Christoph predigt

Predigten von Pfarrer Christoph Fischer, Gäufelden

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Gottes Kinder


Gnade mit euch und Friede von Gott, dem Vater, und von Jesus Christus, unserem Herrn!

Geliebte Gottes in Gäufelden,

"Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder." (Römer 8,14) Dieser Wochenspruch nach dem evangelischen Kalender, aus dem 8. Kapitel von Paulus' Brief an die Gemeinde in Rom, soll uns heute beschäftigen. Ein Brief, oder zumindest ein Briefausschnitt, nach Gäufelden, sozusagen -- und jetzt, am Anfang eines neuen Jahres und direkt vor dem Neujahrsempfang der bürgerlichen Gemeinde, vielleicht auch ein Hinweis darauf, wie wir dieses neue Jahr in Gäufelden möglicherweise miteinander gestalten könnten.

Römer 8, Vers 14 also: "Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder."

Ich muss zugeben, in der Lutherübersetzung schmeckt mir der Vers auf den ersten Blick gar nicht. "Getrieben" fühle ich mich sowieso schon oft genug. Man kommt ja gar nicht mehr zur Ruhe. Ständig neue Aufreger. Corona, Ukrainekrieg, Energiekrise, Inflation, Heizungsgesetz, Klimawandel, Agrarsubventionen, und so weiter. Wir kommen aus dem Aufregungsmodus ja gar nicht mehr heraus. "Ständig treibt jemand eine neue Sau durchs Dorf", sagt man umgangssprachlich und während wir in Dauerschnappatmung leben, fragt man sich schon immer wieder leise, ob es wirklich nur sprichwörtliche Schweine sind, die hier getrieben sind oder ob am Ende nicht gar einfach wir die Getriebenen sind. Und die Antreiber? Da könnte man jetzt natürlich verschwörungsmythisch irgendwelche "Anderen", irgendwelche Kräfte von außen oder "die da oben" vermuten--wo auch immer "da oben" ist. Hoffentlich nicht im Gäufeldener Rathaus? Doch wenn man stattdessen nüchtern und ehrlich hinschaut, dann wird man wohl eingestehen wissen, dass wir da alle munter mitmischen bei diesem Treiben. Dass sich die Aufregung oft gegenseitig hochschaukelt. Und dass niemand von uns ganz selbstlos ohne eigene Interessen unterwegs ist.

Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.

Nun also auch Gott? Kommt zu allem dem, was uns eh schon umtreibt, jetzt auch noch Gott als interessierte Partei dazu? Sollen wir uns jetzt auch noch vor seinen Karren spannen lassen? Oder zumindest vor einen kirchlichen, der von sich behauptet, in Gottes Namen unterwegs zu sein? Ist Gott am Ende gar auch nur ein unbarmherziger Treiber, dem es um nichts anderes geht, als seine eigenen Anliegen durchzusetzen?

Welche der Geist Gottes treibt...

Bevor mein eh schon erhöhter Blutdruck nun in ganz ungemütliche Regionen steigt, tue ich sicher gut daran, wenigstens erst einmal nachzufragen, was der Geist Gottes denn genau so treibt. Und dazu reicht es schlicht und ergreifend aus, weiterzulesen. Eine Taktik, die ich übrigens für alle Ein-Satz-Aufreger empfehlen kann: Einfach mal versuchen, den Zusammenhang zu erfassen. Der hört sich an dieser Stelle so an:

Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, sodass ihr immer noch Furcht haben müsstet, sondern ihr habt den Geist der Kindschaft empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater! Der Geist selber bezeugt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.

Aha! Das ist also das Anliegen Gottes: Dass wir seine Kinder sind. Dass wir einfach zu ihm kommen können, wie ein Kind zu einem liebenden Elternteil. Dass wir bei ihm angenommen sind. Geliebt.

Mein Atem entspannt sich. Der Blutdruck sinkt. Der Puls wird normaler. Das klingt ja gar nicht so schlimm.

Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.

Gottes Kinder.

Da ist einer, der wird sich in Kürze ganz besonders der Sache Gottes widmen. Sein ganzes Leben wird er Gott zur Verfügung stellen. Ganz, im wahrsten Sinne des Wortes, bis zum Tod. Großartiges wird er tun für Gott. Einzigartiges.

Noch hat er nichts davon getan. Er war Kind, war Jugendlicher, ist zum Mann gereift. Noch hat er keine Leistung vorzuweisen. Noch gibt es keine großen Heldentaten zu erzählen. Genau da kommt der Geist Gottes zu ihm. Genau da hört er diese Worte: "Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe."

Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.

Geliebte Gottes in Gäufelden,

schaut, Gottes Kinder zu sein ist nicht das Ende, nicht die Belohnung für die, die sich von Gottes Geist zu irgendwelchen Leistungen antreiben lassen haben. Gottes Kind zu sein, das ist der Anfang. Die Grundlage. Und ein Herzensanliegen Gottes.

Heute, hier, in dieser Halle, zu diesem Anlass am Anfang eines neuen Jahres, scheint es mir angemessen, ein paar ganz besondere Menschen zu würdigen, die heute hier sind. Hier bei uns sitzen nämlich Menschen, die Gott, als seine Kinder bezeichnet. Kennt ihr die? Leider habe ich keinen Spiegel dabei, sonst würde ich den durch die Reihen geben und ihr könntet mal reinschauen. Ihr seid das! Ihr seid Gottes Kinder! Ihr seid seine geliebten Menschen. Ihr seid die, denen er in der Taufe schon -- vor aller Leistung -- zugesagt hat: Du gehörst zu mir. Du bist Teil meiner Familie. Ich werde immer bei dir sein. Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter, an der ich Wohlgefallen habe.

Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.

Wir. Gottes Kinder.

Und jetzt, liebe Gotteskinder, stellt euch mit mir einmal vor, was das für 2024 bedeuten könnte--für Gäufelden. Stellt euch vor, wir gehen an die Herausforderungen, die das Jahr mit sich bringen könnte, so heran: als Gottes geliebte Kinder. Stellt euch vor, wir nicht erst etwas leisten: Wir sind Gottes Kinder. Stellt euch vor, wir müssen nicht erst irgendetwas beweisen: Wir sind Gottes Kinder. Stellt euch vor, wir müssen uns nicht erst einen Namen machen, ein Standing erarbeiten, eine Meinung vertreten, einen wie auch immer gearteten Sieg erringen: Wir sind Gottes Kinder.

Ich könnte mir vorstellen, dass uns das gelassen macht, mitten in all den Aufregern. Dass uns das genau die Ruhe verschafft, die wir brauchen, um besonnen und offen und liebevoll an die Dinge heranzugehen--ganz im Sinn der Jahreslosung: "Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe." (1. Korinther 16,14).

Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.

Was treibt er denn dann, in Gäufelden, 2024, dieser Geist Gottes? Wohin will er uns, Gottes Kinder, denn mitnehmen? Wofür will er uns, ganz wörtlich, "begeistern"? (Ich mag ja das Reden vom "treiben" immer noch nicht und deshalb scheint es mir, gerade im ökumenischen Gottesdienst, angemessen, auf die Einheitsübersetzung zu hören: "Denn die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Kinder Gottes.")

Die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Kinder Gottes.

Jetzt stellt euch vor eurem inneren Auge mit mir einmal vor, wie das aussehen könnte: Wenn wir alle, angefangen vom Bürgermeister, 2024 hier in Gäufelden, auch in allen Aufregern, zuerst auf Gottes Geist und seine Richtung achten. Wo wird uns das wohl hinführen?

Die Antwort auf diese Frage kann kein Pfarrer am 7. Januar geben. Das wäre wohl auch verdächtig. Nein, es gibt keine vorgefertigte Antwort. "Sich leiten lassen" heißt ja gerade, mit offenen Augen und im Vertrauen auf seine Richtung vorwärts zu gehen. Als Gottes geliebte Kinder wissen wir nämlich: Sein Weg ist gut. Den können wir gelassen gehen. Vertrauend. Glaubend. Und mit der Gewissheit -- für uns, für Gäufelden, und für die Welt: Wir haben Hoffnung. (Die Evangelischen dachten sich schon, dass das jetzt irgendwann noch kommt.)

Die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Kinder Gottes. Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, sodass ihr immer noch Furcht haben müsstet, sondern ihr habt den Geist der Kindschaft empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater! Der Geist selber bezeugt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. Sind wir aber Kinder, dann auch Erben; Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir mit ihm leiden, um mit ihm auch verherrlicht zu werden. (Römer 8,14-17 EIN)

Amen.




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 January 7, 2024  9m