004 – Aussegnung – Der Gemeinschaft ein gutes Ende geben… Nach der Ankündigung, dass der 91 Jährige Karl Maier in meiner fiktiven Hessen-Klinik gestorben ist, vereinbaren wir einen Termin für eine Aussegnung. Eine Aussegnung ist seit Alters ein Rite de Passage – hier am Ende des Lebens. Aus meiner Sicht ist es wichtig, ein solches Ritual zu haben, um eine Zeit für alle Beteiligten gut abschließen zu können. Es ist schade, dass es zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Deutschland immer mehr in Vergessenheit geraten ist. Möglicherweise liegt hierin auch ein Grund für manche depressive Verstimmung im Alltag: Weil die letzte Beziehung eben mit verabschiedet worden ist – Noch nicht einmal mit einem „Geh mit Gott – aber geh! – letztlich wabert die tote Beziehung im Nahbereich, wird bisweilen weg-gedrückt (De-Pression). Ein gutes Ende in Form einer Aussegnung bedeutet das bisherige abzuschließen, es in gutem Sinne „Rund“ zu machen. Das ermöglicht in einem nächsten Schritt, das Gewesene anzuerkennen – denn er/sie war ein Teil des guten Lebensabschnittes – einer gemeinsamen Zeit, die nun zu Ende gegangen ist. Für mich als Evangelischen Pfarrer bedeutet dies, dass ich im Krankenhaus bestimmte Dinge für diese Aussegnung mitbringe. Wie dieses Ritual bei dem Einzelnen konkret ausgestaltet wird, ergibt sich auch aus dem Gespräch mit den versammelten Angehörigen. Im Folgenden erzähle ich einen beispielhaften Ablauf. Die Aussegnung ist aus meiner Sicht ein sehr wichtiges Ritual am Ende einer gemeinsamen Zeit, am Ende einer Gemeinschaft. Und das nicht nur im Intimbereich Familie … Wenn ich mir im Kontext von Coaching für Unternehmer und Führungskräfte von Konfliktsituationen erzählen lasse – vor allem von Konflikten, die immer wieder kommen, wird häufig deutlich, dass die Abschiedskultur bestenfalls ungeordnet ist. Das Gute ist – hier kann man dran arbeiten und (s)eine Kultur für alle positiv sichtbar verändern. Das Gewesene muss erst, wie es Herbert Groenemeyer in seinem Lied „Der Weg“ ausdrückt „Sicher in meiner Seele“ angekommen sein. Dann ist Raum für Neues, der gleichsam positiv das bisherige würdigt.