ERF Plus - Wort zum Tag

Die tägliche, alltagstaugliche Auslegung eines Bibelverses aus der „Losung“ oder den „Lehrtexten“ der Herrnhuter Brüdergemeine.

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Im Paradies ankommen


Es gibt Zeiten, da wird mir einfach alles zu viel. Wenn zu viele Menschen zu unterschiedliche Sachen von mir wollen und das möglichst auch noch sofort, dann geht irgendwann gar nichts mehr. Manchmal hilft dann nur noch, an der Reißleine zu ziehen. Dann schalte ich z.B. den Anrufbeantworter ein, der mir hilft, die Anrufe in der Reihenfolge abzuarbeiten, wie es nötig und mir möglich ist. Alles andere wird dann Punkt für Punkt erledigt.

In solchen Momenten der Überforderung wünsche ich mich auf eine einsame Insel ohne Telefon, Internet und TV. Das kennen Sie sicher auch!

Wenn diese Phasen der Anspannung überhandnehmen, kann es leichter als sonst geschehen, dass ich aus der Haut fahre und unsachlich werde. Die Haut ist dünn geworden und es können verletzende Worte über die Lippen kommen, was ich gar nicht will.

Während ich solche Situationen vor Augen habe, frage ich mich: 

Wie hat es nur Jesus geschafft, nicht ebenso zu reagieren, als er am Kreuz hing und dann noch von den beiden anderen Gekreuzigten angesprochen wurde?

Hatte Jesus in dem Moment nicht wirklich selbst genug zu verarbeiten?

Seine besten Freunde hatten geschlafen, anstatt sich dem Gebetskampf zu stellen, um den er sie gebeten hatte. 

Als Judas ihn suchte, ging er ihm entgegen. Nicht Judas fand Jesus, Jesus fand seinen Verräter. Doch seine Jünger konnten mit dem Verrat nicht umgehen. 

Petrus schlug einem Mann das Ohr ab. Jesus heilte es, ohne eine Moralpredigt zu halten.

Danach verschwanden sie alle, bis auf Johannes und Petrus. Doch der Fels, auf den Jesus seine Gemeinde bauen wollte - so hatte er es Petrus gesagt -, war gerade jetzt kein Fels in der Brandung. Dreimal leugnete er, Jesus zu kennen. Als der Hahn krähte, verschwand auch er.

Jesus war allein. Ganz allein in den Händen derer, die ihn schon lange umbringen wollten und Dank kunstvoll gestreuter Fakenews die Masse gegen ihn in Stimmung gebracht hatten.

Eine Situation, bei der man aus der Haut fahren könnte. So eine bodenlose Ungerechtigkeit. So eine Gemeinheit, so eine Hilflosigkeit - kein Mensch könnte das aushalten.

Diese Vorstellung reicht, um mir die Kehle zuzuschnüren. Doch es ging noch weiter:

Eine Krone aus langen, spitzen Dornen wurde Jesus auf den Kopf gedrückt und man verhöhnte ihn als König. Man schlug ihn willkürlich und am Ende wurden seine Hände und Füße auf Holz genagelt. So hing er, geplagt von wahnsinnigen Schmerzen am Kreuz, neben zwei anderen, die dort auch hingen.

Einer dieser Todgeweihten lästerte selbst hier noch über Jesus: „Hilf dir und uns, wenn du nicht nur leere Worte gemacht hast!“ 

Es ist so unvorstellbar, was Jesus alles ausgehalten hat, ohne aus der Haut zu fahren. Eine unerträgliche Fülle an körperlichen und seelischen Grausamkeiten ertrug er, um am Ende zu sagen: „Vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“.

Jesus hat keine Reißleine gezogen, hat sich nicht von seinen Engeln retten lassen. 

Er tat das alles, um dem dritten Gekreuzigten sagen zu können, wie wir es im Lukasevangelium, Kapitel 23, Vers 43 nachlesen können: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein.

Dieser dritte Mann am Kreuz hat begriffen: Wir gehören hier hin, Jesus nicht. Mit seinem Wunsch „Jesus, denke an mich, wenn du in deinem Zuhause, im Himmel bist!“ hat er sein ganzes Vertrauen auf Jesus, seinen Glauben zum Ausdruck gebracht. Es war sein Bekenntnis zu Jesus. Ein Bekenntnis, das ihm die Tür zur himmlischen Ewigkeit öffnete.

„Heute wirst du mit mir im Paradies, in der Ewigkeit sein“ - das waren Worte der Liebe. Einer Liebe, die Gott in Jesus allen Menschen demonstriert hat. Eine Liebe, die übermenschliches Leiden ausgehalten und ertragen hat.

Vielleicht war es sogar der schönste Moment im Sterben Jesu. Er starb aus Liebe, um Menschen retten zu können. Und in diesem Sterben ließ sich der Erste bereits retten.

Ganz sicher weiß ich, dass jeder, der seine ganze Hoffnung auf Jesus setzt und ihm sein Leben anvertraut, von Jesus diese Worte hören wird: „Du wirst mit mir im Paradies sein!“

Autor: Prediger Walter Undt

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