Buchbesprechungen To-Go

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Sieben Nächte in Tokio von Cecilia Vinesse


Auf Sieben Nächte in Tokio bin ich in allererster Linie – oh Wunder! – auf Grund des Covers aufmerksam geworden. Mich mit dem Klappentext beschäftigt und mir Gedanken um das gemacht, was mich innerhalb der Buchdeckel wohl erwarten würde, habe ich allerdings erst, als der Verlag im Rahmen einer Aktion wissen wollte, wie wir die paar Tage vor dem Abschied verbringen würden. Diese Frage hat in mir Vergangenes wieder hochgewühlt, mich Erinnerungen ausgesetzt, die ich gleichermaßen liebe und hasse und gleichzeitig in mir den Wunsch ausgelöst, noch einmal so eine Situation zu erleben und dabei vielleicht einige Dinge anders machen zu können. Dafür nun selbst alle Brücken abbrechen und das Land verlassen, kam für mich auf die Schnelle allerdings nicht in Frage, umso besser also, dass es Bücher gibt, die uns, während wir auf unserem sicheren Sofa liegen, in die unterschiedlichsten Abenteuer entführen und eine Emotionsachterbahn nach der anderen fahren lassen.

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Erschienen: August 2016 im dtv Verlag | Originaltitel: Seven Days of You | Format: Gebunden/Ebook | Seiten: 304
Übersetzung: Stephanie Singh | Bewertung: 4 von 5 Fläschchen
Meine Meinung als Podcast:


Aber worum geht es überhaupt?

Sophia bleiben nur noch wenige Tage, bis ihre Kisten und Koffer abgeholt werden und sie gemeinsam mit ihrer Mutter Tokio verlassen wird. Vielleicht nicht für immer, aber zumindest für eine sehr lange Zeit. Die Augen vor dem Unausweichlichen zu verschließen und einfach so zu tun, als hätte sie noch ewig Zeit, um ihre Sachen zu packen, sich mit ihren Freunden zu treffen und all die Dinge zu tun, die sie liebt, schien ihr zu Beginn des Sommers ein guter Plan, doch plötzlich bleiben ihr nur noch 6 Tage und 7 Nächte, bis sie ihr Leben in Tokio aufgeben und ihren Freunden Lebewohl sagen muss. 6 Tage und 7 Nächte, um noch einmal richtig Spaß zu haben, alles auszukosten und Dinge zu tun, denen man vorher aus dem Weg gegangen ist. 6 Tage und 7 Nächte, um ein gebrochenes Herz zu kitten …

Frau Vinesse ist es gelungen
mir mit ihrer Darstellung Tokios die Lichter und das kunterbunte Leben dieser großen, lebendigen Stadt während des Lesens vor Augen zu führen, mich hineinzukatapultieren in die Welt des Karaoke und Ramen, wodurch sich bei mir schnell eine Art Wohlfühlstimmung während des Lesens einstellte und ich neugierig ob all der interessanten Plätze, die wir dank Sophia kennenlernen dürfen, an den Seiten klebte. Dass wir als Leser durch einen Schauplatz wie Tokio natürlich auch mit japanischen Begriffen konfrontiert werden, ist unausweichlich, allerdings hätte ich mir gewünscht, dass diese auch erklärt werden. So kam ich bei dem Versuch, die fremden Wörter zu lesen, nämlich nicht nur ins Stocken, sondern musste mir ihre Bedeutung aus dem Kontext zusammenreimen, was mich irgendwann leider doch ein wenig genervt hat.

“Ich glaube, man hat eine Wahl”, flüsterte er.
“Du kannst dich entscheiden, wohin du gehörst, und diese Orte werden dich immer daran erinnern, wer du bist. Du musst sie nur wählen.” (S. 168)

Neben Ich-Erzählerin Sophia, die nicht nur durchweg sympathisch war, sondern auch ein wenig verloren, unsicher und sehnsüchtig wirkte und deren Entwicklung im Laufe der Handlung mich emotional werden ließ, spielen vor allem ihre Freunde eine große Rolle. Mika und David sind ihr nicht nur das Wichtigste, sie hat durch sie auch das erste Mal das Gefühl, irgendwo wirklich dazuzugehören. Und während ich die leicht durchgeknallte Mika ganz gerne mochte, ging mir David mit seiner Selbstverliebtheit und seinem Egoismus nicht nur tierisch auf die Nerven, er war mir richtiggehend unsympathisch. Und dann wäre da natürlich noch Jamie, dessen Rückkehr Sophia mit ihrer gemeinsamen Vergangenheit konfrontiert und der mit der Zeit zu dem in meinen Augen wichtigsten Charakter im Buch wird und da ich ihn neben Sophia tatsächlich am liebsten mochte, war mir das auch sehr recht. Seine einfühlsame, leicht zurückhaltende, ehrliche Art haben es mir schnell angetan und ich kann sehr gut verstehen, wieso Sophia sich in seiner Nähe so aufgehoben fühlt.

Die Menge strömte um uns herum wie eine Welle,
die an einem Felsen bricht, ehe sie das Ufer erreicht. (S. 283)

Sieben Nächte in Tokio habe ich die meiste Zeit über weniger als ein Buch über den Abschied wahrgenommen, als viel mehr eine lange, große Suche. Eine Suche nach dem Platz im Leben, nach Zugehörigkeit, Liebe und nach einem Zuhause. Dies hat dem Buch, das auf dem ersten Blick locker und leicht anmutet, eine gewisse Tiefe verliehen und obwohl mir das durchaus sehr gefallen hat, war ich an dieser Stelle auch ein wenig traurig, denn dadurch fehlte mir auch etwas. Mir fehlte, dass Sophia unbeschwerte Zeit mit ihren Freunden verbringt, dass sie Dinge tun, die sie festhalten können, die sie zusammenschweißt, dass sie Blödsinn machen und ihre Freundschaft und die Stadt nochmal so richtig hochleben lassen. Stattdessen geht es in diesen sieben Nächten um Konflikte, Liebeskummer, Enttäuschungen. Dinge, dich sich bereits lange vor Sophies Abschied angestaut haben und nun, kurz vor ihrer Abreise, nach Aufmerksamkeit schreien und aus der Welt geschafft werden wollen. Dinge, die sehr gefühlvoll an mich als Leserin herangetragen wurden, mein Herz in einem Moment schwer werden und im nächsten freudig lachen ließen.

Zusammengefasst heißt das ..
Sieben Nächte in Tokio ist eine Liebeserklärung an Tokio, eine Suche und ein Ankommen. Der lockere und jugendliche Schreibstil, die tollen Schauplätze und sympathischen Charaktere machten meine sieben Nächte in Tokio zu etwas Besonderem und hinterließen in mir das Gefühl, dass alles viel zu schnell zu Ende ging. Und ein Gefühl von Wehmut. Ich habe gemeinsam mit Sophia gesucht und gefunden und lasse sie nun mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück.

Weitere Meinungen zu dem Buch: Buchstabenträumerei | buch – leben | My bookish world with stardust

Der Beitrag Sieben Nächte in Tokio von Cecilia Vinesse erschien zuerst auf Kunterbunte Flaschenpost.


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 August 30, 2016  n/a