Anders & Wunderlich: Der Geschichten-Podcast

Der Mensch hat die Sprache beim Geschichtenerzählen erfunden. Geschichten erklären die Welt. Sie können uns Mut oder Angst, Freude oder Trauer fühlen lassen, uns Wissen oder Weisheit vermitteln. Eine Geschichte ist kein Werk, sondern ein Akt. Wir denken, schreiben, sprechen und Du hörst uns zu – so kommt sie erst in die Welt. Wir haben über 75 Stunden im Archiv, professionell produziert und kostenlos zu hören. Viele Geschichten sind phantastisch, die meisten regen zum Nachdenken an, einige sind Erlebniserzählungen und hin und wieder sind sie auch komisch. Alle Geschichten sind exklusiv für unseren Podcast geschrieben, gesprochen, aufgenommen, geschnitten und abgemischt. Wir machen keine Werbung, haben keinen Sponsor und es gibt weder Paywall noch Abonnement. Um unabhängig zu bleiben und unsere Arbeit zu finanzieren, suchen wir allerdings nach Unterstützer*innen und haben uns für ‚Steady‘ aus Berlin entschieden. Wer uns monatlich ein paar Euro widmet, kann uns im Blog oder im eigenen Feed zuhören, wie wir uns nach der Aufnahme einer Geschichte über die Hintergründe, Gedanken und Ideen dazu unterhalten. (Gut. Das ist zu hochgestochen und klingt langweiliger, als es ist...

https://morgenradio.de

subscribe
share






Expl0610: Die Nicht-Sendung


Ich will ja nicht schon wieder über den Umzug jammern… Will ich echt nicht. Aber ich muss. Und darum erzähle ich heute einmal, was uns in den letzten drei Wochen durch die Lappen gegangen ist. Haltet eure Taschentücher bereit!

Download der Episode hier.
Musik: „Mon Oncle-thème“ von Reaper’s Mug

Ich hatte ja versprochen, jetzt alles wieder auf der Reihe zu haben. Endlich wieder regelmäßig zu senden. Aber ich muss hiermit leider zugeben, dass das nicht klappt. Im Zuge meines Umzuges ziehen sich manche Umstände verzöglich hin.

Da ist zum einen die Wiederaufbereitung der Studentenbude aus der Ferne. Heute zum Beispiel fahre ich nach München, um alles schon einmal in Kisten zu packen. 30 gebrauchte Umzugskartons von eBay für 10 Euro warten. Die sind ihren Preis leider auch wert, also ziemlich ramponiert.

Am Samstag haben wir dann einen Sprinter gemietet. Mit dem fahre ich dann wieder nach München, parke in zweiter Reihe in der Theresien und wir tragen alles hinein, fahren nach Bobingen, wo ein zweites Team zum Ausladen wartet.

Der Keller, in den unser Büro zieht, ist gerade eben fertig geworden. Da hatten vor einer Woche noch die zwei Meerschweine – die Verniedlichungsform passt hier nicht – gewohnt. Das Zimmer – mit Fenster und Tür in den Garten immerhin – war vom Vormieter als Partykeller gestaltet.

Original wie in den Siebzigern. Mit einer Fototapete von einem Palmenstrand, Bastmatten an den Wänden und einer etwas dilettantischen Bemalung: Wellen, Palmen und Sonnen überall! Für mich eine Zeitreise in meine Kindheit, wo solche Räume in jedem Haus installiert waren. Mit einer Bar, Barhockern und einer Theke mit allem, was so dreht. Und die rochen immer nach abgestandenem Rauch.

„Na klar, Kinder. Ihr könnt eure Party im Partykeller machen. Aber keinen Alkohol und nicht trinken!“ „Schon klar, Mama, wir machen das genau wie ihr!“

Jetzt ist der Raum supersauber und strahlend weiß. Leider gibt es nur eine Steckdose für das ganze Equipment und kein Internet. Kein Lan, Wlan, Telefon und Handyempfang werden wir wohl nie hinnkriegen. Die anderen Probleme will die Telekom für uns lösen, in dem sie uns ein Kästchen für € 150,- schickt, das auch kinderleicht selber zu installieren ist. Doch mein Optimismus ist gedämpft.

Auf jeden Fall berichte ich wegen dieser Dinge und einiger zusätzlicher Kopfschmerzen heute schon wieder nicht über meine Film- und Fernseherfahrungen. Schlicht und einfach, weil ich keine habe! Aber drei halbe Sendungen liegen hier schon noch ‘rum, die ich euch vorenthalten habe.

Die älteste davon ist die über Keanu Reeves. Vor drei Wochen startete ja dessen Gun-Fu-Film „John Wick 2“ in den Kinos. Den alle toll finden, aber den ich mir so ‘was von gar nicht anschauen will. Der Vorgänger war schon ermüdend. Keanu Reeves Hund wird von bösen Russen erschossen. Also zieht er los und entledigt seine Hood in 90 Minuten aller Russen. Weil er eben Gun Fu kann, eine Mischung aus Kung Fu und Schusswaffengebrauch.

Aber, nachdem der genauso alt ist wie ich, wollte ich einen kleinen Rückblick auf sein Lebenswerk basteln. Von „Bill und Teds verrückter Reise durch die Zeit“ über „Speed“ zu „Matrix“, von da stetig nach unten bis zu „Der Tag, an dem die Erde still stand“.

Ach nee, ging noch tiefer, da gibt’s ja noch „47 Ronin“ und „Man of Tai Chi“. Aber wurstegal, interessant ist dieser Mann auf jeden Fall. Im Gegenzug zu anderen Superstars seiner Generation weiß man überhaupt nichts über ihn. Oder sehr wenig. Da war die Freundin, die eine Fehlgeburt hatte und sich dann totfuhr. Da gibt’s das Video, wo er einer alten Frau in der U-Bahn Platz macht und die Legende, er hätte auf 90% seiner Gage verzichtet, um das Geld den Special-Effects-Leuten von „Matrix“ zu spenden. Was diese leider nicht bestätigen können.

Aber von all dem werdet ihr nie hören, weil diese Sendung ja ausgefallen ist.

Oder die Sendung zu einem weiteren Film, der mittlerweile einen neuen Top-Ten-Platz in meiner Liste der schlechtesten Filme aller Zeiten hat. Der heißt „Metalstorm – Die Vernichtung des Jared-Syn“ von 1983 und den gibt’s in guter Qualität auf YouTube zu bewundern.

Das ist einer dieser billigen Endzeit-Filme, die alle hofften, auf den Mad-Max-Zug aufzuspringen. Und einige davon haben einen gewissen Charme, weil sie so cheesy sind. Einfach eben so schlecht, dass sie schon wieder gut sind. Klar, muss man mögen.

„Exterminators of the Year 3000“ ist so einer. Auch aus dem Jahr 1983. Als die Italiener noch Könige darin waren, alles, was nur irgendwie Erfolg versprach, schnell und billig zu kopieren. Das ging ja auch damals, als man noch nicht vor jeder Entscheidung Trailer kucken konnte. Man verliess sich dann auf das Cover und das Poster.

Die Pizza blieb einem dann erst zu Hause im Halse stecken. „Jared Syn“ ist aber leider nicht so ein Film. Der ist ein kleines bisschen zu gut, um so schlecht zu sein, dass er gut ist. Ihr versteht? Der ist so gut, dass er schon wieder schlecht ist.

Aber auch davon werdet ihr nie erfahren, wegen des Umzugs. Tut mir leid.

Und dann wäre da noch dieses seltsame Erlebnis vor zwei Wochen. Wir saßen todmüde, aber schlaflos um 4:00 h nachts auf der Couch. Ist wohl senile Bettflucht, passiert manchmal. Ich habe einen Fantasyroman gelesen auf meinem Kindle und Ellen hat nebenan – mit Kopfhörern – auf dem iPad einen Film gekuckt.

Einen Film, den ich zwanzig Jahre nicht mehr gesehen habe. Ein Geniestück der Filmkomödie. Und des Set-Designs. Mit dem unverwechselbar schrägen Design aus den Fünfzigern. Von vielleicht dem genialsten Komiker Frankreichs.

„Mon Oncle“ – „Mein Onkel“ von Jaques Tati aus dem Jahre 1958. Ich kann gar nicht genug vorschwärmen, was für ein Genuss das ist. Kann ich nicht vorschwärmen, weil ich den Film ja eigentlich nicht gesehen habe.

Nur heimlich, über die Schulter. Ohne Ton. Trotzdem habe ich nicht viel gelesen in dieser Nacht. Mehr so Jaques Tati bewundert.

Aber vergesst ‘mal, dass ich das erzählt habe. Ich glaube, die Sendung über Jaques Tati, die mache ich noch. Wenn ich wieder Fernsehen habe. Oder Film.

Oder LAN, oder Wlan, oder Telefonie, oder Handy, oder einen Umzugswagen, oder Kisten, oder Malerfarbe, oder genug Geld, um das alles zu bezahlen. Oder endlich ein Mittel gegen den drohenden Nervenzusamenbruch, von dem man nicht am nächsten Tag Kater hat.

Tut mir also sehr leid, dass die Sendung heute ausfällt, aber…
Wenn ich mich bei irgend jemandem ausheulen konnte, geht’s vielleicht wieder weiter.
Wobei. Moment mal…


fyyd: Podcast Search Engine
share








 March 9, 2017  11m