MS-Perspektive - der Multiple Sklerose Podcast

Im MS-Perspektive Podcast stelle ich Dir meine Sichtweise die Multiple Sklerose vor und zeige Dir, wie Du das beste aus der Diagnose machen kannst. Denn ein schönes und erfülltes Leben ist auch mit Multipler Sklerose möglich. Hier findest Du Informationen und Strategien, wie Du Deinen Verlauf aktiv beeinflussen kannst. Dazu veröffentliche ich Solobeiträge mit meinen Erfahrungen, interviewe Experten und zu verschiedensten Themen rund um ein Leben mit MS sowie andere Betroffene. Außerdem gibt es einige bunte Folgen, die der Entspannung, positiven Einstellung und Anregung dienen.

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episode 120: #120 – Sensibilitätsstörungen bei MS - von Watte bis Stromschlag


In Folge #120 geht es um die Vielfalt an Sensibilitätsstörungen, die Menschen mit Multipler Sklerose bekommen können. Hast Du bereits Missempfindungen erlebt? Wenn ja, kein Wunder. Sie gehören zu den häufigsten Symptomen bei MS und treten oft schon am Beginn der Erkrankung auf. Bei manchen waren sie rückblickend bereits einige Zeit vor der Diagnose da. Aber oft reicht eine veränderte Reizwahrnehmung nicht aus, um der Sache genauer auf den Grund zu gehen.

Im folgenden Beitrag erfährst Du mehr über die unterschiedlichen Arten von Sensibilitätsstörungen und wie Du damit umgehen kannst.

Wann treten Sensibilitätsstörungen auf?

Häufig bereits zu Beginn. Bei einer schubförmigen verlaufenden MS verschwinden sie nach einiger Zeit wieder.

Wenn Dein zentrales Nervensystem bereits viel reparieren und kompensieren musste, kann es sein, dass die Missempfindungen dauerhaft bleiben. Deshalb empfehlen MS-Spezialisten schnell mit einer verlaufsmodifizierenden Therapie zu beginnen. Dadurch kann die Multiple Sklerose verlangsamt oder sogar gestoppt werden.

Welche Arten von Sensibilitätsstörungen gibt es?

Zunächst unterscheidet man zwischen zwei Arten. Es gibt Missempfindungen, die ohne einen äußeren Auslöser auftreten, sogenannte Parästhesien.

Außerdem können normale Reize von außen falsch weitergegeben werden und von unangenehm bis schmerzhaft reichen.

Alle Körperregionen können betroffen sein, vor allem Arme und Beine und damit auch Füße und Hände.

Die Palette an Empfindungsstörungen reicht von Taubheit über Prickeln, wie bei Kohlensäure hin zum Gefühl von Ameisen, die über die Haut laufen.

Am Rumpf ist häufig der breite Gürtel zu spüren, den man um die Taille oder den Oberkörper zu tragen meint, obwohl dort nichts ist.

Es gibt auch das Gefühl, als ob der eigene Körper unter einer Schaumstoffschicht oder Watte liegt, weil Druck nur noch gedämpft ankommt.

Beim Lhermitte-Zeichen fühlt es sich so an, als ob elektrische Impulse durch den Körper laufen vom Kopf beginnend die Arme und Beine hinab jedes Mal, wenn Du den Kopf neigst. Das kann unangenehm oder eklig sein, aber auch schmerzhaft.

Vielleicht meinst Du auch, dass ein Objekt, das Du anfasst, heiß oder kalt ist, obwohl es eine völlig normale Temperatur aufweist.

Oder bei Dir schießen Schmerzen ein, wenn Dich jemand an bestimmten Stellen berührt. Das können größere oder kleinere Hautareale sein.

Darüber hinaus gibt es sensorische Missempfindungen, die Bewegungen, Vibrationen und Lagerung Deines Körpers falsch wiedergeben. Diese Störungen können sich negativ auf Deine Bewegungen auswirken.

Ich selber habe Missempfindungen für einen Arm und den dazugehörigen Quadranten vom Rumpf erlebt. Es fühlte sich an, als ob ich eine dicke Schaumstoffschicht hätte.

Das Gürtelgefühl um die Taille und eine generell verminderte Empfindung am ganzen Körper habe ich ebenfalls erlebt.

Und das Lhermitte-Zeichen war bei mir mehr faszinierend eklig, als schmerzhaft. Alle Symptome gingen nach mehreren Wochen bis Monaten zurück.

Was kannst Du bei Sensibilitätsstörungen tun?

Zunächst solltest Du Deinen Neurologen informieren, wenn die Missempfindung neu ist, da sie Teil eines Schubes sein kann und weitere Tests nötig sind, um das abzuklären.

Wenn Du die Symptome bereits aus der Vergangenheit kennst, kommen temporäre Auslöser in Frage. Leidest Du aktuell unter Stress? Ist Dein Körper überhitzt (Fieber, hohe Außentemperaturen, sportliche Aktivität)? In diesem Fall können die Symptome abklingen, wenn Du Dich entspannst und Deinen Körper auf Normaltemperatur abkühlst.

Falls Du nach 24 Stunden immer noch das Gefühl hast, dass es sich neu oder anders anfühlt, zum Beispiel intensiver, kontaktiere Deinen Neurologen oder wenn Du hast Deine MS-Schwester.

Wie können Ergotherapie und Physiotherapie helfen?

Es gibt wirklich viele Möglichkeiten. Sprich Deinen Neurologen an, wenn Ergo- oder Physiotherapie für Dich in Frage kommen.

Ergotherapie

Falls Du weniger Reize aufnimmst, gibt es eine Menge Möglichkeiten, Deine Nerven zu stimulieren und zu trainieren.

Meist bist Du bei der Ergotherapie an der richtigen Stelle. Bäder mit warmen oder kalten Körnern oder Steinen können sehr angenehm sein zum Greifen.

Bei einem Paraffinbad wird um Deine Hände oder Füße ein mehrschichtiger Aufbau durch wiederholtes Eintauchen gelegt und dadurch eine angenehme Wärme bis in die Tiefe transportiert.

Das sind aber nur einige Beispiele aus einer Vielzahl von Angeboten der Ergotherapie.

Physiotherapie

Die Physiotherapie konzentriert sich mehr auf Deine Muskeln, das dazugehörige Bindegewebe und die Dehnung.

Gezielte Übungen, Massagen und Bewegungsabläufe können Dir helfen, Symptome schneller loszuwerden. Oft sind die Übungen ohne Probleme auch zuhause durchführbar oder benötigen nur wenig Hilfsmittel.

Trainiere eigenständig weiter, dann erzielst Du die besten Erfolge, sofern keine Verletzungsgefahr besteht.

Vielleicht helfen Dir auch Wechselbäder oder eine Eisbehandlung

Was kannst Du selber gegen Missempfindungen unternehmen?

Bei Missempfindungen der Haut kannst Du selbst zu einer Desensibilisierung beitragen. Probiere ein bisschen herum. Lauf barfuß über verschiedene Untergründe oder greife berühre mehrere Texturen, je nachdem, welche Körperpartie betroffen ist.

In der warmen Jahreszeit eignet sich ein Ausflug in die Natur. Sei es der Park um die Ecke, der eigene Garten oder weiter weg. Steine, Erde, Baumrinde, Metall, Wasser, Blätter, Nadeln von Bäumen, kleine Zweige, Moos. Es gibt so viel bei einem Spaziergang zum Fühlen und Berühren.

Oder Du nutzt die Gegenstände Deiner Wohnung: Teppich, Holz, der Schuhabstreicher, Fliesen, ein Handtuch, die Zacken der Gabel, verschiedene Vasen, warmes Kerzenwachs, Wolle, Jeansstoff.

Sei kreativ, aber bitte verletz Dich nicht dabei.

Ein weiterer Aspekt ist die Entspannung. Versuche, Deinen Körper und Deine Gefühle besser wahrzunehmen. Meditation, Yoga, Pilates oder Tai Chi können Dir dabei helfen.

Ich habe mir in Phasen mit Sensibilitätsstörungen eher ruhige Sportarten und Bewegungen ausgesucht. So vermied ich Verletzungen und setze meinen Körper dennoch neuen Reizen aus. Ich spazierte barfuß am Strand der Nordsee und versuchte, das kalte Wasser und den Sand genau zu spüren. Auf Joggen verzichtete ich. Ruhiges Yoga zog ich dem Badminton vor.

Probiere auch Du herum und finde heraus, was Dir hilft. Auf jeden Fall solltest Du nicht Deinen ganzen Fokus auf die Missempfindungen richten, das intensiviert sie nur. Versuche Dich, mit schönen Erlebnissen abzulenken, sei es eine gute Geschichte, Musik, Zeit mit Deinen Liebsten oder ein Hobby.

Bei Einschlafproblemen kann Dir progressive Muskelentspannung helfen. Ein Kurs erleichtert Dir den Einstieg. Du kannst aber auch einfach ein kostenloses Angebot nutzen.

Welche Medikamente gibt es gegen Sensibilitätsstörungen?

Dein Neurologe weiß am besten, wann Medikamente nötig und sinnvoll sind und wann nicht. Er ist der Experte.

Häufig wird bei einem Schub, der nur Missempfindungen auslöst, auf eine Kortisonbehandlung verzichtet, wenn Du den Alltag trotzdem bewältigen kannst.

Falls Du dauerhaft unter Schmerzen leidest, werden oft Antidepressiva und Antiepileptika genutzt.

Und was wenn Missempfindungen dauerhaft bleiben?

Dann sag den Menschen in Deiner Nähe, wenn Dir Berührungen weh tun oder unangenehm sind. So können sie darauf Rücksicht nehmen.

Und denk immer dran, du bestimmst, wo Deine Aufmerksamkeit hingeht. Mehr Fokus bedeutet mehr Schmerz oder Missempfindung. Versuche, den Zustand zu akzeptieren, und dennoch weiterhin an einer Desensibilisierung zu arbeiten. Richte Deinen Blick auf das Gute und Schöne im Leben. Ich weiß, dass es nicht immer leicht ist, aber je mehr Du mit Meditation, Gedankenreisen und Entspannungstechniken daran arbeitest, desto mehr wird das Symptom in den Hintergrund treten.

Lachen hilft, aber auch das Versinken in etwas, was Dich begeistert und Dir Freude bringt. Im sogenannten Flow, wird alles andere nebensächlich und verliert an Intensität und Bedeutung.

Falls möglich, vermeide die Auslöser für Missempfindungen. Aber nimm keine ungesunden Schonhaltungen ein. Und führe Bewegungsabläufe weiterhin richtig aus.

Was ist die beste Prävention gegen Empfindungsstörungen?

Das Du die zu Dir passende verlaufsmodifizierende Therapie findest, die die MS zum Stillstand bringt oder mindestens stark verlangsamt.

Außerdem kannst Du mit einer gesunden Lebensweise viel zu einem sanften Verlauf beitragen. Ernähre Dich ausgewogen. Beweg Dich regelmäßig. Trinke wenig Alkohol. Achte auf eine stabile Psyche und gehe Probleme an, die dort bestehen. Verzichte möglichst auf Nikotin und andere Suchtstoffe. Und suche Dir immer wieder neue geistige Anregungen.

Denkanstoß

Probier doch mal Eisbaden aus oder die milde Variante in Form von kalten Duschen. Falls Kälte ein Problem ist, dann nutze die sanfte Wärme von Schlammpackungen, Biosaunen oder Thermalbädern. Sei kreativ und finde Deinen Weg.

Frage an Dich

Hattest Du schon mal Empfindungsstörungen? Und wenn ja, was hat Dir geholfen?

 

Bestmögliche Gesundheit wünscht Dir,

Nele

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Hier findest Du eine Übersicht aller Podcastfolgen.


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 January 24, 2022  23m