Nur 25 Lebensjahre, davon sechs im Krieg. Zuvor zwei Jahre Arbeitsdienst und Wehrpflicht. Am Ende ein grausamer Tod. Nichts Ungewöhnliches, wenn man das Pech hatte, 1920 in Europa zur Welt zu kommen… Karl Friedrich Haring war Jochen Sauvants Großonkel. Er hat seinen Weg nachgezeichnet – sich in die geerbten Briefe und Fotos vertieft, Zeitzeugen befragt, in langen Nächten die Literatur und das Internet durchforstet. Schon ein oberflächlicher Blick auf dieses Leben, ein kurzes Überfliegen der Briefe machten klar: Karl war kein oppositioneller Geist oder gar Widerstandskämpfer, ebenso wenig hat er den nationalsozialistischen Herren als Vorreiter oder Scherge gedient. Die Stationen seines kurzen Weges liegen offen zutage: Kindheit, Schule, auch Hitlerjugend, Reichsarbeitsdienst, Wehrmacht, Medizinstudium, Festung Breslau, Gefangenschaft, Tod. Wie gesagt, nichts Ungewöhnliches, Karl war ein Kind seiner Zeit. Und gerade deshalb ist sein Leben für uns heute so interessant und wichtig. „Wie hätte ich damals…?“ Wer hat sich diese Frage noch nicht gestellt, angesichts der Schuld, anlässlich der Gedenktage, unter dem Eindruck der Bilder? Jochen Sauvants biographischer Roman „Onkel Karl“ liefert keine Antwort auf diese Frage. Aber er zieht uns hinein in den Strudel einer Zeit, deren Folgen noch heute allgegenwärtig sind. Und er lässt uns ahnen, wie unsere Großeltern so wurden, wie sie waren… Im Gespräch mit dem Musiker, Autor und Berufssoldaten Jochen Sauvant tauche ich ein in das damalige Zeitgeschehen, die Lebensrealität, die umfangreichen Recherchen und das Entstehen eines ungewöhnlichen Romans.