Buchbesprechungen To-Go

"Buchbesprechungen To-Go" bietet Buchnarren die Möglichkeit, auch während des Einkaufs, auf dem Fahrrad oder im Auto meine Meinungen zu den von mir gelesenen Büchern zu hören.

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Mein Sommer auf dem Mond von Adriana Popescu


Seit über zwei Jahren folge ich Adriana Popescu nun schon auf Twitter, like und kommentiere ihre Tweets und verfolge gespannt ihrem Schreibporzess. Nur an ihre Bücher habe ich mich bislang noch nicht herangetraut. So doof das vielleicht auch klingen mag, aber ich hatte einfach immer Angst, dass mir die Bücher der mir so sympathischen Autorin nicht gefallen könnten, dass ich lieber ganz die Finger von ihnen gelassen habe. Bis jetzt. Nachdem ich mitbekommen habe, um was es in dem Buch geht, konnte ich einfach nicht anders, als es bei mir einziehen zu lassen und es schließlich auch zu lesen. Und ich war so nervös!

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Erschienen: März 2018 cbt Verlag | Format: brochiert | Seiten: 400  | Bewertung: 5 von 5 Fläschchen

Meine Meinung als Podcast:


Worum geht es?
Rügen ist eins der beliebtesten Urlaubsziele Deutschlands, was bei den wunderschönen Stränden und der lauen Brise auch wirklich nicht verwunderlich ist. Auch Fritzi wollte schon immer mal ihren Sommer auf der Insel verbringen, allerdings gemeinsam mit ihrer besten Freundin Isa und nicht alleine in einem Therapiezentrum für Jugendliche mit psychischen Krankheiten. Wobei alleine nicht so ganz richtig ist, denn zusammen mit ihr sind noch drei weitere Teenager im dritten Stock der Einrichtung untergebracht. Sie sind die Astronauten des Sonnenhofs und gemeinsam müssen sie nicht nur lernen, sich der Welt und sich selbst zu stellen, sondern auch zu vertrauen ..

Keine neunmalklugen Therapieansätze
Ich habe in den vergangenen Monaten einige Bücher gelesen, die sich dem Thema psychische Krankheiten annehmen. Einige von ihnen haben mehr versprochen, als sie schlussendlich halten konnten, andere dagegen schossen mir mit ihrem belehrenden Unterton etwas zu sehr übers Ziel hinaus. Nur drei dieser Bücher hatten keinen faden Beigeschmack, die Probleme realistisch geschildert und nie den Eindruck gemacht, den Leser therapieren zu wollen. Eins von ihnen ist dieses hier. Mein Sommer auf dem Mond erzählt von Fritzi, Bastian, Tim und Sarah, die die Astronauten des Sonnenhofs sind, wobei Fritzi und Bastian abwechselnd die Rolle des Ich-Erzählers inne haben. Das hat natürlich zur Folge, dass man sich diesen beiden näher fühlt, als Sarah und Tim und doch hatte ich nie das Gefühl, als wären letztere mir fern. Ganz im Gegenteil, Fritzi und Bastian sind so gute Beobachter, dass sie mir alle Informationen gegeben haben die ich brauchte, um auch Sarah und Tim kennenzulernen und ein Gefühl für sie und ihre Probleme zu bekommen. Und um diese Probleme ging es in dem gesamten Buch. Nicht um seitenweise trockene Therapiesitzungen, Belehrungen und neunmalkluge Ratschläge, sondern einfach nur um die Probleme der Figuren, um Freundschaft, das Gefühl, wertvoll zu sein und um das Leben.

Der Coolness-Faktor
Nein, ich möchte nicht sagen, dass irgendetwas an psychischen Krankheiten cool ist, aber an diesem Buch, das psychische Krankheiten thematisiert, schon. Zu erklären, was in unseren Köpfen vor sich geht, ist verdammt schwer und ich glaube, auch Adriana hat all das nicht mal eben aus dem Ärmel geschüttelt, auch, wenn Mein Sommer auf dem Mond trotz des ernstes Themas eine Menge Leichtigkeit und Lebenslust versprüht. Sie hat diese zentnerschweren Probleme und Sorgen im Wasser schwimmen lassen, damit sie an Gewicht verlieren, ihnen Flügel verpasst, damit sie sich vom Rückenwind tragen lassen können und so immer wieder – mal etwas leiser, mal etwas lauter – verdeutlicht, dass das Leben verdammt schön ist und sich der Kampf lohnt und das einfach mal eben nebenbei. Ja, aber was hat es denn nun mit dem Coolness-Faktor auf sich? Ganz einfach: Adriana hat den Krankheiten eine eigene Stimme gegeben und zwar eine, mit der wir etwas anfangen können und die unser aller Sprache spricht. So kommt es, dass die Welt rund um Harry Potter zum Rettungsanker bei Panikattacken wird oder das unter anderem Darth Vader und Voldemort in die Rollen der eigenen Dämonen schlüpfen und versuchen, so viel Schaden wie eben möglich anzurichten.

Die Worte, die mir fehlten
Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich gefragt wurde, was während meiner Panikattacken in mir vorgeht, warum ich so übertriebene Angst habe und wieso ich das nicht einfach kontrollieren kann, wo ich doch selbst ganz genau weiß, dass mir eigentlich gar keine Gefahr droht. Jedes Mal stand ich vor dem Problem, meine Gedanken und Gefühle so in Worte zu fassen, dass jeder versteht und jedes Mal bin ich kläglich gescheitert. Und nun kommt Adriana daher, schreibt ein Buch und sagt genau das, was ich immer sagen wollte und wie ich es sagen wollte. Sie erklärt den Kampf mit uns selbst, die Scham, die Zweifel, den Selbsthass, die Resignation, die Traurigkeit und noch so vieles mehr, was in Betroffenen vor sich geht, als wäre es das Einfachste der Welt. Beinahe das gesamte Buch über habe ich immer wieder dabei erwischt, wie die Stimme in meinem Kopf lauthals Ja, verdammt! gerufen hat, weil es einfach alles absolut treffend in Worte gefasst wurde.

Kurzum
Willkommen auf der Liste der Jahreshighlights, liebes Mein Sommer auf dem Mond! Lange lange hatte ich Angst, dieses Buch zu lesen und jetzt, nachdem ich es durch habe, weiß ich gar nicht so recht, wohin mit mir. Nie im Leben hätte ich erwartet mit Mein Sommer auf dem Mond zu einem Buch zu greifen, dessen Figuren mich durchweg begeistert haben. Adriana hat das Buch mit Worten gefüllt, die mir bislang fehlten und dafür danke ich ihr sehr.

Weitere Meinungen zu dem Buch: Magically Princess | Catas Welt | Bookaholic

Der Beitrag Mein Sommer auf dem Mond von Adriana Popescu erschien zuerst auf Kunterbunte Flaschenpost.


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 July 8, 2018  n/a