002 „Mein Partner kommt als Pflegefall nach Hause … Wer sorgt für mich als Angehörige?“
Ausgangssituation, die jede(n) treffen kann:
Der Partner erleidet einen massiven Infarkt und überlebt Dank schnellem Eingreifens einer zufällig anwesenden Ärztin. Die Rettungskette funktioniert hervorragend, der Patient wird in die „Hessen-Klinik“ eingeliefert.
Die Klinikseelsorge wird angefragt und begleitet den Patienten und die Familie in dieser sehr schweren Zeit. Nach einigen Wochen im Krankenhaus steht fest: Der Patient ist ein Schwerstpflegefall. Er ist weitestgehend austherapiert, also die Ärzte in der Klinik können seinen Gesamtzustand in der Klinik nicht nachhaltig verbessern. Mit dieser Situation wird er nach Hause entlassen.
Fragen die sich nicht nur dem Klinikseelsorger, sondern vor allem den nächsten Angehörigen stellen:
• Was wäre wenn – eben keine Ärztin dagewesen wäre und beherzt eingegriffen hätte?
• Was hätte der Patient bei einer möglichen Patientenverfügung gewollt – Habe ich überhaupt eine?
• Welche Entscheidung wäre von den Angehörigen und dem Ethikkomitee zu treffen, wenn das Leben nur noch an Maschinen hängt?
Keine einfachen Fragen und erst recht keine einfachen oder auch allgemeingültigen Antworten.
Und daheim bei den Angehörigen?
Während der Patient in seinem Leiden gut versorgt in der Klinik liegt, könnten sich daheim ganz andere, ebenfalls existentielle Sorgen auftun. Wirtschaftliche Aspekte? Was bedeutet das für die Beziehung, für die Familie? Möglicherweise die Erweiterung der Beziehung von zwei auf drei – zum Wohle aller?
Für den Patienten wird gesorgt – aber was ist mit den nächsten Angehörigen, die nun massiv an ihre physischen, psychischen und finanziellen Grenzen – gegebenenfalls auch darüber hinauskommen. Manche drohen in dieser Situation unter zu gehen oder auch sich selbst, zu Gunsten des Patienten, aufzugeben. Aber: „Man kann auf die Dauer nur für andere gut sorgen, wenn man für sich selbst gut sorgt.“
Als Angehöriger darf ich erst einmal für mich selbst sorgen
„Ich darf sein“ – christlich begründet in der Taufe. Ich bin – ich darf sein – ich muss nicht erst noch werden, geschweige denn mich selbst verleugnen – oder gar mich für den anderen aufgeben – dann kann ich auf die Dauer ihn auch nicht mehr unterstützen, sondern brauche selbst Hilfe.
Was brauche ich wirklich?
„Was brauche ich wirklich?“ – Zeit, Menschen, die mir die richtigen Fragen stellen, die ein Stück des Weges mit mir gehen – vielleicht auch schweigsam, mit tragen / aushalten, nicht weglaufen. Menschen, die für mich- auch wenn ich es erst mal nicht erfahre, vielleicht auch gar nicht will – für mich beten, für mich glauben – wenn ich es in diesem Moment nicht kann.
Aber schnelle Antworten oder Rat-Schläge sind in der Regel genauso wenig hilfreich, wie verpflichtende Wege, die mit dem fremden oder gar weitestgehend vollständigen Anspruch der Erlösung daherkommen. Was brauche ich wirklich? Möglicherweise sind nun auf einmal bereits vorgezeichnete Schritte dran, die aber lange Zeit nicht gegangen worden sind.
Ein Weg des in sich Hineinspürens (ohne dort zu bleiben), möglicherweise auch mit (professioneller) Hilfe, bei dem das „Ich darf sein“ immer größer wird und in ein gutes gestärktes „Ich bin“ mündet.
Dann stehen Ihnen als Angehörige mehr Ressourcen für sich selbst zur Verfügung hat, mit denen Sie dann auch den anderen unterstützen können – ohne daran zu zerbrechen. Hier ist Kreativität nicht nur erlaubt, sondern gar geboten. Zum Wohl von Patient/Patientin und Angehörigen.