Familienepos mit Thrillerpotential
Was passiert, wenn einer Familie der Zusammenhalt abhanden kommt, der Glaube daran, dass man füreinander einsteht und dass die anderen einem helfen können, wenn es schlimm kommt? „The bee sting“, so heißt der Roman im englischen Original. Sting bedeutet auch brennender Schmerz und schmerzliche Niederlage und davon gibt es wahrlich genug bei allen vier Mitgliedern der Familie Barnes. Paul Murray: Der Stich der Biene, Antje Kunstmann Verlag, 700 S., 30 € Hier gibts das Buch zu kaufen Die Barnes sind Nachbarn, über die man sich ziemlich schnell Sorgen macht. Manchmal lässt der Autor es so aussehen, als würden sie sich nur immer tiefer ins Schlamassel hineinreiten, manchmal witterte ich sogar Verbrechen, eine Entführung oder sogar Mord und manchmal deuteten sich bei allen vier Familienmitgliedern so dramatische Entwicklungen an, dass ich eine kurze Atempause brauchte. Paul Murray ist ein Meister der Entfaltung von Beinahe-Katastrophen, etwa wenn PJ einen Chat beginnt, der bald verdächtig nach Cybergrooming riecht, also der online-Anbahnung von Kindesmissbrauch. Manche Spuren verdichten sich, manche lässt der Autor in letzter Sekunde kalt werden. Am Ende steht ein klassischer Showdown, zu dem sich die ganze Familie wieder an einem Ort einfindet, obwohl alle eigentlich ganz woanders sein wollten. Waffen sind auch im Spiel, aber - es ist ein Familienroman und das letzte Wort heißt „Liebe“.