15 Jahre alt war Marceline Loridan-Ivens, als sie 1944 zusammen mit ihrem Vater nach Auschwitz deportiert wurde. Sie überlebte das Konzentrationslager, er nicht. Als er umkommt, hört sie auf zu wachsen. In diesem Porträt blickt die Filmerin als 90-jährige Frau zurück auf ihr Leben und mutiges Werk. Im Mai 2019 wurde auf einem Quai an der Seine, im Pariser Quartier Saint-Germain-des-Prés, ein neuer Platz feierlich eingeweiht, der an eine bekannte Unbekannte, an die französische Filmemacherin, Schriftstellerin und Auschwitz-Überlebende Marceline Loridan-Ivens (1928–2018) erinnert. «Sind Sie glücklich?» Mit dieser Frage und ihrer Beteiligung am legendären Dokumentarfilm «Chronique d’un été» (1961) schreibt sich Loridan-Ivens bereits als junge Frau in die französische Filmgeschichte ein. Während ihre Freunde in Pariser Cafés noch endlos über Frankreichs Beteiligung im Algerienkrieg debattieren, organisiert sie eine Kamera und dreht 1962 in den Strassen Algiers ihren ersten Film. Wenig später geht sie mit dem holländischen Film-Revolutionär Joris Ivens, ihrem zweiten Mann und grossen Liebe, mit der Kamera an die Front in den Vietnamkrieg und später nach China. Nur in der eigenen politischen Exponiertheit fand sie für sich, wie es scheint, eine gültige Daseinsberechtigung nach Auschwitz. Wie soll sie, die überlebt hat, weiterleben, wenn doch der Vater ermordet wurde? Cordelia Dvoráks international an zahlreichen Festivals gezeigte Dokfilm «Marceline Loridan-Ivens – Eine Frau. Ein Jahrhundert» (2018), den die Sternstunde Kunst ko-produziert hat, zeichnet das Porträt einer aussergewöhnlichen und furchtlosen Frau. Eine Wiederholung vom 16. Juni 2019.