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Proteste in Marokko - Verspäteter Arabischer Frühling?


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„Freiheit, Würde und soziale Gerechtigkeit“

Den meisten Deutschen ist Marokko vor allem als Urlaubsziel bekannt. Die Hoteliers werben mit Sonne, Strand, Kultur und leckerem Essen. Nur wenige Touristen bekommen jedoch mit, was außerhalb der Touristengebiete passiert. Denn in Marokko zieht es zurzeit tausende Menschen auf die Straßen, um gegen die Monarchie zu protestieren. Es sind die größten Proteste seit 2011.

Die meisten Demonstranten stammen aus der Bevölkerungsgruppe der Berber, die Urbevölkerung Marokkos. Heute sind sie mit gut einem Drittel Anteil an der Gesamtbevölkerung nur noch eine Minderheit im Land.

Im Rif-Gebirge sind viele Bereiche im Bildungswesen, im Bereich der Infrastruktur und im Bereich des Gesundheitswesens noch schlechter als in vielen anderen Regionen Marokkos. – Helmut Reifeld, Landesbeauftragter für Marokko bei der Konrad-Adenauer-Stiftung

Viele Berber fühlen sich von der Regierung diskriminiert und vernachlässigt. Sie protestieren außerdem für mehr Demokratie und Meinungsfreiheit. „Freiheit, Würde und soziale Gerechtigkeit!“ ist ihr Motto.

Immer wieder Berber-Aufstände

Bereits 1958 und 1984 haben sich die Berber gegen die Herrschenden erhoben. Die Aufstände sind damals allerdings gewaltsam unterdrückt worden. Auch während des Arabischen Frühlings 2011 fanden die meisten der marokkanischen Proteste in Berberregionen statt. Diese Aufstände konnte der König mit dem Versprechen auf Reformen beruhigen.

Auslöser für die jüngsten Proteste ist der Tod des Fischhändlers Mouhcine Fikri. Die Polizei hat seinen illegal gefangenen Fisch beschlagnahmt und den Fisch dann in ein Müllauto geworfen. Der Fischhändler sprang hinterher, um den Fisch im Wert von 10.000 Euro zu retten. Die Müllpresse zerquetschte den Fischhändler.

Für viele Marokkaner steht der Fall symbolisch für die Willkür und den Machtmissbrauch der Polizei. Der Vorwurf: Sie hätten die Müllpresse vorsätzlich angeschaltet und den Fischer ermordet.

„Wir sind alle Zefzafi“

Seit diesem Vorfall gibt es in Marokko immer wieder Proteste gegen die Regierung und den König. Vor einigen Tagen ist mit Nasser Zefzafi ein Kopf der Protestbewegung „Hirak“ festgenommen worden.

Al-Hoceïma kommt nicht zur Ruhe. #Marokko #Protesthttps://t.co/gAJxXafY57

— taz (@tazgezwitscher) June 6, 2017

Seitdem haben sich die Proteste verstärkt. „Wir sind alle Zefzafi“, verkünden dabei die Protestierenden. Neben Zefzafi wurden noch mindestens 40 weitere Demonstranten festgenommen. Den Aktivisten wird unter anderem Brandstiftung, versuchter Mord und Anschlag auf die innere Sicherheit vorgeworfen.

Dr. Helmut Reifeld arbeitet bei der Konrad-Adenauer-Stiftung und ist dort der Landesbeaufragte für Marokko. Er hat detektor.fm-Moderator Christian Eichler über die Lage in Marokko berichtet und erläutert, ob dem Land eventuell jetzt doch ein Arabischer Frühling bevorsteht.

Es ist vieles geplant, angekündigt, versprochen, aber noch nicht in Angriff genommen worden. Das erzeugt wachsenden Unmut.Helmut Reifeldist Landesbeauftragter für Marokko bei der Konrad-Adenauer-Stiftung.  Massenproteste im Norden Marokkoshttps://detektor.fm/wp-content/uploads/2017/06/massenproteste-im-norden-marokkos.mp3
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Redaktion: Laura Pientka


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 June 8, 2017  6m