Anders & Wunderlich: Der Geschichten-Podcast

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Rom. In 1500 Sekunden.


Die Geschichte Roms – oder sagen wir vorsichtig West-Roms – dauerte an die 1200 Jahre. Ein Haufen Zeit: Wie soll man sich damit nur im Ansatz beschäftigen können?

Ziemlich schwierig, speziell in den heutigen Zeiten, wo wir doch alle mit Wichtigerem als Geschichte beschäftigt sind. Twitter, Facebook oder Instagram – um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Darum gibt es heute von Herrn Wunderlich einen Schnellkurs in der Geschichte von – sagen wir vorsichtig West-Rom. 1200 Jahre in 1500 Sekunden.

Download der Sendung hier.
Musik: „Born to Conquer“ von Phil Rey / CC BY-NC-SA 3.0

Skript zur Sendung

Man muss sich wirklich fragen: Mal abgesehen von sanitären Einrichtungen, der Medizin, dem Schulwesen, Wein, der öffentlichen Ordnung, der Bewässerung, Straßen, der Wasseraufbereitung, der allgemeinen Krankenkassen und dem Frieden – was, frage ich euch, haben die Römer JE für uns getan?

Wenn man also so möchte, liegen die Anfänge des „Leben des Brian“ irgendwo in den Hügeln Mittel-Italiens verborgen.

In einem kleinen Dorf, dem man so ca. 800 v.Chr. nicht ansieht, dass es einmal Namensgeber für ein Weltreich wird. Ein Haufen latinischer Bauern, die da zwischen sieben sanften Hügeln siedeln.

Was haben bloß diese Latiner, dass sie einmal so bedeutend werden würden?

Nun, sie haben erst einmal tolle Nachbarn. Im Süden leben eine Menge von alten Griechen, die im Prinzip ein friedlicher Haufen sind. Und im Norden leben die Etrusker. Die mit den Griechen Handel treiben.

Und zwischen der Toskana – auf römisch heißen die Etrusker die Tusci – und den griechischen Städten an der Stiefelsohle Italiens liegt, ziemlich genau in der Mitte: Rom.

Eine offene, freie, tolerante Stadt. Ein Ort, wo sich jedermann niederlassen durfte. Ob er jetzt aus Tarquinia vor den Ertruskern floh oder aus Tarent vor den Griechen.

Denn in Rom konnten sie alle voll gleichberechtigte Staatsbürger werden. Dieses Bürgerrecht ist das Geheimnis des römischen Erfolgs.

Die Römer hatten kein Problem mit Migranten oder Flüchtlingen, denn sie hielten sich selber für die Nachfahren von Flüchtlingen. Aeneas war ein Sohn aus einer seltsamen Seitenlinie der Könige von… Troja. Und Aeneas schleppte seinen Vater persönlich von Istanbul nach Rom. Bei Gegenwind. Im Schnee. Den steilen Berg hoch. Im Dunkeln!

Aeneas‘ Ur-Enkel gründeten die Stadt Rom. Wobei sich das gewalttätigere der beiden Enkelchen durchsetzt und zum ersten Herrscher Roms wird. Den Namen Romulus merken wir uns also. Den brauchen wir noch für einen Witz in 1120 Sekunden.

Romulus heißt also der erste legendäre König Roms. Seit eben 7-5-3, Rom schlüpft aus dem Ei.

Von denen es angeblich genau sieben gegeben haben soll. Von den Königen, nicht den Eiern.

Am Anfang kupfern die Römer erst einmal alles, was sie so klauen können, von den Etruskern ab.

Ihren Kalender zum Beispiel, oder die Buchstaben, oder die Kanalisation. Wie man Äquadukte baut und Brücken, wie sie heute noch auf Euro-Scheinen abgebildet sind – alles aus der Toscana geklaut.

Es macht also Sinn, dass die letzten drei römischen Könige gleich selber Etrusker sind.
Macht den Know-How-Transfer effektiver.

Der letzte König hieß Lucius Tarquinius Superbus. Von dem wissen wir rein objektiv eigentlich nur positive Sachen. Er erweitert das Königreich, plant die Cloaca Maxima, die auch heute noch, 2500 Jahre später, tadellos funktioniert. Und er baut den Jupitertempel auf dem Kapitol.

Aber nein, er ist ein böser Tyrann, sagt Ovid. Denn sein Sohn vergewaltigt die Lucretia, die sich dann aus lauter Schmach umbringt. Weswegen die Römer die Tyrannei des Vaters des Vergewaltigers abwerfen und die Republik gründen.

Das klingt nicht nur wie eine ausgesprochen lächerliche Propagandalüge, das ist wahrscheinlich auch eine. Fake-News. Frauen waren bei den Römern fast genauso egal wie den Griechen.

Trotzdem, die res publica war gegründet. Da hatte man also den Schlamassel.

Statt eines Tyrannen hatte man jetzt zwei Konsule. Die kuckten sich beim Herrschen gegenseitig auf die Finger. Und die durften das auch nur ein Jahr, dann waren die Nächsten dran.
Die ersten Konsuln – 509 v.u.Z. – hießen Lucius Iunius Brutus und Lucius Tarquinius Collatinus. Die den König Lucius Tarquinius Superbus ablösten. Man kann sehen, wie unübersichtlich alles wird, wenn bestimmte Vornamen für Jungs zu modern werden.

Und die wurden von einem Parlament gewählt. In dem saßen „die Väter“. Die 300 Patres. Daher auch das Wort Patrizier.

Kurz die Herrscherklasse Roms. Die, die schon ein bisschen länger Römer waren und schon einmal ein Pferd geritten sind. Das war so ungefähr die Qualifikation. Die nennen sich jetzt Senatoren und das Parlament nennen sie, namentlich passend, Senat.

Das kann man eigentlich nicht Demokratie nennen. Denn da ist kein Demos, kein Volk.

Außer den Patriziern gibt es bei den Römern den Plebs. Die hoi polloi also.
Die Masse. Beamter zum Beispiel kann so ein Plebejer niemals werden.

Und allgemein hatte man eigentlich auch nichts zu melden, obwohl man für die dicken alten Männer im Senat in den Krieg ziehen musste. Und das ununterbrochen. Und die Waffen auch noch selber kaufen! Die Söhne der Patrizier waren natürlich von Geburt schon Offiziere, klar.

Die Geschichte des „öffentlichen Dingsbums“, wie man res publica auch übersetzen könnte, war ein ständiges Ringen zwischen Senat und Plebs.

Da sagen zum Beispiel die Plebejer: „Macht doch euren Scheiß alleine. Jetzt ist es aber auch genug. Wir gehen zu den Nachbarn, die haben auch ganz nette Töchter!“
Sagen die alten Männer: „Wartet mal! Kuckt ‚mal, wir haben hier den Volkstribun. Den dürft ihr wählen und der kann in eurem Namen ein Veto einlegen, cool, oder?“

Ist das Volk halt noch einmal geblieben. Und um das zu symbolisieren, dass man sich jetzt wieder lieb hatte, druckte man SPQR auf die Kanaldeckel. „Senat und Volk von Rom“ heißt das. Und steht auch noch heute auf den Kanaldeckeln, nebenbei erwähnt.

Und so hatten sich alle lieb, bis plötzlich 390 vor Christus die Gallier kamen und Rom eroberten. Also fast. Nur auf dem Hügel mit Namen Kapitol hielten die tollsten Römer die Stellung. Und auch ihre Gänse, die bei Gefahr Alarm auslösten.

Allerdings ließen sich die Gallier unter Brennus den Rückzug teuer bezahlen. „Vae Victis“ soll er den Römern beigebracht haben. Auf Deutsch: „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.“ Das merkte man sich in Rom und ging mit unterlegenen Gegnern auch immer schäbig um.

Aber das war ein Schock, diese Gallier. Erobern die fast Rom und das sogar ohne Zaibertrank. Also beschloss man, das römische Militär zu modernisieren. Und sowohl die etruskischen als auch die griechische Vorbilder zu übertreffen. Und die Etrusker und Griechen in Italien gleich mit, wenn man schon einmal beim Modernisieren war.

Das war um 280 v. Chr. Keine einfache Sache, nebenbei erwähnt. Damals war der heiße Scheiß beim Barras ja gerade die Phalanx. Mit dieser hatte Alexander schließlich ganz Asien überrollt und erst vor den Elefanten in Indien reißaus genommen.

Doch den Römern sind die Griechen nicht wirklich gewachsen. Zwar gewinnt der Feldherr Pyrrhus – ein entfernter Verwandter von Alexander – jede Schlacht, aber verliert trotzdem den Krieg. Weil die Römer sich um den Verlust an Menschen einfach nicht scheren.

In hundert Jahren hatten die Römer den italienischen Stiefel komplett romanisiert. Klar, zu einem großen Teil erobert, aber in Wirklichkeit haben die Römer die anderen Stadtstaaten auch auf vielfältige Weise an sich gebunden. Als Bundesgenossen oder Partner. Es war nicht nur militärisches Geschick, sondern auch diplomatisches.

Als aber Italien ganz römisch war, was gab es da noch so zu tun?

In ihrer Hälfte des Mittelmeeres waren jetzt eigentlich nur die Phönizier übrig. Oder genauer, die Punier, so nannten sie die Römer.

Arrnagierte man sich mit denen irgendwie? Oder eher nicht?

„Ceterum censeo, Carthaginem esse delendam!“ – ooch, dieser Cato! Mann, der konnte vielleicht nerven! Na gut, na gut, zerstören wir halt Carthago – aber dann gibst Du Ruhe!

Allerdings mussten sich die Römer erst einmal selber die Seefahrt beibringen. Die Punier waren ein Seevolk und die Römer ein Landvolk. Man klaut sich also das Schiffs-Design der Punier und baut es so um, dass man mit dem Seevolk einen Landvolk-Krieg führen kann.

Klar, Hannibal und die Elefanten. Die Schlacht von Cannae – riesige Pleiten für das römische Militär. Aber halt nur solange, bis man sich dem Gegner wieder angepasst hatte. Und dann zusätzlich noch den längeren Atem und den besseren Nachschub hat.

Nach den punischen Kriegen gibt es wenig, was Rom eigentlich noch zu Fall bringen kann. Außer Rom selber. Senat und Plebs liegen sich wieder in den Haaren.

Hauptsächlich liegt das daran, dass Sklaven durch die ganzen Eroberungen so richtig billig wurden. Billiger als Bauern. Und Getreide auch richtig billig wurde. In Karthago konnte man das zweimal im Jahr ernten.

Also machten die Kleinbauern pleite. Und wo sollten sie hin. Sie zogen nach Rom. Da gab es immerhin blutiges Brot und leckere Spiele. Oder umgekehrt…

Die Reichen kauften sich derweil noch mehr Land und wurden noch reicher.

Marius und Sulla heißen zwei der wichtigen Namen, die wir mit einem Bürgerkrieg verbinden, der – wenn man ein bisschen größzügig ist – 150 Jahre dauert.

Und Sulla steht mit seiner Person viel deutlicher für das Ende der alten Republik, als zum Beispiel Gaius Julius Caesar. Aber den kennt man halt aus den Asterix-Comics.

Bevor aber Cäsar und seine beiden Viren kommen, bekommen alle Einwohner Italiens den römischen Pass. Das ist eine sehr neue und wichtige Idee! Diesen Kniff hatten die Griechen nicht gelernt. Die man nebenbei erwähnt, auch gerade erobert hat.

„Also, diese Griechen, die sind ja so gebildet und distinguiert. Meine Freundin Sulla lernt jetzt auch Griechisch. Das ist ja so viel eleganter und melodiöser als unsere Bauernsprache Latein. Das ist in ganz Rom bei der Oberschicht so etwas von der letzte Schrei. Wer etwas auf sich hält, der legt sich griechische Sklaven zu. Vor allem bei der Erziehung der Kinder ist das sowas von modern!“

Äh. Genau. Zurück zu dem Julius. Zusammen mit zwei Kumpels bildet der das erste Triumvirat. Nix Tribun, nix Senator, nix Konsul. Einfach Vir. Also nicht wie in Virus, sondern wie in Mann.

Pompeius, Crassus und Caesar heißen die Bros.

Pompeius hatte im Osten des Reichs große Gebietsgewinne erreicht und Crassus war einfach sehr, sehr reich. Krass reich.

Cäsar hatte Gallien erobert. Klingt sehr sachlich und stellt sich im „De bello Gallico“ auch alles sehr zivilisiert dar. Aber die Römer hatten ja seit „Vae Victis“ mit Genoziden kein Problem. Auf seinen Feldzügen hatte Cäsar wahrscheinlich eine Million Gallier direkt oder indirekt getötet und eine weitere versklavt.

Das ist nicht so ohne, wenn man bedenkt, dass die Weltbevölkerung im Jahre 50 v.Chr. um die 300 Millionen war. Mit China und Amerika und Australien und mit allem drum und dran.

Die Triumviren aber können sich auf Dauer auch nicht so richtig ausstehen und am Ende bleibt Cäsar übrig. Während er seine Ex-Kumpel verfolgt, macht er so nebenbei ein Baby mit Kleopatra, die wohl in Wirklichkeit nicht besonders hübsch war, sondern eher intelligent.

Als seine Gegner im Senat ihn niederstechen – nicht um die Demokratie zu retten, sondern aus Angst, Cäsar wäre ein Diktator wie Sulla – hält sein Lieblingsseoldat Marc Anton eine Rede und bricht dann selber zu Cleopatra auf.

Denn der rechtliche Erbe von Cäsar ist – Riesen-Überraschungseffekt! – der Adoptivsohn Octavian.

Das mit dem Adoptieren hat übrigens nicht die gleiche Bedeutung wie heute. Ist eher so eine Art von ererbbarer Festanstellung.

Aus Octavian wird dann Augustus. Der beeendet erst einmal alle Bürgerkriege. Und gibt sich alle Mühe, nicht wie ein Imperator zu wirken. Er nennt sich bescheiden nur den obersten Senator. Und den Beschützer der Außengrenzen. Ja, hat was von Star Wars, ich weiß.

„Huch, ihr wollt mir einen Tempel erbauen? Im Ernst? Also, das ist mir aber peinlich! Muss das sein? Ich bin doch nur ein ganz unbedeutender kleiner Soldat…“
„Na, dann halt nicht.“
„Ha! Schon überredet! Du bist aber wirklich ein begabter Rhetoriker!“

Man kann dem Augustus einiges anlasten. Immerhin hat er dem Reich Frieden gebracht innerhalb der bestehenden Grenzen und damit auch Wohlstand. Und Augsburg, hier ums Eck, hat er auch gründen lassen. Und das Volk hat er zählen lassen. Steht zumindest in der Bibel.

Und er brachte unseren Kalender dann endgültig durcheinander. Da hatte sich schon der Julius verweigt, nun musste auch der Augustus. Darum ist der siebte Monat, September, jetzt der Neunte. Und der zehnte, Dezember, der zwölfte. Für Zwangsneurotiker 2000 Jahre die Hölle!

Mit Augustus kam dann die Idee auf, dass der Job als oberster Römer vererbbar ist. Oder zumindest eine Familiensache. Und darum wird es jetzt abenteuerlich – kennt ihr sicher selber von Verwandschaftstreffen. Nach Augustus kamen Tiberius, Caligula, Claudius und Nero, alle aus seiner Sippschaft.

Das Urteil über diese ersten Kaiser hat die Geschichte schon in der Antike gefällt. Und das war damals schon nicht besonder gnädig. Tiberius war paranoid, Caligula machte sein Pferd zu einem Senator, Claudius stotterte und Nero gewann bei den Olympischen Spielen in allen Disziplinen, in denen er antrat – klar, wer würde ihn schon besiegen wollen?

Das meiste über diese Kaiser wissen wir von Tacitus. Das ist DER Historiker, der auch behauptet, dass es weit im Norden einen germanischen Stamm gibt, der unter Wasser lebt. Mit riesigen Hauern und Riesen-Schanuzbärten.

Während man also das Berufsbild „Kaiser“ in Rom noch entwickelte, expandierte das Reich wie automatisch an allen Fronten weiter. Im Prinzip kannte eine römische Legion nur die Vorwärtsbewegung. Was sollten sie auch sonst tun? Sesshaft-Werden? Das mussten sie erst noch lernen.

Der Senat hatte nach all‘ diesen Julianern nichts mehr zu bestimmen, es war jetzt die Leibgarde des Kaisers, die Prätorianer, die den Nachfolger des gerade dahin Geschiedenen bestimmten.

Die nächsten Kaiser kamen aus einem einfachen italischen Bauerngeschlecht. Vespasian und Titus heißen die. Und die haben im Nahen Osten mit ihren Feldzügen und ihrem Genozid eine der Keimzellen zu dem Chaos gelegt, dass wir immer noch kennen.

Im zweiten Jahrhundert herrschten dann die „guten Kaiser“. Das ist sehr einfallsreiches Marketin. Wählt den Kaiser. Er ist sehr gut.

Es folgen: Trajan, Hadrian, Antonius und Marc Aurel.

Trajan wurde von seinen Zeitgenossen für den Best Imperator ever gehalten. Rom wurde eine Millionenstadt, das Reich erreichte seine größte Ausdehnung. Verwaltet übrigens durch ein Straßennetz, dass man auch heute noch den Landkarten von Europa ansehen kann.

Es war dann wohl Hadrian, mit dem irgendwie auch der Untergang begann. Oder sagen wir einmal der Gegentrend.

Der war nicht blöd, der Hadrian. Der bemerkte ganz richtig, dass sein Reich zu groß wurde.

Eigentlich bemerkte er vor allem, dass an den Grenzen nichts Sinnvolles mehr zu erobern war. Schottland? Wer wollte schon nach Schottland? Germanien? Die hatten ja nicht einmal richtige Dörfer? Arabien? Nur Sand, so weit das Auge reicht. Das machte alles wirtschaftlich keinen Sinn.

Es machte mehr Sinn, mit dem Erobern aufzuhören und das bereits Eroberte zu verwalten. Also baute Hadrian Mauern.

Und das ist, zeigt die Geschichte, immer ein Symbol für ein innerliches Scheitern.

Wer Mauern baut, der hat meistens schon verloren. Kann man auch gut daran erkennen, dass der letzte „gute“ Kaiser Marc Aurel sein Leben mit sinnlosen Kriegen verplemperte.

Dass ist ungefähr so die Zeit vom Film „Gladiator“. Ach, wer den Film kennt: Es ist nicht so, dass alle Männer in der Antike immer, immer Unterarmbänder aus Leder tragen! Das ist nur in schlechten Sandalenfilmen und in „Gladiator“ so.

Aber: Es stimmt, dass Marc Aurels Sohn, Commodus, von einem Gladiator getötet wurde. Allerdings nicht im Circus Flavianus, wie das Colosseum eigentlich heißt, sondern daheim.

Und mit dessen Tod ging es dann schnell bergab. Ab jetzt muss man die Namen der Kaiser nicht mehr wissen. Oder kennt ihr: Pertinax, einen freigelassener Sklave oder Didius Julianus, der sich den Titel kaufte, oder Septimius Severus, dessen Hobby es war, überall Hanniball-Denkmäer zu errichten? Oder Heligiobal, ein Sonnenanbeter aus dem Irak oder Maximius Thracus, von Beruf Schäfer? Aber ein Schäfer, der halt echt verdammt gut aussah…

Das wäre so, als ob in den USA, sagen wir, einmal „The Rock“ Präsident würde! Wie? Ach so…

212 regierte Caracalla. Der erteilte jetzt in einem letzten großen Verwaltungsakt praktisch allen Bewohnern des Imperiums die römische Staatsbürgerschaft. Die aber, rein rechtlich, sowieso nicht mehr die Bedeutung hatte, wie in der Republik. Es war ein bisschen zu spät…

Das Reich begann zu zerbrechen. Diokletian stemmte sich noch einmal mit aller Macht entgegen. Um es überhaupt noch verwalten zu können, teilte er das Reich in vier ungefähr gleich große Teile.

Mit vier Hauptstädten. Und keine davon hieß Rom. Und mit vier Cäsaren.

Er selber war also auch nur ein Cäsar. Aber – hoppla – auch der eine und einzige Dominus.

Das ist übrigens die Anrede, die Skalven für ihre Herren benutzten.
Da lässt sich nun wirklich kein Gramm Republik dahinter mehr verstecken.

Obwohl Diokletian also die ersten Samen für das Feudalsystem des Mittelalters gesetzt hat, legt er selber sein Amt nieder und wird Bauer. So um 305 nach Christus. Kohl baut er an. Blühende Landschaften…

Nach der Vierteilung des Reichs folgt die Zweiteilung. Im Prinzip war das Reich schon seit jeher geteilt in einen armen, einfachen, lateinischen Westen und einen reichen, prunkvollen, griechischen Osten.

An dieser Stelle zerbricht es dann auch. Eine Sollbruchstelle, angelegt von Kaiser Konstantin, der den Umzug nach Konstantinopel in die Wege geleitet hat. Wissend, dass der Westen ein unrentables Kuddelmuddel ist.

Übrigens ist auch die christliche Kirche an dieser Stelle geteilt in eine lateinische, das wäre die römisch-katholische und eine griechische, nämlich die orthodoxe.

Der östliche Teil des römischen Reichs sollte noch tausend Jahre bestehen. Wir im Westen nennen das Byzanz, die Byzantiner selber haben sich immer Römer genannt.

Im Westen ist aber Schicht im Schacht. Odoaker heißt ein germanischer General. Der hatte unter Attila gedient und der setzte den letzten weströmischen Kaiser einfach ab.
„Hier, Bübchen, gib‘ mir Deinen Kranz und das Schwert und husch, husch, kannst spielen gehen!“
Sic transit gloria mundi.

Die Insignien des Kaisertums schickte er nach Ostrom.
Braucht hier keiner mehr, könnt ihr haben, schreibt er auf die Begleit-Postkarte aus Ravenna.

Und damit ist Rom Geschichte.

Zum Schluss noch der Witz am Ende der Erzählung, den ich vor 1100 Sekunden angekündigt hatte:

Der letzte Herrscher über Rom hieß Romulus. Genau wie der Erste.


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 July 10, 2018  34m