Warum sind die Gier und der Geiz nach wie vor unsere ständigen Begleiter?
Aus meiner klinischen Erfahrung offenbart der Verlauf der psychotherapeutischen Prozesse, in welchen dieses fortlaufende Streben nach mehr im Sinne des Genug-ist-nicht-genug sichtbar wird, dass es sich bei solchen Patienten in nahezu allen Fällen um Menschen mit einem sehr schwach ausgeprägten Selbstwertempfinden, geringem Selbstbewusstsein und ebenso schwachem Selbstvertrauen handelt. Das eigene Selbstverständnis gleicht einem Fass ohne Boden, in das stets nachgeschüttet werden muss, da der Inhalt nicht aufbewahrt werden kann. Es kommt nur vorübergehend zu einem guten Gefühl, welches jedoch sehr schnell wieder abklingt, um einer sich einstellenden, vertrauten Leere Platz zu machen. An diesen Stellen des therapeutischen Prozesses wird erkennbar, dass das fortlaufende gierige Streben nach mehr, verbunden mit dem Gefühl, dass die erlebte Anerkennung, der sich einstellende Erfolg und die erfahrene Belohnung nicht ausreichen, nicht mehr als ein Versuch der Kompensation ist. Es ist das Bemühen, einen Ausgleich zu schaffen für das, was vermisst wird: Ein Gefühl der umfassenden und tiefgehenden Zufriedenheit. Insofern können wir hierin die gleiche Grundlage erkennen wie sie bei jeder Suchtkrankheit (Alkohol, Drogen, Spielen, Sexualität usw.) gegeben ist. Auch die uns kennzeichnende Gier hat den Charakter einer Sucht und folgt insofern der gleichen Psychodynamik.