00:43 timpritlove
Hallo und herzlich willkommen zu Forschergeist, dem Podcast des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft.
00:47
Mein Name ist Tim Pritlove und ich begrüße alle zur 91. Ausgabe.
00:52
Und ja, heute wird es total innovativ, glaube ich, denn das ist das Thema.
01:00
Innovation, konkreter wollen wir über Sprunginnovationen reden und vor allem darüber,
01:06
was das denn nun eigentlich ist und warum die Welt das braucht.
01:09
Und dazu begrüße ich meinen Gesprächspartner, nämlich Rafael Laguna de la Vera, richtig?
01:15 rafaellagunadelavera
Richtig, hallo Tim.
01:16 timpritlove
Richtig. Hallo, schönen guten Tag, herzlich willkommen bei Forschergeist.
01:20
Ja, was ist das überhaupt für ein Name, wo hat man den denn her, spanischer Hintergrund?
01:26 rafaellagunadelavera
Ja, man ist in Leipzig in Sachsen geboren und dann heißt man so,
01:30
allerdings nur, wenn man einen spanischen Vater hat, der mit meiner Mom, die aus Hamburg kommt, zur Oma gezogen ist,
01:35
um Kinderchen, Eierchen zu legen und so bin ich da meine ersten zehn Jahre in der damaligen DDR gelandet.
01:42 timpritlove
Okay, in Leipzig?
01:44 rafaellagunadelavera
Also in der Nähe, in Pegau im Süden, in so einem 5000 Seelen Städtchen.
01:48
Habe da eine gute Kindheit verbracht.
01:50
Wir durften da bleiben, weil drei Jahre vorher mein Bruder Carlos genau am 13.08.61 zur Welt gekommen ist
01:55
und meine Mutter als Westdeutsche schon die ostdeutsche Staatsbürgerschaft annehmen musste.
01:59
Und so waren wir da so ein bisschen, man kann sagen, gefangen.
02:02
Wobei das nicht so ein großes Problem war, meine Urgroßeltern die konnten uns gut aufnehmen,
02:06
wir haben da ein gutes Leben gelebt.
02:07
Aber irgendwann mal war es doof, die spanische und westdeutsche Familie nicht kennenzulernen
02:11
und da hat es mein Vater 74 geschafft, uns dann da rauszuschaffen mit einem holländischen Onkel und einem Peugeot 504,
02:17
der schon mit Erdgas fuhr übrigens 1974.
02:20 timpritlove
So fluchttechnisch oder?
02:23 rafaellagunadelavera
Nein, das war eine Ausreiseantragsgenehmigung, aber dann holterdipolter.
02:27
Dann hattest du nicht so richtig viel Zeit.
02:28
Ich glaube, in zwei Wochen haben wir das dann…
02:31 timpritlove
Ach so so nach dem Motto, jetzt dürft ihr weg, aber dann auch bitte sofort.
02:33 rafaellagunadelavera
Aber dann bitte pronto, genau so war das.
02:36 timpritlove
Verstehe. Und dann ging es wohin?
02:37 rafaellagunadelavera
Dann ging es ins schöne Sauerland nach Bleche, kennt bestimmt jeder, 300 Seelen Dorf.
02:43 rafaellagunadelavera
Kennt man von der A45, da geht nämlich eine Autobahnbrücke drüber.
02:48
Aber da hatte ich auch eine gute Jugend dann, eine wilde Dorfjugend sozusagen
02:51
und habe dann das noch größere Glück gehabt, einen verrückten Onkel in Los Angeles zu haben.
02:58
Habe dann quasi so eine zeitlichen Zweisprung gemacht.
02:59
Du kamst ja, wenn du in der DDR gelebt hast, hat man so ein bisschen in den 20er Jahren irgendwie gelebt,
03:04
wenn ich heute zurückblicke in den Westen 1974 und dann 1976 zum ersten Mal nach LA
03:10
und so bin ich dann auch früh mit dem ganzen Digitalkram in Kontakt gekommen,
03:13
was man vielleicht mit der Story so nicht unbedingt erwarten würde.
03:16 timpritlove
Ja, das wäre jetzt auch meine nächste Frage gewesen, in LA dann?
03:20 rafaellagunadelavera
Mhm /bejahend/, ja, genau.
03:20
Also da bin ich quasi jede Sommerferien hin.
03:23
Der wohnt im San Fernando Valley, das ist so das Mexican Quarter sozusagen.
03:27
Da gab es dann in North Hollywood den Open Bookstore ???,
03:30
der dann vollgestopft war mit Computerbüchern, man konnte sich in den VW Bully setzen
03:34
und ins Silicon Valley brettern, also der selber hatte alle möglichen Computer,
03:39
das war auch so ein Spielkind, bei dem sah es so ähnlich aus wie bei dir hier im Studio.
03:45
Und dann habe ich damit rumspielen können und hatte führen Zugang.
03:48 timpritlove
Zu was genau?
03:50 rafaellagunadelavera
Zu ja Mikroelektronik, würde ich das mal nennen.
03:52
Das klingt jetzt ein bisschen steif, aber damals 4Bit SCM-Mikroprozessoren konnte man kaufen,
03:58
Die man sich aber selber zusammenlöten musste.
04:01
Dann kam der Xerox Alto, das hatte der dann auch, wo das erste grafische Userinterface drauf war.
04:06
Apple II, solche Geschichten hatte der.
04:08
Und irgendwann mal hat er mir einen Compaq Portable 1, als der PC dann kam Anfang der 80er Jahre, mitgegeben.
04:14
Der kostete damals, ich glaube, 13.000 Dollar oder so was, völlig cracy.
04:18
Und dann habe ich den sozusagen auf dem Schoß im Flieger mit nach Deutschland transportiert
04:21
und hatte damit Zugang zu diesem Gear und auch zu den Büchern, die ich auch tonnenweise rübengeschleppt habe.
04:26 timpritlove
Aber das war ja wahrscheinlich nicht nur Zugang zum Gear,
04:28
sondern es war ja im Prinzip auch Zugang zu so einer goldenen im Silicon Valley, so die Zeiten des Homebrew Computer Club,
04:35
wo so die frühen Freaks zusammenkamen, unter anderem Steve Wozniak, Steve Jobs etc.,
04:42
paar andere Sachen, also sind sehr viele Gründer auch von späteren größeren Firmen waren ja da quasi mehr oder weniger in so einem Club zusammen.
04:51
Nicht nur dort, aber auch.
04:53 rafaellagunadelavera
Genau.
04:53 timpritlove
Wie muss man sich das vorstellen diese Zeit, wie da so die Realität war?
04:57
Ich meine, auf der einen Seite dürfte es ja auch noch das normale Laid Back California der alten Zeit…
05:02 rafaellagunadelavera
/unverständlich/
05:04 timpritlove
Und auch noch so Hippiezeit gegeben haben.
05:06
Wie hat sich da diese elektronische Welt eingeordnet?
05:10
Wie sichtbar war das?
05:11 rafaellagunadelavera
Das war nicht sehr sichtbar.
05:14
Das war eine verschworene Clique irgendwie, man hat sich über irgendwelche komischen Netzwerke zusammengedialed.
05:20
Und sich ausgetauscht, rückblickend sieht man die großen Namen,
05:23
das waren aber halt nur Typen, also man wusste ja nicht, wer da ist
05:26
und Bill Gates hat da ja auch rumgewurschtelt.
05:28
War auch noch bisschen verknüpft mit der Musikszene witzigerweise.
05:32
Also viele kamen über Musik, dann kam so Vocoder und dann irgendwie das ist auch sehr artverwandt gewesen.
05:39
Man hat sich da keine Gedanken gemacht, das waren Leute, die sich auch mit dem Thema beschäftigt haben,
05:42
totales Neuland, also das war irre, man hat da rumgelötet und gemacht und getan.
05:47
Das war keine Industrie, die ist ja erst dann danach entstanden.
05:50
Und ehrlich gesagt, als ich dann später gesehen habe, dass dieser Bill Gates ein IPO mit Microsoft macht,
05:56
dann habe ich mich kaputt gelacht, habe ich gedacht, wie will man denn damit Geld verdienen?
05:58
Also falscher kann man nicht liegen.
06:01
Weil man einfach gesagt hat, Mensch das ist halt Technik, was soll das sein?
06:05
Man hat sich da nicht so Gedanken drüber gemacht.
06:08
Aber mich hat das einfach gefesselt, das hat einfach Bock gemacht und so ging es denen, glaube ich, allen auch.
06:12 timpritlove
Wie lange warst du da?
06:13 rafaellagunadelavera
Also ich bin wie gesagt von Alter 12 praktisch jedes Jahr in den Sommerferien immer sechs Wochen dahin.
06:19
Und zwischendurch mal.
06:22
Meine Eltern haben dann noch parallel eine Skateboard-Firma gegründet, weil die haben wir auch importiert aus Kalifornien.
06:26
Die erste, California Sun hieß die auch, also die erste Skateboard-Firma Deutschlands ist dabei auch noch rausgedropt.
06:30
Ich habe meine Elephant Software, hieß sie, mit 16 gegründet.
06:35
Habe Software für die damaligen Mikrocomputer, das war ja vor dem PC,
06:39
noch vor den Homecomputern eigentlich, so TRS-80 Model 1, so ein Z90 Rechner.
06:44
Für solche Geschichten dann importiert und über das einzige Computermagazin, was es damals gab,
06:49
die Chip, mit Anzeigen versickert und dann kam Sinclair ZX80, ZX81,
06:53
VC20, dann die Ataris und so weiter, das war so die Zeit.
06:57
Also ich habe nie jahrelang in Kalifornien gelebt, weil es mir zwar gefallen hat,
07:02
aber ich eigentlich die europäische Kultur immer ein bisschen kuscheliger fand.
07:05
Ich fand so diese Roughness, dieses if you don’t make it, dann bist du halt nichts,
07:12
das fand ich schon ein bisschen krass.
07:13
Auf der anderen Seite hat mich das auch angespornt, einfach mal zu machen.
07:18
Also dieser Geist, probiere es halt und wenn es nicht klappt, dann klappt es halt nicht, scheiß egal,
07:21
den habe ich schon da mitgenommen.
07:22
Und dieser crazy uncle, der immer noch lebt, der heißt auch noch Alf.
07:25
Also außerirdisch ist er nicht, aber der hat mich da immer gefördert und inspiriert, das zu tun.
07:31
Also habe ich diesen amerikanischen Unternehmergeist und diesen Aufbruch der Digitalindustrie,
07:37
die habe ich, glaube ich, da eingeimpft bekommen.
07:39 timpritlove
Wo kommt das eigentlich her, dass so dieser American Way an der Stelle so Fehler eher verzeiht?
07:46
Kann man das verorten oder ist das einfach so?
07:50 rafaellagunadelavera
Du bist ja schon mehr auf dich selbst gestellt.
07:54
Du musst ja sehen wo du bleibst sozusagen und da bleibt dir auch nicht viel anderes.
07:58 timpritlove
Weil es sozusagen kein soziales Geflecht gibt etc.
08:02 rafaellagunadelavera
Es gibt kein Netz, keinen doppelten Boden, Ausbildung ist sauteuer,
08:04
das heißt, du musst, du kannst dir das im Zweifel gar nicht leisten.
08:08
Deswegen ist selfmade auch etwas, also ich auch, ich habe drei Wochen Informatik studiert
08:12
und dann hatte ich keine Lust mehr, weil mir das irgendwie nicht spannend genug war.
08:17
Solche Sachen sind da eher normal.
08:19
Ich meine, wir reden hier Anfang der 80er Jahre, das war total anders, da gibt es jetzt bessere Sachen.
08:26
Ich habe da nicht drüber nachgedacht, das war einfach so und so ist es in Amerika auch.
08:29
Und wenn das eine nicht klappt, dann machst du halt das nächste und das nächste und irgendwann klappt es.
08:33
Weil dir auch nichts anderes übrig bleibt, es muss irgendwann mal was klappen.
08:36 timpritlove
Und weil das halt alle machen, ist das eben auch anders akzeptiert.
08:38 rafaellagunadelavera
Total, also dieses, weißt du, ich glaube, der Gedanke, dass man, wenn man es gar nicht erst ausprobiert,
08:44
eigentlich schon gescheitert ist, der ist bei uns nicht so drin.
08:49
Dieses okay, ich bewege mich halt nicht, ich tue es nicht, weil das ist ja ein Risiko und dann blamiere ich mich.
08:54 timpritlove
Könnte ja schief gehen.
08:55 rafaellagunadelavera
Könnte ja schief gehen, aber das ist ja eigentlich ein apriori Scheitern, was ja noch schlimmer ist.
08:59 timpritlove
Was hat denn Elephant Software gemacht?
09:02 rafaellagunadelavera
Software verkauft.
09:02
Ich bin nach Amerika geflogen, habe TRS-80 Software auf Kassetten gekauft,
09:08
habe die nach Deutschland geschleppt im Koffer, irgendwie am Zoll vorbei wahrscheinlich,
09:14
soweit ich mich erinnere, habe eine Anzeige geschaltet in der Chip und habe das Zeug verkauft.
09:18
Und nachher habe ich angefangen, selber Software zu entwickeln, als der TRS-80,
09:21
kennt wahrscheinlich keiner mehr, aber das waren Rechner, die kosteten schon ein paar tausend.
09:25 rafaellagunadelavera
Tandy Radio Shack, Turd Shit 80 liebevoll genannt, mit einem Z80 Prozessor, 4K RAM und so huihui.
09:33
habe dann selber einen Basic Compiler dafür gebaut, habe dann als die Sinclairs kamen dafür Software gemacht,
09:39
weil das dann wirklich erschwingliche Computer waren.
09:42
Ich glaube, der ZX80 kostete so 400 Marko der so was.
09:45
Das war so ein kleines Plastikbrettchen.
09:48
Und damit das Geld verdient, um mir letztlich das Equipment zu kaufen,
09:53
weil das ja dann doch insgesamt ganz schön teuer war.
09:56
Das habe ich alles so nebenher zur Schule gemacht.
09:58 timpritlove
Irgendwo klingelt gerade eine Glocke in meinem Hinterkopf, ich bin …
10:02 rafaellagunadelavera
Ja, du bist alt genug, um das vielleicht gesehen zu haben.
10:05 timpritlove
Das war ja so ein bisschen meine Zeit auch, ich habe das ja auch bewusst wahrgenommen,
10:10
irgendwo war auch mal was mit Elephant Software, aber das kriege ich jetzt nicht mehr so ganz zusammen.
10:12
Kann gut sein, dass das so eine Softwaredistributionsgeschichte war.
10:16 rafaellagunadelavera
Ja, so würde man es heute nennen, damals war einen Anzeige in der Chip und einen Katalog,
10:20
den man noch, meine Eltern sind Übersetzer, die hatten diese automatischen Schreibmaschinen und Kopierer und so was,
10:25
dann habe ich wirklich Papierkataloge gemacht und verschickt.
10:29 timpritlove
Das war schon wirklich eine interessante Zeit.
10:31
Haben wir im Vorgespräch auch schon ein bisschen drüber gesprochen.
10:34
So ein bisschen, dass im Allgemeinen von den Jahrgängen, die in den 90er Jahren groß geworden sind,
10:41
wird immer so von digital natives gesprochen oder eigentlich auch erst bisschen später.
10:45
So die Leute, die dann eben so mit der ganzen Technik groß geworden sind.
10:48
Aber es gab die ja in sehr viel kleiner eben auch schon zu dieser Zeit,
10:52
die ja gegenüber den späteren Zeiten so ein bisschen den Vorteil hatte,
10:56
dass diese ganze Technik noch so überschaubar und so erfahrbar war,
11:01
dass da so eine größere Gruppe von Leuten herangewachsen ist, die sich ja jetzt irgendwie so ein bisschen auf Rufweite auch immer noch kennt.
11:09
Man merkt so, ah okay, die sind da gelandet, die sind da gelandet und so weiter,
11:12
die sind immer noch so Teil dieses Gesamtgeflechts und ich weiß nicht, vielleicht bilde ich mir das auch nur ein,
11:19
aber es war so ein, man hat so ein Gefühl für diese ganze Technik und diese Technikentwicklung gehabt,
11:26
die dann so später so ohne weiteres nur schwierig zu erarbeiten war, weil man dann schon so zugeschüttet war,
11:34
dann kommt das Internet noch dazu und so und dann wurde es ja auch alles sehr schnell hektisch.
11:39
Aber da war auf jeden Fall so eine Generation, die als erstes so ein bisschen das Potenzial gesehen hat
11:46
und auch die Auswirkungen, die es auf die Gesellschaft haben kann.
11:50 rafaellagunadelavera
Ja, genau. Wir wurden ja gezwungen, das bis zum Bit runter zu verstehen.
11:54
Also meinen ersten Computer habe ich mit 12 zusammengelötet und mit 128 Byte RAM.
12:03
Da kanntest du jedes Bit persönlich sozusagen, du hast auch verstanden was eine ALU ist und so was.
12:09
Also du konntest schon wirklich im Kopf jedes Bit verfolgen.
12:12
Also haben wir, glaube ich, da eine Chance gehabt, noch das Grundverständnis für die Technologie zu entwickeln.
12:17
Also ich habe noch irgendwelche ALUs mit CMOS zusammengelötet und so was.
12:23
Wenn du das als Fundament hast und dann auf den Softwarelayer gehst,
12:25
das war dann alles Maschinensprache mein Basic Compiler, den ich da gerade erwähnt habe,
12:31
dann hast du schon ein grundlegendes Verständnis.
12:33
Und als dann die ersten Modems kamen und man das nicht durfte und die Post Hackereien und so was und BTX und der ganze Kram.
12:40
Ich glaube, wir hatten eine Chance, noch die Black Boxes von innen zu kennen.
12:46 timpritlove
Genau und man wurde an diese Magie, die das ja ausstrahlt, herangeführt einerseits.
12:51
Aber auf der anderen Seite war es dann für einen auch sofort entzaubert.
12:54
Weil in dem Moment, wo man so gesehen hat, ah okay, alles klar,
12:57
so auf dem allerniedrigsten Level ist es eigentlich sehr einfach so.
13:03
Und diese Folgenabschätzung von Technologie fällt einem ja einfach leichter,
13:08
wenn man erst mal weiß, worauf das steht.
13:11
Und ich habe oft das Gefühl, es fehlt Leuten so ein bisschen eben diese Verankerung tatsächlich am Boden,
13:18
das zu verstehen, um die Implikationen der ganzen moderneren Technologien auch irgendwie richtig einschätzen zu können.
13:25
So was alles erzählt wird über was künstliche Intelligenz kann etc. nicht wahr,
13:32
da schüttelt man dann vielleicht etwas schneller den Kopf als es andere Leute machen
13:36
und das ist auch irgendwie verständlich und das ist auch sehr schwierig, das wieder so herbeizuführen in irgendeiner Form,
13:43
so eine Bildung anzubieten, weiß auch nicht ganz genau, ob das überhaupt noch replizierbar ist.
13:47 rafaellagunadelavera
Ja, also ich hoffe, dass wir da noch ausbilden.
13:50
Es gibt ja jetzt wirklich gute Ausbildungen, auch gut dank Internetzugang zu alles so ungefähr.
13:55 timpritlove
Das stimmt wiederum.
13:57 rafaellagunadelavera
Zum Beispiel gibt es einen Kurs, den habe ich dann später noch mal mir selber reingezogen,
13:59
der heißt nand2tetris, können wir gleich mal in den Shownotes hinten dranhängen.
14:04
Da geht es wirklich los, dass du mit NANDs anfängst, 1Bit Register zu bauen und so was.
14:08 timpritlove
Also so Logikgatter in Elektronik.
14:10 rafaellagunadelavera
Ganz unten und dann baust du Memory, dann baust du eine ALU,
14:14
dann machst du deine Maschinensprache drauf, dann machst du eine virtuelle Maschine
14:17
und auf der programmierst du dann Tetris.
14:20
Also dann kannst du wirklich den Bits zugucken, was die da machen.
14:24
Also ist es heute eigentlich fast leichter, an so ein Wissen zu kommen.
14:28
Wir haben das noch mit Hardware sozusagen gemacht und auch oft selbst uns beibringen müssen,
14:33
weil es gar keinen Zugang zu den Informationen gab.
14:36
Das kann man heute schon noch auch machen und vielleicht sogar in kürzerer Zeit.
14:39
Würde ich jedem empfehlen, um eben diese Magie rauszuholen.
14:41 timpritlove
Absolut, also das ist wirklich der große Sprung, weil da war so diese Bildungslücke,
14:45
dass man irgendwie an alles erst mal gar nicht so richtig rankam,
14:48
man musste sehr viel lernen, machen, tun, Bücher lesen und mittlerweile ist YouTube so eine unglaubliche Bibliothek für alles mögliche,
14:56
muss man halt nur sich auf das richtige stürzen.
14:58 rafaellagunadelavera
Genau, ist vielleicht dann too much.
15:00
Drinking from the firehose, also muss man ein paar Pointer haben, wo man reingreifen soll, genau.
15:01 timpritlove
Genau, das ist dann…
15:05
Genau. So was hatte denn das jetzt für Auswirkungen auf deine berufliche Laufbahn?
15:12
Irgendwann war es ja dann vorbei mit Rumspielen.
15:16 rafaellagunadelavera
Ja genau, also meine Eltern haben mich gezwungen/genötigt, noch Abitur zu machen am evangelischen Gymnasium Meinerzhagen.
15:21
Weil ich wollte eigentlich, da wollte ich übrigens in die USA, weil da gerade das MIT Media Lab gegründet wurde,
15:27
was zwar im Nachhinein dann doch nicht so toll war, aber ich hätte schon Bock gehabt,
15:30
da mal ein bisschen länger hinzugehen.
15:32
Aber erstens kostete das ein Haufen Geld, ich wusste nichts von Stipendien,
15:35
das war mir unbekannt, dass man die sich irgendwie erwirtschaften könnte, also habe ich das gemacht.
15:39
Dann zwei Jahre Zivildienst gemacht, nebenher noch mal ein Kino auf und zu gemacht,
15:47
also auch mal, weil die starben da gerade, wurden immer zu kleineren Schachtelkinos,
15:49
ich fand aber die großen Bildwände toll und richtig dicke Anlage und so.
15:52
Da haben wir im schönen Attendorn im Sauerland für sechs Monate im kalten Winter 85/86,
15:57
hat uns dann die Heizrechnung gekillt am Ende.
16:00
Und abends habe ich dann noch neben dem Zivildienst Geld verdient durch Programmierung an einem kleinen Softwareladen,
16:06
den es dann halt in Olpe im Sauerland gab, wo ich Zivi war.
16:11
Das heißt, ich war dann auch schon 22, als ich dann schließlich zur Uni Dortmund gefahren bin mit 500 anderen Erstsemestern,
16:17
darunter drei Frauen, um Informatik zu studieren.
16:21
Ich glaube, das war 85 oder 86 und musste dann feststellen, dass es nicht so wirklich echte Informatik ist,
16:29
sondern dass da Matheprofs irgendwie umgeschult haben und dir Calculus 1 und 2 zum 37. Mal beibringen.
16:34
Und ich hatte zu Hause 20 Computer stehen.
16:38
Also das war dann nicht so mein Ding.
16:39
Dann kamen die Olper wieder auf mich zurück und haben gesagt, wenn du dein Studium abbrichst und zu uns kommst,
16:43
dann geben wir dir ein Drittel von der Firma, die Firma dicomputer, die es heute noch gibt
16:47
und mit der ich auch heute noch was zu tun habe, aber mit Unterbrechungen sozusagen
16:50
und bin dann einfach ins Berufsleben reingerutscht, immer so ein bisschen unternehmerisch.
16:55
Und habe das dann quasi kontinuierlich gemacht, bis ich dann 95 mal eine Firma an Amerikaner mit verkauft habe.
17:02
Dann habe ich mal ein Sabatical gemacht 2000/2001, dann bin ich mal Venture Capitalist geworden
17:07
und dann fing eigentlich meine Open-Source-Zeit an, weil das erste Investment, an dem ich involviert war,
17:13
war dann die SUSE Linux AG, die Ende 2001 gerade drohte, in den Konkurs zu schliddern,
17:17
wie so viele andere Unternehmen nach 9/11, Tech Bubble geplatzt, NASDAQ bei 1000,
17:24
kann man sich alles gar nicht mehr dran erinnern, DAX bei 2800, da war ganz schön Asche.
17:27
Und habe dann erstens geholfen, dass es die SUSE heute noch gibt, aber vor allen Dingen habe ich mich dann intensiver mit dem Thema Open Source beschäftigt.
17:36
Was mich so ein bisschen an diese Homebrew Computerzeiten dann erinnert hat,
17:39
wo es eigentlich auch alles Open Source war, bloß nicht so hieß, bis der Bill Gates das so mehr oder weniger beendet hat.
17:44 timpritlove
Wir müssen übrigens der Universität Dortmund noch zugutehalten, dass sie ja dann immerhin zum Geburtsort des deutschen Internets geworden ist, Anfang der 90er Jahre.
17:56
Aber ich kann das ganz gut nachvollziehen, dass das so in den 80er Jahren einen noch nicht so gerufen hat.
18:02 rafaellagunadelavera
Nein, du sitzt mit 500 Studenten im Hörsaal.
18:04 timpritlove
Ging mir auch so.
18:05 rafaellagunadelavera
Da war eine Timesharing Unix Maschine im Keller, da hast du dann von 10-11 Uhr irgendwie deinen Slot bekommen,
18:10
da habe ich gesagt, what am I doing here.
18:12 timpritlove
Wenn es mal Unix war.
18:13 rafaellagunadelavera
Ja, wenn es mal Unix war, genau.
18:16 timpritlove
Okay, also Open Source war sozusagen ein Thema.
18:21
Das ist ja so einer der klassischen Träume der Computerwelt.
18:29
Das ist so ein Ding, was quasi kulturell mit in die Welt eingebracht wurde, wo es so vorher,
18:36
gut, vielleicht gibt es Dinge, mit denen man das jetzt vergleichen könnte, aber dadurch, dass Computer einfach was neues waren,
18:45
ist halt auch so diese Vorstellung von Software ohnehin erst mal schwierig bei den Leuten in den Kopf zu kriegen gewesen,
18:53
und dann ist natürlich so Open Source oder Free Software, wie auch immer man sagen will.
18:59
Also dass sozusagen die Software selber geteilt wird, das Wissen, wie Software dann läuft auf dem Computer,
19:06
war in gewisser Hinsicht ja revolutionär so.
19:11
Es hat nicht die Welt komplett im Sturm übernommen, aber es gibt ja bestimmte Bereiche,
19:17
eigentlich die ganze Software Welt wäre jetzt sozusagen ohne Open Source so auch nicht möglich wie es heute ist.
19:25
Welche Bedeutung hatte das für dich und ich meine, SUSE ist ja so eins dieser Unternehmen, die quasi daraus auch hervorgegangen sind.
19:33 rafaellagunadelavera
Ja genau, die gehörten ja zu den Pionieren.
19:38
Also wir wären ja bei Weitem nicht da, wo wir sind, das hast du ganz richtig gesagt, wenn es nicht Open Source gäbe.
19:42
Trotzdem ist es so, dass die dominierenden Unternehmen meistens Open Source zwar nutzen und auch kontribuieren,
19:49
aber ihre Kernprodukte eben nicht Open Source sind, das ist schon ein Interessanter Widerspruch,
19:54
warum das eigentlich so ist.
19:57
Das heißt, der Traum der Community, dass alles Open Source ist und wir die Freiheiten haben,
20:00
die Open Source mit sich bringt im digitalen Leben, die haben sich erst mal so nicht erfüllt.
20:06
Das ist auch fast ein bisschen enttäuschend, wenn man darüber nachdenkt.
20:09
Aber die ganzen Technologien, die wir jeden Tag nutzen, wären ohne Open Source nicht da.
20:13
Ich glaube, das kann man recht einfach sagen.
20:14
Also ich da Ende 2001 in die SUSE eingestiegen bin, gingen ja auch die Amazons dieser Welt kurz vor Pleite, das darf man nicht vergessen.
20:22
Und die haben dann sehr stark auf Open Source Software gesetzt, erst mal weil sie auch kostenlos wie in Freibier ist.
20:28
Frei wie in Freiheit, frei wie in Freibier, das Freibier war ein Element, aber dann haben die gemerkt,
20:32
wir können das Zeug dann auch so entwickeln, dass wir Produkte bauen, die man mit proprietärer Software niemals hätte bauen können.
20:38
Und so ist Cloud und Hyperscaler und so was entstanden, ohne das hätte es das nicht gegeben.
20:43
Nun haben die dann oben den Deckel wieder zugemacht leider.
20:48
Das ist nicht unbedingt notwendig, das ist ein Geschäftsmodell, so machen die das halt.
20:51
Und so ist das, was wir jetzt als Internet bezeichnen, überhaupt entstanden, das hätte es so nicht gegeben.
20:56
Also von daher kannst du sagen, den Wirkeffekt hat es gehabt.
21:02
Warum war das so faszinierend?
21:03
Ich glaube, das liegt daran, dass wir alten Computerleute natürlich sehr wissenschaftlich interessiert sind,
21:10
und die Wissenschaft selber zur Zeit der Aufklärung, als sie sich erfunden hat, ja auch ein offenes Modell entwickelt hat.
21:15
Du stellst eine These, die veröffentlichst du, du veröffentlichst die Ergebnisse, deine Materialien und Ingredienzen,
21:21
die du verwendet hast, damit alle anderen, auch deine ärgsten Feinde, das sozusagen nachvollziehen kann.
21:25
Das hat schon ziemlich gut geklappt.
21:26
Also der ganze Wohlstand, den wir heute genießen, basiert ja auf den Erfindungen der Wissenschaft
21:31
und der Umsetzung der IngenieurInnen, die es gemacht haben, das darf man ja nicht vergessen.
21:35 rafaellagunadelavera
Und irgendwie, glaube ich, wollen wir das, weil die Digitalisierung dann am Ende ja doch alles durchdringt,
21:40
zum einen zum besseren Lernen, zum schnelleren Entwickeln, zum bessern Innovieren,
21:45
wollten wir das wahrscheinlich immer in die Digitalwirtschaft sozusagen übertragen.
21:50
Ich meine, wir haben es ja selber so gelernt, damals als Autodidakten hast du dir Source Code von anderen Leuten angeguckt.
21:55
Wie haben sie es gemacht?
21:56
Und wenn der nicht zur Verfügung stand, hast du ihn dekompiliert, annotiert und dann jedem zur Verfügung gestellt.
22:01
Was ja auch damals nicht verboten war und auch größtenteils immer noch nicht ist.
22:04
Ich glaube, dieser Wissensanhäufungsprozess, ich glaube, der hat uns fasziniert und natürlich auch die damit einhergehende Freiheit,
22:12
auf der ja unser ganzes demokratisches System basiert.
22:15
Du kannst sagen, Open Source Software ist auch die Chance, dass die Digitalisierung an sich ein demokratischer Prozess bleibt
22:21
und nicht in der Hand von ein paar Monopolen ist.
22:25 timpritlove
Trotzdem hat sich so Open Source nicht unbedingt überall so durchsetzen können.
22:32
Wir haben schon eine relativ starke Dominanz der geschlossenen Systeme, für die ja auch einiges spricht so.
22:39
Ich will jetzt gar nicht sagen, es gibt nur einen Weg, sondern man muss ja immer schauen, wo ist das.
22:44
Aber gerade so im öffentlichen Bereich, über den wir jetzt gleich eh noch mal viel reden wollen,
22:50
ist ja das Verhältnis ein bisschen schwierig.
22:52
Es gibt auch nicht so richtig eine, wie soll ich sagen, Entwicklungskultur, dass man sagt, okay hier sind jetzt neue Technologien,
23:04
die müssen wir für uns urbar machen, wir müssen das jetzt auch selbst lernen und selbst zur Anwendung bringen,
23:12
und nicht einfach nur irgendwo kaufen so.
23:16
Und das ist so ein bisschen, glaube ich, etwas, was spezifisch in Deutschland fehlt,
23:21
ist aber auch nicht nur so irgendwie.
23:24 rafaellagunadelavera
Nein, also ich glaube, genau die Ermächtigung des Digitalen sozusagen, geht ja nur über ein grundlegendes Verständnis desselben
23:32
und das kannst du halt mit Open Source am besten erlangen.
23:36
Deswegen stellt sich für mich eigentlich die Frage gar nicht, wie man es denn machen soll.
23:39
Und wenn ein Staat Digitalisierung treiben soll, muss auch Kompetenz bei den Mitarbeitern des Staates da sein, das kannst du nicht outsourcen das Thema.
23:47
Und natürlich ist es so, wenn du sowieso Staatsgeld ausgibst, warum soll das Ergebnis dann nicht der Allgemeinheit zur Verfügung stehen?
23:55
Du hast ja das Geld der Allgemeinheit genommen.
23:57
Von daher finde ich auch, dieser Slogan der Free Software Foundation Europe,
24:03
public money, public code, der kann wahrer nicht sein.
24:06
Das hat dann halt alle Effekte des Selbstermächtigens, des Geldeinsetzens für das Public Good,
24:13
dass dann alle was davon haben und natürlich auch die Souveränität in den Systemen, die man dann erzeugt.
24:19
Also wenn du durchblickst und dir die komplette Implementierung des Systems vorliegt,
24:23
dann bist du auch ermächtigt, dann kannst du entscheiden.
24:25 timpritlove
Und das kommt ja aus den USA, ich meine, dort ist es ja in den Universitäten so, dass, wenn an den Universitäten mit dem Geld,
24:32
was dann dort investiert worden ist, etwas erarbeitet wird, dann ist es eben auch öffentlich.
24:38 rafaellagunadelavera
Genau. Und übrigens ist es ja mit Forschung immer noch so.
24:41
Also wir veröffentlichen die Forschungsergebnisse, das heißt,
24:44
jede Forscherin, jeder Forscher kann auf diesem Berg von Wissen aufsetzen und das von da weiter entwickeln.
24:51
Warum das mit Software, die öffentlich bezahlt ist, nicht so sein soll, geht mir nicht ein.
24:56 timpritlove
Bevor wir zu deinem Engagement in diesem spezifischen Bereich kommen, gibt es ja, glaube ich, noch ein bisschen was anderes zu erzählen.
25:02
Du bist Mitgründungsgesellschafter der Code University of Applied Sciences.
25:11 rafaellagunadelavera
Mhm /bejahend/
25:12 timpritlove
Was ist das?
25:13 rafaellagunadelavera
Was ist das.
25:14 timpritlove
Und wie kam es dazu?
25:16 rafaellagunadelavera
Wie kam es dazu.
25:16
Ich habe Tom Bachem getroffen, der der Gründer ist und auch einer der aus der Internetwirtschaft als junger Entrepreneur hervorgegangen ist in Köln.
25:27
Der mich von der Idee überzeugt hat, aber eben Geld brauchte.
25:31
Und dann habe ich nicht nur selber Geld reingetan, sondern ihm auch noch ein bisschen beim Einsammeln geholfen,
25:35
weil er eine neue Art von Universität gründen will, die wesentlich, ich sage mal, mehr Entrepreneurship lehrt.
25:45
Die zum einen dir Technologien beibringt, die du auch umsetzen kannst, also wo du Produkte am Ende schaffen kannst.
25:51
Also die beschäftigen sich nicht allzu lange mit theoretischer Informatik, sondern da geht es sofort ins Eingemachte,
25:57
bei Softwaredesign, bei Design selber, Anwendungsdesign und eben bei der Programmierung.
26:03
Die ein tolles Curriculum gebaut hat, um die Leute da schnell reinzubringen.
26:08
Und es ist eine Privatuni, die zugelassen ist, das heißt, die Studenten müssen /unverständlich/ bezahlen,
26:14
aber die kann man sich sehr schön über EU-Stipendien refinanzieren, ein tolles Programm.
26:18
Also das Paket ist einfach toll und wir sind, glaube ich, jetzt im dritten Jahrgang ich sehr erfolgreich.
26:26
Also da ist was entstanden, was hoffentlich repliziert wird, weil jeder schreit jetzt nach mehr Programmiererinnen und Programmierern,
26:33
die müssen ja irgendwo herkommen.
26:34 timpritlove
Seit wann gibt es die jetzt?
26:35 rafaellagunadelavera
Ich glaube drei Jahre. Ich bin mir nicht so ganz sicher.
26:40
Wenn man alt wird, dann rutschen einem schon mal ein paar Jahre durch.
26:42
Also ich sage mal drei.
26:45 timpritlove
Okay. Seit ein paar Jahren gibt es das.
26:47 rafaellagunadelavera
Genau.
26:48 timpritlove
Und vielleicht gibt es das auch noch ein paar Jahre.
26:50
Wieviele Leute werden da so?
26:52 rafaellagunadelavera
Ich glaube, so um die 500 StudentInnen haben wir.
26:54 rafaellagunadelavera
Mhm /bejahend/
26:54 timpritlove
Das ist ja schon eine ganze Menge.
26:55
Finde ich einen interessanten Ansatz, weil das touchiert auch das, worüber wir vorhin schon gesprochen haben
27:03
und das auch gerade so in den 80ern, wahrscheinlich auch noch in den 90ern, vielleicht auch heute noch
27:07
so diese Vorstellung, man müsse jetzt Informatik studieren, um programmieren zu können, also um Software zu schaffen.
27:15
Ja, also ich würde sagen, es gibt eine bestimmte Art von Software, da ist das absolut erforderlich
27:23
oder sagen wir mal, auch total nützlich, die ganzen mathematischen Grundlagen drauf zu haben,
27:28
auch irgendwie den Großteil von wichtigen Datenstrukturen und Algorithmen und so weiter,
27:32
was da alles noch mit reinkommt, das erfasst zu haben.
27:36
Aber ich auch immer das Gefühl gehabt habe, so Programmieren ist eigentlich was anderes.
27:41
Es ist eine Disziplin, die zwar von Mathematik unterstützt und informiert wird, aber nicht im eigentlichen Sinne den Skill unterstreicht,
27:54
den die Leute brauchen, die wirklich richtig gut sind.
27:58
Also so Leute, die gut programmieren, auch gerne programmieren, haben irgendwie einen ganz anderen Drive
28:04
und brauchen eigentlich ganz andere Fähigkeiten.
28:06 rafaellagunadelavera
Ja, also es gibt natürlich eine große Verwandtschaft zwischen Mathematik und Programmierung, den Algorithmen, die man schreibt.
28:13
Bei der Mathematik denkst du halt mehr an Formeln in sich abgeschlossenen Systemen.
28:18
Das ist eine Überlappung, aber ein anderes Denken.
28:20
Ich glaube, dass du ohne Mathematik auch den Zugang kriegen kannst,
28:24
dann erfindest du zwar das Rad hier und da mal neu, anstatt den Donald Knuth zu lesen oder so,
28:29
aber da kommst du schon auch irgendwann mal drauf, dass man sagt, okay,
28:32
ich brauche einen Sortieralgorithmus, dann gucke ich doch mal lieber im Knuth, bevor ich den selber erfinde.
28:35
Und gerade jetzt dank Internet mit dem freien Zugang zum Wissen, kann man nach wie vor völlig selbstgelernt sich das Thema reinziehen
28:43
und in Onlinekursen bringen.
28:46
Wenn man natürlich, was weiß ich, einen Compiler bauen möchte oder eine Prozessoroptimierung oder so was,
28:49
da gibt es dann Themen, wo das vielleicht ganz gut ist, eine sehr fundamentale theoretische Grundlage zu haben.
28:54 timpritlove
Also Donald E. Knuth oder Knuth, amerikanischer Informatiker, sehr bekannt für sein Buch,
29:02
„The Art of Computer Programming“, der ist halt irgendwie da auch dieses berühmte System Tech gemacht hat
29:08
und der dafür bekannt ist, keinen Fehler in seinen Sachen zu haben und für jeden…
29:13 rafaellagunadelavera
Wird zum Menschen.
29:14 timpritlove
Für jeden Fehler, der gefunden wird, irgendwie Geld auszahlt, aber ist noch nicht so oft passiert.
29:18 rafaellagunadelavera
Ich glaube, er hat jetzt den vierten Band sogar veröffentlicht noch.
29:20
Der ist ja auch schon ein paar Tage alt jetzt.
29:22 timpritlove
Habe ich nicht verfolgt, aber ist auf jeden Fall lustig.
29:25
Aber alle Leute, die ihm tatsächlich mal einen Fehler haben nachweisen können
29:28
und da stiegen ja dann sozusagen die Geldauszahlungen immer ums doppelte,
29:32
ich glaube, das hat noch keiner eingelöst, also der Gutschein war mehr wert, als das eigentliche Geld.
29:39 rafaellagunadelavera
/unverständlich/
29:41 timpritlove
Ja. Genau, also es kann diesen Ansatz geben, aber ich sehe auch, dass es noch andere Fähigkeiten benötigt,
29:50
um wirklich Software gut und elegant zu machen.
29:53
Und warum ist das wichtig?
29:55
Ich denke, wir leiden alle unter schlechter Software.
29:59
Und ich persönlich leide extrem unter schlechter Software, weil wenn man halt erst mal wie weiß wie es auch geht
30:04
und wenn man dann auch immer irgendwie bei jedem Fahrscheinautomaten, mit dem man irgendwie interagieren muss,
30:09
einfach wirklich bei jedem Tastendruck so einen inneren Schmerz, so einen kleinen Tod stirbt so,
30:16
wünscht man sich dann halt doch, dass es sich irgendwie doch ändern soll und man fragt sich dann halt auch immer so,
30:22
warum ändert es sich denn eigentlich nicht?
30:26 rafaellagunadelavera
Ja, wenn du in Software Engineering reinguckst, ist eigentlich nichts passiert die letzten 30 Jahre.
30:32
Also irgendwie wir bauen Software eigentlich immer noch so.
30:35
Also das fängt ganz unten an bei den Prozessoren, die immer noch die von Neumann Architektur von vor 75 Jahren implementieren,
30:42
die inhärent diese ganzen Sicherheitsprobleme hat.
30:46
Also diese ganzen Zero Day Exploids und so was die kommen aus der Architektur.
30:50
Da sind wir nicht mehr von runtergekommen, das heißt, da ist eine große Pfadabhängigkeit.
30:55
Und in der Softwareentwicklung selber, auch in den Programmiersprachen, die wir verwenden,
30:59
kann ich auch nicht so viel brutal innovatives entdecken, was unser Leben da besser macht.
31:06
Also sind wir im Grunde genommen noch auf so einer handwerklichen Ebene in der Art und Weise wie wir Software machen.
31:11
Und jedes Stück Software ist ein Einzelkunstwerk.
31:14
So ein bisschen wie, jeder der mal ein Haus gebaut hat oder so, das sind immer Prototypen im Grunde genommen.
31:19
Deswegen ist dein Fahrkartenautomat ein Prototyp, deine App ist ein Prototyp.
31:23
Es ist schon ganz schön schlimm.
31:25
Das ist übrigens wahrscheinlich auch einer Gründe, warum die geschlossenen Systeme,
31:27
wie iPhone oder so was iOS, gewisse Vorteile mit sich bringen, weil du kannst halt da innerhalb deiner Organisation für gewisse Strengheit sorgen,
31:36
in der Art und Weise wie du das tust.
31:38
Wenn du das komplett offen entwickelst, ist das ein bisschen schwieriger durchzusetzen.
31:42
Das könnte man natürlich durch bessere Prinzipien, besseres Engineering machen, aber da sind wir irgendwie noch nicht.
31:47
Also irgendwie Softwareentwicklung ist noch keine Wissenschaft.
31:51 timpritlove
Ja. Ich weiß auch nicht, ob es das unbedingt werden müsste, ob das so wissenschaftlichen Prinzipien wirklich folgt.
31:57
Ich habe immer das Gefühl, so gute Softwareentwicklung mogelt sich irgendwo so dazwischen durch.
32:03
Aber vielleicht ist das auch so …
32:04 rafaellagunadelavera
Nein, weißt du was das glaube ich ist, jeder kennt das, es gibt halt diese Wahnsinnsprogrammiererinnen und -programmierer.
32:10
Da kennt jeder zehn Stück von, wo du so sagst, alter Gestalter, die programmieren hundert an die Wand alleine.
32:18 rafaellagunadelavera
Die haben irgendeine Idee und dann sind die drei Tage weg und dann kommen die raus und sagen, hier ist fertig.
32:21
Und dann guckst du dir das Ding an und sagst,…
32:23 timpritlove
…was zur Hölle.
32:25 rafaellagunadelavera
…was zur Hölle, was tun wir hier eigentlich?
32:28
Die sind ein bisschen zu selten, also das ist noch ein bisschen Magie, das sind so unsere Zauberer.
32:32 timpritlove
Das stimmt.
32:34
So, aber nach all diesen ganzen Unternehmungen und Gründungen und Business bist du jetzt in die,
32:45
ja, jetzt hätte ich fast Politik gesagt, dem Staat beigetreten in gewisser Hinsicht.
32:52
Es gibt jetzt eine Bundesagentur für Sprunginnovationen, mit der schönen Abkürzung SPRIND.
33:01
Wieso gibt es die, was ist da passiert, was macht die und was ist deine Rolle da?
33:07 rafaellagunadelavera
Die gibt es, weil die Expertenkommission 2016 der Kanzlerin, die legt jedes halbe Jahr einen Bericht vor,
33:15
wie man Innovation besser fördern könnte als Staat seit vielen vielen Jahren.
33:19
Hat 2016 der Kanzlerin empfohlen, eine Agentur nach dem Vorbild der amerikanischen DARPA,
33:24
der Defence Advenced Research Projects Agency, zu gründen.
33:27 timpritlove
Die das Internet erfunden haben.
33:29 rafaellagunadelavera
Genau, das hieß mal ARPAnet aus gutem Grunde, die ein resilientes Netzwerk bauen wollten.
33:36
Irgendwie hat es ja scheinbar geklappt, ich glaube, die haben sich nicht vorgestellt, dass das mal so skaliert.
33:39
Aber noch viele andere Dinge.
33:42
Also wenn du dein Mobiltelefon anschaust, das ist GPS, Touchsscreen, die ganze Sensorik, die da drin ist,
33:48
das sind alles DARPA-Projekte.
33:49
Und übrigens MRNA-Impfostoffe sind auch 2011 von der DARPA mitgefördert worden.
33:54
Also auch eine Curevac und eine Biontech hat von denen Geld bekommen vor zehn Jahren, also mit weiser Vorausschau.
34:00
Das hat der Eisenhauer 1958 im Sputnikschock gegründet, weil er gesehen hat,
34:09
dass trotzdem es Amerika wahnsinnig gut ging in dieser Zeit, und die auch viele Industrien entwickelt haben
34:14
und ein großer Wohlstand war, haben sie das Spacerace irgendwie verpennt, trotzdem seine Ministerien eigentlich genug Geld hatten.
34:21
Und da hat er gesagt, irgendwas geht hier schief und was ging schief, die interdisziplinäre Entwicklung von Technologien ging schief.
34:28
Und deswegen hat er die DARPA und die NASA gleichzeitig gegründet, um das Spacerace sozusagen ernsthaft anzutreten,
34:35
richtig zu funden und die zu entfesseln von der Art und Weise wie Ministerien arbeiten müssen.
34:41 timpritlove
Bei DARPA, das D steht für Defence, was viele Leute immer ein bisschen verstört nachvollziehbarerweise.
34:48
Aber ich glaube, der wichtigere Buchstabe ist das erste A, das Advanced, also dass es jetzt hier nicht nur so um Forschung geht,
34:54
sondern dass man schon explizit Sachen anstrebt, die irgendwie beyond sind so.
34:59
Und ich meine, Internet ist vielleicht wirklich das beste Beispiel, ich meine, es gibt ja viele Verschwörungstheorien,
35:04
was sozusagen der Grund war, aber man kann, glaube ich, festhalten, im wesentlichen ging es darum,
35:08
sie wollten halt irgendwie ihre Forschungsstandorte miteinander vernetzen, weil macht ja auch Sinn
35:12
und das halt dann irgendwie mit Computern und daraus ist dann eben genau das ARPAnet und später eben dann auch das Internet dabei rausgekommen,
35:20
weil es halt einfach so advanced war, dass anderen Leuten jetzt auch nichts besseres eingefallen ist
35:25
und es ja auch interessanterweise das Internet dann so viel Dynamik auch entwickelt hat,
35:32
dass es ja sogar den privaten Initiativen von Microsoft, Compuserve und so weiter, also es gab ja verschiedenste Vorstöße
35:40
und verschiedenste Ideen, ich glaube, Bill Gates hat noch Mitte der 90er Jahre davon geträumt,
35:44
irgendwie diesen Bereich auch noch zu übernehmen, musste dann aber sehen so, ja nein funktioniert nicht,
35:50
weil das Internet eben auch durch Open Source, aber nicht nur, aber eben durch seine eigene Dynamik hier vorangeht.
35:57
Also das ist so ein bisschen die Legacy von DARPA.
36:02
Und sehe ich das jetzt richtig, dass das jetzt quasi so ein bisschen auch so eine Gedankenvorlage ist, aber ohne den Verteidigungsaspekt?
36:07 rafaellagunadelavera
Genau, man hat dann 2017 in den Koalitionsverhandlungen festgelegt, dass man das zivile und das militärische teilt,
36:13
also abtrennt, wobei das hat man eigentlich gar nicht gemacht, sondern man hat das Zivile,
36:18
das bin ich, Agentur für Sprunginnovation, SPRIND und eine Cyberagentur gegründet,
36:23
die aber nur für Cybersicherheit da ist.
36:24
Das heißt, eine rein militärische SPRIND die gibt es gar nicht.
36:28
Das muss man auch noch sehen.
36:29
Warum man jetzt ausgerechnet Cybersicherheit abtrennt, ist auch noch mal eine andere Frage.
36:32
Also das ist ja mindestens Dual Use in den Zivilbereich herein auch so.
36:37
Aber so sei es, ist ja vollkommen okay.
36:39
Wir sind auch jetzt vom Charakter sehr sehr unterschiedlich in der Struktur, die wir geschaffen haben.
36:44
Also die Geschichte geht dann so weiter, dass es in den Koalitionsvertrag ging,
36:47
wird ja auch gerade ein neuer verhandelt, also das war jetzt quasi der letzte.
36:51
Dann hat man versucht, ein Design, eine Struktur zu entwickeln, das hat dann zwei Jahre gedauert,
36:57
bis man so einigermaßen wusste, was man wollte, hat da eine Kommission einberufen.
37:01
Da bin ich dann berufen worden, das war das erste Mal, dass man mich in irgendein Bundesministerium gecalled hat, muss ich sagen.
37:07
Ich habe davor eigentlich öffentliche Behörden vermieden, weil die meistens Finanzamt oder so hießen,
37:12
mit denen du als Unternehmer zwar zu tun hast, aber nicht unbedingt freiwillig.
37:17
Und habe halt meinen Input geliefert, wie meines Erachtens so eine Agentur aussehen sollte.
37:22 timpritlove
Wer hatte denn da deine Telefonnummer?
37:26 rafaellagunadelavera
Ja, wer hatte meine Telefonnummer, das war der Kommissionsleiter, der Dietmar Harhoff,
37:30
der ist am Max-Planck-Institut für Innovationsforschung in München.
37:33
Der hatte von mir gehört aufgrund meiner Open Source Aktivitäten.
37:37
Ich hatte ja nach der SUSE-Zeit dann die Open-Xchange gegründet
37:41
und mich sehr für das Offenhalten der großen Internetprotokolle, Email, DNS und so weiter engagiert.
37:48
Ich glaube, die brauchten halt einen Digitalisierungsmenschen da drin, der irgendwie Ahnung hat.
37:52
Und da haben sie mich ausgesucht.
37:54
Dass der mich dann unterwegs fragt, ob ich den Job nicht machen will, hat mich total überrascht.
37:59
Weil ehrlich gesagt, habe ich mich erstens nicht gedanklich damit vorher beschäftigt,
38:05
zweitens auch nicht gedacht, dass irgendwie, wenn man eine Bundesagentur gründet,
38:08
dass da so ein Typ wie ich überhaupt gefragt wird und fühlte mich natürlich gebauchpinselt, muss ich auch ehrlich sagen.
38:14 timpritlove
/lacht/ Kann man aber jetzt bei, wo sehen Sie sich in zehn Jahren, war es nicht auf der Liste.
38:20 rafaellagunadelavera
Nein, überhaupt nicht.
38:22
Aber ich fand es immer cool, mich aus meiner Comfortzone rauszubeugen, das war natürlich super reizvoll.
38:29
Weil da hatte ich mal so gar keinen Plan von der öffentlichen Seite,
38:33
aber das ist eben der Unternehmergeist, ich glaube, das reizt einen dann,
38:37
da ins unbekannte Land vorzudringen.
38:40
Und dann habe ich, obwohl die OX damals schon 300 Mitarbeiter hatte und so,
38:44
das war schon, da mal eben zu sagen, ich jetzt nicht mehr…
38:45 timpritlove
OX ist die Open-Xchange
38:48 rafaellagunadelavera
Open-Xchange. Da gehst du mal eben raus, das machst du natürlich auch nicht so leicht.
38:53
Aber ich war da jetzt zwölf Jahre und ich glaube, der Open Exchange tat das dann auch gut,
38:57
dass da mal jemand anders weitermacht und habe mich daraus verabschiedet
39:01
und habe dann am 01. Januar 2020 quasi erst mal halbtags und im Juni dann ganztags den Job übernommen.
39:07
Also so alt sind wir jetzt noch nicht wie es klingt, wir sind also, je nachdem wie man zählt, knapp zwei Jahre da.
39:11 timpritlove
So Bundesagentur klingt jetzt erst mal nach Behörde, aber es ist, glaube ich, rein technisch eine GmbH?
39:17 rafaellagunadelavera
Ja.
39:18 timpritlove
Die aber dem Staat gehört.
39:19 rafaellagunadelavera
Ja, 100 Prozent.
39:20 timpritlove
Zu 100 Prozent.
39:21
Und was ändert das, also ist ja jetzt erst mal nur so irgendeine GmbH.
39:27 rafaellagunadelavera
Ja.
39:28 timpritlove
Die ist nicht gemeinnützig, sondern das ist einfach so eine normale?
39:35 rafaellagunadelavera
Das ist eine normale, aber dadurch dass der Bund 100 Prozent Eigner ist, ist es natürlich irgendwie gemeinnützig.
39:40 rafaellagunadelavera
Wir sind der Bund.
39:41 timpritlove
Ja, also es gibt ja auch ein steuerrechtliches gemeinnützig.
39:46 rafaellagunadelavera
Das brauchen wir nicht sozusagen.
39:47 timpritlove
Ja, das ist nicht erforderlich.
39:49
Gut, ich frage mich halt einfach nur, warum ist das jetzt überhaupt die Struktur
39:52
und wofür soll die jetzt konkret genutzt werden?
39:55 rafaellagunadelavera
Also die Ziele, die festgelegt worden sind, in letztlich der Gründungskommission und vorher in dem Koalitionsbeschluss,
40:02
sind basierend auf der Feststellung, dass wir in Deutschland zwar ein tolles Wissenschaftssystem haben,
40:07
tolle Erfinderinnen und Erfinder, tolle Erfindungen machen, wir haben eine tolle mittelständische Wirtschaft,
40:12
aber die letzten 75 Jahre leben wir von den Sprunginnovationen von vor 100-120 Jahren.
40:17
Also chemische Industrie, Pharmaindustrie, Automobilindustrie und so weiter.
40:22
Und die ganzen neuen Themen, da haben wir zwar miterfunden fleißig, aber die Industrien sind woanders entstanden so.
40:28 timpritlove
Speziell bei den Computern.
40:29 rafaellagunadelavera
Ja. Da kann man es mal so richtig dran ablesen.
40:32 timpritlove
Genau, weil das macht man sich, glaube ich, auch nicht klar.
40:34
Also schon noch in den 70er Jahren gab es so diverse deutsche Unternehmen, welche die man noch heute kennt,
40:40
Siemens war da sehr unterwegs, Nixdorf natürlich, mit eigenen Computersystemen, mit eigenen Betriebssystemen,
40:46
mit eigenen Softwaresystemen, was gab es noch, CTM, kennt auch heutzutage kein Mensch mehr.
40:51
Und das ist dann alles abgeräumt worden noch in den 80er Jahren.
40:56
Und es ist genau gar nichts übrig geblieben.
40:57 rafaellagunadelavera
Du kannst sogar noch vorher anfangen.
40:58
Also wir streiten uns ja, immer wer gewinnt schreibt die Geschichte.
41:02
Also die Amerikaner erzählen ja die Geschichte, dass der ENIAC der erste Digitalcomputer war,
41:05
ich glaube, das ist nicht wahr, ich glaube, der Konrad Zuse hat das erste Ding gebaut.
41:08 rafaellagunadelavera
Zwar noch mit Relais und nicht mit Röhren, aber so be it.
41:11 timpritlove
Das ist dann so der Spin so, mit den Röhren war das so.
41:15 rafaellagunadelavera
Dann war das irgendwie digitaler, was natürlich Quatsch ist.
41:18
Also das war, wann war das denn, ich glaube, Mitte der 40er Jahre, ich glaube, der hat noch im Krieg angefangen.
41:23
Und der Konrad Zuse war ja sowieso ein übrigens absolut interessanter Mensch,
41:27
auch ein Universalgenie, hat da ordentlich vorgelegt und auch in vielen anderen Gebieten noch,
41:33
Aber daraus ist dann keine Industrie entstanden.
41:35
Der Heinz Nixdorf war noch einer dieser Gründerunternehmer, ist dann auf der Cebit tot umgefallen auf einer Party,
41:41
das war sehr schade, aber da ging es eigentlich schon bergab,
41:45
weil die Amerikaner mit dem PC, der dann quasi für so eine Standardisierung im Mikrocomputerbereich gesorgt hat, abgeräumt hat.
41:53
Da sind wir am Ende leer ausgegangen, da haben wir nichts mitgenommen.
41:58
Und diese Erkenntnis, dass das ja alles gut und schön ist und es ja eigentlich auch gut geht,
42:02
aber wie ist es denn in zehn oder 20 oder 30 Jahren?
42:04
Auf welchen Sprunginnovationen basiert denn dann unser Wohlstand?
42:07
Wir sehen ja, dass jede Industrie irgendwie angegriffen wird auch durch die Digitalisierung.
42:13
Dass neue Technologien häufig nicht von den Großkonzernen, die in dem Bereich tätig sind,
42:19
auch wirklich in Einsatz gebracht werden, weil man in so tiefen Pfadabhängigkeiten mit den alten Technologien steckt,
42:25
dass man das Neue erst mal gar nicht wahrnimmt und dann drüber lacht, so nach Gandhi,
42:30
und es ignoriert und so weiter, bis dann der Herr Tesla in Grünheide eine Factory hinbaut
42:36
und man sagt, ups jetzt wird es aber Zeit, dass wir uns mal bewegen.
42:40
Und die Pfadabhängigkeit war halt der Verbrennungsmotor, weil wir haben ja so viel Knowhow und deswegen wollen wir Verbrennungsmotoren bauen und so.
42:46
Das heißt, also auch unsere Kernindustrien sind nicht unbedingt in 100 Jahren noch so da oder in 50 oder in 30 oder vielleicht sogar in 10.
42:55
Und das haben wir schon an einigen Bereichen gesehen.
42:57
Zum Beispiel waren wir ja im Mobiltelefonbereich durchaus führend in Europa.
43:01
GSM haben wir hier erfunden und Firmen wie Siemens und Nokia waren die Weltmarktführer in diesem Gebiet.
43:09
Bis man im Grunde genommen einen höher gegangen ist und gesagt hat, telefonieren ist nur eine App.
43:14
Wir legen das jetzt auf IP, also aufs Internet sozusagen und bauen tragbare Internetgeräte
43:20
und der Controllpoint ist das Betriebssystem auf dem Telefon.
43:25
So und zack waren Nokia und Siemens raus aus dem Business und eine Apple und eine Google räumt das Feld da ab.
43:31
So passiert Disruption und das geht in ein paar Jahren, wenn man nicht aufpasst so.
43:36
Das heißt, wir müssen das ändern, wir müssen jetzt sehen, dass wir nicht nur tolle Sachen erfinden,
43:40
sondern dass wir diese tollen Erfindungen, die dann Sprunginnovatgionspotenzial haben,
43:45
dann auch translatieren in volkswirtschaftlichen Nutzen und dahinter hängt auch irgendwo der wirtschaftliche Nutzen.
43:51 timpritlove
Wobei da war der Erfolg in der letzten Zeit auch nicht so gut.
43:53
Ich meine, mit der Solartechnik ist ja auch was gelungen gewesen und auch im Windbereich
43:59
und das hat ja dort schon in den letzten Jahren eigentlich auch die Waffen gestreckt und gesagt,
44:02
so nee, lass mal die Chinesen bauen.
44:05 rafaellagunadelavera
Ja, da haben wir uns an die Wand subventionieren lassen sozusagen.
44:08
Also die Chinesen haben halt kein Beihilferecht.
44:12
Das heißt, die haben ganz einfach gesagt, gut, Solarpanels, Deutschland gibt das Geld raus und kauft wie blöde,
44:18
kann natürlich nicht so günstig produzieren wie wir, und damit wir in den Markt kommen,
44:21
subventionieren wir halt die Industrie bis die andere Industrie platt ist.
44:24
So das ist so ein typisches Plattformmodell, wie wir das ja heute sogar in Internetcompanys wie Uber oder so was sehen,
44:30
die dann solange Milliarden Venture Capital reingekippt kriegen, bis der Wettbewerb nicht mehr mithalten kann
44:34
oder Lieferando oder so was.
44:36 timpritlove
Starbucks.
44:37 rafaellagunadelavera
Starbucks genau, das sind alles Dinge, da machst du halt so lange externes Kapital rein, damit du Preisdumping machen kannst,
44:43
das ist es ja letztlich, bis die anderen nicht mehr können und weg sind und dann bist du Monopolist.
44:48 timpritlove
Aber ich würde das jetzt auch nicht so sehen, dass das jetzt nur sozusagen von außen verschuldet war.
44:54 rafaellagunadelavera
Nein, gar nicht.
44:55
Also erst mal noch mal zu Solartechnik, immerhin haben wir der Welt einen Gefallen getan.
45:00
Durch unseren Push da rein und das Umleiten des Geldes ist die Industrie so attraktiv geworden,
45:06
dass so eine Art Moore's Law ja auch bei den Solarpanels angefangen hat
45:09
und jetzt ist das Zeug so billig, dass man es nicht mehr subventionieren muss.
45:12
Also man kann sagen, das ist ein Erfolg und eigentlich sollte Deutschland sagen, sind wir nicht toll.
45:17
Das Blöde ist halt bloß, dass die Industrie hier nicht ist.
45:20
Das liegt noch an vielen anderen Faktoren, das ist klar, so einfach ist das nicht,
45:23
da können wir auch nachher noch drüber reden, das hat auch was mit Kapitalmarkt zu tun und Zugang dazu.
45:28
Das hat was mit der Professionalisierung in der Industrie zu tun, wie arbeiten Startups mit den Platzhirschen sozusagen zusammen.
45:35
Aber es hat eben auch was damit zu tun, wie staatliche Subventionierung funktioniert.
45:42
Denn dieses Kapital muss irgendwo herkommen, wenn es nicht aus dem Kapitalmarkt kommt, muss es vom Staat kommen,
45:46
dann hast du ein Wirtschaftsversagen, dann muss es vom Staat kommen.
45:49
Aber es muss auf eine Art und Weise kommen, was Wettbewerb inzentiviert.
45:53
Wir subventionieren häufig so, dass wir Wettbewerb im Grunde ausschalten.
45:57
Und mit der schönen warmen Fördermilch, wie wir das intern bei der SPRIND ab und zu nennen, es uns gemütlich machen.
46:03
Das darfst du nicht machen, du musst natürlich und das machen die Chinesen sehr gut,
46:06
du musst den Wettbewerb aufrechterhalten.
46:07
Das heißt, auch die, die da Staatsknete kriegen, müssen im Wettbewerb mit anderen zeigen, dass sie es können.
46:14 timpritlove
Den Eindruck hat man nämlich oft, dass so Sachen gefördert werden als Zukunftstechnologie
46:19
und dann wird da so viel Geld reingesteckt in wenige Unternehmen, die dann sagen, naja also so richtig viel bewegen müssen wir uns jetzt nicht.
46:27 rafaellagunadelavera
Also es ist ja, wenn man sich den Prozess anguckt, wie das geht, wenn jetzt zum Beispiel ein Konjunkturprogramm 5G
46:33
oder ein Konjunkturprogramm Quantencomputer oder so ausgerufen wird,
46:38
dann gibt es einen Prozess, bis sich die Ministerien einig sind, wer wieviel Geld bekommt
46:43
und dann geht das in das normale Projekt und Zuwendungsantragsgeschäft rein.
46:48
Was sehr ritualisiert ist und sehr komplex und sehr langwierig.
46:52
Weil wir wollen ja kein Steuergeld verschwenden, deswegen müssen wir mindestens 500 Seiten Formular machen
46:58
und das dauert dann halt mal ein Jahr oder anderthalb, bis das ausgefüllt ist und genehmigt ist.
47:03
Dann wird eine Bonitätsprüfung der Zuwendungsempfänger gemacht, dann scheiden alle kleinen Firmen aus,
47:09
weil die einfach die Bonität nicht haben, also müssen Konsortien gebildet werden, die von großen Unternehmen geführt werden.
47:14
Und so und damit fließt das Geld eigentlich immer in denselben Flusslauf, da ist kein Wettbewerb.
47:20
Da müssen wir mal drüber nachdenken, ob das so richtig ist.
47:24 timpritlove
Diese Bundesagentur für Sprunginnovation, also Sprunginnovationen, ich weiß gar nicht, seit wann gibt es diesen Begriff?
47:33 rafaellagunadelavera
Der ist damit erfunden worden, glaube ich, fast.
47:35
Also man kann, ich wusste mal, wer den zuerst genannt hat, aber der ist noch nicht alt.
47:39
Aber deutsche Sprache mächtige Sprache, wir können ja einfach Substantive zusammensetzen,
47:44
zur Abgrenzung eben von Innovation, weil wir nicht so genau wissen, wieviel Sprung schon in dem Wort Innovation steckt,
47:49
haben wir es einfach davor gestellt.
47:52 timpritlove
Okay, aber was es meint ist einfach eine Innovation, die einen gewissen Mindestsprung macht sozusagen,
48:02
also diesen Schritt macht von permanenter inkrementeller Verbesserung, die man sonst irgendwie immer sieht
48:08
hin zu so einer disruptiven Art der Innovation, die also die Kraft hat, bestimmte andere Märkte soweit in Eigenschwingung zu bringen,
48:22
dass sie so ein bisschen vor sich hin zerbröseln.
48:24 rafaellagunadelavera
Das ist immer Teil davon, also Sprung, im Englischen übersetzt nennt man das ja auch disruptive Innovation
48:30
und in „Disruption“ ist auch irgendwas zerstörerisches drin, das geht ja schon auf Schumpeter im Grunde zurück.
48:36
Aber ehrlich gesagt leben wir jetzt schon in anderen Zeiten als der Schumpeter mit seinem Degen.
48:42
Es geht immer darum, dass man hinterher merkt, im Leben der Menschen, auf Fotos sieht,
48:51
in Wirtschaftskreisläufen nachschauen kann, dass diese Sprunginnovation stattgefunden hat.
48:54
Also ein Bild von einer Stadt vor und nach dem Auto ist eine ganz klare Socke.
48:59
Es entstehen häufig Wirtschaftskreisläufe, die so nicht vorgedacht sind.
49:03
Also zum Beispiel so eine Tourismusindustrie ist wahrscheinlich auf dem Rücken des Autos entstanden, dass man nach Italien tuckern konnte.
49:09
Und zack hast du Tourismus.
49:11
Das sind sicherlich nicht Dinge, wo Herr Daimler drüber nachgedacht hat, als er das Auto erfunden hat.
49:17
Deswegen weiß man immer auch erst hinterher, ob was eine Sprunginnovation war.
49:21
Aber man kann ein paar Parameter entwickeln, die so Sprunginnovationen gemein haben,
49:27
um sozusagen das Sprunginnovatoinspotenzial abzuwiegen und das ist eigentlich unser Job.
49:30
Dass wir solche Dinge finden, dass wir sie inkubieren, dass wir ihnen dann nicht nur das Geld geben,
49:37
sondern auch die Zeit und ei Connections sozusagen ins Netzwerk, um diese Dinge mal zu probieren.
49:44
Und wenn man dann genug davon macht, so die These, dann wird das ein oder andere Ding dann auch klappen.
49:47 timpritlove
Was bedeutet das jetzt konkret für diese Bundesagentur?
49:51
Die ich mir jetzt irgendwie die ganze Zeit versuche als Firma vorzustellen, mir das aber noch nicht so richtig gelingt.
49:58
Also hat man da irgendwie einen anderen Modus als jetzt in einem anderen Unternehmen?
50:02 rafaellagunadelavera
Jain, also wir versuchen, nach vorne raus sozusagen, also hin in die Welt,
50:08
im Grunde genommen wie ein Startup zu wirken, also sehr zugänglich zu sein,
50:12
keine großen Hürden aufbauen mit Formularen und Gedöhns, sondern über die normalen Medien erreichbar.
50:19
So dass jeder, der meint, er hat da eine Sprunginnovation am Wickel, hat 20 Jahre jetzt im Keller verbracht
50:23
und jetzt, wenn er nur, dann wäre, dass die auf uns zukommen.
50:26
Dass die Leute, die in den wissenschaftlichen Institutionen sitzen, sagen, ich habe jetzt hier zehn Jahre geforscht,
50:32
jetzt gibt es keine Projektförderung mehr, aber wir könnten hier richtig was draus machen, dass die uns leicht finden.
50:38
Das ist uns auch gelungen, wir haben über 700 Projekteinreichungen Stand heute gesehen,
50:42
wovon auch zehn durchaus ernstzunehmendes Sprunginnovationspotenzial haben, davon haben wir so 25 jetzt anfinanziert,
50:48
wir inkubieren das, wir nennen das Validierungsphase, da können wir auch schon mal 100.000-200.000 Euro reintun relativ schnell,
50:53
um uns die Zeit zu kaufen, mit den Leuten dann das Projekt zu entwickeln.
50:58
Und wenn es uns dann noch immer gefällt, können wir 5-10 Millionen im Jahr in solche Projekte reingeben.
51:04
Das haben wir jetzt für fünf Projekte auch schon beschlossen und werden jetzt hoffentlich im November das sechste beschließen,
51:11
Das ist schon eine neue Art.
51:12
Jetzt ist es aber so, dass, wenn man Steuergeld ausgibt, man natürlich gewissen Regularien unterliegt.
51:19
Wir haben uns da Regeln gegeben, die uns sehr sehr starr und steif machen
51:23
und die sicherlich auch mit ein Grund dafür sind, dass wir da nicht schnell genug in Sachen reingesprungen sind
51:28
oder auch gewisse Entwicklungen in der Wirtschaft nicht schnell genug erkannt haben und eingeschritten sind,
51:32
um zum Beispiel so was wie die Solarpanelthematik hier bei uns zu halten.
51:37
Das ist der zweite Teil der Arbeit in der Agentur, dass wir an diesen Instrumenten arbeiten, an uns selber.
51:42
Also ich mache immer den Scherz, die erste Sprunginnovation der Agentur Sprunginnovation ist die Agentur für Sprunginnovation,
51:46
weil wir einfach Dinge anders machen müssen.
51:50
Und wir haben das jetzt auch genau formuliert und hoffen, dass die neue Regierung das auch mit ins Programm aufnimmt,
51:54
dass wir da ein paar Fesseln abgenommen bekommen und so schneller werden können.
52:00
Die Vorbildorganisation DARPA, ich habe mal eine Ex-Direktorin gefragt, was ist denn eigentlich das Feature von euch,
52:05
das Hauptfeature und da hat sie gesagt, Geschwindigkeit.
52:07
Von Erstkontakt bis Geld auf dem Konto ein Monat ist immer unser Benchmark gewesen.
52:12
Das ist echt flott.
52:14
Und das heißt, wir müssen nach hinten hin einen Apparat bauen, der jetzt erst mal mit den jetzigen Strukturen klarkommt.
52:21
Des öffentlichen Steuergeldes aufgeben.
52:22
Wir müssen natürlich, wir geben Steuergeld aus, also müssen wir uns auch anstrengend, nichts zu verschwenden,
52:27
aber gleichzeitig müssen wir ja Risiken eingehen und auch zulassen, das mal was scheitert.
52:31
Das ist schon ein Widerspruch in sich, den wir da auflösen müssen und dann müssen wir natürlich die ganzen Verfahren machen,
52:36
die halt üblich sind, wenn man das tut.
52:39
Also haben wir hinten einen Verwaltungsapparat, der quasi die Maschine der Ministerien bedient des öffentlichen Raums
52:45
und nach vorne haben wir unsere InnovationsmanagerInnen, derer sind das jetzt sieben an der Zahl,
52:51
die aus bestimmten Fachgebieten kommen, die für bestimmte Themen brennen,
52:56
die ein Netzwerk von Leuten mitbringen, um bestimmte Themen zusammenzubringen und zu entwickeln,
53:01
die Projekte zu sichten, die werden unterstützt von AnalystInnen, auch so zehn an der Zahl und Projektmanagern,
53:07
die die unterstützen bei der Entwicklungsarbeit sozusagen.
53:10
Weil wir ja durchaus auch inkubieren und echte Firmen starten sozusagen oder eben in bestehende Firmen reingeben und die dann die Projekte überwachen.
53:20
Das sind so 20 Leute ungefähr und dann haben wir hinten noch mal 15, die sich um den ganzen Verwaltungsapparat,
53:25
ums Marketing und PR und so kümmern, das heißt insgesamt sind wir eigentlich nur 35 Leute, das ist nicht so wahnsinnig viel.
53:33
Aber wenn man das vergleicht mit meinetwegen Venture Capital Firmen, die im privatwirtschaftlichen Bereich unterwegs sind,
53:39
ist es trotzdem viel und das liegt daran, dass wir eben eine größere Verwaltung hinten haben müssen.
53:44
Wenn wir das jetzt weiterentwickeln, können wir weitere Werkzeuge wie zum Beispiel die SPRIND-Challenges bauen,
53:50
das ist eigentlich unser erstes neues Werkzeug, was wir jetzt gerade an den Start geschoben haben,
53:55
wo wir top-down ein Thema vorgeben.
53:57
Alles andere ist ja mehr so bottom-up, man reicht Ideen rein, die InnovationsmanagerInnen die haben schon auch ihr Ding
54:03
und drehen das, das ist vielleicht schon ein bisschen mehr proaktiv, aber das Thema Challenges, da sagen wir,
54:10
was sind denn die großen Fragen der Zeit, die wir lösen wollen?
54:13
Die erste Challenge hat sich um das Thema antivirale Wirkstoffe gekümmert, also nicht Impfstoffe, sondern Wirkstoffe.
54:19
Also wenn der Virus mal drin ist.
54:20
Da haben wir im Juli ausgerufen, wer Ideen hat, wie wir ein Breitband antiviralen Wirkstoff schaffen können,
54:27
eine Art Penicillin gegen Viren, der möge bitte einreichen.
54:30
Der Call hat knapp zwei Monate gedauert, also haben wir den Leuten Zeit gegeben, ihre Einreichungen zu machen,
54:35
die wir auch sehr stark gecoacht haben, also das war sehr viel Interaktion mit insgesamt 60 Teams, 45 haben eingereicht.
54:41
Vor zwei Wochen hatten wir die Jurysitzung, wir haben neun Projekte ausgewählt, von denen jeder so roundabout 700.000 Euro fürs erste Jahr bekommt
54:48
und den Mittwoch danach, also zwei Werktage später hatten die den unterschriebenen Vertrag auf dem Tisch.
54:52
Also da waren wir mal wirklich schnell, weil wir ein Instrument gefunden haben, mit dem wir schnell sein können.
54:58
Wir haben dann bei der Verkündigung der Gewinner jetzt bei der Falling Walls gerade auch gleich die nächste Challenge ausgerufen,
55:04
da geht es um Carbon Capture und Utilization das heißt also nicht nur CO2 rausholen,
55:11
sondern aus dem CO2 irgendwas wertvolles machen, so dass die Gesamtkosten des CO2 Captures runtergehen
55:16
oder vielleicht sogar auf 0 oder vielleicht sogar Profit machen, das wäre natürlich noch toller,
55:19
weil dann brauchen wir nicht mehr diskutieren, wer es bezahlen soll.
55:23
Also zumindest sollte es der Preis des Capturens auf dem Niveau der CO2-Zertifikate sein,
55:27
wo immer die landen, was immer eine Tonne CO2 kosten wird, wenn wir das dafür rausholen könnten, wird es ein Nobrainer.
55:35
Und so werden wir jetzt so alle zwei, drei Monate, denke ich mal, neue Challenges starten,
55:40
die dann auch sehr schnell Geld in solche innovativen Themen reindrücken können.
55:44
Und die laufen dann über mehrere Jahre.
55:44
Nach einem Jahr machen wir einen Cut und gucken mal, wir selektieren die Gewinnerteams und dann geht es ins nächste Jahr,
55:50
whatever it takes, um das fertig zu machen.
55:52 timpritlove
Wenn man jetzt solche Challenges ausschreibt, muss man ja dann auch schon in etwa einen Themenbereich ansprechen.
55:57
Und das heißt, man muss sich ja vorher dann auch sicher sein, dass das quasi jetzt auch eine wertvolle Geschichte ist.
56:03
Jetzt weiß man ja oft bei den großen Disruptionen auch gar nicht unbedingt vorher, wo das ist.
56:08
Ich könnte mir vorstellen, dass hier eine riesige Gefahr lauert, wie das wahrscheinlich bisher oder generell für die Politik ein Problem ist.
56:20
Ich will es mal so als Buzzword Resilienz nennen, die für meinen Geschmack nicht ausreichend ausgeprägt ist.
56:28
Das heißt, es werden irgendwelche Sachen gehypt und das ist dann irgendwie die Zukunft.
56:33
Ja, was weiß ich, hatten wir schon, künstliche Intelligenz so als superschwammigen Oberbegriff,
56:39
wo dann irgendwie alles mögliche drunterfällt oder was halt so derzeit so ein bisschen die Krankheit ist,
56:45
irgendwie so dieser ganze Blockchain-Wahnsinn.
56:49
Wie macht ihr das, dass ihr euch davon freihaltet, also wie wählt man quasi diese Themen aus?
56:56
Weil das erfordert ja schon eine gewisse Kompetenz und eine gewisse Wachheit auch in der ganzen Debatte um solche Themen.
57:06
Wie stellt ihr euch da auf, um da auf die richtigen Pferde zu setzen?
57:09 rafaellagunadelavera
Wir haben sowohl für die Auswahl und Inkubation der Projekte als auch für die Themen der Challenges einen Katalog erarbeitet.
57:16
Das sind sieben Oberkriterien, so 90 Unterkriterien ungefähr, die wir rückwärts rausgefiltert haben,
57:23
um mal zu ermitteln, was waren denn eigentlich die erfolgreichen Sprunginnovationen, was charakterisiert die.
57:27 timpritlove
Der letzten 10-20 Jahre?
57:29 rafaellagunadelavera
150 Jahre.
57:31 rafaellagunadelavera
Hat sich nichts dran geändert oder sogar 500 Jahre.
57:33
Wenn du hier das Buch, was ich mit dem Thomas Ramge habe, liest, da haben wir Gutenberg als Beispiel.
57:38
Das war ein Sprunginnovator, der hatte auch einen Finanzier an der Seite und die Typen sind da genauso gewesen wie heute.
57:44
So ist zum Beispiel eine der sieben Kategorien die Innovatorin oder der Innovator, der Typus Mensch, der das macht.
57:51
Also wir schauen darauf, ist das jemand, der für das Thema brennt, der Wirkung erzielen möchte und der möglichst ein nützliches Thema am Start hat,
58:00
komme ich gleich noch mal drauf.
58:02
Denn wenn du dir die Leute anschaust bis hin zu einem Elon Musk oder so, den Leuten von heute, das haben die alle gemeinsam,
58:08
total wirkungsorientiert, super Nerds in ihrem Thema, haben sich da 10-20 Jahre reingebaggert in dieses Zeug,
58:15
haben richtig Plan davon, sind natürlich auch meistens ziemlich intelligent, das heißt,
58:19
die können dieses Wissen auch aufnehmen und verwerten und dann kreativ zu was neuem formulieren.
58:25
Und wenn du allein solche Parameter hast und die sitzt dann den Leuten, die die Themen einreichen gegenüber,
58:30
hast du ein Stück strukturiertes Handwerkszeug, um zu evaluieren, ob das was werden könnte oder nicht.
58:36
Anderes Thema ist der ganze Plattformgedanke.
58:39
Es ist häufig so, dass Erfindungen eine Idee haben, was sie eigentlich machen wollen, aber das machen die dann am Schluss gar nicht.
58:45
Da wird sich fünfmal gedreht und man macht dann am Ende was ganz anderes.
58:49
MRNA ist so eine Plattform, man wollte eigentlich Krebs heilen, macht man vielleicht auch noch,
58:53
oder zumindest wirksame individuelle Krebstherapien bauen und dann kommt der Herr Coronavirus daher
58:58
und man sagt, oh upsala, das ist mit der Technologie können wir auch damit was machen.
59:04
Und dann drehen die sich auf der Hacke rum, so wie das Biontech und Curevac gemacht haben
59:09
und können in kürzester Rekordzeit einen Impfstoff entwickeln.
59:10
Das heißt, wenn du eine Plattform hast, musst du weniger Zukunftsvorhersage betreiben, die sowieso schwierig.
59:17
Wenn man es nicht macht, kann man die Zukunft nicht vorhersagen und wenn man es macht, ist es keine Zukunft mehr.
59:21
Also ist es gut, wenn man sagt, wir haben eine Plattformtechnologie, die auch noch in ganz andere Anwendungsbereiche sich reindrehen kann.
59:27 timpritlove
Wobei es ja bei Biontech eben genauso funktioniert hat, bei Curevac wiederum gescheitert ist.
59:31 rafaellagunadelavera
Genau, Gott sei Dank hatten wir zwei Chips auf dem Tisch oder drei mit Moderna.
59:34
Eigentlich hatten wir zehn auf dem Tisch und ich sage mal, zwei haben es dann wirklich geschafft.
59:38
Wobei die Unterschiede marginal sind, aber eben dann doch ausschlaggebend.
59:42
Also wenn es Biontech auch nicht geschafft hätte, dann würden wir jetzt alle mit Curevac-Impfstoff rumlaufen,
59:46
weil es dann der beste wäre, den es gibt, auch nicht so schlimm, weil der hätte auch uns zumindest vor den ganz fürchterlichen Auswirkungen geschützt,
59:54
nur eben nicht so stark vor Infektion.
59:56
Aber war nicht notwendig, weil Biontech war schneller.
59:59
Aber das Projekt hieß intern übrigens Project Lightspeed, das sagt eigentlich alles.
1:00:03
Dass man so ein Projekt machen kann liegt daran, dass vorher eine Plattform da war, die man so drehen konnte.
1:00:09
Wenn man also drauf achtet, dass irgendwas eine Plattformtechnologie ist, dann kann man zwar sagen,
1:00:13
wir versuchen jetzt das damit zu erreichen mit der Technologie, aber ob das dann da rauskommt ist dann ein bisschen egal,
1:00:17
weil mit der Plattform kannst du andere Dinge tun.
1:00:20
Es gibt natürlich auch die ganz …
1:00:20
Um Technologiefolgen gleich mal mit vorzudenken, sind auch die SDGs, diese Sustainable Development Goals Teil des Parameterkatalogs.
1:00:29
Wir achten darauf, dass auf keinen Fall negativ eingezahlt, dass wir also nicht eine Technologie entwickeln,
1:00:35
die einfach unseren Prinzipien, die wir uns da gegeben haben, nicht mehr entsprechen.
1:00:40
Und im gewünschten Falle natürlich da positiv drauf einzahlen.
1:00:42
Das heißt, also nicht jede Innovation ist eine gute Innovation für die Menschen.
1:00:46
Und um zu sagen, hallo wir sind der Bund, wir geben Steuergeld aus, also es muss letztlich bei den Menschen ankommen was wir machen,
1:00:52
größtmögliches Glück für die größtmögliche Anzahl von Leuten schaffen sozusagen, Bentham
1:00:56
Kannst du mit den SDGs ganz gut abwiegen.
1:01:00
So und von der Sorte sieben Kategorien, 90 Parameter, darauf kannst du Projekte legen, aber darauf kannst du auch Themen legen für Challenges.
1:01:08
Und so wird man sich dann relativ schnell einig, was eigentlich die großen Fragen der Zeit sind, wir top-down stellen wollen,
1:01:13
wie jetzt antivirale Wirkstoffe, CO2 Capture und von der Sorte wird es noch ein paar mehr geben,
1:01:18
da ist man sich dann relativ schnell einig.
1:01:21 timpritlove
Also es ist auch überhaupt nicht jetzt so auf Digitalisierung konzentriert, sondern es geht eigentlich um alles?
1:01:29 rafaellagunadelavera
Ja, genau.
1:01:30
Also alles was das Leben der Menschen besser macht und was die Antworten auf die großen Fragen der Zeit hat.
1:01:35
Und Digitalisierung ist sicherlich so was Kampfklasse 30 Prozent der Projekte, die wir sehen.
1:01:40
Aber 30 Prozent sind Energie und Umwelt und 30 Prozent sind Biotechnologie und Medizin
1:01:47
und dann 10 Prozent sozusagen der ganze Rest.
1:01:49
Also es ist schon, passt irgendwie zu Deutschland, würde ich sagen,
1:01:52
weil am Ende musst du ja auch was entwickeln, was du skalieren kannst.
1:01:56
Und da liegen sicherlich unsere Stärken oder unsere größten Lücken, irgendwie in der Digitalisierung.
1:02:01
Wobei auch da wir bei der Digitalisierung …
1:02:04
Übrigens ein Parameter, das wollte ich noch erwähnen, ist der Antihypeparameter.
1:02:11
Also ist das ein Hypethema, was wir hier gerade sehen?
1:02:15
Und da versuchen wir, nicht mitzuspielen.
1:02:16
Also wir haben keinen Quantencomputerinvestment im Augenblick, wir haben keinen KI-Investment, wir haben kein Krypto-Investment.
1:02:23
Wir gucken uns das trotzdem an, weil oft ist das so, wenn der Hypecycle, wenn du da mal durch bist,
1:02:27
dann kommt dann ja doch was, was spannend ist, aber wir sind nicht, wenn der Hypecycle oben ist, mit dabei.
1:02:32
Das machen wir einfach nicht.
1:02:34 timpritlove
Ja, das kann ich nur unterstützen.
1:02:37
Weil ich habe so den Eindruck, dass ist so ein bisschen die Bananenschale, auf der Deutschland auch gerne ausrutscht.
1:02:44
Also das ist gerade der zurecht beklagte Gesamtzustand der Digitalisierung, hat ja auch viel mit so einem Mangel an Vorstellungskraft zu tun auf der einen Seite,
1:02:53
dass man einfach die Chancen davon nicht gesehen hat, natürlich hat man dann in der Öffentlichkeit auch immer so eine Risikodebatte,
1:03:00
aber am Ende werden die Chancen einfach nicht ausreichend genutzt und da geht es irgendwie nicht so richtig voran.
1:03:10
Also ich habe das Gefühl, das Land steckt da auch wirklich in einer Schleife fest, wo es so recht nicht rauszukommen vermag.
1:03:20 rafaellagunadelavera
Ja, also das hat, glaube ich, viele Gründe, aber es ist natürlich schon so, dass gerade die Buzzword politisch gut verarbeitbar sind.
1:03:30
Weil die hat dann schon jeder mal gehört irgendwie.
1:03:33
Und dann kann man halt in einem Satz sagen, wir machen jetzt irgendwas, Quanten, KI, 5G, Blockchain, you name it
1:03:40
und dann finden das alle toll, dass man das macht.
1:03:43
Ob eine Technologie jetzt kurz vorm Sprung ist oder nicht, das ist schon ein schwieriges Handwerk, das überhaupt zu ermitteln
1:03:53
und ist dann zum Beispiel als 2012 die DARPA in MRNA investiert hat und die Firmen gefördert hat,
1:03:58
hatte keine Sau eine Ahnung, was MRNA-Wirkstoffe überhaupt sind.
1:04:02
Das ist halt kein Hype.
1:04:03
Deswegen muss man den Organisationen, die solche Dinge aufspüren und fördern sollen, da auch die politische Freiheit geben.
1:04:10
Also sprich, nicht politisch reinwirken, jetzt macht mal Quanten und KI, sondern macht mal Sprunginnvotionen.
1:04:16
So übrigens auch geschehen, also das muss ich wirklich sagen, das ist auch gelungen, dass wir als SPRIND da politisch unabhängig sind.
1:04:22
Und auch manchmal Sachen sagen dürfen, die politisch mal so gar nicht gern gesehen werden.
1:04:29
Wir argumentieren da rein sachlich.
1:04:31 timpritlove
Also die Agentur ist ja trotzdem angeschlossen an das Bundesministerium für Bildung und Forschung
1:04:37
und ich glaube, auch Wirtschaft und Energie heißt das, glaube ich, gerade.
1:04:41 rafaellagunadelavera
Mhm /bejahend/
1:04:42 timpritlove
Wie verteilt sich das?
1:04:46
Also wie kann man an zwei Ministerien angeschlossen sein, ohne dass die sich dann permanent dabei stören?
1:04:55 rafaellagunadelavera
Da möchte ich jetzt nichts zu sagen.
1:04:58
Nein, also historisch ist erst mal das Bildungsministerium federführend beauftragt gewesen, die Struktur der SPRIND zu überlegen, wie man es macht.
1:05:06
Das ist ja schon immer alles ein bisschen kompliziert.
1:05:09
So das hat man dann zwei Jahre lang gemacht, dann gab es die Gründungskommission,
1:05:12
wo allerdings sowohl der Vertreter des Wirtschafts- als auch des Bildungsministeriums saßen.
1:05:17
Dann haben wir im Januar 2020 angefangen und sind im Grunde erst mal gebootstrapt worden vom BMBF,
1:05:24
aber dann kam das BMWI aktiv dazu.
1:05:26
Im Augenblick ist die Arbeitsteilung so, dass die Challenges vor allen Dingen auf der Seite des BMWI jetzt stattgefunden haben
1:05:34
und die eigentlich Projektfinanzierung aus den Töpfen des BMBF kommt.
1:05:41
Wobei man muss dazu sagen, da wir viel neu machen, haben wir es auch noch immer mit dem Finanzministerium
1:05:44
und dem Bundesrechnungshof zu tun, weil wir, wenn du neue Instrumente schaffen willst, muss man halt vom BMF eine Genehmigung bekommen,
1:05:50
die natürlich den Bundesrechnungshof fragen und so weiter.
1:05:55
Was so ist wie es ist, aber nicht gerade schnell.
1:05:57
Also die Entwicklung der Instrumente, die hat uns eigentlich am meisten Zeit gekostet und wir sind noch lange nicht fertig.
1:06:03
Also wir wünschen uns jetzt, dass in den Koalitionsvertrag reinkommt, dass es auch Gesetze gibt, die geändert werden,
1:06:09
dass wir da anders arbeiten können und haben das auch sehr konkret vorgeschlagen was das ist,
1:06:13
haben das auch untersucht und rechtlich abgesichert und so weiter, um einfach die SPRIND an sich selber weiterzuentwickeln.
1:06:19
Um sie auch vielleicht direkt mit der hoheitlichen Aufgabe zu beleihen, also nicht als Unterauftragnehmer der Ministerien,
1:06:26
sondern die SPRIND ist halt dazu da, Sprunginnovationen zu finden und zu fördern und zu finanzieren und so weiter.
1:06:31
Macht das mal und dann sagt ihr uns, wie ihr es denn machen wollt und dann lassen wir euch das machen
1:06:35
mit einem mehrjährigen Haushalt, damit wir nicht irgendwelche Dezemberfieber entwicklen müssen
1:06:39
und noch die Kohle raushauen müssen, was totaler Quatsch ist, das tun wir auch nicht,
1:06:43
aber das Geld ist dann halt weg nach den klassischen Haushaltsregeln und man hat es nicht zum Einsatz gemacht.
1:06:48
Also wenn der Bund sagt, wir wollen aber, dass ihr das macht und wir wollen so viel Geld da hinlegen,
1:06:51
dann soll es auch mal eine Zeit lang da liegen bleiben, damit wir das dann sinnvoll zum Einsatz bringen können.
1:06:57 timpritlove
Und zwar in dem Moment, wo man es braucht.
1:06:59 rafaellagunadelavera
Genau. Und auch in dem Moment mal was abbricht, wenn man gemerkt hat, dass man gescheitert ist.
1:07:04
Und das passiert nämlich häufig nicht, weil es eh egal ist.
1:07:06
Weil wenn du eben einen jährlichen Haushalt hast und du brichst ab und zahlst das Geld nicht mehr, dann verfällt es am Ende des Jahres.
1:07:11
Also ist die Motivation das zu tun auch sehr gering.
1:07:14
Das ist nicht gut.
1:07:16
Denn noch mal DARPA-Mensch gefragt zum Scheitern, wird man ja häufig gefragt, keiner will scheitern,
1:07:22
aber wenn man sich das Scheitern nicht erlaubt, dann probiert man auch nichts aus, dann ist man schon gescheitert.
1:07:27
Der hat gesagt, scheitern ist total okay, was nicht okay ist, ist nicht zu wissen, wann man gescheitert ist.
1:07:33
Weil dann musst du auch aufhören, wenn deine These nicht mehr stimmt.
1:07:37
Aus vielen Gründen, das hat Opportunitätskosten, wenn du es weiter machst und es kostet auch Geld.
1:07:42
So und das ist schmerzhaft, das tut keiner gerne, das kennt jeder aus seinem Privatleben,
1:07:46
dass man noch mal drei, vier Jahre, was weiß ich, in eine Beziehung, in ein Investment, in irgendwas investiert hat,
1:07:50
obwohl man eigentlich schon wusste, dass man gescheitert war.
1:07:54 timpritlove
Mir fällt jetzt gerade kein gutes Metathema ein, um mal so ein Beispiel vielleicht zu erarbeiten, wie das so laufen könnte.
1:08:02
Nehmen wir mal an, ich bin jetzt in irgendeinem der Themen, die jetzt als Challenge rausgegeben sind, was ist da jetzt gerade so aktuell noch,
1:08:11
außer den Medikamenten und dem Carbon Capture?
1:08:14 rafaellagunadelavera
Ja, wir haben jetzt, also die aktuelle Challenge, wo der Call bald rausgeht, ist die Carbon Capture und Utilization Challenge,
1:08:19
aber du musst ja nicht an einer Challenge teilnehmen.
1:08:22
Wenn du irgendein Thema hast, von dem du glaubst, dass das Sprunginnovationspotenzial hat…
1:08:26 timpritlove
Challenge ist mehr so ein, hör mal, das Thema haben wir auf der Kette, irgendwie wenn ihr da jetzt mit reinkommt,
1:08:32
dann steigt sogar noch die Wahrscheinlichkeit.
1:08:34 rafaellagunadelavera
Genau.
1:08:34 timpritlove
Aber ich kann jetzt auch irgendeine ganz grandiose Überlegung haben, so mit Podcasts die Welt heilen oder so
1:08:40
und dann könnte ich halt einfach vorbeikommen.
1:08:43
So und dann schaut mich erst mal einer streng an und sagt, okay erzähl mal, wir gucken was da dran ist.
1:08:49 rafaellagunadelavera
Also du gehst auf unsere Webseite SPRIND mit Dora Punkt org und da steht Projekt einreichen.
1:08:54
Da stellen wir dir 12-13 Fragen, so ein bisschen als Reflexion für dich, ob du wirklich an einer Sprunginnovation dran bist.
1:09:01
Weil natürlich ist jeder Innovator stolz auf das, was er oder sie macht, man ist dann sehr verliebt darein,
1:09:08
aber wenn es dann eben ein neuer Verschluss für einen Plastikbeutel ist, dann ist das vielleicht eine Innovation,
1:09:13
aber wahrscheinlich keine Sprunginnovation.
1:09:15
So und das versuchen wir, vorher ein bisschen im Selbstfindungsprozess durch das Beantworten dieser Fragen zu erwirken.
1:09:23
Das schickst du uns und du schickst uns, was immer du an Unterlagen zu deinem Projekt hast, formlos, einfach her damit.
1:09:28
Dann melden sich Leute aus unserem Analystenteam.
1:09:32 timpritlove
Das heißt, dann wird dann erst mal geguckt, in welchen Bereich fällt das rein und dann sucht man sich die passende Person raus.
1:09:37 rafaellagunadelavera
Genau, und wenn wir die nicht haben, dann heuern wir eine Expertin von draußen, wo wir ein tolles Netzwerk aufgebaut haben,
1:09:43
weil alle finden irgendwie die SPRIND gut und haben auch Bock uns zu helfen,
1:09:46
so dass wir wirklich auf ein fanatisches Netzwerk da zurückgreifen können.
1:09:50
Tun wir meistens nachgelagert auch noch, weil wenn dann ein Projekt wirklich entwickelt wird,
1:09:55
dann ist es immer gut, die mit hinzuzuziehen, auch um Kapazität zu schaffen, um andere Blickwinkel drauf zu bekommen.
1:10:00 timpritlove
Aber da werden sozusagen auch Leute dynamisch reingeholt.
1:10:02
So nach dem Motto, okay da haben wir jetzt noch gar nicht im eigenen Team die entsprechende Kompetenz aufgebaut,
1:10:07
dann wird einfach der Telefonhörer in die Hand genommen und gesagt, so hier.
1:10:09 rafaellagunadelavera
Genau, Liste runter, haben wir dafür schon einen ausgewiesen?
1:10:11
Nein, Recherche, welche gibt es, her damit, manchmal auch gleich zwei.
1:10:15 timpritlove
Also ist das sozusagen auch wirklich eine Initiative, um eine Vernetzung mit existierenden Expertenwissen in der Gesellschaft vorzunehmen,
1:10:25
die jetzt gar nicht in irgendeiner Form staatlich aufgehängt ist.
1:10:28 rafaellagunadelavera
Ja, absolut.
1:10:29
Und die können auch herkommen wo sie wollen.
1:10:32
Es ist nicht immer so, dass wenn eine Expertin sagt, das ist nicht, dass wir das dann auch finden,
1:10:36
da muss man aufpassen bei Sprunginnovationen.
1:10:38
Wenn sie nicht ein bisschen crazy sind, dann sind sie keine Sprunginnovationen, Zitat Einstein Ende, glaube ich so ungefähr.
1:10:46
Also man muss da aufpassen.
1:10:47
Wir haben natürlich mit den jetzt sieben Innovation ManagerInnen, die wir haben, also da ist so Durchschnittsalter eher 60,
1:10:53
die haben schon ihr Ding im Leben gemacht, da sind schon ein paar echt abgefahrene Typen dabei.
1:10:58
Wir haben auch in dem Expertenkreis so ein paar Nobelpreisträger, Superunternehmer,
1:11:03
also da sind schon paar richtig heiße Typen drin, mit denen wir da arbeiten können.
1:11:07
So die schauen sich das an, wir legen das auf den Kriterienkatalog, es gibt ein paar schnelle Ausschlusskriterien,
1:11:13
also wenn Primary Use militärisch ist, dann sind wir halt einfach nicht zuständig, das machen wir nicht.
1:11:18
Das geht dann in ein Board rein, in internes Board, welches die sich dann anschaut.
1:11:25
Das ist voll digitalisiert, also das Board ist erst mal ein Jira-Board, was abgearbeitet wird.
1:11:31
Da fliegen schon eine ganze Menge raus, die einfach aufgrund der Kriterien ausscheiden.
1:11:34
Und die, die wir diskutieren wollen, gehen dann wirklich in ein Gesprächs-Board rein.
1:11:41
Da treffen wir uns alle zwei Wochen und diskutieren diese Themen.
1:11:45
Und wenn wir sagen, das könnte was sein, dann kommen die Analysten zurück,
1:11:49
die kommen auch zwischendurch mal gerne mit Fragen zurück und sagen, wir haben noch ein paar große Fragen,
1:11:53
wir wissen, dass das Geld kostet, die zu beantworten, das Geld würden wir dir gerne in Form eines Validierungsauftrages geben,
1:12:00
So und das ist dann der nächste Schritt.
1:12:01
Das dauert dann manchmal zwei Monate, manchmal sechs, manchmal acht,
1:12:04
je nachdem wie schnell die Teams dann auf der andern Seite sind.
1:12:07
Wir bringen die dann mit anderen Leuten zusammen, um sie zu unterstützen, zu coachen, das fehlende Wissen reinzuholen,
1:12:13
Zugang zu irgendwelchen Forschungsinstituten und Leuten, die dort sind.
1:12:18
Und mit dem Ergebnis, dass da so eine Art Exposé rauskommt, was wir dann unserem Aufsichtsrat vorlegen,
1:12:25
der so halb Verwaltung, Politik und halb Wirtschaft und Wissenschaft besetzt ist.
1:12:33
Da sind also Vertreter der Ministerien drin, MDBs, aber eben auch eine Susanne Klatten, Peter Leibinger von Trumpf,
1:12:38
die das aus der wirtschaftlichen Seite betrachten oder eben jener Dietmar Harhoff, der mal die Gründungskommission geleitet hat.
1:12:43
Die schauen, ob wir uns an unseren eigenen Prozess gehalten haben.
1:12:47
Also die sagen jetzt nicht, wir finden das Thema gut oder schlecht, die lassen sich im Thema natürlich ausbilden und sind sehr interessiert daran,
1:12:52
aber die Themenauswahl obliegt uns.
1:12:54
Sie schauen nur, ob wir uns vielleicht ein bisschen zu viel ins Projekt verliebt haben und uns nicht an unseren eigenen Prozess halten.
1:12:59
Da geht es ja auch um Gleichbehandlung und solche Geschichten.
1:13:02
Und wenn die dann nicken, haben sie jetzt fünfmal gemacht, dann wird in der Regel eine Tochter GmbH gegründet,
1:13:08
das ist ein bisschen kompliziert, wegen Beihilferecht und allem möglichen, das wollen wir allerdings ändern,
1:13:11
die dann eine Forschungskooperation mit dem Unternehmen der Erfinderinnen und Erfinder eingeht.
1:13:16
Also wir machen dann so einen Zweisprung mit dem Geld.
1:13:19
Brauchen wir gar nicht so tief drauf eingehen, ist ein bisschen furchtbar, aber ist halt so, das ist das technische Mittel.
1:13:22
Aber da gehen dann in die GmbHs 5-10 Millionen pro Jahr ist so die Durchschnittszahl,
1:13:27
die dann die Forschung und Entwicklung für das, was wir da machen wollen, bezahlt für ein paar Jahre.
1:13:35 timpritlove
Na ist ja schon substanziell.
1:13:36 rafaellagunadelavera
Ja, das ist richtig Geld, genau.
1:13:38
Also wir werden dieses Jahr, keine Ahnung, ich muss wirklich raten, das können wir sicherlich genauer sagen,
1:13:43
aber 50-60 Millionen werden das sicherlich insgesamt sein dieses Jahr.
1:13:48 timpritlove
Jetzt kennt man das ja aus den USA, ist ja so ein Engagement in solche Innovationen auch durch privates Geld,
1:13:53
durch Venture Capital und andere Investitionsformen gedeckelt, das scheint in Deutschland auch nicht so richtig zu greifen.
1:14:01
Inwiefern kann denn da die Wirtschaft oder diese Finanzierungswirtschaft eigentlich einen Beitrag zu leisten?
1:14:13 rafaellagunadelavera
Der Finanzierungskreislauf in Deutschland und Europa ist kaputt.
1:14:16
Wir haben, das liegt wohl auch noch am Zusammenbrechen des Neuen Marktes und der Finanzkrise,
1:14:20
wir haben ja nie eine Aktienkultur entwickelt und daraus resultiert verdammt viel.
1:14:24
Wenn du rückwärts rechnest quasi vom Börsengang, gibt es ja da vor verschiedene Finanzierungsphasen
1:14:30
und Investorinnen und Investoren, die da Geld reinlegen und jede Phase muss ja auch einen Exit haben.
1:14:34
Das heißt, die müssen aussteigen können die Investoren, hoffentlich mit Profit und dann kommen die nächsten rein.
1:14:39
Bis zum IPO und dann kann jeder rein und raus wie er will, dann ist es eine öffentlich gehandelte Firma.
1:14:44
Also du kannst mit einer mittelgroßen Tech-Firma keinen IPO machen in Deutschland oder Europa.
1:14:49
Also selbst eine Biontech und Curevac sind an der NASDAQ an die Börse gegangen in New York,
1:14:53
weil hierfür die Liquidität nicht da ist.
1:14:56
Es gibt wenig vorgelagerte Venture Capital Fonds, insbesondere in den späten Phasen, weil da wenig Geld reinfließt,
1:15:01
weil die US-amerikanischen besser performen, weil sie eine bessere Börse haben, in der man dann den nächsten Schritt gehen kann.
1:15:07
Und das kannst du rückwärts entwickeln.
1:15:09
Das Marktversagen hat der Bund schon vor 12-13 Jahren festgestellt und hat, zumindest für die sehr frühen Phasen,
1:15:15
den HighTech-Gründerfond ins Leben gerufen, die sogenannte Seed und Series A Finanzierungen machen.
1:15:20
Am Anfang war das bis zu einer halben Million, ich glaube, die können jetzt bis anderthalb Millionen in eine Frühphase in Unternehmen geben.
1:15:25
Man hat mit dem Zukunftsfond noch mehr Geld ins privatwirtschaftliche Venture Capital gegeben,
1:15:31
aber wir sind so Faktor fünf, sechs, sieben pro Kopf kleiner als eine USA.
1:15:36
Daran, dass das in den USA anders ist, ist übrigens auch eine DARPA „mit schuld“.
1:15:40
Denn was die virtuos machen meines Erachtens ist zum einen, mit der DARPA-Zuwendung, mit dem Geld, was die DARPA selber verteilt,
1:15:48
das sind immerhin 3,5 Milliarden im Jahr mittlerweile, die gibt es auch schon bisschen länger, deswegen sind die auch auf Flughöhe,
1:15:53
aber das ist ja schon mal viel Geld, das wird eingesetzt, um die frühen Technologierisiken zu finanzieren.
1:15:59
Also wenn was aus dem Labor kippt und so Grundlagenforschung, Physik funktioniert oder Chemie oder whatever,
1:16:04
jetzt müssen wir das ja bis es ein Produkt wird noch über viele Schritte bringen und das kann ganz schön lange dauern.
1:16:10
So wie autonomes Fahren oder MRNA-Wirkstoff hat ja auch über zehn Jahre gedauert.
1:16:15
Das finanzieren die, aber gleichzeitig haben die auf der anderen Seite den Staat als Auftraggeber als Instrument.
1:16:21
Das heißt, wenn daraus droht, wirklich ein Produkt zu werden, wird häufig ein Einkaufsauftrag gezielt in diese Unternehmen gegeben.
1:16:29
Das heißt, die Technologierisiken sind so langsam abgearbeitet, das Auftragsbuch ist voll, was passiert?
1:16:35
Private Investoren kommen natürlich rein, weil die sagen, links ist save, rechts ist save, der Gap ist nur noch so viel,
1:16:41
das Risiko ist überschaubar, rein.
1:16:44
So dann sind die Fonds natürlich auch erfolgreich, das funktioniert einfach, das ist Risikokalkulation.
1:16:49
Und damit ziehen die natürlich auch immer mehr Privatinvestoren an, weil die über Jahrzehnte hervorragende Returns für die produziert haben.
1:16:56
Und übrigens die meisten vermögenden Deutschen legen in US-amerikanischen Fonds ihr Geld an, weil es da einfach funktioniert.
1:17:03
Da ändert sich ein bisschen was, jetzt europäische Venture Fonds sind so seit fünf Jahren auch durchaus erfolgreich.
1:17:08
Man hat den Zukunftsfond geschaffen in der letzten Regierung und der wird sicherlich weitergeführt in diese Regierung,
1:17:15
es gibt jetzt auch eine SPRIND, die jetzt auch anfängt zu arbeiten.
1:17:18
Ich denke, als wichtigstes nächstes Instrument müssen wir jetzt noch die Einkaufspower des Bundes und der Länder und Kommunen steuern.
1:17:25
Dass wir sagen, wir müssen vergaberechtlich in der Lage sein, Innovationsfinanzierung durch gezielten Einkauf zu machen.
1:17:31 timpritlove
So wie das ja unter anderem auch in der Raumfahrt in den USA ja stark funktioniert, SpaceX ist auch deshalb so groß geworden,
1:17:40
weil eben dann eben auch sehr viele Aufträge für Satellitenstarts etc. vom Staat kam, auch zu anderen Tarifen,
1:17:46
nicht unbedingt zum niedrigsten Preis und ja der Lohn der Arbeit ist dann letzten Endes, dass man es halt geschafft hat,
1:17:52
innerhalb von zehn Jahren mit einem einzelnen Unternehmen im Prinzip die komplette Raumfahrt …
1:17:56 rafaellagunadelavera
… auf links zu krempeln.
1:17:57 timpritlove
Aber total.
1:17:59 rafaellagunadelavera
Ja und das werden wir noch erleben, wenn Starship funktioniert.
1:18:02 timpritlove
Starlink.
1:18:03 rafaellagunadelavera
Nicht Starlink, nee.
1:18:03 timpritlove
Ach so das große Starship.
1:18:04 rafaellagunadelavera
Also die dicke Rakete.
1:18:06 timpritlove
Die dicke Rakete.
1:18:06 rafaellagunadelavera
Die dicke Rakete, die den Preis pro Kilo, den du in den Weltraum schießt, irgendwie auf zehn Dollar runterbringt,
1:18:11
so dann geht es zur Sache.
1:18:13
Nein genau, die haben sogenanntes pre-commercial Procurement gemacht, das heißt, die kaufen Produkte, die es noch gar nicht gibt.
1:18:18
Da legt die NASA Mal eben 2,6 Milliarden hin und sagt, bau mal trallala.
1:18:23
Und dann kannst du natürlich was machen, dann geht es ab.
1:18:26
Übrigens dieses pre-commercial Procurement ist auch das Prinzip, was wir bei den Challenges anwenden.
1:18:31
Technisch kaufen wir, bestellen wir ein Produkt, was es noch gar nicht gibt, wir sagen, macht mal einen antiviralen Wirkstoff breitbandig.
1:18:38
Und das ist wirklich ein Verfahren, was wir da verwenden, das gibt es schon seit 2008 in der EU,
1:18:44
ist in Deutschland ein einziges Mal angewandt worden und dann nie wieder.
1:18:47
Das Wirtschaftsministerium hat uns darauf aufmerksam gemacht und ausgebildet, die haben sogar Leute, die echt gut sind,
1:18:52
die dir erklären wie das geht und wir haben gedacht, wir gucken nicht richtig.
1:18:55
Hier liegt ein wirklich agiles Instrument rum, es hat nur noch keiner verwendet, deswegen sind wir echt froh, dass wir das gefunden haben.
1:19:01
Das machen wir jetzt in klein bei den Challenges, so eine NASA macht das natürlich mit anderen Zahlen,
1:19:04
aber why not, das können wir auch mit anderen Zahlen, also nicht wir SPRIND, aber der Bund oder die EU kann das auch mit anderen Zahlen machen.
1:19:11 timpritlove
Stichwort Europa.
1:19:13
Jetzt ist das alles so eine deutsche Geschichte so und klar, in Deutschland lohnt sich das insofern, als dass es eine starke Wirtschaft ist
1:19:20
und viele Leute hier leben etc., aber jetzt wissen wir ja auch, einerseits muss es ja auch rechtlich innerhalb vom europäischen Kontext funktionieren,
1:19:28
auf der anderen Seite denke ich mal, dürfte es ja auch in anderen Ländern vergleichbare Ansätze und so Weckrufe geben.
1:19:34
Also gibt es da überhaupt erst mal eine europäische Dimension in dem Ganzen?
1:19:42
Gibt es Kooperationen, gibt es ähnliche Agenturideen bereits in anderen Ländern?
1:19:46
Und lässt sich da in irgendeiner Form auf einer europäischen Ebene zusammenarbeiten?
1:19:50 rafaellagunadelavera
Ja, ich glaube, es ist unglaublich logisch, dass so was ja letztlich auf einer europäischen Ebene stattfinden muss.
1:19:55
Trotzdem finde ich es gut, dass die Bundesregierung beschlossen hat, wir machen jetzt einfach mal los mit der SPRIND
1:20:00
und in der Tat sind wir die ersten in Europa, die da am Start sind.
1:20:05
Werden aber ständig angesprochen von anderen europäischen Ländern, wie macht ihr das, sollen wir das auch machen und so.
1:20:11
Das erste mittlerweile nicht mehr EU-Land war die UK, die gerade in der Gründung ihrer ARIA, so haben die das genannt, ist.
1:20:19
Die wir auch schon lange beraten, wie sie es tun sollen.
1:20:23
Aber auch in Frankreich, in Italien etc. gibt es ähnliche Initiativen.
1:20:26
So das finden wir gut, wir teilen da, also so im Sinne der Creative Commons können die alles von uns haben,
1:20:31
was wir erfunden haben, gefunden haben für uns und wie es geht und wie wir uns strukturiert haben und was man da machen kann.
1:20:36
Auf der EU-Ebene gibt es das European Innovation Council, das EIC, was auch natürlich viel breitbandiger
1:20:44
und höher standardisiert zumindest mal Innovationsprojekte finanziert, das ist nicht unbedingt Sprunginnovation immer,
1:20:51
aber es ist schon viel Geld.
1:20:53
Du kannst da aus einem Programm 2,5 Millionen in Zuwendungen und bis 15 Millionen in Eigenkapitalfinanzierung bekommen aus der EU.
1:21:01
Und da gibt es auch schon einige Projekte aus Deutschland, übrigens einer der Gewinner da auf dem Falling Walls,
1:21:06
die aus Bioabfällen Plastikrohstoffe machen, die haben so einen Grant bekommen.
1:21:12
Also da arbeiten wir natürlich sehr stark mit zusammen, weil es natürlich immer ein bisschen egal ist wo das Geld herkommt
1:21:17
und vielleicht sogar ein bisschen egal ist, wo in der EU das Projekt ist und die Leute sind und so.
1:21:22
Und wenn wir unsere Instrumente, die wir haben, zusammenlegen, können wir natürlich viel effektiver zusammenarbeiten.
1:21:28
Also sind wir da im ständigen Austausch und entwickeln diese Zusammenarbeit auch immer weiter.
1:21:32
Und wenn jetzt Frankreich sagt, wir machen jetzt auch unsere Agentur, dann wären wir gut beraten,
1:21:35
mit denen uns eng abzustimmen und auch gemeinsame Projekte zu machen.
1:21:39 timpritlove
Weil wir es schon zweimal erwähnt haben, sollten wir vielleicht noch mal kurz erklären, Falling Walls ist eine Konferenzserie,
1:21:45
die in Berlin stattfindet immer am 09. November zum Mauerfall eben und da geht es worum?
1:21:55 rafaellagunadelavera
Da geht es um Wissenschaft eigentlich, die die großen Fragen der Zeit löst, so habe ich es ja eben formuliert.
1:22:01
Also es geht immer darum, welche Wände können wir abreißen, sozusagen um neue Wege zu schaffen, um bestimmte Dinge zu tun.
1:22:09
Und das tun wir mit der Kraft der Wissenschaft und Forschung und Entwicklung.
1:22:13
Also sind wir thematisch da, glaube ich, nah dran mit der SPRIND, deswegen verwundert es wahrscheinlich auch keinen,
1:22:17
dass wir da Partner sind und da zusammen dran arbeiten.
1:22:21
Tolle Netzwerkveranstaltung.
1:22:23
Also wenn ihr euch das mal im Internet anschaut, wer da so alles war jetzt, das war die Crême de la Crop,
1:22:29
also die ganzen Biontech-Leute und die Charpentier, die CRISPR-Frau, solche Leute triffst du.
1:22:35
Aber du triffst auch das Geld sozusagen, die Stiftungsvertreter der großen Family Offices sind da,
1:22:41
viele ausländische Gäste, der ehemalige russische Bildungs- und Wissenschaftsminister war auch da
1:22:48
und mit den Leuten kannst du da networken und reden, das ist super spannend.
1:22:51
Aber gleichzeitig werden auch Preise ausgelobt, deswegen sind auch viele junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler da,
1:22:57
die sich beworben haben, das ist ein riesiger Katalog von Projekten, der da abgeackert wird.
1:23:00
Und denen wird da eine große Sichtbarkeit und eben Zugang zu allem möglichen, zu Netzwerk und Geld gegeben,
1:23:06
um ihre Projekte weiterzuentwickeln.
1:23:08
Also ich war mal wieder begeistert.
1:23:11 timpritlove
Was für eine Rolle spielt denn so die Stifterszene, die Stiftungen in Deutschland in diesem Innovationsbereich?
1:23:18
Das ist ja jetzt auch ein Segment, wo eine ganze Menge Geld verteilt wird und wo es immer sehr forschungs- und zukunftsorientiert zugehen soll,
1:23:25
wenngleich natürlich dann je nach Stiftung auch sehr themenfokussiert, das ist vielleicht schon mal ein erster Unterschied.
1:23:31
Aber ist das ein Bereich, mit dem auch zusammengearbeitet wird in irgendeiner Form?
1:23:37 rafaellagunadelavera
Ja klar, du hast ja, also du hast Verbände und Stiftungen und Initiativen, die bestimmte Themen beackern,
1:23:42
wie du schon sagt hast, jeder hat so sein Spezialgebiet und wenn sich das mit einem Thema von uns schneidet,
1:23:48
arbeiten wir natürlich mit denen zusammen.
1:23:51
Also weiß nicht, es gibt ja eine dena, deutsche Energie, wir haben viele Energiethemen, also tauschen wir uns darüber auch aus,
1:23:57
und gleichen uns auch ein bisschen ab, welche Strategien wir da eigentlich haben, woran wir glauben, was wir sehen und so weiter.
1:24:02
Bis hin zu einfach schlicht Geld.
1:24:07
Also wenn eine Stiftung sagt, wir haben uns jetzt vorgenommen, ins Thema X Geld zu tun,
1:24:11
dann machen wir unsere Einreicher drauf aufmerksam.
1:24:15
Also auch wenn wir letztlich ein Projekt nicht machen, weil es vielleicht nicht genug Sprung ist für uns,
1:24:19
helfen wir den Leuten häufig, dann die richtigen Geldtöpfe zu finden und das können auch sehr gut Stiftungen sein.
1:24:25
Weil oft merkst du sofort, das passt zu denen, da müsst ihr mal da hingehen und dann machen wir die Connections
1:24:30
und dann können die dahin.
1:24:31
Also das ist schon ein tolles Ökosystem, was wir da haben, was mitkommt.
1:24:35
Auch umgekehrt sprechen uns natürlich die Stiftungen an und sagen, können wir nicht was gemeinsam machen.
1:24:41
Also wir sind hier, was weiß ich, Bildungsmission oder wie können wir mehr Ausgründungen in den Unis machen oder so.
1:24:45
Und über diese Themen unterhalten wir uns mit all denen, um eine Zusammenarbeit zu machen,
1:24:49
um vielleicht solche Themenkomplexe einfach gemeinsam anzugehen.
1:24:52 timpritlove
Und wenn es erst mal nur so ein Netzwerkknoten ist in diesem ganzen Fragestellungswald.
1:24:57 rafaellagunadelavera
Genau.
1:24:57 timpritlove
Um einfach die richtigen Leute zusammenzubringen.
1:25:01
Ja super, das bringt mich so ein bisschen an das Ende meiner Fragen, die ich so gehabt habe und auf die ich so gekommen bin.
1:25:10
Was gibt es denn noch so in der Zukunft, was wir vielleicht noch nicht tangiert haben, auf das man seinen Blick noch richten sollte?
1:25:19 rafaellagunadelavera
Boah es gibt so viele Themen.
1:25:22
Ich glaube, vielleicht eins, was mich doch sehr bewegt, das ist die unseres Zukunftsnarratives.
1:25:30
Vielleicht können wir da noch mal drüber reden.
1:25:34
Wie stellen wir uns die Zukunft vor, was erzählen wir darüber eigentlich?
1:25:39
Was mir aufgefallen ist, ist, dass wir eigentlich sehr pessimistische Zukunftsvorhersagen haben.
1:25:44
Also die Welt geht eigentlich reihenweise unter und wenn die Umwelt uns nicht killt und die Erde kaputt geht,
1:25:50
dann sind es halt die Immigranten oder irgendwas anderes oder Pandemien.
1:25:55
Das sind schon Themen, die wir da unseren Kindern aufladen, dass die dann ein bisschen neurotisch werden und ausrasten,
1:26:01
das kann man ja wirklich verstehen, das ist einfach nicht gut.
1:26:05
Jetzt kann man das aber auch umdrehen und sagen, das sind die Herausforderungen unserer Zeit,
1:26:10
die wir mit unserem Wissen und Köpfen lösen können und das ist ja auch eine Chance.
1:26:14
Da tun sich ja Gelegenheiten, Chancen auf, was zu machen, was es jetzt noch nicht gibt.
1:26:21
Ich finde, diese Geschichte müssen wir besser erzählen.
1:26:24
Es gab ja mal zukunftsoptimistische Zeiten, als man hier donut-shaped space stations gemalt hat und so was, so 70er Jahre oder so.
1:26:31 timpritlove
Ja und auch noch so überhaupt im letzten Jahrhundert, da war ja das Jahr 2000 war ja so der Inbegriff der Zukunft.
1:26:36 rafaellagunadelavera
Genau, alles hieß auch irgendwie 2000, das war weil 2000 war irgendwie das Ding.
1:26:41
Bis dann die Negativprognosen kamen, so Club of Rome und so weiter, wie die Welt jetzt untergeht.
1:26:47
Die Untergangspropheten haben übrigens nie recht gehabt, sind aber trotzdem noch gut im Business.
1:26:51
Also wir sind ja mal noch da, noch nicht zugefroren oder erschwitzt oder so.
1:26:55
Womit ich nicht sagen will, dass wir die Probleme nicht ernst nehmen sollen, unbedingt,
1:27:00
aber weil ich sage mal so, die Mutter aller Sprunginnovation ist saubere Energie so billig, dass man sie nicht mehr abrechnen braucht.
1:27:07
Damit löst du schon mal einen ganzen Sack anderer Probleme.
1:27:09
So dann haben wir noch übrigens auch ein Ernährungsproblem, ein Wasserproblem, ein Luftproblem,
1:27:14
das würdest du alles damit lösen.
1:27:14
Zweite große Erfindung muss natürlich im gesundheitlichen Raum stattfinden,
1:27:17
also wenn wir das Altern als Krankheit heilen können, dann hast du auch einen ganzen Sack Probleme auf einmal gelöst.
1:27:23
Wenn man das als Ziel nimmt, wenn man sagt, das müssen wir doch schaffen, wir sind doch schlau
1:27:29
und wir leben ja auch gerade in einer Infrastruktur, in der man solche Erfindungen machen kann,
1:27:32
dann sieht die Zukunft plötzlich ganz anders aus.
1:27:35
Und dann brauchen wir auch nicht über Verzicht reden oder über weniger Menschen auf der Erde.
1:27:37
Es ist ja schon fast auch ein bisschen zynisch zu sagen, okay ich trinke jetzt nur noch Hafermilch-Cappuccinos in Berlin,
1:27:46
habe auf Milch verzichtet, man bin ich ein toller Hecht.
1:27:50
Das ist super arrogant, also damit wird die Welt mal so gar nicht geheilt.
1:27:54
Denn die Leute, denen sich die Frage nicht stellt, die geben da einen Scheiß drauf.
1:27:57 timpritlove
Ist aber lecker.
1:27:57 rafaellagunadelavera
Ist lecker, nein, ich bin auf Hafermilch umgestiegen und fühle mich auch als Weltretter, auf jeden Fall.
1:28:02
Aber ich möchte niemandem vorschreiben, dass alle Hafermilch trinken müssen.
1:28:05 timpritlove
Klar.
1:28:06 rafaellagunadelavera
Das sollten wir denen schon überlassen.
1:28:07
Wenn wir aber diesen Wohlstand durch diese Sprunginnovationen, die ich gerade genannt habe, für alle schaffen,
1:28:13
das Migrationsproblem löst du dann natürlich auch, weil du bringst ja dann den Wohlstand in alle Ecken,
1:28:17
dann kann eine Welt auch viele Menschen tragen, auch zehn Milliarden, die wir wahrscheinlich werden werden.
1:28:22
Und wenn alle wohlständig sind, dann wird sowieso die Weltbevölkerung schrumpfen,
1:28:25
das kannst du in den Industrienationen ja sehen, wie das funktioniert.
1:28:29
Also würde ich sagen, lasst uns doch mal den Blick nach vorne richten, lasst uns mal positiv sein und sagen,
1:28:33
welche großen Fragen gehen wir jetzt an und dann arbeiten wir alle dran, das zu tun.
1:28:40
Also diesen Spirit mal zu drehen und unseren Kindern eine Zukunftsvision zu geben, die auch erstrebenswert ist
1:28:45
und sie zu motivieren, da reinzugehen, ist, glaube ich, mindestens genauso wichtig wie alles, was wir bis jetzt besprochen haben.
1:28:51 timpritlove
Ja, so eine mentale Wende an der Stelle ist, glaube ich, ganz hilfreich, weil irgendwann ist es dann auch zu viel mit Doomsday.
1:28:59
Ja, das Glas muss wieder halbvoll sein sozusagen.
1:29:02 rafaellagunadelavera
Genau.
1:29:03 timpritlove
Ja, das kann ich nur unterstützen.
1:29:08
Trotzdem würde ich sagen, dann sind wir jetzt hier erst mal fertig.
1:29:11
Vielen vielen Dank für die Ausführungen zu Sprunginnovationen und anderen Überlegungen
1:29:16
und was wir mit unserer Zukunft eigentlich so anstellen sollten.
1:29:19
Ich sage auch, vielen Dank fürs Zuhören hier bei Forschergeist.
1:29:23
Bald geht es wieder weiter.
1:29:24
Ich sage, tschüss und bis bald.