Wer jetzt? Demokratie im 21. Jhd.

Wir reden über die Zukunft der Demokratie. "Wer jetzt?" ist der Podcast fürs Praktische. Mit und über Menschen, die an der Weiterentwicklung und Förderung unserer Demokratie arbeiten, und unser politisches System von innen oder außen verändern. Philipp Weritz als Gastgeber interviewt Menschen aus Politik, Wissenschaft, Medien, Zivilgesellschaft und mehr in 30-40 Minuten Folgen über Ideen und Projekte, wie Demokratie morgen aussehen kann.

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episode 20: Europa ohne EU mit Robert Marschall


Im Rahmen des Europaschwerpunkts soll auch ein EU-Kritiker zu Wort kommen. Robert Marschall ist Gründer und Vorsitzender der EU-Austrittspartei. Wie soll Österreich ohne die EU nach vorne kommen? Darüber hinaus ist Marschall ein großer Verfechter von (mehr) direkter Demokratie: Was hat er aus acht initiierten Volksbegehren gelernt? Ein Gespräch über die Freude und Vorbildwirkung des Brexits und mehr Demokratie. Hier lesen Sie drei Stichpunkte aus dem Gespräch: Gute Ideen und schlechte Umsetzung Robert Marschall war nicht immer ein erbitterter Kämpfer gegen die Europäische Union. Bei der Volksabstimmung im Jahr 1994 über einen Beitritt Österreichs stimmte er dafür: „Hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen, auch die Idee eines großen und geeinten Europas wurde uns sehr nett verkauft“. Der Bruch kam langsam, nachdem immer mehr Versprechungen gebrochen wurden. Das begann mit der Abschaffung des Schillings, ging weiter mit „scheinbarer Neutralität“ und war komplett mit der Zustimmung zur ESM-Haftung. 2011 gründete Marschall die EU-Austrittspartei. Marschall spricht immer wieder von der Wichtigkeit des Rechtsstaats als Grund. „Wenn sich Länder nicht an Gesetze halten, wozu sind wir dann überhaupt in der Union?“ Das gelte für gebrochene Maastricht-Kriterien, die u.a. Schuldenstand und Haushaltsdefizit von EU-Ländern regeln, genauso wie für den Dublin III Vertrag. Dass die Gesetzgebung im Fall der Flüchtlingswelle 2015 nicht schnell genug handeln konnte, zählt für ihn nicht: „Entweder wir passen die Gesetze an, oder wir halten uns daran“. Schweiz28 statt EU28 Es darf aber nicht beim Schimpfen bleiben, meint Marschall. „Mir schwebt ein Europa der souveränen Nationen vor. Wie macht das die Schweiz? Die verhandelt auch allein mit China“. Seine Vision geht stark von selbstbestimmenden Staaten in politischen Fragen aus, und nur einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik. „Raus aus der EU, aber im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bleiben“, schlägt er vor. Zwar sei es ihm egal, was die Union ohne Österreich tue, langfristig sieht er aber eine geplante und schrittweise Auflösung als zielführend an. Vor der eigenen Tür kehren Österreich müsse im Zuge eines EU-Austritts aber die eigene Demokratie stärken. Auch hier schwebt ihm wieder die Schweiz als Beispiel vor: „Wir müssen ja nichts neu erfinden, wir sehen wie gut das in der Schweiz funktioniert. Vierteljährliche Abstimmungen als Gegengewicht zum Parlament. Wobei ich für Österreich schon mit jährlichen Abstimmungen zufrieden wäre“. Die direkte Demokratie liegt ihm am Herzen: Im März 2019 ging sein Volksbegehren für verbindliche Volksbegehren zu Ende, mit gut 28.000 Unterschriften. Nach Abfuhren für große Volksbegehren wie Don’t Smoke mit knapp 900.000 ein aussichtloses Unterfangen. „Wie soll man die Menschen davon überzeugen, wenn diese Bundesregierung außer Wirtschaft fördern nichts tut?“ Wieso er trotzdem weitermacht? „Was gibt es für Alternativen?“. Lehren aus acht Volksbegehren Insgesamt acht Volksbegehren hat er initiiert und folgende Dinge daraus gelernt: 1. Es braucht einen guten Zeitplan. Zwei Kalenderjahre hat man Zeit um zu sammeln. Die Anfangsphase ist laut ihm entscheidend für einen Erfolg. 2. Die Themenlage und öffentliche Meinung nicht unterschätzen. Im Zuge der Klimakrise sieht er hier eine gute Ausgangsposition für „weniger Fluglärm, weg mit der dritten Piste und mehr Klimaschutz“. 3. Die Rolle der Medien sieht er kritisch: „Zur Pressekonferenz für die ersten beiden VB ist kein einziger Journalist erschienen!“. Viele Menschen auf der Straße haben sich beschwert, dass sie nichts im Fernsehen oder in der Zeitung davon gehört hätten. Soll es eine Berichterstattungspflicht geben? Von Pflicht hält Marschall wenig, aber es muss einen Weg geben, Aufmerksamkeit auf Initiativen aus der Bevölkerung zu lenken ohne große Budgets.


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 April 19, 2019  33m