Gesamtlänge aller Episoden: 30 minutes
Hier lieg' ich auf dem Frühlingshügel:
Die Wolke wird mein Flügel,
Ein Vogel fliegt mir voraus.
Ach, sag' mir, alleinzige Liebe,
Wo du bleibst, dass ich bei dir bliebe!
Doch du und die Lüfte, ihr habt kein Haus.
Der Sonnenblume gleich steht mein Gemüte offen,
Sehnend,
Sich dehnend
In Liebe und Hoffen...
Ein Jüngling liebt ein Mädchen
Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
Die hat einen andern erwählt;
Der andre liebt eine andre,
Und hat sich mit dieser vermählt.
Das Mädchen heiratet aus Ärger
Den ersten besten Mann,
Der ihr in den Weg gelaufen;
Der Jüngling ist übel dran.
Es ist eine alte Geschichte,
Doch bleibt sie immer neu;
Und wem sie just passieret,
Dem bricht das Herz entzwei.
An den Fluss
Du schöner Fluß mit deiner Flut,
Die niemals stille hält.
Du bist ein Bild von Jugendmut,
Von einem Herzen unverstellt.
Doch wenn in dein kristallnes Blau,
Das trübe Augen scheuen,
Die Liebste blickt, gleichst du genau
Mir selbst, ihrem Getreuen.
Denn dies Herz birgt wie du so rein
Ihr Bild und strahlt bewegt,
Wenn es den teuren Widerschein
In seinen Tiefen hegt...
Der Fischer
Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
ein Fischer saß daran,
sah nach dem Angel ruhevoll,
kühl bis ans Herz hinan.
Und wie er sitzt und wie er lauscht,
teilt sich die Flut empor;
aus dem bewegten Wasser rauscht
ein feuchtes Weib hervor...
Two roads diverged in a yellow wood,
And sorry I could not travel both
And be one traveler, long I stood
And looked down one as far as I could
To where it bent in the undergrowth;
Then took the other, as just as fair,
And having perhaps the better claim,
Because it was grassy and wanted wear;
Though as for that, the passing there
Had worn them really about the same.
And both that morning equally lay
In leaves no step had trodden black...
Es treibt der Wind im Winterwalde
die Flockenherde wie ein Hirt
und manche Tanne ahnt wie balde
sie fromm und lichterheilig wird.
Und lauscht hinaus: den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin – bereit
und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Herrlichkeit.
Bonus:
Advent, Advent,
ein Lichtlein brennt...
Dunkel wars, der Mond schien helle,
schneebedeckt die grüne Flur,
als ein Wagen blitzesschnelle
langsam um die Ecke fuhr.
Drinnen saßen stehend Leute,
schweigend ins Gespräch vertieft,
als ein totgeschossner Hase
auf der Wiese Schlittschuh lief.
Und auf einer roten Banke,
die blau angestrichen war,
saß ein blondgelockter Jüngling
mit kohlrabenschwarzem Haar...
Wankelmut
Was bin ich alter Bösewicht
So wankelig von Sinne.
Ein leeres Glas gefällt mir nicht,
Ich will, das was darinne.
Das ist mir so ein dürr Geklirr;
He, Kellnerin, erscheine!
Laß dieses öde Trinkgeschirr
Befeuchtet sein von Weine!
Nun will mir aber dieses auch
Nur kurze Zeit gefallen;
Hinunter muß es durch den Schlauch
Zur dunklen Tiefe wallen. -
So schwank ich ohne Unterlaß
Hinwieder zwischen beiden...
Der Halbmond glänzet am Himmel
Der Halbmond glänzet am Himmel,
Und es ist neblicht und kalt.
Gegrüßt sei du Halber dort oben,
Wie du, bin ich einer, der halb.
Halb gut, halb übel geboren,
Und dürftig in beider Gestalt,
Mein Gutes ohne Würde,
Das Böse ohne Gewalt...
Johann Gottfried Herder (1744-1803) An die Freundschaft Heil'ge Freundschaft, die auf Engelsflügeln Sich emporschwang zu den sel'gen Hügeln, Unser Erdenland verließ Und ging auf ins Väterparadies, Wo sie noch aus guten Mutterhänden Uns ihr Kind zuweilen her will senden, Liebe, die auch irre geht Und für Treue öfters Reu empfäht – Holde Freundschaft, kehr, o kehre wieder, Hand und Herzen bindend, zu uns nieder! Ohne Dich ist Alles leer, Auch die Liebe selbst nicht Liebe mehr...