Ö1 Ex libris

Kaputte Typen und OrteEin heruntergekommenes sterreichisches Touristendorf dient David Schalko als Parabel auf das müde Europa ("Bad Regina", Kiepenheuer Witsch Verlag). Im neuen Krimi des südkoreanischen Literaturstars Kim Young-Ha steht die Erinnerung auf dem Spiel ("Aufzeichnungen eines Serienmörders", aus dem Koreanischen von von Inwon Park, Cass Verlag). Und Norbert Gstrein geht den Schuldgefühle seines 60-jährigen Ich-Erzählers auf den Grund ("Der zweite Jakob", Hanser Verlag).

Über FrauenBernardine Evaristo: "Mädchen, Frau etc", Roman, Tropen Verlag (Übersetzung: Tanja Handels)Amy Waldman: "Das ferne Feuer", Roman, Schöffling Co (Übersetzung: Brigitte Walitzek)Margit Schreiner: "Vater. Mutter. Kind. Kriegserklärungen", Schöffling Co

Fragen der Zuneigung und Verantwortung.Martina Wied: "Das Krähennest", Roman, Edition AtelierHildegard Keller: "Was wir scheinen", Roman, Eichborn Verlag

Hans Pleschinskis satirischer Roman "Am Götterbaum" erinnert an Paul Heyse, den Literaturnobelpreisträger und Weltbürger aus München (C.H. Beck Verlag). Monika Helfer hat die Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte einfühlsam fortgesetzt und nach ihrem Bestseller "Die Bagage" den Roman "Vati" vorgelegt (Hanser Verlag).

Wenn man nicht mehr jung ist und auf die Zeit zurückschaut, in der man jung war, vor allem aber: wenn man über diese Zeit erzählt, bemerkt man rasch, dass aufgeschriebene Sätze etwas anderes sind als Erinnerungen. Erinnerungen sind diffus, haben keine scharfen Grenzen, sie mutieren im Laufe der Jahre und Jahrzehnte zu seltsam verknoteten Gefühlsskulpturen, die an das Damals gemahnen und zugleich auch daran, dass es dieses Damals so nie gegeben hat...

Olivia Mannings Balkantrilogie über den zweiten Weltkrieg "Fortunes of War" liegt mit dem ersten Band "Der größte Reichtum" (Rowohlt, Übersetzung: Silke Jellinghaus) auf Deutsch vor. Aus dem Nachlass des Schweizer Dichters Kurti Mari wurden drei neue Bände geschält, darunter "Der Alphornpalast" mit Prosaskizzen sowie der Gedichtband "Hannis Äpfel" (Wallstein Verlag).

Die besprochenen Bücher werden uns mit verschiedenen Spielarten des Schreckens vertraut machen: "Kalmann" von Joachim B. Schmidt (Diogenes Verlag), eine in Island angesiedelte hardboiled-Geschichte; "Das Verschwinden der Erde" von Julia Phillips (dtv), eine Geschichte über spurlos verschwundene Kinder, und "Philadelphia Underground" des US-amerikanischen Autors Augustus Rose (Piper Verlag).

1897 publiziert der legendäre polnisch-britische Schriftsteller Joseph Conrad, der selbst zur See gefahren ist, seinen Roman The Nigger of the Narcissus. Er ist jetzt neu auf Deutsch übersetzt worden unter dem politisch geschmeidigeren Titel Der Niemand von der Narcissus und schildert die Geschichte einer dramatischen Schiffsreise von Bombay nach London (Mare Verlag, Übersetzung: Mirko Bonné)...

Bis heute ist Bildung in Österreich ein missachteter Begriff, ein Begriff ohne Inhalt. Bildungspolitik ist in erster Linie die Verwaltung von Bildungsinstitutionen. Das Gymnasium von heute funktioniert noch genauso wie das Gymnasium zvor vierzig Jahren. Nazis gibt s halt keine mehr. Die Universitäten sind abgewirtschaftet, das Lehrpersonal ist unterbezahlt und zu einem nicht geringen Teil arbeitsmarkttechnisch dem Prekariat zuzuordnen...

Hymnisch feiert das Feuilleton den dänischen Shooting-Star Jonas Eika für seine flirrenden Zukunftserzählungen. Sein Erzählband "Nach der Sonne" ist bei Hanser Berlin erschienen, in einer Übersetzung von Ursel Allenstein. Und Katharina Ferner führt ihre Leser*innen in "Der Anbeginn" (Limbus Verlag) in eine archaische Welt, in der die Frauen die Macht der Mutterschaft auszuspielen verstehen und der Tod nicht zwingend Verschwinden bedeuten muss.