Gesamtlänge aller Episoden: 9 hours 29 minutes
Woran wir noch glauben können, ist längst nicht mehr klar. Aber es könnte sein, dass eine Antwort darauf auch kein Wissen erfordert – sondern Demut. Als ich in Dinslaken der Autorin, Kritikerin und Übersetzerin Birthe Mühlhoff begegne, setzt plötzlich der Regen ein...
Aller Abschied wiegt schwer. Von den Menschen, an denen wir einmal gehangen haben und auch von der Welt, die wir schlechter hinterlassen werden als sie einst war. Jede ökologische Katastrophe ist zuerst, und zuletzt, eine persönliche. Nicht auf eine Revolution der Welt sollten wir deshalb schielen, sondern auf eine fürs Leben, schreibt die Philosophin Eva von Redecker und spricht mit uns und Christa Wolf über das »schreckliche Glück« unserer Gegenwart...
Wer in Räumen spricht, muss auf ihre Antwort gefasst sein, sagt der Schriftsteller Fabian Saul, während wir mit veganer Currywurst in seiner kleinen Wohnung in Berlin Mitte sitzen. Wer sich daraufhin zum Widerstand entschließt, muss immer achtsam sein, nicht jene vorherrschenden Geschichten anzuerkennen, die man eigentlich stürzen will. So sprechen wir über Alain Resnais’ »Letztes Jahr in Marienbad« (1961) und dessen Irrgänge. »Und wieder einmal schritt ich allein dieselben Flure entlang...
»Ich habe von einer Brücke geträumt, die ich dir morgen zeigen werde«, sagt die Schweizer Schriftstellerin Dorothee Elmiger. Ihr Traum von nie gesehenen Orten bewegt uns gemeinsam durch Zürich. An ihnen begegnet uns Italo Calvino, mit dem wir das Fremde entziffern: » … denn die Vergangenheit eines Reisenden ändert sich mit der Wegstrecke, die er zurückgelegt hat, und wir meinen hier nicht die nächste Vergangenheit, der jeder vergangene Tag einen Tag hinzufügt, sondern die fernere Vergangenheit...
Hängen wir nur lang genug einem Gedanken nach, wird er irgendwann absurd. Die Unendlichkeit creept in das Denken rein, nennt das Juan S. Guse, während wir auf den royalen Parkalleen Hannovers gehen, die ihr eigenes Ende unserem Blick vorenthalten. Wir orientieren uns mit dem Schriftsteller Daniil Charms: »Und unsere Vorstellung von der unendlichen Geraden – ist eine falsche Vorstellung...
Manchmal sind wir ein bisschen tot. Und das bedeutet Glück, schreibt Marguerite Duras. Wir sollten daher über diesen Tod, diese plötzliche Lücke zwischen uns und allem anderen, sprechen, folgert die Schriftstellerin Karosh Taha. Denn ihr eigener Roman, »Im Bauch der Königin«, wird selbst von Einsamkeit bedroht. Und während wir so sprechen, schaut Alfred Krupp auf uns herab. Unerschütterlich, bis wir auch von seinem Monument vertrieben werden...
Literatur, das kann die Geschichte von den Körpern sein. Nein, Literatur, das muss die Geschichte von den Körpern sein. Die eingeschnitten und abgestoßen, übersehen und versenkt werden. Das weiß Karen Köhler, die an ihrem Roman »Miroloi« eigens erfahren musste, was es heißt, wenn diese Körper weiblich sind...
Senthuran Varatharajah und Rahel Varnhagen sprechen zueinander und gehen aneinander vorbei. Doch so ist die Liebe, sagt der Berliner Schriftsteller: Sie ist die Bitte nur und die Aussichtslosigkeit angesichts einer Antwort, die so nie kommt. Wir sind einander abwesend und miteinander allein. Varnhagen: »Man ist nie mit einem Menschen zusammen, als wenn man mit ihm allein ist...
Das Paradies kann die Hölle sein und die Hölle das Paradies. Anna Gien erzählt mir, warum das auf ihre Wohnung zutrifft und auch auf Menschen. Mit dem Philosophen E. M. Cioran glauben wir, für dieses Thema einen idealen Ansprechpartner gefunden zu haben. Weil er alles andere als ideal ist: »Das Paradies war nicht erträglich, sonst hätte der erste Mensch sich damit abgefunden; diese Welt ist es ebenfalls nicht, da man mit Sehnsucht ans Paradies denkt oder auf ein anderes hofft...
Die Hoffnung stirbt immer zuerst. »Wir sind andauernd dabei auszuhandeln, was nicht vorangeht. Ich kann dem Sand ansehen, dass er ungeduldig rausgerendert wurde«, schreibt Joshua Groß in Mindstate Malibu und schlägt vor, wir sollten stattdessen »Flexen im High der Nutzlosigkeit«. Ich schlage vor, wir lesen zur Selbsttherapie einen »Windstrich«, eine Notiz Paul Valérys. In Nürnberg sprechen wir über seine Hoffnung aller Hoffnungen – ein letzter Trost?