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episode 44: EGL044 Skat: ein leidenschaftlicher Lobgesang an das erfolgreichste Spiel der Deutschen

[transcript]


„Wenn man nicht ernst spielt, macht es keinen Spaß.“ Loriot, 1977

Flo hat ein Thema mitgebracht, das ihn schon seit seiner frühsten Jugend begleitet. Täglich gab er sich dieser Leidenschaft auf der letzten Bank im Schulbus zusammen mit zwei anderen Mitschülern hin: Skat! Um das Thema dieser Episode einzuführen, singt Flo sogar eine Ode an den Skat. Skat ist ein urdeutsches Spiel und wurde 2016 von der UNESCO in das immaterielle Kulturerbe aufgenommen. Schätzungsweise spielen 20 - 25 Millionen Deutsche Skat. Damit ist Skat als Sport verbreiteter als Fußball. Das Spiel „Skat“ wurde das erste Mal 1813 in einer Spielkladde von Hans Karl Leopold von der Gabelentz erwähnt. Skat wurde in einem Altenburger Spielzirkel erfunden, es leitete sich aus den Spielen Wendischen Schafkopf, L’hombre und dem Tarock ab. Das Spiel verbreitete sich zunächst unter Studenten an den mitteldeutschen Universitäten und dann durch alle sozialen Schichten im ganzen Land. Als aus den zersplitterten Teilen des Heiligen Römischen Reich deutscher Nation das Deutsche Reich gegründet wurde, bestand auch im Skat das Bedürfnis die Regeln zu vereinheitlichen. Dazu trug der erste Deutsche Skatkongress im Jahre 1886 bei. Skat spielte also eine wesentliche Rolle im "Nationbuilding". Auch während des 1. Weltkrieges fiel Skat eine zentrale Bedeutung zu: die Soldaten vertrieben sich die Zeit im sogenannten "Schützengrabenskat". Die Spielkartenindustrie wurde zur kriegswichtigen Industrie erklärt. Hierbei setzte sich auch das Zahlenreizen gegenüber dem Altenburger Farbreizen durch. Während wir der Geschichte des Skats nachgehen, begegnen wir den großen historischen Sehenswürdigkeiten Berlins: wir laufen von der Jannowitzbrücke über die Fischerinsel ins Nikolaiviertel. Wir streifen dabei die historische Grenze zwischen Berlin und Cölln und spekulieren über die Genese des Nikolaiviertels. Wir schreiten über den Schlüterhof durch das Humboldtforum und flanieren im Lustgarten am Dom vorbei zur Alten Nationalgalerie. Teilweise schlürfen wir über das Pflaster, weil es witterungsbedingt sehr glatt ist und Micz einen weiteren Rippenbruch vermeiden möchte. Als wir die Friedrichsbrücke queren, erzählt Flo von seinen Vorlesungen mit Raucherpause bei Friedrich Kittler in der Theologischen Fakultät, die direkt an der Ecke zum Dom liegt. Schließlich landen wir im Mombijoupark, wo Micz im Stegreif aus dem Kopf das Reizen mit Spitzen erklären kann. Micz gibt auch den klassischen Sketch von Loriot zum Skatspiel zum Besten; Loriot ist in ähnlicher Weise mit der deutschen Seele verankert wie das Skatspielen. Wie ist Flo auf das Thema gekommen? Er hat zwischen den Jahren den 37. Chaos Communication Congress in Hamburg besucht und am 1. Skatturnier des Congresses teilgenommen. Das Turnier mit einleitendem Vortrag wurde von Segal organisiert. Segal hat auch seine Folien zur Verfügung gestellt, die wir hier referenzieren. Vielen Dank dafür!

Shownotes

  • Link zur Laufroute
  • EGL044 | Wanderung | Komoot
  • Links zur Episode
  • Fischerinsel (Berlin) – Wikipedia
  • Nikolaiviertel – Wikipedia
  • 1. Congress Skatturnier
  • 37C3 landingpage unlocked
  • Skat - Vortrag zum 37c3 von segal (ODP)
  • segal (@segal@chaos.social) - chaos.social
  • 1. Congress Skatturnier - Bericht
  • Skat – Wikipedia
  • Spiel mit perfekter Information – Wikipedia
  • Spielkarte – Wikipedia
  • Deutscher Skatverband – DSkV
  • https://dskv.de/app/uploads/sites/43/2022/11/ISkO-2022.pdf
  • Knoblauchhaus – Wikipedia
  • Wendischer Schafkopf – Wikipedia
  • Geschichte des Skatspiels – Wikipedia
  • Internationales Skatgericht – Wikipedia
  • Geschichte des DSkV – Deutscher Skatverband
  • L’Hombre – Wikipedia
  • Tarock – Wikipedia
  • Altenburg – Wikipedia
  • Altenburger Farbenreizen – Wikipedia
  • Residenzschloss, Schloss- und Spielkartenmuseum Altenburg
  • Stadt Altenburg - Warum ist Altenburg die Skatstadt?
  • Heiliges Römisches Reich – Wikipedia
  • Grand Hand - Fachgeschäft für Spielkarten und Schachspiele
  • Skataufgabe (Die Gartenlaube 1889/31) – Wikisource
  • Skataufgabe
  • Stadt Altenburg - Skatverband und Skatgericht
  • Die Geschichte der Spielkarte – ASS Altenburger Spielkarten
  • Gut Blatt
  • Die Geschichte des Skatspiels
  • Kriegsspiele – Wikipedia
  • Gesellschaftsspiele im Ersten Weltkrieg Diplomarbeit - unipub
  • Kartenspiel: In den Weltkriegen galt Skat als kriegswichtig - WELT
  • Deutsche Kriegs-Spielkarte :: Kreismuseum Grimma :: museum-digital:deutschland
  • Deutsche Kriegs-Spielkarte :: Kreismuseum Grimma :: Resource
  • Ist Skat ein Glücksspiel?
  • Die Geschichte des Skatspiels kompakt - Spielkarten
  • Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe | Deutsche UNESCO-Kommission
  • Friedrich Kittler – Wikipedia
  • Internationale Skatordnung – Skatgericht
  • Spielkarte – Wikipedia
  • Skat (Loriot) – Wikipedia

Mitwirkende

  • Florian Clauß (Erzähler)
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  • Micz Flor
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Scat, du bist die große Kette / Die die Spielerwelt umfängt / Sieh, wie Alles um die Wette / Sich zu deinen Freuden drängt / Deinem Zauber weicht die Mauer / Die der Castengeist ersann / Scat spielt Pastor mit dem Bauer / Bürger mit dem Edelmann.

Nach der Melodie von „Freude schöner Götterfunken“

Die Geschichte des Skats reicht bis in die Zeit der Napoleonischen Kriege zurück. Das Spiel entstand zwischen 1810 und 1818 in Altenburg und ist eng mit dem dortigen Kartenmacher-Gewerbe verbunden. Der erste schriftliche Nachweis stammt aus dem Jahr 1813. Seitdem hat Skat eine bewegte Entwicklung durchgemacht und wurde zu einem Kulturgut, das alle Gesellschaftsschichten vereint. Skat hat sogar eine internationale Anerkennung als immaterielles Weltkulturerbe durch die UNESCO erfahren.

Was ist Skat?

Skat ist ein anspruchsvolles Kartenspiel für drei Personen, das strategische Elemente und Glückselemente vereint. Es wird mit einem Blatt aus 32 Karten gespielt, wobei jeder Spieler zehn Karten erhält, und die übrigen zwei Karten bilden den sogenannten Skat. Durch das Reizen wird der Alleinspieler bestimmt, der gegen die beiden Mitspieler (Gegenpartei) antritt. Ziel ist es, durch geschicktes Spielen und Stiche sammeln, den Reizwert zu erreichen und somit zu gewinnen.

Geschichte des Skats

Eintrag in der Spielkladde von Hans Karl Leopold von der Gabelentz. „L’hombre-Buch 1798-1829“ im Privatarchiv der Familie von der Gabelentz, Thüringer Hauptstaatsarchiv, Außenstelle Altenburg

Die Ursprünge des Skatspiels gehen auf die Zeit der Napoleonischen Kriege zurück. Es entwickelte sich zwischen 1810 und 1818 in Altenburg und ist eng mit dem dortigen Kartenmacher-Gewerbe verbunden. Die erste schriftliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1813. In den folgenden Jahrzehnten gewann das Skatspiel an Beliebtheit und verbreitete sich in Universitätsstädten, besonders in Sachsen und Thüringen. Die Einigung auf einheitliche Regeln begann erst nach der Reichsgründung 1871.

Karl Buhle legte 1885 mit seinem Buch den Grundstein für die erste einheitliche Skatordnung. Der Erste Deutsche Skatkongress fand 1886 statt, aber die Einigung bezüglich Farben- oder Zahlenreiz blieb aus. In den 1930er Jahren brachte das nationalsozialistische Regime restriktive Maßnahmen gegenüber jüdischen Skatspielern und die Vermeidung nicht-deutscher Begriffe im Spiel mit sich.

Während des Ersten Weltkriegs erlebte Skat im Schützengraben eine Ausbreitung und diente als beliebte Abwechslung für die Soldaten. Nach dem Krieg wurde 1927 das Deutsche Skatgericht gegründet und entschied zugunsten des Zahlenreizens. Die Zeit bis 1880 wurde als „Verwilderung des Skatspiels“ beschrieben, aber Karl Buhle schuf mit seiner Skataufgabenreihe in der „Gartenlaube“ eine Grundlage für die einheitliche Skatordnung.

1932 wurden auf dem 13. Skatkongress in Halle a.d. Saale verschiedene Regeländerungen beschlossen, darunter die Festlegung der Punktwerte für Nullspiele. In den späten 1930er Jahren wurden Juden die Teilnahme am Skatspiel strikt verboten. Der Zweite Weltkrieg rückte das Skatspiel vorerst in den Hintergrund.

Nach dem Krieg, 1951, wurde Skat offiziell als Geschicklichkeitsspiel anerkannt. In den 1990er Jahren erlebte Skat eine digitale Revolution mit BTX-Skat und den ersten Internet-Plattformen. Im Jahr 1998 wurde die Internationale Skatordnung eingeführt, um die Differenzen zwischen verschiedenen Skatorganisationen zu beenden. Die UNESCO erkannte Skat 2016 als immaterielles Weltkulturerbe an.

2022 wurde die Internationale Skatordnung erneut geändert, um klare Regeln für offene Spiele zu schaffen.

Regeln

Skat wird mit einem 32-Karten-Blatt gespielt, das in vier Farben unterteilt ist: Kreuz, Pik, Herz, und Karo. Jeder Spieler erhält zehn Karten, und der Skat bleibt zunächst verdeckt liegen. Das Reizen bestimmt den Alleinspieler, der gegen die Gegenpartei spielt. Das Ziel des Spiels ist es, als Alleinspieler genügend Stiche zu bekommen, um mind. 61 Punkte zu erreichen.

Die Wertung erfolgt durch Punkte, die den einzelnen Karten zugeordnet sind. Nach dem Ausspiel der Stiche erfolgt die Auswertung, und es wird ermittelt, welche Partei gewonnen hat.

Es gibt verschiedene Spielarten, darunter das Farbspiel, Grand, Null, und Ramsch. Jede Spielart hat ihre eigenen Regeln und Anforderungen.

Varianten

Es gibt zahlreiche regionale und lokale Varianten des Skatspiels. Einige sind traditionell und haben sich über die Jahre entwickelt, während andere von Skatspielern für Abwechslung geschaffen wurden. Einige bekannte Varianten sind „Ramsch“, „Offiziersskat“, „Revolutions-Skat“, und „Bauernskat“. Diese Varianten unterscheiden sich in den Regeln, dem Blatt, und den taktischen Elementen.

Skat und Kultur

Skat hat nicht nur als Spiel, sondern auch als Kulturgut eine große Bedeutung. Es ist in Kunst, Literatur, und Musik präsent. Die UNESCO hat Skat als immaterielles Weltkulturerbe anerkannt. Loriot brachte mit dem Zitat „Wenn man nicht ernst spielt, macht es keinen Spaß“ einen humorvollen Aspekt ins Spiel.

Skat hat im Laufe der Jahrhunderte eine faszinierende Entwicklung durchlaufen, von den Napoleonischen Kriegen bis zur digitalen Revolution. Es ist nicht nur ein beliebtes Kartenspiel, sondern auch ein wichtiger Bestandteil der Kultur. Mit einer reichen Geschichte, klaren Regeln und vielfältigen Varianten bleibt Skat ein zeitloses und anspruchsvolles Spiel.


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 February 1, 2024  1h12m