahrscheinlich so coole Handarbeit?

Pecca: Genau. Crafting ist Handarbeit und zwar nennt man das auch so, um das ein bisschen davon abzugrenzen, dass, wenn Männer sich so eine Technik aneignen, sie die gerne nochmal etwas männlich prägen und dann ist es halt mit einer Stickmaschine cooles männliches Männersticken oder so. Ich weiß es nicht. Also es gibt wieder so Bereiche wo man so denkt so: also es ist jetzt plötzlich cool und männlich, weil es mit einer Maschine passiert, aber die Logik dahinter… also durch eine Strickanleitung durchzusteigen, oder eine Stickanleitung, ist ja total crazy so. Das ist ja so anspruchsvoll, dass viele Leute davon verzweifeln können. Und, genau, Crafting ist halt so ein bisschen, um das einzuordnen, ok, das ist das, was kulturell einfach seit Generationen weiter gegeben wird, wo es nicht unbedingt Bücher für gab, sondern so ein Wissen, dass so durchgereicht wurde. Und was halt auch total wichtig ist, zu erhalten. Zu sagen: Das Pflegen wir und da dürfen wir auch stolz drauf sein.

Piko: Zwei Fachbegriffe aus der ganz anderen Ecke waren Raspi und Arduino. Was ist denn das und was macht man dann damit?

Pecca: Ja. Das sind im Prinzip kleine Computer, die für einen Sensoren und Aktoren steuern, also einen Input: ich nehme ein Licht wahr, ich nehme eine Bewegung wahr, und auf der anderen Seite passiert dann was, also irgendwie es bewegt sich was. Im SmartHome-Bereich, also wenn man sich das Eigenheim automatisiert, ist es sehr ein sehr klassisches Beispiel: Ich habe einen Bewegungsmelder und der Bewegungsmelder merkt, ich gehe durch den Flur und sagt: ich mache das Licht im Flur an. Und für so etwas kann man Geräte wie einen Raspberry Pi oder einen Arduino gut benutzen und da muss es gar nicht ein ganzer Computer oder Laptop sein, der da arbeitet. Und das sind auch tatsächlich ganz schöne Beispiele dafür: Wie kann man sich Sachen selber beibringen?, weil Arduino halt tatsächlich für genau diesen Zweck entwickelt wurde. Weil früher halt Elektronik nur für Unis wirklich erschwinglich war und Privatpersonen sich da gar nicht reinarbeiten konnten, wenn sie keinen akademischen Hintergrund hatten. Und das ist halt, seit es Arduinos gibt, ganz anders. Die kann sich jeder – fast jeder – leisten mit irgendwie 10-13 Euro und damit eigene Projekte erstellen.

Piko: Und da gibt’s im Internet auch unglaublich viele Ressourcen und Ideen und auch Bücher irgendwie: Mit Raspi spielen für Zwölfjährige, das heißt, das ist super niedrigschwellig. Okay. Und noch ein Wort, das vorgekommen ist – und das wir ständig benutzen – ist hacken. Was ist das eigentlich dieses Hacken?

Pecca: Tja, also für mich und ich glaube auch für sehr viele Menschen aus der Hackerszene ist das wirklich einfach der kreative Umgang mit Technik und sich Technik aneignen. Also nicht zu sagen, ok, ich krieg hier so ‘ne Blackbox und ich akzeptier die so, wie sie ist; ich akzeptier meinen Rechner so wie er ist; ich akzeptiere meine Geräte so wie sie sind; ich akzeptiere meinen vielleicht smarten Fernseher so wie sie sind – sondern: Nö, ich hab das gekauft, ich darf das auf mich selber personalisieren, ich kann damit im Prinzip machen, was ich will und ich mach das auch. Also ich gehe da einfach ran und ich mach’s mal auf und ich guck mal rein und ich verstehe wie das Gerät funktioniert. Und das kann man in ganz vielen Bereichen machen. Also ich empfinde mich immer schon als Hackerin wenn ich mein Neo-Tastaturlayout eingestellt habe, wie ich sehe haben wir das alle (lacht). Genau, weil das ist ein total guter Schutz vor anderen Hackern, im Prinzip, die sitzen dann davor und denken man hätte da irgendwie Magie auf den Tasten und sind komplett ausgeschlossen dam Gerät. Und das ist halt so der Punkt, wo ich sage, warum muss ich eigentlich akzeptieren, dass mein Tastaturlayout irgendwie mir vorgegeben ist als QWERTZ – dabei ist das nichtmal besonders ergonomisch. Nö. Ich sage, ich mach das so, wie ich möchte. Ich nehm das Betriebssystem, das ich will; ich benutz die Hardware, die ich will; ich lass mir da keine Vorgaben machen. Und das ist so der Grundgedanke, des Hackens und das lässt sich halt mittlerweile auf fast alle Bereiche übertragen. Also auch das Recht zu reparieren halt da mit aufzunehmen oder zu sagen ich mach Sachen so, dass sie für mich gut sind. Und dass sie mir gefallen. Und dass ich dabei vielleicht auch was lerne und Spaß habe. 

Piko: Okay, das klingt eigentlich ziemlich mühsam. Also so ein neues Tastaturlayout, da sind die Tasten dann ja alle woanders und man muss das erstmal kennenlernen – oder über ein halbes Jahr lang sich die Nächte um die Ohren schlagen, um da Book-Nooks zu basteln. Was bringt einem eigentlich das ganze?

Pecca: Also mir bringt das einfach unheimlich viel Befriedigung. Ich bin jemand, der von Haus aus sehr schlecht darin ist, Sachen so zu akzeptieren wie sie sind. Also ich hinterfrage immer sehr stark. Und für mich ist das halt son Ermächtigungsgefühl und auch einfach zu sehen, was dabei herauskommt, wenn man an so einem Projekt arbeitet. Und dann ist das einfach hinterher umwerfend und cool und man denkt: Das hab ich geschaffen?! Das hab ich gemacht?! Das hab ich verstanden?! Ich hab mein eigenes Betriebssystem hier sinnvoll eingerichtet oder ich hab irgendwie diesem Arduino was beigebracht, das er machen soll automatisiert und der ist jetzt schlauer als ich? Das schüttet so viele Glückshormone aus. Und was halt auch toll ist, ist, dass es auch so eine Szene ist, wo alle dann mitfiebern und sich freuen und sagen: Das ist son tolles Projekt, erklär mir wie das geht, bring mir das bei. Und für mich ist dann auch dieses anderen das beibringen und deren leuchtende Augen sehen, auch was, was mir sehr viel Spaß macht.

Piko: Das klingt auf der einen Seite jetzt super spannend, aber ich finde auch, nach einer Menge Arbeit. Sich alles selbst anzueignen, ist ja auch gar nicht mal so einfach. Ich weiß, dass eine andere Haeckse, die Janepie, wahnsinnig gerne Sachen auseinander nimmt und sich da wirklich tief reinfuchst in Dinge von denen sonst erstmal niemand so genau versteht, wie sie eigentlich funktionieren. Sie war schon in der Schule gut in Mathe, wollte das dann aber nicht studieren, sondern was Praktischeres. Und hat einen Bachelor in Ingenieurwesen gemacht. Jetzt findet sie ihren Bürojob aber nicht mehr so spannend, sondern will mehr Richtung IT. Sich das alles selbst beizubringen ist schon auch eine Herausforderung:

Janepie: Meistens stehe ich vor einem Problem und finde dann raus, was ich dafür wissen muss, können muss und bringe es mir bei. Und wenn ich was nicht weiß und was rausfinden muss, befrage ich das Internet so lange, bis es mir sagt, was ich brauche. Und dann probiere ich es halt aus. Was Software angeht, ist das tatsächlich ein bisschen problematisch. Ich versuchs zwar halt auch mir irgendwie selber beizubringen, habe dadurch das Gefühl, überhaupt nichts zu können und wenn ich dann was programmieren muss, das ewig vor mich herzuschieben. Und wenn ich dann erstmal drin steck, dann funktionierts. Also das Anfangen ist das schwierigste. Ich hab mich tatsächlich jetzt vor einem Jahr in etwa mal zu son paar Informatik-Vorlesungen an der Fernuni Hagen angemeldet, um da irgendwie mal so ein Grundgerüst drunter zu kriegen. Und es ist faszinierend, weil es geht viel um Sachen, von denen ich schonmal gehört habe, aber wo dann der Groschen fällt, weil das alles irgendwie zusammenpasst.

Piko: Mittlerweile hat Janepie ihren Bürojob gekündigt und beschäftigt sich beruflich mit Robotern, was ihr echt viel Spaß macht. Wenn man das mit dem Anfangen also einmal schafft und dran bleibt, dann geht’s auch.Aber Pecca: Was findest du denn, ist besonders erschließbare Technik? Also womit können wir anfangen?

Pecca: Tja, das kommt son bisschen drauf an, was einen eh schon packt – also ob man sagt: Okay, ich hab gerne irgendwie was zum Anfassen, ich mag, wenn’s hinterher blinkt und leuchtet. Oder ob man eher sagt: Okay, ich hab nen guten Zugang zu Software und ich hab zwei linke Hände. Für mich war der Zugang zu Hardware immer leichter, weil ich halt gerne was mit den Händen mache. Und da ist es wirklich am einfachsten, wenn man mit nem kleinen Mikrocontroller startet. Es gibt ja auch schon für Kinder und Jugendliche mittlerweile so etwas wie den Calliope. Das ist wahrscheinlich – wenn man erwachsen ist, fühlt man sich da schon fast ein bisschen veralbert, aber ein Arduino ist zum Beispiel super als Startprojekt. Da gibts halt unheimlich viele fertige Projekte im Internet, die man einfach nachbauen kann und die funkionieren und wo man sofort Endporphinausschüttung hat. Und von da aus kann man dann sich gut weiter hocharbeiten. Und was vielleicht mit nem RaspberryPi machen. Aber bis dahin bring man schon sehr viel zum Leuchten und Blinken und Bewegen und in Sachen Software: Es gibt viel Einsteigerprojekte, es gibt viel Förderung. Was sich auch immer sehr anbietet und was, glaub ich, für mich auch das ist, was mich wirklich reingezogen hat, ist in den Hackerspace zu gehen oder in den Makerspace zu gehen und da einfach zu gucken, was die anderen so machen und sagen: Ey, das ist cool, erklär mir das mal, was machst du da, wie funktioniert das, kannst du mir das beibringen?

Piko: Und wo findet eins Hacker- und Makerspaces?

Pecca: Es gibt in meist etwas größeren Städten Haker- und Makerspaces. Kann man im Prinzip einfach mal googlen, die sind ein bisschen unterschiedlich aufgebaut. Mein Hackerspace, der Stratum0, ist sehr offen aktiv, man da, wenn keine Pandemie ist, zu jeder Tageszeit einfach vorbeischauen und dann führt einen jemand rum und erklärt alles. Andere solche Orte sind n bisschen geschlossener, haben spezielle Öffnungszeiten für Besucher oder man muss sich vorher anmelden. Und es gibt, was ich auch sehr cool finde, auch sehr spezialisierte Hacker- und Makerspaces. Also es gibt in Berlin, glaube ich, den Heart of Code, die zum Beispiel nur für Frauen und enby-Personen etc. zugänglich sind, wobei so Männer nicht unbedingt erwünscht sind. Und wo man sich wahrscheinlich sehr gut aufgehoben fühlt, wenn man sich unwohl fühlt in so nem reinen Männerhaufen, den halt Hackerspaces da oft zu bieten haben.

Piko: Das ist ja super interessant. Welche Technik möchtest denn du dir noch erschließen, also worauf freust du dich noch?

Pecca: Tja, also ich hab angefangen, mich ein bisschen mit Fräsen zu beschäftigen. Und Fräsen sind auch CNC-Maschinen, wie zum Beispiel 3D-Drucker oder Lasercutter – das heißt, da bewegt sich etwas auf zwei Achsen im Raum hin und her. Und in dem Fall halt etwas mit nem kleinen Dremel im Prinzip unten dran. Und damit kann man Holz entweder gravieren oder ausschneiden. Das fand ich bisher immer son bisschen holperig im Umgang und dann habe ich gesehen, was es mittlerweile für irre CNC-Fräsen gibt, was die für Features haben, dass man die im Prinzip auf jede Fläche bringen kann. Und jetzt bin ich plötzlich im Boot und hab da total Bock drauf.

Piko: Okay, dann wollte ich jetzt als allerletzten Punkt noch einmal so die Gender-Perspektive einnehmen und fragen: Was hat “sich Technik selbst erschließen” eigentlich mit Feminismus zu tun?

Pecca: Tja, ich hab den Eindruck, dass es oft schwerfällt, sich erst in so eine Szene reinzufinden. Also für sich selber das Label auch irgendwie Haeckse, Makerin, Hackerin anzunehmen; zu sagen: Ja, das bin ich, ich mach das. Und dann auch halt die passenden Ressourcen zu finden, ohne Vorurteilien zu begegnen. Es ist halt schon oft so, wenn man sagt: Hey, ich würde gerne dieses Gerät bedienen können, ich würde gerne dieses System verstehen, dass einem dann son: Naja, kannste eh nicht; oder: Ich fang mal hier bei Null an, das ist die Welt, so funktioniert die – begegnet. Und dass dadurch sehr ermüdend ist, sich Ressourcen zusammen zu suchen und Sachen zu lernen. Und je mehr Frauen und enbys und generell diverse Personen … wir sind einfach in dem Bereich, desto einfacher wird es sich auch gegenseitig zu erreichen und sich zu bereichern und sich auszutauschen. Und darum finde ich, spielt das schon eine große Rolle. 

Piko: Mhm, ich hab auch bei meinen Touren durch Hackerspaces wahrgenommen, dass man sich einfach viel wohler fühlt, wenn man eben nicht das Gefühl hat, dass man eben die eine Person ist und eben beweisen muss, dass die ganze Gruppe, für die man steht, nicht so ist. Und da ist es viel schöner, wenn man – ja – Leute hat, wo man sich auch identifizieren kann.

Pecca: Genau. Bei unserm Hackerspace ist das sehr schön, wir haben sehr viele aktive Frauen und ein sehr positives Klima und da merkt man auch, dass, wenn neue Menschen dazu kommen die automatisch gleich ein bisschen entspannter sind und sagen: Ak, guck mal, da ist jemand, der ist so wie ich, damit kann ich mich identifizieren, die Person hat auch nen ähnliches Hobby wie ich und da haben wir gleich nen Bezugspunkt.

Piko: Großartig. Dann vielen, vielen Dank für die super interessanten Einsichten – und hast du noch etwas, was dir auf der Zunge brennt?

Pecca: Ja! Also ich finde es total wichtig, wenn man sich was selber beibringen will und was lernen will, was einen vielleicht auch einschüchtert oder was irgendwie sehr speziell ist, dass man als Frau all diese Ressourcen annimmt, die einem geboten werden. Also die sind für einen speziell wirklich da, all diese Hackathons, Jugendförderprogramme wie Make your School, Jugend hackt etc., legen so viel Wert darauf, dass da Frauen und diverse Personen einfach teilnehmen –die Angebote sind da, es gibt Förderungen in verschiedenster Form und die muss man sich nur nehmen. Und viele haben Angst davor das zu machen und zu sagen: Ja, ich bin gemeint, genau ich soll hier was lernen und vielleicht klappt das nicht bei jedem Ding, wo ich mitmache, super. Aber da kann man so viel mitnehmen und man hat das Anrecht darauf – also sollte man das auch einfach ausnutzen.

Piko: Dann vielen Dank, Pecca! Und vielen Dank fürs Zuhören bei unserer ersten Folge Haecksenwerk. Wir packen alle spannenden Links und Begriffe zum Weiterlesen auch in unsere Shownotes. Und freuen uns schon auf die nächste Folge! Wenn ihr Themenideen habt, uns Feedback geben wollt oder mehr über die Haecksen wissen wollt, könnt ihr uns eine Mail schreiben an: podcast@haecksen.org. Beim nächsten Mal gehts dann um das Informatikstudium. Bis dahin; viele Grüße und immer dran denken: Technik ist, was wir draus machen. Tschüss! 

Pecca: Tschüss!

Piko: (lacht) Okay.


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 August 1, 2021  26m