Minutes Before Sunrise

Zwei Menschen. Eine Stadt. Einhunderteins Minuten. Richard Linklaters berühmteste Liebesgeschichte, Minute pro Minute besprochen.

https://minutesbefore.ch

subscribe
share






episode 28: Wind


In der 28. Minute versuchen Jesse und Celine, sich nicht anzusehen.

Gast: Kath Bloom, eine amerikanische Singer-Songwriterin, die das Lied aus der Hörkabine geschrieben hat.

Übersetzung Interview mit Kath Bloom

Mein Name ist Kath Bloom, eigentlich Kath Bloom Bronski, aber als Singer-Songwriterin kennt man mich als Kath Bloom.

Wie würdest du die Musik beschreiben, die du machst?

Ich singe Harmonien und spiele die Harmonika mit anderen Menschen, und etwa 90% der Musik, die ich spiele sind meine eigenen Kompositionen. Während 20 Jahren habe ich vor allem komponiert, einfach bloss geschrieben, geschrieben, und ich habe immer noch sehr viele Songs, die nicht aufgenommen wurden. Ich spiele in einem Trio, das ich sehr liebe. Wir spielen sehr oft, und ich konnte auch schon nach Europa für Auftritte – aber in erster Linie bin ich Songtexterin.

Während deiner Karriere hast du über 20 Alben mit über 150 Songs veröffentlicht…

Ach, ich weiss nicht, wie viele es sind – ich konzentriere mich immer darauf, was als nächstes kommt. Ich habe mit vielen verschiedenen Leuten zusammengearbeitet, aber heute widme ich mein Leben vor allem, aufzutreten. Ich habe das füher nicht genug getan, habe es zu wenig genossen und wollte vor allem schreiben. Heute will ich für Menschen spielen. Und was mich verändert hat, ist die musikalische Arbeit mit sehr jungen Kindern. Das ist mein Lebenswerk, ich glaube wirklich an die Kraft der Musik in unserem Leben, und wenn ein Kind das früh genug mit auf den Weg bekommt, dann bleibt es.

Würdest du Musik als deine Hauptleidenschaft und -beschäftigung bezeichnen?

Ja. Ich habe lange Zeit Pferde dressiert, war Massagetherapeutin, habe mich hier und da um ältere Menschen gekümmert – und jetzt gehe ich selbst in diese Richtung – und so bin ich über die Runden gekommen. Aber auch durch Musik; ich bekomme Tantiemen, und wir treten viel auf. Das gefällt mir sehr.

Dein Lied “Come Here” kommt in “Before Sunrise” vor. Wann ist es ursprünglich erschienen?

Ich bin mir nicht sicher: 1982 oder 1983, veröffentlicht unter Chapter Music.

Du hast mich im Vorfeld gewarnt: Das ist fast 40 Jahre her, eine lange Zeit. Hast du noch eine Erinnerung daran, wie du das Lied geschrieben hast?

Ich habe keine Ahnung, wann ich “Come Here” geschrieben habe. Ich erinnere mich an ein paar der Songs, die ich damals schrieb. “It’s Fall Again” war mein erster Song, und immer noch einer meiner liebsten. Aber “Come Here”… vermutlich habe ich den auf dem Friedhof geschrieben, weil ich dort oft gesessen bin. Ich hatte eine Stelle dort, Laub rächen, Gräber auffrischen, und danach bin ich stundenlang dort geblieben und habe Gitarre gespielt.

Das ist faszinierend. War das damals deine übliche Art, Songs zu schreiben?

Ja, oder in einem Zimmer sitzend. Ich habe so viel geschrieben, und ich schreibe immer noch. An gewisse erinnere ich mich, aber so leid es mir tut – ich bin wirklich nicht an meine Songs gebunden. Die meisten meiner Lieder handeln von Sehnsucht, Angst oder Klärung. “Come Here” hingegen klingt wie ein positiver, starker Song. Was meinst du, ist er positiv?

Das finde ich schon. Für mich handelt er von Mut, Ehrlichkeit und der Aufforderung, eine Verbindung zu schaffen.

Ja, und ich glaube, die Brücke habe ich später eingebaut. Denn ursprünglich habe ich es mit Loren MazzaCane aufgenommen, und die Brücke –”I know that you’re timid…” – die habe ich später geschrieben.  Vermutlich in den frühen 90ern.

Was verbindest du heute mit diesem Song?

Nun, ich lebte damals in einem winzig kleinen Wohnwagen mit meinem Mann und zwei sehr kleinen Kindern am wortwörtlichen Ende der Welt. Und da bekam ich einen Anruf. Daraufhin ging ich nach Connecticut, um die Filmversion des Songs aufzunehmen, denn sie wollten eine bessere Aufnahme. Also bin ich dorthin gereist, und das hat viel Spass gemacht. Sie haben dann noch die Streicher hinzugefügt. Die Harmonika ist meines Wissens nicht in der Filmversion.

Hast du für die Filmversion auch die Gitarre gespielt?

Ja.

Wie würdest du die Person beschreiben, die das Lied singt. Bist du das, ist das jemand anderes?

Was meinst du damit? Das bin ich, ich singe nicht als andere Leute. Ich habe früher zwar viel Theater gespielt, aber als Liedtexterin übernimmt man viele Persönlichkeiten, und das Schreiben bringt sie alle zusammen. Und viele von uns, die sich selbst vermarkten, haben viele Seiten in ihrem Wesen. Das Leben ist kompliziert, aber durch die Musik wird es für mich einfach. Wenn ich singe, wenn ich schreibe, dann wird es einfach. Die Verwirrung entweicht in einer emotionalen Entladung. Meine Lieblingssängerin Billy Holiday, John Coltrane, Miles Davis haben mich genauso geprägt wie Bach und Beethoven.  Bob Dylan, Neil Yong – sie alle fliessen in die Komposition ein, denn du bist Teil von allem, dem du zuhörst.

Plötzlich war dieser Film mit deinem Song da. Was geschah danach?

Ich habe damals 8 Meilen entfernt von der nächsten geteerten Strasse gelebt. Glaub mir, ich war so weit weg von der Gesellschaft. Es war surreal, und ich habe den Film für eine lange Zeit nicht gesehen.

Was war deine Reaktion, dich selbst im Film spielen zu sehen?

Zu hören meinst du. Ich habe mich sehr geehrt gefühlt, und es hat sich irgenwie irreal angefühlt. Aber über die Zeit wurde es zu einer richtig wichtigen Liebesszene. Ich habe neulich wieder einen Artikel darüber gelesen, dass es ein Schlüsselmoment sei.

Es ist sehr subtil, was in dieser Szene geschieht. Es ist vor allem in der Nicht-Handlung, in der die Handlung geschieht.

Ja, und es ist erstauchlich, dass es funktioniert.

Was geschieht deiner Meinung nach in dieser Hörkabine?

Die “Grundvibration” dieses Songs ist Intimität, was auch immer Intimität für jedes Individuum ist. Ich glaube, es war eine Art von direkter Verbindung, die die zwei dort aufgebaut haben –vielleicht verbunden mit Peinlichkeit. Intimität ist schwierig für viele Menschen.

Ich dachte immer, dass der Song reflektiert, was Celine in dieser Szene zu sagen versucht.

Ach so, du willst, dass sie “Come Here” singt! (lacht) Nun, wenn ich mir den Song selbst vorsinge, dann würde ich sagen, dass darin eine Bitte um Verzeihung und eine Versöhnung mitschwingt. Darüber habe ich viel geschrieben, und manchmal war der Auslöser, dass ich mich für etwas geschämt habe, wofür ich verantwortlich war. Das steckt sicher in diesem Song drin. Ausserdem steckt darin eine gewisse Dringlichkeit, auf etwas zu reagieren, etwas zu tun.

Wie können unsere Zuhörende mehr über dich erfahren?

Im Frühling 2019 erscheint ein neues Album von mir, aber zu diesem Zeitpunkt kann ich dir noch nicht sagen, wie es heissen wird. Meine Website, kathbloom.com ist gerade in Überarbeitung. Was ich noch sagen wollte: Die Person, die meine Musik Richard Linklater empfohlen hat ist ein anderer Filmemacher: Caveh Zahedi. Er kam vor nicht allzu langer Zeit an eine meiner Shows, und ich bin richtig gut mit seiner Freundin ausgekommen.

Ganz herzlichen Dank für das Gespräch!


fyyd: Podcast Search Engine
share








 November 27, 2019  25m