Der Geschichtenerzähler

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episode 1: Das Buch


Eine Geschichte über einen alten Mann, seinem Nachbarn und dem siebten Buch Moses ... oder doch nicht? ... 

Geschrieben und gelesen von Alexander Beer .::. Musik von Ronald Kah .::. Web: https://ronaldkah.de .::.
Bilder von pixabay .::.
Web: https://pixabay.com/de/ .::. 
 Das Buch 

Das Meer hatte sich schon zur Ruhe gelegt. Die untergegangene Sonne schickte noch vereinzelt ein paar tiefrote Strahlen über den Horizont, die aber die aufkommende Schwärze der Nacht nicht mehr erhellen konnten. 
Der alte Mann ließ noch einmal einen prüfenden Blick über die gut vertäuten Fischerboote wandern, bevor er das Tor zum Anleger endgültig abschloss. 
„Alles gut soweit“ brummelte er vor sich hin. 
Seine ohnehin vom Wind und dem salzigen Staub des Meeres gegerbte und tief zerfurchte Stirn legte sich in noch tiefere Furchen, als er über die sich leicht kräuselnde See blickte. 
Dabei fiel ihm die ungewöhnliche Dunkelheit auf, die sich unerbittlich über den gesamten Himmel ausbreitete. Tiefschwarz, kalt und bedrohlich. 
„Das gibt noch Kartun diese Nacht. Da zieht ein Sturm auf“. 
Noch über seine Ahnung nachsinnend, stapfte er festen aber gemächlichen Schrittes nach Hause. 
Er hatte Zeit. Niemand wartete auf ihn. 
„Kalt wird es. Zum Gott erbarmen.“ 

„Moin!“ … Eine Stimme aus der Dunkelheit riss ihn abrupt aus seinen Gedanken. 
Das Gartentor, der Weg, das Haus, welches sich einsam als graue Silhouette aus der Nacht erhob … er war ja schon zu Hause. 
„Wie siehts aus?“ Die Stimme entpuppte sich als sein neugieriger Nachbar. 
„Sturm wird es geben Achim.“ Der alte Mann war stehen geblieben und drehte sich leicht in Richtung der Stimme. Dabei wippte er unmerklich von einem Fuß auf den anderen. 
Nicht das er Achim nicht mochte. Immer nett und hilfsbereit. Aber für seinen Geschmack doch etwas zu aufdringlich. 
„Sturm? Es ist doch alles ruhig.“ Achim der Nachbar war nunmehr aus dem Halbschatten, den die großen schweren Linden auf den Boden warfen, herausgetreten. 
Der Mond, schon fast von den tiefen Wolken aufgefressen, hatte Mühe sein fahles Licht Richtung Erde zu schicken. Ein aussichtsloser himmlischer Kampf. 
„Ja Achim, heute Nacht wird es sehr ungemütlich.“ 
„Ach Nachbar, schmeiß mir doch mal ein paar Seiten vom siebten Buch Moses rüber!“ 
„Vom siebten Buch Moses?“ Der alte Mann konnte seine Verwunderung kaum verbergen. „Wie kommst Du denn darauf?“ 
„Naja, es heißt, es hätte magische Kräfte und wer das Buch besitzt, der könne in die Zukunft schauen. Auch allerlei Zauberei wären damit möglich.“ 
„Und warum soll ich sowas haben?“ 
Verschmitzt lächelte der Nachbar. „Bei der Fangquote die du hast und was du immer alles so weißt, wundert es mich nur. Aber nee nee, war nur ein Scherz. Ich troll mich dann mal.“ 

Er drehte sich um und ließ den alten Mann allein auf dem Kiesweg, der zum Haus führte, stehen. 
Der Alte trottete weiter und ließ dabei Schritt für Schritt, Meter um Meter den Kiesweg hinter sich. 
Dabei brummte er vor sich hin … „Siebte Buch Moses. So ein Quatsch. Alles nur Humbug. Magische Kräfte. Wenn ich sowas schon höre!“ 
Etwas ärgerte er sich schon über seinen Nachbarn. Obwohl er ihm auch nicht so wirklich böse sein konnte. Denn seine Netze waren in der Tat immer gut gefüllt. Mehr jedenfalls als bei den anderen im Dorf. 
Aber das war eben Glück. Glück des Tüchtigen, wie man so schön sagt. 
Verdutzt blieb er stehe. Hatte er da eben ein leises Lachen gehört? Von sich selbst? Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte mal gelacht hätte. 
Seine Gedanken, eben noch in weite Ferne entglitten, holten ihn wieder in die Gegenwart. Ins hier und ins jetzt. 

Fast schon beschwingt erklomm er die steile, knarzige Stiege, die vom Flur des Hauses in das obere Geschoss führte. 
Der Raum den er betrat war eher ein dunkles, schwarzes, leicht muffiges Verlies als ein Zimmer. Mit einer tiefen Decke und uralten Eichenbalken. 
Fensterlos und nur vom flackernden Schein einer einsamen Shelbibirne erhellt. Wobei man nicht von erhellen sprechen konnte, denn das Licht, das sie verzweifelt in den Raum warf, war zu schwach um auch nur ansatzweise gegen die Trostlosigkeit anzukämpfen. 
Die Shelbibirne steckte in einer mindestens ebenso alten Messinglampe, die auf dem massiven Schreibtisch stand, der allein schon von seiner Wuchtigkeit das Zimmer beherrschte. 
Eine dicke Staubschicht überzog alles. Die Messinglampe, den gesamten Schreibtisch und auch den einzigen Gegenstand, der darauf lag. 
„Was mache ich hier eigentlich?“ der alte Mann schaute sich verwundert um und sein Blick wanderte über die sonst karge Einrichtung. Jedenfalls soweit es der gelbe Schien der Lampe zuließ. 
„Hier bin ich ja schon ewig nicht mehr gewesen.“ 
Er setzte sich auf den ebenso alten Stuhl, der wartend vor dem Schreibtisch stand. Dabei glitt seine Hand fast schon ungewollt und nahezu fremdgesteuert über den ominösen Gegenstad, der dort offensichtlich seit Ewigkeiten lag. 

Ein Buch … es war ein Buch! 
„Lag das schon immer da?“ der alte Mann war erstaunt, verwundert und irritiert zugleich. 
In dickem Leder eingebunden und mit erhabenen Schriftzeichen auf dem Buchrücken und dem Einband versehen. 
Eher tastend und fühlend als lesend, konnte er den Sinn der Zeichen erahnen. 

Das achte Buch Moses. 


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 January 19, 2022  5m