Simone Fischer "Beteiligung schafft Gesellschaft. Einfach Inklusion."

Mit diesem Podcast möchte ich in Baden-Württemberg interessante Gespräche führen und eine Bühne schaffen für allerhand Menschen und ihr Leben rund um die Themen Teilhabe, Behinderung, Selbstbestimmung, Barrierefreiheit, unser Miteinander, gesellschaftliche Fragen und vieles mehr. Gemeinsam mit meinen wunderbaren Gästen will ich unterschiedliche Lebenswelten und Sichtweisen bekannt, erlebbar auch greifbar und nahbar machen.

https://beteiligung-schafft-gesellschaft.podigee.io/

subscribe
share






Folge 10 mit Prof. Dr. Kerstin Merz-Atalik


Simone Fischer "Beteiligung schafft Gesellschaft. Einfach Inklusion."

Im Podcast sprechen sie über die Chancen inklusiver Bildung sowie Herausforderungen und Vorurteile, die 14 Jahre nach Inkrafttreten des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Deutschland und dem damit verbundenen klaren Bekenntnis zur Inklusion in der schulischen Bildung auch in Baden-Württemberg immer noch vorherrschen.

Prof. Dr. Kerstin Merz-Atalik: „Die Entscheidung der Vereinten Nationen für die inklusive Bildung wurde nicht aus dem Blauen heraus getroffen. Sie fußt auf Forschung und Vorbildern, überwiegend aus dem angloamerikanischen Bereich sowie differenzierten Anhörungen. Dennoch hält sich hartnäckig die Vorstellung, dass Kinder mit Behinderungen in Sonderschulen besser oder mehr lernen. Das lässt sich empirisch nicht belegen. Es ist nachgewiesen, dass alle Kinder sehr stark von heterogenen Lerngruppen und Vielfalt profitieren.“ Für Sonderschulen gebe es ein Forschungsdesiderat, da kaum dazu geforscht wurde, ob diese Schulformen und ihre Pädagogik tatsächlich zu höheren Entwicklungen führen und die Kinder besser fördern können. Dennoch werde immer behauptet, dass es den Kindern dort besser geht.

Simone Fischer, Beauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg für die Belange von Menschen mit Behinderungen, sagt: „Schule ist Lebens- und Teilhaberaum. Sie hat die bedeutsame Aufgabe, allen Kindern Bildung und Werte unserer Gesellschaft zu vermitteln. Zu unserer fortschrittlichen Gesellschaft gehört, Vielfalt und Inklusion als Bereicherung zu sehen, vor allem die Voraussetzungen dafür zu schaffen und sie schließlich auch zu leben. Inklusive Bildung ist ein Recht, das primär sichergestellt sein muss. Sie muss allen Kindern und Jugendlichen gleichermaßen zugänglich sein. Dazu brauchen wir eine gute Ausstattung der Schulen sowie Lehrerinnen und Lehrer, die sich zutrauen, inklusiv zu arbeiten.“

Im Podcast berichtet Prof. Dr. Kerstin Merz-Atalik von vorbildlichen Beispielen aus Portugal, Südtirol und Finnland, die zeigen, wie neben dem Wissenserwerb auch Respekt, Partizipation, die aktive Gestaltung des eigenen Lebens und soziale Interaktion im Schulalltag aller Kinder eine wichtige Rolle spielen. Diese Schulen sind zentrale Orte der Gemeinden. Erhebungen zeigen: Dort, wo Lehrkräfte gerne arbeiten, ist Schule neben einem Ort des Lernens immer auch Kommunikations- und Wohlfühlraum, der Werte einer Gemeinschaft nicht nur im Unterricht vermittelt, sondern auch lebt. „Dazu braucht es klare Vorgaben der Bildungspolitik, eine Strategie, Timeline und Messwerte. Schulen können inklusive Pädagogik nur entwickeln, wenn sie multiprofessionelle Teams haben und dafür ausgestattet sind. Auch eine Sonderschule kann morgen anfangen, alle Kinder, die keine Behinderung haben, aus dem Wohneinzugsgebiet aufzunehmen. Das ist nicht nur ein One-Way-Ticket für die Regelschulen“, so Prof. Dr. Kerstin Merz-Atalik.

Simone Fischer: „Wir müssen hier weiter vorankommen. Inklusion ist unser aller Auftrag. Neben den Regeleinrichtungen sind immer auch Sonderformate aufgefordert, sich zu öffnen und Inklusion umzusetzen.“

Laut Prof. Dr. Merz-Atalik liege ein zentraler Aspekt auf dem Lehrerbildungssystem, das so strukturiert sein müsse, dass es einem inklusiven Bildungssystem entspricht. Dazu müsse es flexiblere Studiengänge ermöglichen, die Lehramtsstudierende nicht sortieren. „Schultypenspezifische Lehrämter sind in einem inklusiven Bildungssystem fehl am Platz.“ Stattdessen müsse es Angebote in allen stufenbezogenen Lehrämtern geben, zur Professionalisierung für inklusive Bildung sowie für zusätzliche Kompetenzen wie beispielsweise Mehrsprachigkeit, Behinderung und weitere. Dass dies funktioniere zeige das Nachbarland Österreich. In Studienstätten wie Bielefeld oder Berlin könne man vorbildlich das Grundschullehramt oder Sekundarstufenlehramt parallel zum Sonderpädagogiklehramt studieren, die Studienstrukturen seien zusammengeführt worden. „Ein solches Ausbildungssystem ist zukunftsfähig und inklusionsfähig.“


fyyd: Podcast Search Engine
share








 March 2, 2023  37m