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Gerhart Baum zu Bürgerrechten in der Jamaika-Koalition: „Es wird in jedem Fall besser.“


Gerhart Baum. CC-BY-SA 2.0 Heinrich-Böll-Stiftung

Gerade beginnen die Sondierungsgespräche für eine mögliche Jamaika-Koalition aus CDU, CSU, Grünen und Liberalen. Nachdem die FDP nun wieder im Bundestag vertreten ist, läuft es also auf eine Regierungsbeteiligung der Liberalen zu. In einem Gespräch mit dem ehemaligen Bundesinnenminister Gerhart Baum wollten wir seine Bewertung des politischen Zeitgeists erfahren und blicken zum einen zurück auf die letzten Jahre und die Beschlüsse der Großen Koalition in Sachen Überwachung und zum anderen in die Zukunft: Was kann eine Jamaika-Koalition mit Grünen und Liberalen für die Freiheitsrechte bringen? Wir sprechen außerdem über Geheimdienste und den Rechtsstaat, bewerten die politische Leistung einiger Spitzenpolitiker der letzten Legislaturperiode und orakeln über die Koalitionsverhandlungen.

Das Gespräch zwischen Gerhart Baum, Frank Rieger und Constanze Kurz ist als Podcast (mp3) verfügbar. Alternativ gibt es auch eine ogg-Version. Das Transkript ist nicht wortgenau, sondern eine leicht gekürzte Fassung. Die Musik im Podcast ist aus Finnland von Antti Luode: Anttis Instrumentals, CC BY 3.0.

Bürgerrechte in der Politik

Constanze Kurz: Im netzpolitik.org-Podcast sind wir heute zu dritt und haben einen besonderen Gast, den wir kurz vorstellen wollen: Gerhart Baum, den viele kennen, besonders durch sein Engagement bei den Bürgerrechten. Er ist ehemaliger Innenminister und mischt sich bis heute in den öffentlichen Diskurs ein. Außerdem ist Frank Rieger heute dabei, Hacker und Netzaktivist.

Wir wollen zum einen über die Überwachungsbilanz der Großen Koalition sprechen und natürlich zum anderen über die Zukunft reden. Denn immerhin steht uns möglicherweise eine Jamaika-Koalition ins Haus. Die Liberalen sind wieder im Bundestag. Da ist sicherlich die Hoffnung von vielen Menschen, dass vielleicht für die Bürgerrechte, aber auch für den öffentlichen Diskurs über die Überwachung eine neue Zeit anbricht.

Wir beginnen mit der Vergangenheit und der Großen Koalition: Herr Baum, wie ist denn Ihr Empfinden über die letzten Jahre und die verabschiedeten Überwachungsgesetze?

Die Regierungsbank der Großen Koalition im Plenarsaal des Deutschen Bundestages, 2013.
Foto: Deutscher Bundestag, Achim Melde.

Gerhart Baum: Also die Bürgerrechte hatten in der Großen Koalition keinen Anwalt: Der Innenminister sowieso nicht, aber auch nicht der Justizminister. Der Justizminister hätte ein Gegengewicht sein müssen, aber er hat voll mitgemacht, und die Bilanz ist erschreckend. Ich habe in meinem doch relativ langen Politikerleben keine vergleichbare Serie von Sicherheitsgesetzen erlebt – nicht einmal in der RAF-Zeit –, wie sie jetzt in der Großen Koalition stattgefunden hat, vor allen Dingen in der Endphase. Es ist eine lange Liste von Veränderungen, teilweise spektakulärer, sichtbarer Art, zum Teil aber auch schleichend kleine Veränderungen, die aber in der Summe gesehen eine Erosion der Freiheit bedeuten.

Frank Rieger: Was glauben Sie, was die Motivation ist?

Gerhart Baum: Die Motivation ist, dass man glaubt, einem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung nachgeben zu müssen. Ich bin inzwischen soweit, dass ich die Bevölkerung eher vor den Politikern in Schutz nehme. Nehmen Sie mal den Fall Anis Amri in Berlin: Ich stelle nämlich fest, dass eine öffentliche Reaktion zwar da war – verständlicherweise –, aber nicht angehalten hat. Meinungsforscher sprechen von Abstumpfung, aber das ist mir zu negativ. Ich bin der Meinung, dass doch ein gewisser Prozess der Einsicht stattfindet. Der Einsicht nämlich, dass wir mit Risiken leben, die aber nicht fundamental unsere Gesellschaft in Frage stellen.

Die Politiker sind noch lang nicht so weit. Sie glauben, mit immer neuen Freiheitseinschränkungen reagieren zu müssen, mit Symbolhandlungen, die für die Sicherheit meistens gar nichts bringen und in einer unverhältnismäßigen Weise die Freiheit einschränken. Der Hintergrund ist die Angst. Die Angst ist ein Dämon, der im Grunde unsere tolerante und weltoffene Gesellschaft bedroht. Und statt dass die Politiker gegen die Angst arbeiten, die Angst moderieren, nutzen sie sie zu ihren eigenen Zwecken.

Gerhart Baum bei einer Rede im Deutschen Bundestag im Jahr 1983.
Foto: Deutscher Bundestag, Presse-Service Steponaitis.

Und das ist jahrzehntelang geschehen. Wir haben seit der RAF-Zeit eine permanente sicherheitspolitische Aufrüstung, die nur zum Teil revidiert und nie richtig kontrolliert worden ist. Das heißt: Die Evidenzkontrolle hat nie stattgefunden, sondern eine Maßnahme ist auf die andere raufgeschichtet worden. Das, was wirklich notwendig wäre angesichts der Datenverarbeitung, ist, dass wir diesen Prozess bändigen. Denn die Datenverarbeitung ist ein vollkommen neues Phänomen – auch für die Verbrechensbekämpfung, für die Sicherheitsdienste. Sie sind ja darauf angewiesen, Daten zu sammeln, und sehen sich nun in einem Paradies der Datensammlung. Das heißt: Sie neigen dazu, die Datensammlung immer weiter auszudehnen nach dem Motto: Wir könnten das ja mal brauchen.

Und der Widerstand der Bevölkerung ist nicht stark genug. Das Thema hat auch im Wahlkampf keine Rolle gespielt. Das ist sehr bedauerlich, und man fragt sich: Was war denn da früher, als wir die Diskussionen um die informationelle Selbstbestimmung hatten, um die Urteile des Verfassungsgerichts aufgrund der Volkszählung, die absolut harmlos war, verglichen mit dem, was heute passiert. Was ist da los? Warum wehrt sich die junge Generation nicht? Oder ist das so attraktiv, bietet das so viele Möglichkeiten, die berauschend sind, verführend sind? Die absolut neue Qualität sind die Kommunikationstechniken, die verbunden mit den angeblichen Bedürfnissen der Sicherheitsorgane eine ganz große Gefahr sind – mal abgesehen von den privaten Datensammlern.

Die Bilanz der Großen Koalition

Constanze Kurz: Neben diese Bilanz, die unsere deutschen Politiker zu verantworten haben, möchte ich die Schiene der Snowden-Veröffentlichungen stellen. Die Große Koalition war ja auch von den Snowden-Berichten geprägt, denn sie hatten im Juli 2013 gerade begonnen. Wir hatten über die Wahlperiode hinweg die Problematik des NSA-BND-Untersuchungsausschusses. Trotz der vielen Veröffentlichungen hat sich interessanterweise – neben den strafrechtlichen Veränderungen beim Staatstrojaner, bei der Vorratsdatenspeicherung, aber auch beim Biometrieabgriff – bei den Geheimdiensten nach diesen ganzen Skandalen und dem Einräumen im Untersuchungsausschuss, dass vieles bei unseren Geheimdiensten rechtswidrig war, eine Erweiterung von deren technischen Möglichkeiten, eine Legalisierung ihres Handelns, aber auch eine Aufstockung ihrer Gelder ergeben. Das heißt: Da war nicht nur wenig Widerstand in der Bevölkerung, sondern auch eine gewisse gesetzgeberische Dreistigkeit, nicht wahr?

Gerhart Baum: Das hat ja schon am Ende der Legislaturperiode vor der Großen Koalition begonnen, also vor 2013. Das war das Jahr von Snowden, und das wurde runtergespielt. Ich bin ja immer unterwegs mit der Feststellung „im Jahr drei oder vier nach Snowden“. Für mich ist das eine neue Qualität, nämlich des Zusammenspiels der privaten Datensammler mit der NSA und anderen. Mich wundert, dass die Deutschen bis heute ohne weiteres darüber hinweggegangen sind, dass tief in ihre Souveränität eingegriffen wird.

Constanze Kurz: Also trotz der Merkel-Anomalie mit dem Telefon …

Unter großer Medienaufmerksamkeit besucht Angela Merkel den NSA-BND-Untersuchungsausschuss als Zeugin. Links Patrick Sensburg, Ausschussvorsitzender. 16. Februar 2017.
Foto: Deutscher Bundestag, Achim Melde.

Gerhart Baum: Das haben die Leute, nachdem sie gelesen haben, dass das Thema vorbei ist, ad acta gelegt. Im Grunde findet ein Einbruch in unsere Souveränität statt, und fremde Geheimdienste benutzen uns als rechtsfreien Raum. Das heißt also: Wir, die wir einige Urteile in Karlsruhe erzielt haben, sehen, dass diese Urteile einfach unterlaufen werden. Da gibt es keine richterliche Kontrolle mehr, sondern die NSA, die Briten und möglicherweise andere …

Frank Rieger: … und auch die Deutschen.

Gerhart Baum: Und die Deutschen selber. Die Deutschen selber haben verfassungswidrig gehandelt. Der NSA-Untersuchungsausschuss hat ja auch verfassungswidrige Praktiken zu Tage gebracht. Und im Grunde haben sie die Praktiken dann nicht kritisiert, weil sie beteiligt waren. Sie waren Komplizen.

Sie sagen immer, sie seien angewiesen auf die Informationen. Das sind sie auch, aber nicht um jeden Preis. Das heißt: Sie haben doch gewusst, wo die Leitungen angezapft worden sind. Und dann haben sie ein neues Gesetz gemacht und sich angepasst. Das heißt: Dinge, die rechtswidrig waren, haben sie jetzt unter das Recht gestellt – aber damit werden sie nicht besser.

Frank Rieger: Ich habe das Gefühl, dass alles, was im Untersuchungsausschuss zutage kam, für die Dienste der rhetorische Kniff war, um zu sagen: Jetzt seht ihr mal, was geht. Das heißt, es wurde der Raum der technischen Möglichkeiten offenbart. Und das hätten wir jetzt auch gern. Denn offensichtlich ist es ja notwendig, wenn die Amerikaner und Briten das machen, die ja die Industrieführer in diesem Gebiet sind, dann wollen wir das auch haben. Und dieser Kniff, zu sagen, ja, das war vielleicht alles ein bisschen illegal, aber wir brauchen eigentlich mehr, dass der auf so wenig politischen Widerstand getroffen ist, das hat mich wirklich sehr erstaunt – auch in der SPD, die einfach dabei zugeguckt hat. Ich fand es wirklich frappierend, dass dieses Erpresstwerden von diesem Geheimdienstdenken so völlig widerstandslos über die Bühne ging.

Das Gebäude des Bundesnachrichtendienstes in Berlin-Mitte, links eine als Palme getarnte technische Überwachungseinrichtung. Foto: CC BY 2.0, Ralf Kothe.

Gerhart Baum: Wir haben jetzt eine Legalisierung eines Zustandes, den wir zunächst bei den Amerikanern kritisiert haben: dass sie zwar in gewisser Hinsicht ihre eigenen Staatsangehörigen schützen mit Verfahren, die sie eingeführt haben, aber nicht die Ausländer. Und genau das machen wir jetzt auch. Das heißt, wir setzen uns darüber hinweg, dass das Fernmeldegeheimnis nach unserer Verfassung auch außerhalb unserer Grenzen gilt. Wir passen uns den amerikanischen Praktiken in gewisser Hinsicht an, und wir gewährleisten überhaupt keinen Schutz in diesem Zusammenhang, für Berufsgeheimnisträger beispielsweise. Das BND-Gesetz gehört im Grunde zu den Gesetzen, die revidiert werden müssten.

Frank Rieger: Sehen Sie denn dafür eine Chance?

Gerhart Baum: Beim BND-Gesetz sehe ich die Chance als sehr gering an. Da wird mit einer Bedrohungskulisse und mit Terror gearbeitet. Aber ich meine, die beiden großen Parteien – eine ist ja gar nicht mehr so groß – haben sich da auch gegenseitig gedeckt. Sie haben sich in allen diesen Fällen gegenseitig geschützt. Auch der Fall Anis Amri ist eine Riesen-Fahndungspanne …

Constanze Kurz: … mit Beteiligung der Geheimdienste.

Gerhart Baum: Ein Ermittlungsskandal, der deshalb nicht so aufgebrochen ist, weil die beiden beteiligten Parteien sich geschützt haben.

Blick in die Zukunft

Constanze Kurz: Es sind letztlich auch die jetzt handelnden, aktiven Spitzenpolitiker. Wir haben Thomas de Maizière selbst, der beteiligt war, wir haben Frank-Walter Steinmeier. Es sind ja sowohl bei der SPD als auch bei den Unionschristen die aktiven Politiker, die heute noch in Machtpositionen sind – zumindest bis es jetzt zu einer neuen Koalition kommt –, die beteiligt gewesen sind. Da kann man ja nachvollziehen, dass sich deren Parteien versuchen davorzustellen.

Wie sehen Sie das für die Zukunft?

Gerhart Baum: Ich bin der Meinung, dass die Jamaika-Koalition, die gewählt worden ist, unserem Land guttun könnte, weil bestimmte Dinge zusammenkommen und auch Spitzen weggenommen werden bei den Parteien, die störend waren. Also zum Beispiel auf dem Felde der Bürgerrechte könnte ich mir vorstellen, dass Grüne und FDP zusammen stärker sind und sich – so hoffe ich – stärker in Position bringen werden gegenüber CDU und CSU, als das die SPD gemacht hat. Übrigens bin ich ja immer Umweltpolitiker gewesen, auch als Innenminister. Ein bisschen mehr Umweltschutz täte auch den Liberalen und dem Lande gut …

Constanze Kurz: … gerade in Trump-Zeiten.

Gerhart Baum: Ja, als Gegengewicht. Ich war spätestens seit Otto Schily nie davon überzeugt, dass die Sozialdemokraten glühende Verteidiger des Rechtsstaats sind.

Frank Rieger: Das war klar zu sehen in der letzten Runde der Legislaturperiode, als es um den Staatstrojaner ging, als die Sozialdemokraten tatsächlich in einer Art und Weise agiert haben, die ich in den gesamten vier Jahren nicht gesehen habe: dass sie am Ende schlicht die Diskussion darüber verweigert haben. Also gab es wahrscheinlich von Thomas Oppermann eine Ansage: Keine Schwäche bei der inneren Sicherheit! Dann haben sie einfach dichtgemacht und nicht darüber geredet. Innere Sicherheit ist irgendwie sakrosankt.

Glauben Sie denn, dass es den Grünen und Liberalen gelingen könnte, sich aus dieser Falle zu befreien? Also dieses „Schwäche-Problem“ gegenüber der CDU/CSU?

Gerhart Baum: Also ich bin ja so vermessen zu sagen: Es wird in jedem Fall besser. Schlimmer kann es gar nicht sein. Das Gesetzgebungsverfahren bei der Online-Durchsuchung, bei dem Staatstrojaner, war eine Frechheit. Da hat man sich über die Formen einer Meinungsbildung, wie sie notwendig sind, hinweggesetzt. Im Grunde überlässt man das wieder dem Verfassungsgericht. Der Staatstrojaner ist das schlimmste Beispiel für ein Gesetzgebungsverfahren, das sich über jeglichen sachverständlichen Einwand hinweggesetzt hat – und geradezu zynisch. Und die Frage ist wieder: Wo bleibt hier eine Öffentlichkeit, die die Parteien zwingt, sich anders zu verhalten?

Bundesjustizminister Heiko Maas.
Foto: Deutscher Bundestag, Achim Melde.

Constanze Kurz: Wir haben jetzt ein bisschen über die Große Koalition gesprochen. Ich glaube, gerade an dieser Großen Koalition zeigt sich der Unterschied zwischen einer Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die sich in vielem auch erfolgreich gegen einen Überwachungszeitgeist gestemmt hat, und einem Justizminister Heiko Maas, der letztlich – nicht nur der Innenminister, auch der Justizminister – vieles zu verantworten hat von dem, was in dieser Legislaturperiode Gesetz geworden ist und was, zumindest in Teilen, in Karlsruhe wieder verhandelt wird.

Frank Rieger: Also aus meiner Sicht war das, was Maas gemacht hat, zum einen sehr feige …

Gerhart Baum: … feige zum Beispiel bei der Vorratsdatenspeicherung.

Frank Rieger: Weil er nicht in der Lage war, zu sagen: Wir müssen hier den Rechtsstaat aufrechterhalten und die Grundsätze verteidigen. Zum anderen war es opportunistisch wegen dieser Ansage aus der SPD-Führung, keine Schwäche bei der inneren Sicherheit zu zeigen, die dann über die Ministerien exekutiert wurde. Das war doch nicht notwendig. Die Fragen, die die Leute hatten, waren andere: Denen ging es um Wohnungseinbrüche.

Gerhart Baum: Da hat er auch was gemacht: Wohnungseinbruch ist plötzlich ein Verbrechen. Er hat den Leuten vorgemacht, das ist ja das wirklich Befremdliche, dass damit wirksam die Wohnungseinbrüche bekämpft werden. Das heißt also, der rumänische Wohnungseinbrecher liest vorher das Maassche Gesetz und sagt sich so ungefähr: Um Gottes Willen, das ist ja ein Verbrechen, ich fahr nach Hause zurück.

Constanze Kurz: Symbolpolitik.

Gerhart Baum: Also jedes Jahr ein neues Gesetz, eine Summe von Gesetzen – und im Grunde hat es den Sozialdemokraten gar nichts genützt. Sie haben kein Profil auf diesem Felde entwickelt. Um es ganz offen zu sagen, hätte ich mir gewünscht, dass die FDP noch ein bisschen mehr Profil gewinnt im Wahlkampf. Christian Lindner hat vor einiger Zeit eine Pressekonferenz mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und mir gemacht, wo er sich deutlich engagiert und gesagt hat: Wir wollen bestimmte Dinge ändern.

Kommt eine „Rückabwicklung“ freiheitsfeindlicher Gesetze?

Frank Rieger: Sehen Sie denn, dass innerhalb der Liberalen diese Bürgerrechtspositionen einen starken Stand haben? Oder ist das eher eine relativ kleine Interessengruppe, die jetzt nicht den Kern der Partei ausmacht?

Konstantin Kuhle.
Foto: Reiner Allgeier.

Gerhart Baum: Ich glaube, dass es eine ganze Reihe von jungen Leuten gibt: zum Beispiel Konstantin Kuhle, der Vorsitzende der Jungen Liberalen. Aber es gibt zum Beispiel auch zwölf Jungliberale in der neuen Fraktion, ich kann sie nicht alle einschätzen. Aber Konstantin Kuhle geht in den Innenausschuss mit dem Vorsatz, in diesem Sinne zu wirken, wie ich das hier erklärt habe. Wir stehen in enger Abstimmung. Es wird ein Thema werden, auch in den Koalitionsverhandlungen – und sehr schwierig, besonders, wenn es um Rückabwicklung von Gesetzen geht. Bei neuen Dingen kann man sagen: Das machen wir und das machen wir nicht. Aber bei der Rückabwicklung wird das schwierig werden. Und Burkhard Hirsch und ich und andere sind wild entschlossen: Wenn das hier nicht gelingt, dann gehen wir wieder als Einzelpersonen oder mit anderen FDP-Repräsentanten nach Karlsruhe. Wir lassen uns nicht abspeisen mit einer unzureichenden Koalitionsvereinbarung.

Frank Rieger: Also die Strategie wäre zu sagen, man macht im schlechtesten Fall die Rückabwicklung über die Gerichte und verändert in der Politik nur, was an neuen Sachen dazukommt?

Gerhart Baum: Das wäre nicht gut, das wäre zu wenig. Lindner muss ja hier beim Wort genommen werden. Er sagt: Freiheit und Sicherheit, das ist in der letzten Legislaturperiode aus der Balance geraten. Die Freiheit hatte keine Stimme. Und dann sagt er auch: Wir wollen die Online-Durchsuchung des Bundeskriminalamtgesetzes und anderes auf den Prüfstand der Verfassung stellen. Er hat im Wahlkampf immer wieder gesagt: Wir müssen aufhören, reflexartig immer mehr Behörden immer weitere Befugnisse zu geben. Das ist die Zukunft, aber das muss natürlich auch für einige Teile der Vergangenheit gelten. Aber das wird natürlich auch sehr schwierig mit einer Partei wie der CDU/CSU, die das mitbetrieben hat.

Constanze Kurz: Also neben den tatsächlichen Möglichkeiten im Bundestag selber – als Gesetzgeber – oder auch über den Weg nach Karlsruhe ist es aus meiner Sicht auch eine politische Zeitgeist-Frage geworden: dass man wieder eine interessierte Öffentlichkeit für diese Themen findet, dass es zu einer Debatte kommt, wo man politische Unterschiede deutlich erkennt. Das wird wohl der größte Unterschied, wenn wir zu einer Jamaika-Koalition kommen. Denn es hat sich kein Diskurs mehr ergeben. Und wir haben zusätzlich eine Datenschutzbeauftragte, die kein Profil hat und sich nicht äußert.

Gerhart Baum: Wir müssen das in einen Zusammenhang bringen mit der Digitalisierung und den Freiheitsgefährdungen, die von ihr ausgehen. Das sind Freiheitsgefährdungen, die nicht alle Verfassungsfragen sind. Wir müssen ständig das Bewusstsein schärfen, dass wir bei allem Aufbruch, Vorteilen und Wirtschaftswachstum und den Chancen auch die Nachteile sehen. Ich könnte mir vorstellen, dass wir Menschen mit ganz praktischen Beispielen erreichen, zum Beispiel mit dem Auto. Ich habe vor zwei Jahren einen Artikel geschrieben und gefordert, das Auto neu zu denken. In diesem Artikel war die Abgaskomponente und die Datenschutzkomponente drin. Das heißt: Das Auto wird immer mehr zu einem Datenlieferanten, wovon der Benutzer nichts weiß. Jetzt merken wir eine Tendenz, dass Leute fragen: Was geschieht mit der ganzen Elektronik, die in meinem Auto drin ist? Sagt sie gegen mich aus? Bringt sie mir Nachteile?

Wir müssen das Bewusstsein schärfen, dass die Digitalisierung mit Persönlichkeitsprofilen verbunden ist, die hochgefährlich sind, und dass das ein Thema ist, das im Zusammenhang gesehen werden muss. Ich könnte mir vorstellen, dass man im Laufe der Zeit dort eine zusätzliche Motivation schöpft, wenn die Menschen merken, dass ihnen das zum Nachteil gereicht.

Frank Rieger: Das ist der wesentliche Aspekt: Wie schafft man es, den Menschen klarzumachen, dass es sie persönlich betrifft? Nur dann ergibt sich politischer Handlungswille, selbst bei Politikern. Ohne das Abhören von Merkels Telefon wäre der NSA-Skandal tatsächlich beendet gewesen. Genauso ist es bei jedem anderen auch: Nur wenn ich zumindest jemanden persönlich kenne, dem etwas passiert ist oder der einen Nachteil erlitten hat oder dem einer droht, nur wenn es eine persönliche Betroffenheit gibt, die nicht abstrakt ist, dann fangen Menschen an zu handeln.

„Feigheit vor den Amerikanern“

Gerhart Baum: Die Menschen sind weitgehend der Meinung, dass das Internet unser Leben vereinfacht. Wir kommen schneller an Daten, wir können uns schneller informieren, schneller kommunizieren. Das hat offenbar eine solche Faszination, dass das andere gar nicht gesehen wird. Nochmal zurück zum NSA-Skandal: Es ist ja ein Skandal, dass die Generalbundesanwaltschaft aus dieser Situation keine Schlussfolgerung gezogen hat. In welchem Staat leben wir eigentlich? Es liegt doch alles vor. Das ist eine Feigheit vor den Amerikanern.

Constanze Kurz: Es ist auch so, dass die Schlussdebatte zu diesem Bericht im Bundestag eine große politische Peinlichkeit war. Dieses Nicht-Akzeptieren dessen, was in den Aussagen und Protokollen steht, fand ich bemerkenswert. Aber es ist juristisch noch nicht vorbei. In Straßburg am Europäischen Menschenrechtsgerichtshof liegt meine Beschwerde noch an. Die Beschwerde bezieht sich vor allem auf das Prism-Programm und das Abhören der britischen Geheimdienste.

Gerhart Baum: Die Briten sind genauso drin. Und wir reden über demokratische Staaten. Die russischen Praktiken sind nicht besser, aber wir reden über unsere Partner in der Nato.

Constanze Kurz: An Ihrer Arbeit hat mich fasziniert, dass Sie die deutsche Ebene verlassen, um sich auch international zu engagieren. Was mich stört an den Entwicklungen während der Großen Koalition ist, dass wir diese Vorbildfunktion, die die Deutschen mal hatten in Bezug auf Schutz vor Überwachung, nach und nach verlieren. Sie waren kürzlich auf einer Russland-Reise. Sie besuchen Länder, die andere demokratische Standards haben, die oft Richtung Deutschland – auch nach Karlsruhe – geblickt haben. Diesen Vorbildcharakter, haben wir den eigentlich schon verloren?

Gerhart Baum: Das weiß ich nicht. Ich denke, sie bewundern uns wahrscheinlich immer noch. Die Verhältnisse sind ja deutlich schlechter für die Zivilgesellschaft. Insofern haben sie ein Interesse, wie unsere Demokratie funktioniert. Und sie sehen im Großen und Ganzen, dass das eine stabile Demokratie ist, mit allen Schwächen. Ich habe 2009 ein Buch mit dem Titel Rettet die Grundrechte geschrieben, das ins Russische, Ukrainische und Georgische übersetzt worden ist. Und das gibt mir Anlass zu Gesprächen mit putinkritischen Ausschnitten aus der Zivilgesellschaft. Und da sehe ich, dass sie immer noch das Positive sehen.

Constanze Kurz: Nur wenn man auf die Bilanz der Großen Koalition blickt: der Staatstrojaner, wo eine Form des staatlichen Hacken gesetzlich erlaubt wurde, die Vorratsdatenspeicherung, der Zugriff auf die biometrischen Daten, dazu Entscheidungen aus Europa wie die Fluggastdaten. Verlieren wir damit nicht inzwischen schon den „moral highground“? Mein Eindruck ist, dass wir den in den letzten vier Jahren Große Koalition verloren haben.

Frank Rieger: Was die Gesetzeslage angeht, ja, was die Praxis angeht, nein.

Datenschutzbewusstsein und Vorbildcharakter?

Gerhart Baum: Ich hatte kürzlich eine Diskussion mit einem Telekom-Vertreter. Der hat gesagt, dass sie feststellen, dass amerikanische Firmen mit Interesse unseren hiesigen Datenschutz sehen, also die Datenschutzgrundverordnung etwa, und sich für den euröpäischen Markt daran orientieren.

Dann gibt es noch eine andere Entwicklung, die ich mit Snowden diskutiert habe. Was macht eigentlich Mark Zuckerberg, was macht das Silicon Valley? Merken sie plötzlich, dass hinter ihrer ganzen expansiven ökonomischen Politik irgendwo auch ethische Maßstäbe stehen müssen, die möglicherweise im Verkaufsinteresse, im Geschäftsinteresse sind? Müssen wir von der zynischen Feststellung „Privacy is no longer a social norm“ weg und uns an bestimmten ethischen Grundbedürfnissen der Bevölkerung orientieren? Da gibt es leise Anzeichen, dass sich da etwas ändert. Ich könnte mir vorstellen, dass die Europäer mit ihrem deutlich höheren Datenschutzbewusstsein einen Vorbildcharakter haben. Auch in Russland haben sie Interesse, was wir in Sachen Datenschutz machen.

Frank Rieger: Ich denke, dass die europäische Datenschutzgrundverordnung eher positive als negative Seiten hat, was die Möglichkeiten für Firmen zur Datenhortung und -verarbeitung angeht. Doch die Zweckbindung, die ein Kern der deutschen Datenschutzphilosophie war, wurde aufgeweicht.

„Digital First. Bedenken Second“. Bundestagswahl 2017, Plakat der FDP,
Quelle: FDP.

Deutschland hat schon noch einen Vorbildcharakter. Wenn wir etwas tun, nehmen sich das andere Länder durchaus als Beispiel, auch auf EU-Ebene. Die EU geht erfolgreichen Experimenten in einzelnen Ländern nach und hebt diese auf EU-Ebene. Die Folgerung für mich ist, dass ein Durchsetzen auf deutscher Ebene durchaus Erfolg hat, wenn sie diesen Vorbildcharakter entwickeln können. Wir sehen das am Erfolg deutscher Cloud-Projekte, die sagen: Deine Daten sind auf diesem Server, in dieser Stadt, unter deutschem Datenschutz. Diese Angebote gehen durch die Decke, weil einerseits der rechtliche Rahmen sie ein bisschen dazu zwingt, aber auch weil sie dadurch überhaupt in Europa agieren können, denn immer mehr europäische Unternehmen haben keine Lust, ihre Daten nach Amerika zu schaffen. Ich glaube, dass dieser wirtschaftliche Erfolg auch dazu führt, dass dieser Vorbildcharakter zunehmen kann. Aber ich glaube auch, dass die Politik das noch nicht begriffen hat. Deswegen habe ich mich auch über dieses „Digital first. Bedenken second“-Plakat der FDP geärgert.

Bundestagswahl 2017, Plakat der FDP, Quelle: FDP.

Gerhart Baum: Es gibt aber auch dieses Plakat-Thema „Das Internet verändert die Welt, wie ändern wir uns“. Darunter kann ich mich einordnen. Datensicherheit ist ein besonderes Feld. Wir haben noch keine Gegenmacht aufgebaut zum Silicon Valley, zu den amerikanischen Unternehmen. Ich weiß aber auch nicht, ob es dadurch besser werden würde, ob die Daten dann nicht verkauft würden.

Frank Rieger: Ich glaube nicht, dass es darum geht, eine Gegenmacht aufzubauen, sondern um eine Alternative. Wenn wir uns die Diskussionen im Silicon Valley anschauen, dann sehen wir zwei Aspekte: zum einen, dass die Zweifel an dieser werbefinanzierten Internetökonomie stark zunehmen, weil die Konzentration so groß ist, dass nur noch Google und Facebook damit leben können. Wenn wir uns andere Unternehmen anschauen: Sie bauen sich absichtlich Geschäftsmodelle, die an dieser Werbeökonomie vorbeigehen, weil die schon monopolisiert worden ist.

Gerhart Baum: Also die bezahlt werden müssen?

Frank Rieger: Ja. Das zweite ist, dass diese ganze Werbegeschichte mit Aufmerksamkeitsmonopolisierung zu tun hat. Es geht ja darum, dass Leute möglichst viel Zeit mit ihren Geräten verbringen. Und da fängt gerade eine Diskussionswelle an, die dieses Prinzip kritisiert. Es heißt: Wir können nicht mehr denken, weil wir unsere Smartphones permanent in der Hand haben. Wir können uns nicht mehr konzentrieren, weil wir permanent von irgendwelchen Nachrichten abgelenkt werden.

Und diese Diskussion wird jetzt Mainstream. Es fängt an, in einen Bereich zu kommen, wo sich auch Unternehmen, die nicht wie Google und Facebook davon abhängig sind, das immer weiterzutreiben, dieser Diskussion stellen müssen. Ich glaube, dass da eine Möglichkeit ist, Alternativen aufzubauen und zu sagen: Wir sind einen Schritt weiter. Wir versuchen nicht, ein „Gegen-Google“ aufzubauen, sondern gehen weiter und versuchen, Businessmodelle aufzubauen, die nicht auf Daten basieren. Deswegen ist das ein Schwachsinn zu sagen: Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts. Da fällt mir nicht mehr viel zu ein, denn dieses Öl hat uns den Klimawandel gebracht. (lacht)

Gerhart Baum: Was mich sehr interessiert: Was verändert sich eigentlich im mitmenschlichen Verhalten, in der Kommunikation, im Denken? Wie lösen wir Konflikte? Ich gehe in eine Straßenbahn und von zwanzig Leuten haben fünfzehn das Smartphone an. Und sie starren darauf. Diese ständige Kommunikation führt auch bei mir zu einer Überforderung, ich fühle mich ständig überfordert, muss mich ständig ganz schnell mit Neuem auseinandersetzen.

Frank Schirrmacher hat schon früh überlegt: Was bedeutet das für die Selbstbestimmung und für die abgewogene Kommunikation, die zu Kompromissen führt. Wir kommunizieren ganz anders. Ich schreibe meine Nachrichten auf dem Computer ganz anders als mit der Hand. Was passiert da in der Gesellschaft, in der Psyche der Menschen? Mal abgesehen davon, was die künstliche Intelligenz noch bewirkt. Je mehr ich darüber nachdenke, ist das eine so umfassende Zeitenwende, dass es eigentlich das höchste Interesse hervorrufen müsste, dass sich auch größere Bevölkerungsteile damit auseinandersetzen.

Constanze Kurz: Ich finde dabei das „umfassend“ wichtiger als die „Zeitenwende“. Denn umfassend sagt ja, dass das nicht nur etwas mit unserer Ökonomie macht, sondern auch mit uns selbst. Deshalb würde ich gern die Gelegenheit nutzen, um einen positiven Zukunftsentwurf zu machen. Ich würde mir vorstellen wollen, wie es im besten Falle liefe – angenommen, die Jamaika-Koalition kommt zustande.

Gerhart Baum: Interessant ist natürlich, wie sich die künftige SPD-Opposition verhalten wird. Entdecken da Leute etwa das Thema…?

Frank Rieger: … wir wollten ja eine optimistische Zukunftsvision.

Gerhart Baum: Wir haben auch unser Verfassungsgericht. Das ist ja eine Wucht, was die gemacht haben. Das Verfassungsgericht steht natürlich vor einem Dilemma bei der Vorratsdatenspeicherung, weil sie mit dem Europäischen Gerichtshof umgehen müssen. Den EuGH hab ich lange unterschätzt, habe gedacht, das kann nichts werden. Aber es ist etwas geworden.

Constanze Kurz: Es gab aber keine Reaktion aus der Politik. Dabei war das Urteil vom Dezember 2016 ziemlich klar. Justizminister Heiko Maas hätte handeln müssen.

Hans-Jochen Vogel bei einer Rede im Deutschen Bundestag im Jahr 1983.
Foto: Deutscher Bundestag, Presse-Service Steponaitis.

Gerhart Baum: Er hätte handeln müssen. Er hätte sogar einen Vorwand gehabt zu handeln. Er hätte Sigmar Gabriel sagen können: Ich bin zwar zu Kreuze gekrochen, um des Koalitionsfriedens willen, aber jetzt gibt es eine andere Situation.

Aber zur Zukunft: Ich bin eigentlich immer optimistisch eingestellt zum Leben, zu meinem eigenen und zu dem der Gesellschaft. Ich setzte darauf, dass immer in kritischen Situationen auch Selbstheilungskräfte da sind. Also zum Beispiel bei der RAF haben wir nachher auch eine Phase des Nachdenkens gehabt. Hans-Jochen Vogel und ich haben uns also gesagt: Wir sind zu weit gegangen. Wir müssen die gesellschaftlichen Umstände deutlicher in den Blick nehmen und wir müssen Überschreitungen der Grenzen zurücknehmen.

Das waren nicht unbedingt verfassungswidrige Gesetze, aber doch sehr schwierige Situationen. Im Fahndungsbereich etwa sind wir zu weit gegangen. Also ich setzte darauf, dass sich eine Bewegung in Gang setzt, die die Politik beeinflusst. Die Politik wird nur beeinflusst, wenn sie befürchtet, Wähler zu verlieren, oder hofft, Wähler zu gewinnen.

Die Jamaika-Koalition hat eigentlich eine gute Ausgangsposition. Es gibt eine grüne Partei, die gegen Maas opponiert – nicht in allen Fällen, nicht überzeugend, aber sie hat opponiert. Da gibt es Leute, die ich sehr schätze, die hoffentlich eine Rolle spielen werden im künftigen Bundestag. Und die liberale Partei hat das Bürgerrechtsfeld nie aufgegeben. Das ist mal in den Hintergrund getreten in der Westerwelle-Zeit, aber die Liberalen begreifen, dass das ein Stück ihrer Gene ist: also die marktwirtschaftliche Grundorientierung, die wieder etwas sozialer geworden ist, und die Bürgerrechtsorientierung und andere Themen. Das Digitalthema wird ja sehr stark betont, auch in Nordrhein-Westfalen – aber mehr mit Blick auf wirtschaftliche Chancen, aber nicht mit Blick auf die Gefahren.

Frank Rieger, Foto: CC BY 2.0, re:publica.

Frank Rieger: Ich denke, man muss das kombinieren. Die wirtschaftlichen Chancen liegen gerade darin, datenschutzkonforme, bürgerrechtskonforme Technologien zu entwickeln.

Gerhart Baum: So sehe ich das auch. Sie sind nicht die Zerstörung wirtschaftlicher Chancen, nicht deren Hemmnis – im Gegenteil. Ich denke da immer an den Umweltschutz. Als gesagt wurde, Umweltschutz geht vor Eigennutz, haben sie auch gesagt: Da geht die deutsche Wirtschaft kaputt. Das Gegenteil ist der Fall. Das heißt, dass man mit einem vernünftigen Persönlichkeitsschutz einmal der Verfassung gerecht wird und sich auch neue wirtschaftliche Chancen eröffnet.

Gerhart Baum.

Constanze Kurz: Eine Frage noch: Wird es einen liberalen Innenminister geben?

Gerhart Baum: Nein, das glaube ich nicht. Aber warum nicht einen liberalen Justizminister? Ich plädiere dafür, auch innerhalb der Partei, dass man in diesem Bereich mit einem Ministerium präsent ist. Ideal wäre es, wenn man den Datenschutz aus dem Innenministerium herauslösen könnte.

Frank Rieger: Das fordern wir seit langem.

Constanze Kurz: Vielen Dank für das Gespräch! Wir bedanken uns auch bei den Zuhörern und Lesern.

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 October 23, 2017  n/a