Helfried Carl im Gespräch mit Karolina Wigura POSTTRAUMATISCHE SOUVERÄNITÄT
Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist die alte mitteleuropäische Angst zurück: Opfer der Großmächte zu werden. Anders als in Deutschland, von dessen Boden zwei Weltkriege ausgegangen sind, gab es in Warschau, Tallinn und anderswo kein Zögern. Nur wer selbst angegriffen und, wie Polen, sogar einmal ganz von der Landkarte getilgt wurde, versteht, dass militärische Selbstverteidigung gerechtfertigt ist. In ihrem luziden Essay beschreiben Karolina Wigura, Ideenhistorikerin, und Jarolaw Kuisz, Politikwissenschaftler, wie der heutige Krieg historische Traumata reaktiviert; warum Warschau eine Führungsrolle in der europäischen Verteidigungspolitik übernimmt, obwohl die Regierungspartei PiS die EU als Bedrohung der eigenen Souveränität beschwört.
Karolina Wigura ist Ideenhistorikerin, Soziologin und Journalistin, sowie Mitglied des Verwaltungsrats der Stiftung Kultura Liberalna mit Sitz in Warschau, die eines der führenden Online-Wochenmagazine in Polen herausgibt; Senior Fellow des Zentrums für die Liberale Moderne mit Sitz in Berlin. Sie arbeitet als Assistenzprofessorin am Fachbereich für Soziologie der Universität Warschau. Gemeinsam mit Jaroslaw Kruisz hat sie bei Suhrkamp das Buch „Posttraumatische Souveränität“ veröffentlicht.
Helfried Carl, Diplomat, Partner des 2019 von ihm itbegründeten Innovation in Politics Institute in Wien. Von 2014-2019 war er Botschafter Österreichs in der Slowakischen Republik, davor, von 2008-2014, Büroleiter und außenpolitischer Berater von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer.