Sprechkontakt

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episode 276: H006 Zischen und Rauschen


Von der geräuschhaften Seite des Klangs.

Foto: Unsplash/Paul Morris
Einstieg
LIVE Rauschen aus ODEM für Altblockflöte Solo von Christian Diendorfer (1982)
Themenschwerpunkte dem booklet Text von Gerald Resch zur Jubiläums-CD Entspannte Gleichzeitigkeit – Parallele Szenen aktueller Musik aus Österreich (2006) hammer records entnommen.
zum Geräusch
Das 20.Jahrhundert erforscht geräuschhafte Qualitäten des Klanges durch
1. haptisch durch intensive Erweiterung der spieltechnischen Möglichkeiten
2. technologisch mittels Tonbänder Geräusche fixieren und transformieren
3. musikphilosophisch durch Erweiterung des Musikbegriffs durch John Cage
zu 3.
Wolfgang Sterneck
JOHN CAGE UND DIE MUSIK DER VERÄNDERUNG
Überrascht stellte John Cage auf der Suche nach neuen Hörerfahrungen in einem schalldichten Raum in Cambridge fest, dass er rhythmische Geräusche vernahm. Der zuständige Techniker erklärte ihm später, dass er verschiedene Abläufe in seinem Körper wahrgennommen hatte. ”Ich hörte, dass Schweigen, dass Stille nicht die Abwesenheit von Geräuschen war, sondern das absichtslose Funktionieren meines Nervensystems und meines Blutkreislaufes. Ich entdeckte, dass die Stille nicht akustisch ist. Es ist eine Bewusstseinsveränderung, eine Wandlung. Dem habe ich meine Musik gewidmet. Meine Arbeit wurde zu einer Erkundung des Absichtslosen.”
Das veränderte Verständnis der Stille führte 1952 zur Komposition von ”4,33”, einem Stück in dem kein Geräusch absichtlich erzeugt wird. Die Aufgabe der beteiligten MusikerInnen ist es dabei, die Bühne zu betreten und sie nach einer Zeitspanne von 4,33 Minuten wieder zu verlassen ohne ein Instrument gespielt zu haben. Die Musik besteht aus den Geräuschen des Publikums, einem Husten, Flüstern oder auch aus Protestrufen, genauso wie beispielsweise aus den Geräuschen einer quietschenden Tür, eines auf der Straße vorbeifahrenden Lastwagens oder eines Regengusses. Einige Jahre nach der Komposition von ”4,33” erklärte Cage in einem Interview, dass er das Stück nicht mehr benötige, da er inzwischen in der Lage sei, es ständig zu hören. ”Die Musik, die mir am liebsten ist und die ich meiner eigenen oder irgendeines anderen vorziehe, ist einfach die, die wir hören, wenn wir ruhig sind.”
zu 1.
LIVE Hörbeispiel zum Zischen aus DUPUY TREN für 3-6 Blockflöten von Mischa Käser (1991) Takt 73 – 91aus Blfl. II Stimme
Hörlink zum gesamten Stück

vergleichender Hörlink des selben Stückes

Yamaguchi Mouthpiece 3 von Erin Gee

Ole – Henrik Moe aus Ciaconna für Violine Solo
http://www.allmusic.com/album/ole-henrik-moe-ciaccona-3-persephone-perceptions-mw0001437945
zu 2.
Tonbandkompositionen von Ludwig Bekic
http://constructme.blogspot.de/2008/09/short-movie-about-accurately-fitting.html oder Gerald Fiebig

UND WEITERES
Im 21.Jahrhundert ist das Geräuschhafte selbstverständlich im Repertoire der verfügbaren Klänge angekommen.
Technologien sind integraler Bestandteil des Musiksuchens geworden, selbstverständliche Voraussetzung im künstlerischen Schaffen, vor allem über Mikrofonierung kaum Wahrnehmbares hörbar gemacht.
z.B.
Karlheinz Essl und Cordula Böse in iside/out Rauschqualitäten durch Mikrophonierung und live-elektronische Modifikationen

Feinstrukturierte Geräuschstrukturen in Franz Hauzingers Trompetenspiel
http://www.franzhautzinger.com
Paetzold-Instrumente
La Macchina Rumorosa
Im Zentrum dieses Programms stehen Werke jener zeitgenössischen Komponisten, welche die eigentümliche Klangwelt der Paetzold-Instrumente für sich entdeckt haben. Agostino di Scipio bezeichnet sie beispielsweise als «wunderbare Geräuschinstrumente».
Die sonore Klanglichkeit dieser viereckigen Blockflötenriesen begegnet uns auf unterschiedliche Weise: von wabernden Soundschwaden bestimmten Unterwasserwelten über rauschhafte Obertonklangwellen, zu bewegten Pop- und Rockanklängen.
Durch die elektronische Verstärkung der Instrumente bzw. den Einbezug (live-) elektronischer Konzeption erreicht der Klang den Hörer noch unmittelbarer…
Ausführende:
Elisabeth Haselberger Blockflöten
Eva Reiter Blockflöten/Viola da Gamba
Christina Bauer Tontechnik
Susanne Fröhlich Subgroßbassblockflöte
Jorge Sánchez-Chiong Turntables
Blockflötenbiennale 2006
Sonntag, 1.10.2006, 11:30 Uhr,Alter Konzertsaal, Rennweg 8, A-1030 Wien
Neue Musik
Im Rausch der Geräusche
Musik als “Reibung und Widerhall”: Wie sich die in Bremen versammelten zeitgenössischen KomponistInnen von einer ausschließlich”Tonhöhen-fixierten” Musik lossagen, ist ein echtes Hörerlebnis
cyber_musik_2_6sp.jpg
Überraschende Klangwendungen: viel versprechendes Mischpult der Moderne
Bild: GABRIELE WITTER
Auszug:
Der Norweger Ole-Henrik Moe nennt sein ausschließlich geräuschhaftes Solo-Stück für Violine “Ciaccona”. Die barocke Gattungsbezeichnung verweist auf strukturelle Gemeinsamkeiten: Auch bei Moe entfalten sich die Oberstimmen über einer permanenten Bass-Grundierung, einer Art Bordunklang.
Wie das technisch geht? Man nehme drei nebeneinander stehende Notenpulte und mindestens anderthalb Meter breite Partiturblätter, die der Komponist im Laufe des Vortrags Schicht für Schicht abnimmt. Alles andere bleibt der Geigerin überlassen: ein 43 Minuten währender Kampf um die mikrokosmische Fülle, die scheinbaren “Einzeltönen” innewohnt. Ausgehend von Flageoletts, also Obertönen, lässt Kari Rønnekleiv mit dauervibrierenden Fingern die Klangspektren in weitere Einzeltonreihen aufbrechen. Das führt zu einem Tanz der Obertöne, auch das ein Verweis auf die Ciaccona als barocke Tanzgattung.
HÖRLINK dazu
http://www.allmusic.com/album/ole-henrik-moe-ciaccona-3-persephone-perceptions-mw0001437945
Episode 07 Der Fluch der schönen Töne
Leseaufgabe”Schön durch Schmutz” Interview mit Nikolaus Harnoncour
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-53513181.html

Diese Episode ist am 01.03.2017 erschienen. Dauer: 0 Stunden 51 Minuten und 31 Sekunden

 


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 March 1, 2017  51m