Berateraffäre | Politik-Podcast aus Berlin

Berichterstattung zur Aufarbeitung im Bundestag

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episode 8: Zwinker-Smiley & falsche Abrechnung


Auch in dieser Woche gibt es wieder einiges zu erzählen. Wir haben vielleicht einen Abrechnungsbetrug gesehen. Auf jeden Fall aber einen Fehler, der vom BMVg nicht beanstandet wurde.

Wir haben eine E-Mail mit Zwinker-Smiley gefunden und somit skandalöse Zustände erkennen können.

Show Notes
  • Zeugenliste
  • Die Mail mit dem Zwinker-Smiley (n-tv.de)
  • Scharping-Skandal
  • Kaufhaus des Bundes
Transskript

Heute ist Sonnabend, der 11. Mai 2019 und ihr hört den Podcast zur Berateraffäre. Heute einen Tag später als sonst, das hat mit organisatorischen Besonderheiten zu tun. Die Arbeitsteilung war in dieser Woche nicht möglich.

Auch in dieser Woche möchte ich die Geschehnisse der vergangenen Sitzung darlegen und im Nachgang einordnen. Hier wieder ein kleiner Hinweis: Dieser Podcast hat Kapitelmarken. Wenn die genutzte Podcast-App auf dem Stand der Technik ist, dann können die Themen, die uninteressant wirken übersprungen werden.

Am Mikrofon ist auch diese Woche wieder Patrick Pehl.

Zusammenfassung

Gehört wurden Matthias Manthey aus dem so genannten “25 Mio. Referat”, Admiral Michael Nelte (Leiter Stab Organisation & Revision) und BrigGeneral Friedhelm Tränapp, der sich um die Compliance kümmerte.

Ab heute kann nicht mehr ohne Weiteres behauptet werden, dass bestimmte Personen nichts gewusst haben. Auch Zeugen, welche in der kommenden Woche gehört werden sind davon betroffen. Dazu später mehr.

Außerdem haben wir offenbar live eine Unregelmäßigkeit in Abrechnungszetteln der “Firma S” des Beraters F. entdeckt.

Alles ein bisschen verwirrend, steigen wir also ein.

Matthias Manthey

Zunächst wurde Herr Manthey aus dem BAAIN Bw befragt. er leitet das Vertrags-Grundsatzreferat. Seine Dienststelle prüft Aufträge mit einem Volumen von mehr als 25 Millionen Euro oder Verträge mit grundsätzlichem Charakter. Den Rahmenvertrag 20237 hat er jedoch nicht direkt geprüft. Das liegt daran, dass diesen Vertrag das Beschaffungsamt des Bundesministerium des Innern (BMI) schloss. Das ist so üblich und nicht weiter beanstandenswert. Diese Verträge können dann über das so genannte Kaufhaus des Bundes abgerufen werden.

Herr Manthey hat zum ersten Mal vom Rahmenvertrag 20237 gehört, als der Vertrag vom Bundesrechnungshof geprüft wurde. Daraufhin hat die Behörde in einer ersten Prüfung drei einzelne Abrufe als Stichprobe überprüft. Als Ergebnis kam für die Prüfer des Vertragsreferates heraus, dass ein hinreichender Bezug zu Produkten von IBM gegeben war. “Es erschien plausibel, da die Bundeswehr viele IBM Produkte einsetzt.”, so der Beamte.
Erst in einer zweiten Prüfung – einige Wochen später – bemerkte man, dass hier offenbar einiges schief lief, wie Herr Manthey erklärte.

Bemerkenswert finde ich, dass er aussagte, die Bestellscheine enthielten keinerlei Vorgaben für Unterauftragnehmer. Allerdings hat er Mails gesehen, in denen der Wunsch zum Ausdruck kam bestimmte Unterauftragnehmer zu beauftragen. Der Referatsleiter ergänzte die wichtige Aussage: “Es dürfte für den Sachbearbeiter schwierig sein, sich dem Wunsch (der Weisung) der Leitung direkt zu entziehen.”

Rohdes Fragen und Erkenntnisse

Das BAAIN Bw konnte bei seiner Prüfung nicht auf Referenzen im Angebot des Auftragnehmers zugreifen. Dadurch war es den Prüfern nicht möglich in der tiefe zu prüfen. Die Begründung lautete dazu, dass es sich um Geschäftsgeheimnisse der Unterauftragnehmer handele und man diese nicht herausgeben dürfe. Erst bei der zweiten Prüfung wurde dies den Vertragsprüfern des BAAIN Bw gestattet. Es wurden Leistungsbeschreibungen und Bestellscheine zugänglich gemacht. In diesen Leistungsbeschreibungen konnten im Kopf der E-Mails brisante Daten gefunden werden. Manchmal sagen Metadaten also wirklich eine Menge aus.
Das wiederum warf beim MdB Müller die Frage danach auf was man denn für Geschäftsgeheimnisse in Angebote schreiben würde. Müller ist selbst IT Consultant und hat nach eigenen Aussagen noch nie ein Geschäftsgeheimnis in ein Angebot geschrieben.

Die bohrenden Nachfragen des Dennis Rohde haben auch heute wieder gute Ergebnisse gebracht. Eindeutig hat die Beauftragende Stelle im BMVg die Firma Accenture beauftragt. Der Name ist genannt worden und die Antwort kam eindeutig. Allerdings wurde ein bestimmter Berater – Herr N. – nicht nicht erwähnt, es ist Manthey schleierhaft warum ausgerechnet N. immer wieder kam, da Accenture doch viele andere Berater hätte entsenden können.

Zwinker-Smiley-Mail

Nun wird es spannend, nämlich mit dem folgenden Zitat aus einer E-Mail an Frau P. wird in Verbindung mit der Aussage von Manthey deutlich, dass Beteiligte der Berateraffäre etwas gewusst haben, sie können nun nicht mehr abstreiten etwas von den unüblichen Vorgängen gewusst zu haben. In einer Mail, welche im Wortlaut öffentlich verlesen wurde heißt es:
“An unser zuständiges Vertragsreferat geht der […] Bestellschein und die Leistungsbeschreibung. Damit ist die Firma beauftragt und der Unterauftragnehmer, den wir theoretisch NICHT kannten ;) kann leisten.” \
Ja, Herr M. Bei Frau P. [Pütz] kann ich das nciht genau sagen.
Frau P. wird in der kommenden Sitzung da sein und sicher einige Fragen beantworten müssen.

Klingt unscheinbar, ist es aber eben nicht.

Dynamisches Beschaffungswesen statt Rahmenvertrag 20237

Als der Geldhahn RV 20237 nun versiegte, musste eine neue Geldquelle her, denn die Firma arbeitete nun ja ohne Bezahlung. Der Vertrag wurde zum 25. September 2018 gekündigt. Also deutete ein “Oberst M.” telefonisch an, dass man nun aus dem Pool des sog. “dynamischen Beschaffungswesens” der BWI beauftragen will. Auch hier war Firma die Accenture bereits drin und konnte also darüber bezahlt werden. Ob es dann tatsächlich zu einem Abruf aus dem dynamischen Beschaffungswesen gekommen war, wusste Manthey allerdings nicht.

Aber auch ein Beamter kann einem gewissen Witz nicht entbehren, wenn er sagt: “In der Qualität der Leistungsbeschreibung war Luft nach oben.” Die Buchstaben I-B-M hätte er nie gesehen.

Berater Undercover

Das BMVg hatte Berater im Haus mit eigenen Büros. Soweit wohl nicht unbedingt ungewöhnlich. Aber – und das teilte Admiral Nelte später auch noch mit – nicht konform. Die Berater hatten interne persönliche Mailadressen, interne Mailsignaturen, eigene interne Türschilder, interne Telefonnummern und waren im Personenverzeichnis wie normale Mitarbeiter des BMVg aufgeführt. Es war nicht erkenntlich, dass es sich um Externe handelt.

Das ist nicht üblich und auch nicht in der freien Wirtschaft Praxis. Im Gegenteil, Externe werden deutlich gekennzeichnet.

Die Folgen daraus sind sofortige Demontage der Türschilder, die Streichung aus Personenverzeichnissen, Entzug der Telefonnummern und der Mailadressen, sowie deren Signaturen.

Später wurde dann eine zentrale Vergabestelle eingerichtet. Also eine Stelle die einen besseren Überblick schafft über Ausgaben und Verträge. Daran mangelte es dem BMVg und seiner Stellen ja.

Ein Fazit, was Admiral Nelte später am Abend mitteilte war, dass es nie wieder so eine tiefe Integration von Externen ins Ministerium geben dürfte.

Der aufrichtige Mitarbeiter

Später in der Nacht hörten wir von einem aufrichtigen Mitarbeiter. Er habe sich beschwert, dass die Aussagen einiger Berater den Charakter einer Weisung hatten. Noch mal deutlich: Berater beraten – Vorgesetzte geben Weisungen.

Der Mitarbeiter, der hier offiziell “Anregungen von außen geben sollte”, wie es Marie-Agnes Strack-Zimmermann bezeichnete, war Herr K.. Herr K. wird auch noch als Zeuge gehört werden.

Admiral Nelte der später am Tage gehört wurde sagte dann zu diesem Vorgang noch:\
“Dass ein MA im BAAIN Bw auf der unteren Arbeitsebene erkennt, dass hier ein Problem ist, finde ich bemerkenswert. Dass ein Externer eine Leistungsbeschreibung und einen Abruf initiiert ist ein Problem und das hat dieser MA auf der Arbeitsebene erkannt und benannt.”

Admiral Michael Nelte

Admiral Nelte berichtete von einem Berater, der schon beim letzten Mal eine Rolle spielte. Einer der Berater war im Verdacht scheinselbstständig zu sein. Dieser Vorgang wurde an die Rentenversicherung weiter gegeben und dann ggf. die Sozialversicherung nachgezahlt. In der letzten Sitzung wurde dies als nicht so schlimm bezeichnet, da es ja lediglich Zahlungen seien, die man eben auch so hätte zahlen müssen. Dass der zu zahlende Endbetrag natürlich damit steigt, sollte jedoch jedem klar sein.

Admiral Nelte sagte aus, dass die Ministerin, die Staatssekretäre Hoofe und Zimmer, sowie Kathrin Suder spätestens am 3.10. umfassend informiert wurden. Also spätestens ab da konnten sie nicht mehr sagen, dass sie nichts gewusst hätten.

Alarmglocken

Nelte ist ein Mann des Militärs. Seit 1977 ist er in der Bundeswehr. Er erlebte den Scharping Skandal. Er meinte “Die Alarmglocken schrillten” als er von den Vorgängen hörte. Er hat umgehend den Staatssekretär Hofe über den Sachstand in Kenntnis gesetzt. Das ist sonst nicht so umgehend üblich.

Siemtje Möller deckt aus Versehen falsche Abrechnung auf

Gegen 20:00 Uhr stellte Siemtje Möller eine Frage, nämlich ob Admiral Nelte Herrn K. oder die Herrn GF. und F. bereits kannte. Nun wurde es spannend. Nelte verneinte nämlich und sagte sichtlich überrascht, dass er die Herrn noch nie getroffen habe.

Nun legte Frau Möller ihm einen Leistungsnachweis aus den Akten vor. Ich habe ihn an anderer Stelle gesehen. Aus diesem geht hervor, dass Herr GF. ein Meeting abgerechnet hat. Ein Meeting am 6. März 2017, von 12-15 Uhr. Drei Stunden mit der höchsten Preisstufe – der Preisstufe 1. Das ist die Preisstufe, die mit rund 1700 Euro pro Tag zu Buche schlägt – runter gerechnet auf Stunden also etwa 200 Euro.

Nelte sagte aber überzeugend, dass er das Meeting nie gemacht habe und er das wissen würde. Ein Raunen ging durch den Saal und ich habe mich direkt gefragt: “Sind wir gerade dabei gewesen, als aufgedeckt wurde, dass hier falsche Abrechnungen vorgenommen wurden?” Und alles sieht danach aus. Denn der Stundenzettel ist als sachlich richtig abgezeichnet worden. Und wie wir mehrfach hörten, wird das was als sachlich richtig gezeichnet wird auch ausbezahlt. Es mag nominal keine besonders große Summe sein. Aber es könnte ein Beweis sein, dass hier grundsätzlich Abrechnungen falsch gemacht und auch abgerechnet wurden.

Externe konnten sich selbst beauftragen

Konnten sich Externe selbst Leistungsbeschreibungen verfassen und diese dann beauftragen? Diese Frage steht von Beginn an im Raum. Herr Conradi hat das beim letzten mal verneint, bzw. gesagt er würde es nicht einschätzen können. Nelte aber kam zu einem anderen Ergebnis: Bei der Überprüfung seiner Abteilung, die auch Mails einschloss, kam eindeutig heraus, dass dem in mindestens einem Fall nachweislich so gewesen ist. Nelte sagte wörtlich: “Unsere Erkenntnisse sind dahingehend, dass das der Fall war. In den Mail-Köpfen stehen ja auch Namen.”\
Nelte sagte auch, dass er noch nie in seiner Laufbahn einen solch scharf formulierten Bericht des Bundesrechnungshofes gesehen habe. Zur Erinnerung: Er ist seit 1977 bei der Bundeswehr.

Die 3,2 Mio. Paraphe

Die ausstehende Rechnung in Höhe von rund 3,2 Millionen Euro it auch Admiral Nelte bekannt. General F. hat diese gezeichnet warum ist Nelte nicht klar, eigentlich hätte dies Herr Mühleck tun müssen. Er meinte: “Wir wollten wissen was zu der 3,2 Mio. Paraphe führte.”

Tränapp

Der letzte Zeuge dieser Sitzung, General Friedhelm Tränapp, spricht über Compliance und darüber, dass die Bundeswehr bereits seit ihrem Bestehen die entsprechenden Kontrollmechanismen habe. So habe er den Soldaten der Führungsebene erklärt, es sei in Ordnung, geschmierte Brötchen anzunehmen – aber bei einem Abendessen sollten sie selbst bezahlen. “Haben Sie außerhalb von Schnittchen und Brötchen mitgeteilt wie Regeln eingehalten werden, etwa bei Kenn-Verhältnissen den moralischen Kompass nicht zu verlieren?”, hakt die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann nach. Selbstverständlich habe es ein verpflichtendes Tagesseminar für alle Führungskräfte gegeben, antwortet der General. Er wisse jedoch nicht, ob alle Soldaten und Mitarbeiter der aufgezeigten Grenze folgen.

Fazit aus dem Tag

Wenn wir eins aus diesem Ausschusstag gelernt haben: Drehe keine krummen Dinger, wenn Du sie per E-Mail planst.

Und das war es dann für diese Woche mit der Berateraffäre, nächste Woche geht’s weiter. Dann mit den Zeugen Carolin Pütz,
Gerhard Maurer, und Peter Hemmert.
Die Zeugen können recht interessant werden, auch weil sie eine gute Erweiterung des vergangenen Donnerstages sein können. Ich bin gespannt.

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Der Beitrag Falsche Abrechnungen, Zwinker-Mail, ein mutiger Mitarbeiter und Compliance erschien zuerst auf Berateraffäre.


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 May 11, 2019  25m