Trixi im Morgenland

Trixi wohnt im Morgenland, das ist an sich schon verrückt, weil das Morgenland sich selbst verändern kann und so durchaus mal eine Straßenkreuzung einem Rodelberg weichen muss. Trixi aber ist das gewohnt, schließlich ist sie in dem Land zwischen Normwelt und dem Strom geboren worden und wie jeder andere Morgenländler, kann sie sich nicht nur im Notfall in ihr Seelentier verwandeln. Nun hat das Morgenland entschieden: Trixi ist bereit für einen Passanten. Sie kann jetzt mit ihrem Kinderzimmer durch den Strom aus Zeit, Gedanken, Bytes, Molekülen und noch vielem mehr Reisen. In dieser ca. 10 stündigen Hörserie, begleiten wir das junge Mädchen Trixi auf dem Weg in das Erwachsensein und durch eine Welt in der alles möglich ist und die Liebe regiert.

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episode 7: Alte und neue Wunden


Ein Gastbeitrag von Philipp Wohlwill (www.wortwohl.de)

Trixi stand da wie versteinert. Sie versuchte angestrengt zu verstehen, was Aram ihr da zeigte. Ihre Gedanke rasten. „Wenn das Diotima ist, warum erzählt mir Rosie nichts davon?“ fragte sie sich. „Wenn das Travis ist, warum erzählen mir meine Eltern nichts davon? Wenn Aram so viel von Diotima und seinem Vater weiß, warum erzählt er mir nichts davon?“. Der Moment, in dem sie das Bild sah, war nicht erleichternd und auch nicht erleuchtend. Trixi war verletzt, sie fühlte sich ausgeschlossen und belogen. Dann nahm ein anderer Gedanke in ihr Form an. Sie dachte, dass sie weder Rosie noch ihren Eltern erzählt hatte, was sie während ihrer Gogyo geträumt hatte und sie fühlte sich plötzlich als wäre sie selbst Schuld an dem Schmerz, den sie in ihrem Herzen und in ihrer Körpermitte spürte. Verzweiflung und Hilflosigkeit übernahmen.

Trixi versuchte einen tiefen Seelenzug, aber dort wo sonst die Ruhe her kam, fand sie in diesem Moment nur Unsicherheit. Der tiefe Atemzug brachte den Schmerz an die Oberfläche. Als er ankam, kullerten Trixi einige Tränen aus den Augen, ohne dass sie wirklich weinte oder schluchzte. Sie wusste nicht genau, was sie da sah und je länger sie das Bild betrachtete, desto weniger sicher war sie, dass es tatsächlich genau das abbildete, was sie geträumt hatte. Ihr Atem wurde flach. Sie fühlte sich verloren in einem Meer von Möglichkeiten. Bis eben hatte sie noch einen klaren Weg gesehen, gedacht und gefühlt, dass sie voran schritt in Richtung des Ziels ein Erwachsener zu werden. Nun aber hatte sie das Gefühl, in den Anforderungen, die an sie gestellt wurden, zu ertrinken. Sie konnte nichts anderes als mit den Achseln zucken, wie angewurzelt da zu stehen und das Bild anzustarren.

Arams Reaktion darauf waren ebenfalls stille Tränen, die ihm als Zeichen seiner Überforderung über die Wangen liefen und nicht aufhörten zu laufen bis sie auch seinen Hals hinunter rannen und den Kragen seines T-Shirts befeuchteten. Trixi sah wie sich viele Jahre der Trauer und der Anstrengung den Weg durch seine Tränen in die Freiheit bahnten. Sie konnte ihn nicht trösten, sie konnte nur gemeinsam mit ihm weinen. Regungslos standen die beiden mutigen Teenager sich gegenüber und weinten gemeinsam ihre Einsamkeit und ihre Hilfslosigkeit in die Normwelt hinaus.

Sie brauchten weder Worte, um sich zu verständigen noch Berührungen um sich zu trösten, sie wussten beide ganz genau, wie es dem anderen ging. Sie standen gemeinsam in einer Sackgasse und weder der eine noch der andere wusste einen Ausweg.

Nach einiger Zeit fingen die beiden sich und wischten sich die Wangen trocken. Trixi hielt Aram die geöffnete Hand hin und Aram legte das Bild hinein. Gemeinsam betrachteten sie es noch eine Weile. Trixi brach das trauernde Schweigen, indem sie fragte: „Ist das dein Vater?“ Aram schaute ihr in die Augen und nickte lächelnd. Trixi sah in seinem Blick die tiefe Liebe, die er für seinen Vater empfand und wusste in diesem Moment, dass Travis zumindest in einigen Punkten Unrecht getan wurde. Auch wenn es nie jemand laut aussprach, hielten die anderen erwachsenen Morgenländer Travis offensichtlich für einen schlechten Vater, aber das war er nicht, das konnte er nicht sein, wenn er von Aram so vertrauend geliebt wurde. Es war deutlich zu sehen, dass schon der Gedanke an ihn seinem Sohn Mut gab. „Ich glaube, ich habe nicht deinen Vater gesehen. Ich habe nicht den Mann gesehen, der hier auf dem Foto ist. Ich habe einen jüngeren Mann gesehen, deshalb habe ich ihn auch für dich gehalten. Jetzt wo du hier neben mir sitzt, bin ich mir allerdings sicher, dass ich dich sofort erkannt hätte. Wärest du es gewesen, hätte ich es von Anfang an genau gewusst. Dann wäre nie auch nur der geringste Zweifel in mir gewesen. Ich würde dich überall und zu jeder Zeit wiedererkennen.“

Als Antwort lächelte Aram Trixi an. „Wer hat denn das Foto gemacht und wer ist darauf zu sehen?“ Trixis Kopf begann wieder normal zu arbeiten. „Das ist mein Papa mit Mama.“ „Das ist deine Mutter?“ fragte Trixi erstaunt, sie hatte noch nie zuvor ein Foto von ihr gesehen. „Ja, das ist das einzige Foto von ihr. Ich habe Zuhause noch zehn Abzüge.“ bestätigte Aram und fuhr fort: „Rosie hat das Foto gemacht. Deine Eltern waren auch dabei.“ „Wie bitte?“. „Ja, ich hatte schon befürchtet, dass sie dir davon nichts erzählt haben, aber Rosie und deine Eltern und Papa waren früher gut befreundet. Sie waren auch alle gemeinsam in Turisede als Rosie Thor Alfson kennen gelernt und sich in ihn verliebt hat“. Trixi wiederholte sich „Wie Bitte?“ „Ja. Papa hat mir erzählt, dass die anderen darüber nie reden, weil es damals wohl ziemlichen Streit gegeben hat. Er hat mir das Versprechen abgenommen, dir davon nichts zu erzählen, aber nachdem du mir von deinem Traum, deiner Reise nach Tuirisede und dem Original in deinem Original erzählt hattest, wusste ich, dass ich mit dir darüber würde reden müssen. Egal, was ich Papa versprochen habe.“

Die Schuld und die Scham, die Trixi aufgrund ihres Schweigens gegenüber ihren Eltern und Rosie gefühlt hatte, wandelte sich in Ärger. „Egal, was ich von meiner Gogyo-Ki erzähle oder nicht, das hätten sie mir spätestens erzählen müssen als Rosie zu meiner Professorin für den Passantenurlaub wurde.“ dachte sie. Auch von Rosie war Trixi enttäuscht. Sie hatte das Gefühl, dass ihr Vertrauen missbraucht worden war. Die Naivität, die alle drei ihr im Umgang mit der Normwelt und mit anderen Menschen im Allgemeinen vorgeworfen hatten, hatten sie alle gnadenlos ausgenutzt. „Ich bekomme einen Original-Passanten vom Morgenfelsen und ich reise mit Rosie nach Turisede, dort bekomme ich noch einen Original-Passanten und Rosie, die alte Hexe, schweigt, obwohl sie mir doch was beibringen soll. Wie soll ich die Welt kennen lernen, wenn gerade meine Eltern und meine Lehrerin die Wahrheit darüber von mir fern halten?“ überlegte Trixi. Jetzt wo sie darüber nach dachte, wurde sie ziemlich böse. Sie verspürte eine seltsame Tatkraft, wie einen Zwang etwas zu unternehmen, und zwar alleine. Sie spürte plötzlich ganz klar, dass es richtig gewesen war, den Dreien nicht alles über ihre Gogyo-Ki zu erzählen und ihr schlechtes Gewissen darüber, dass sie nicht ganz aufrichtig gewesen war, verschwand einfach.

„Entschuldige Trixi, aber ich muss das wissen: wen hast du in deinem Traum gesehen?“ Trixi kämpfte nicht mehr mit dem Schweigen. Die Regeln, denen sie sich noch vor ihrem Eintritt ins Erwachsenwerden so verpflichtet gefühlt hatte, verloren gerade ihre Bedeutung. So weit weg von ihren Eltern und Rosie und dem Morgenland fühlte sich deren Schutz zunehmend an wie eine Gefängnis. „Deine Mutter.“ platzte sie heraus. „Sie sieht genauso aus wie Diotima, mir egal, dass du deine Gogyo noch nicht hattest. Deine Mutter sieht aus wie Diotima und in meinem Traum habe ich nicht den Mann auf dem Foto gesehen, es war nicht dein Vater und es warst auch nicht du. Es fühlt sich so an, als wäre es eine Seele gewesen, die genau zwischen dir und deinem Vater existiert. Es ist eine Seele in einer der Welten, die etwas von dir hat und etwas von deinem Vater und etwas von deiner Mutter und etwas Diotima.“

Trixis Herz begann zu pochen wie verrückt, als ihr klar wurde, dass sie diese Seele unbedingt finden musste. Das Chaos lichtete sich, Trixi sah ihren Weg wieder genauer vor sich und sie wusste, dass sie ihn alleine gehen musste. Gerne mit Arams Unterstützung, aber sie alleine würde bestimmen, wie er auszusehen hatte. Niemand anders. Wohin sie dieser Weg führen würde, wusste sie noch nicht, aber sie wusste ganz genau, dass es ein Weg sein würde, der bei ihren Eltern, ihrer Lehrerin und vielleicht sogar dem Morgenland selber auf Widerstand stoßen würde. Trixi aber würde jeden Widerstand, der sich ihr auf diesem Weg stellte, nieder werfen, wenn nötig mit brutaler Gewalt. Das war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie bereit war, sich mit Händen und Füßen und all ihrer körperlichen und seelischen Kraft für etwas einzusetzen, das nicht jeder gut finden würde. Sie spürte eine kalte, angstlose Entschlossenheit in sich, die keinen Mut benötigte, weil Trixi auf diesem Weg nicht das Opfer sein würde, sondern dieses eine Mal der Täter.

Trixi schaute Aram voll Mitgefühl an, als sie die erneute Verzweiflung in seinem Gesicht wahrnahm. Als Aram seine Emotionen in Trixis Augen gespiegelt sah, weinte er laut und ohne Zurückhaltung. „Warum sieht meine Mutter aus wie Diotima?“ schluchzte er. „Warum gibt es für mich keine Antworten, sondern immer nur neue Fragen? Ich strenge mich an, ich weiß mehr als viele Erwachsene über das Morgenland und seine Geschichte und über die Normwelt erst recht und trotzdem komme ich nicht voran. Ich habe das Gefühl, mich im Kreis zu drehen.“

Trixi nahm Aram in den Arm. Jetzt konnte sie ihn endlich trösten. Dazu brauchte es keine Worte, sie musste nur einfach für ihn da sein. Ihm zeigen, dass er nicht alleine war. Seine Verzweiflung war ansteckend und so weinte Trixi leise mit ihm zusammen. Sie teilten seinen Schmerz und Trixi hatte das Gefühl, dass ihm das half. Einige Zeit saßen sie so da inmitten der Weisheiten der Normwelt und waren einfach für einander da. Als sie sich beide beruhigten, sahen sie sich gegenseitig an. Sie waren verheult wie kleine Kinder. Mit roten Augen und verwuschelten Haaren. Als sie sich so ansahen, stieg in Beiden ein Lachen auf, das die Trauer ablöste. Trixi und Aram lachten gemeinsam.

Beide spürten, dass sie das gebraucht hatten, um die Kluft, die durch Trixis Gogyo-Ki und durch Arams Enttäuschung zwischen ihnen entstanden war, zu überbrücken. Nun fühlten sie sich einander wieder so nah und vertraut wie in den besten Tagen ihrer Freundschaft. Trixi nahm einen tiefen Seelenzug und spürte die Ruhe in sich zurückkehren. Aram tat es ihr instinktiv nach und Trixi sah wie sich seine Gesichtszüge entspannten. Sie wussten beide, dass ihre Mission hier erfüllt war. Sie hatten nicht nur heraus gefunden, was der Name Seelenblüte zu bedeuten hatte, sondern verstand auch viel mehr darüber, warum Diotima eine solche Rolle in der Gogyo-Ki spielte. Sie war Veränderung und Liebe gleichzeitig, indem sie Liebenden einen Weg wies, ihre Liebe zu leben und nicht Neid, Missgunst und Eifersucht daraus entstehen zu lassen.

Sie standen gleichzeitig auf und gingen in Richtung Tür. Dort sahen sie die junge Frau stehen, die sie im Essensraum begrüßt hatte. Mit offenem Mund schaute sie die Beiden an. Sie hatte wohl einiges erwartet, als sie sich auf den Weg gemacht hatte, um nach den Beiden zu schauen, vielleicht das sie etwas kaputt machten oder vielleicht sogar stehlen wollten, aber dass sie zwei junge Menschen antreffen würde, die ihren innersten Schmerz und ihre geheimsten Sorgen miteinander teilten, erstaunte sie offensichtlich sehr. Aram und Trixi mussten wieder lachen. Sie wussten, dass es in der Normwelt nicht sehr verbreitet war, Gefühle miteinander zu teilen. Man machte das hinter verschlossenen Türen. Es wurde als Schwäche aufgefasst. Als sie die Fassungslosigkeit auf dem Gesicht der erwachsenen Frau sahen, da mussten sie beide lachen und fühlten ihre Stärke zurück kehren.

„Ich hab euch von unten weinen hören und dachte ich schau mal nach euch, aber ihr habt wohl alles unter Kontrolle oder?“ Diesmal antwortete Aram mit seinem kleinen Lächeln: „Wir haben genauso wenig unter Kontrolle, wie jeder andere Mensch, aber wir lassen uns davon nicht stoppen und auch keine Angst mehr einjagen.“ Jetzt lachte die Frau. „So ein Pärchen wie euch habe ich noch nie gesehen.“ Wie aus einer Kehle antworteten die Beiden „Wir sind kein Pärchen.“ und liefen rot an. Trixi hätte gerne gesagt, dass sie Diotima persönlich kannte und hier nicht her gekommen war, um etwas über die sexuelle Seite der Liebe zu erfahren, aber dann hätte die Frau sie nicht mehr für besonders, sondern für verrückt gehalten. In ihrer Welt war Diotima eine Figur aus einer mystischen Erzählung, eine Göttin aus längst vergangenen Tagen, die niemals wirklich existiert hatte. Trixi und Aram wussten es besser. Sie gingen an ihr vorbei, die Treppe hinunter und verließen das Haus. Beide fühlten sich wie neu geboren als sie den Wind im Gesicht spürten. Trixi fühlte sich so erwachsen, wie noch nie während ihres Passantenurlaubes und das, obwohl sie heute ohne ihr Zimmer unterwegs war, vielleicht auch gerade deshalb.

Es wurde bereits dunkel. Hinter ihnen tauchte dir Frau auf. „Wissen eure Eltern eigentlich wo ihr seid?“ fragte sie mit einem sorgenvollen Stirnrunzeln. Keiner von den Beiden wusste eine Antwort. „Euer Schweigen ist mir Antwort genug.“ sagte sie. Sie holte ein Telefon aus ihrer Hosentasche und wollte gerade eine Nummer wählen, da erwachte Aram aus seiner Schockstarre. Er hielt die Hand, in der die Frau das Telefon hatte, sanft fest und sagte mit eindringlicher Stimme „Bitte nicht“. Sie ließ den Arm sinken und schaute Aram erwartungsvoll an. „Wir haben Geld für ein Taxi und können es noch nach Hause schaffen, ohne dass uns jemand vermisst, versprochen.“ Das Stirnrunzeln kehrte zurück. „Und wo wollt ihr um diese Zeit ein Taxi finden?“ „Oben am Bahnhof ist eine Säule für den Taxiruf, da kommen ganz schnell welche.“ Diese Antwort war ihr offensichtlich Zeichen genug, dass Aram sich auskannte. „Das Stirnrunzeln verschwand nicht während die Frau antwortete: „Wenn ihr da vor der Dunkelheit nichts bekommt, dann kommt ihr zurück, versprochen?“ „Versprochen!“ sagte Aram. Er knuffte Trixi in die Seite, die den Hinweis sofort verstand und mit „Versprochen, wirklich!“ bestätigte. Ihre Stimme wirkte etwas dünn. Die Frau dachte, das läge am Weinen, Aram aber wusste, dass es daran lag, dass Trixi das Lügen nicht gewohnt war und es nur sehr ungern tat. Die Beiden verabschiedeten sich freundlich, stiegen auf ihre Longboards und rollten vom Hof.

Als sie langsam nebeneinander her rollten, schaute Trixi Aram fragend an. „Gleich.“ beantwortete der den Blick. Schweigend rollten sie bis zum Bahnhof. Trixi hielt an. „Was ist ein Taxi?“ fragte sie. „Ein Auto, das man wie einen Bus benutzen kann. Damit zu fahren ist nur viel viel teurer“. „Nehmen wir jetzt ein Taxi?“. „Nein, das können wir nicht bezahlen und wir müssen unbedingt vermeiden, dass jemand versucht unsere Eltern zu kontaktieren“. „Warum?“ Trixi wusste, dass die Frage irgendwie nicht clever war, aber sie hasste es zu lügen und verstand im Moment nicht mal, warum sie es getan hatte. „Weil wir in der Normwelt sind, wir haben hier keine Eltern. Wenn die uns erwischen, dann wird es richtig schwer wieder zurück ins Morgenland zu kommen und danach könnten wir für lange Zeit nicht in die Normwelt. Wenn das Jugendamt erst mal eine Akte über uns angelegt hat, dann wird es richtig schwer, weil wir nicht nur keine Eltern haben, sondern in der Normwelt nicht existieren. Sie würden wissen wollen, wo wir her kommen und wer wir sind. Die Wahrheit würde bedeuten, dass wir das Morgenland gefährden würden oder eingesperrt werden könnten, weil sie glauben könnten, wir wären verrückt.“ Trixi wusste das alles, sie hatte schließlich mit Rosie in der Normwelt trainiert, aber im Moment waren ihre Gedanken ganz bei Diotima und der Seelenblüte. Aram sprach ruhig und langsam weiter: „Es ist anders hier draußen, es kann wirklich gefährlich werden, vor allem nachts. Draußen ist und bleibt es dunkel, wenn man nicht selber Licht macht und schon ein kleiner Stein, der von einem Berg herunter rollt, kann dich töten. Du musst hier gut aufpassen. Wir müssen jetzt im Dunkeln zurück, aber wir dürfen nicht gesehen werden. Das heißt, wir verstecken uns vor jedem Menschen und jedem Auto und umgehen jedes Haus in dem Licht brennt.“

Trixi wurde ruhiger während sie Aram zuhörte, das lag an der Sicherheit seiner Aussagen und an der Tonlage seiner Stimme. Was er sagte, machte Trixi allerdings deutlich, dass ihnen Gefahr drohte, sie ihren Geist auf den Moment konzentrieren musste. Die Überlegung zu einem Plan, der Licht in die geheimen Angelegenheiten ihrer eigenen Eltern bringen würde, musste sie unterbrechen. Sie schob die Gedanken daran, ob man mit dem Reisezimmer auch in die Morgenhöhle reisen, konnte beiseite und konzentrierte sich ganz auf Aram. All ihre Sinne waren gespannt und ihr Hirn arbeitete auf Hochtouren. Während sie ihm zuhörte, schien sich Aram zu verändern. Er schien zu wachsen, seine Haltung wurde aufrecht, seine Augen klar. Eine neue Spannung in seinen Schultern machte einen gut trainierten Oberkörper wahrnehmbar.

Trixi lächelte und Aram lächelte fragend zurück. Trixi machte eine kurze Pause und sagte dann: „Du wächst beim Sprechen. Ich glaube, ich sehe deine Seele blühen“. Aram schwieg lächelnd und Trixi glaubte ein weißes Leuchten in seinem Solarplexus aufblitzen zu sehen. „Du wirst bei unserer Rückkehr zur Gogyo gerufen.“ sagte sie „Wir werden das nutzen, um endlich mehr über Diotima und deine Mutter und meinen Passanten herauszufinden.“ Selbstsicherheit durchströmte Trixi und sie spürte wie sie von dem Gefühl auch körperlich aufgerichtet wurde. „Du blühst aber auch ganz schön“ frotzelte Aram, rollte los und sagte in einem frechen Singsang „Dekolleté“. Beide lachten und wussten, dass sie niemals das Pärchen würden seien können, dass die Frau vom Hofmuseum in ihnen gesehene hatte. Ihre Freundschaft würde immer alles andere bei weitem überbieten.

Trixi holte Aram ein, schnappte sich die Hand, die er ihr hinhielt, und Aram startete den Motor seines Boards. Langsamer als auf der Hinfahrt, aber genauso wenig anstrengend fuhren sie dem Ziel entgegen. Die Unterhaltung versiegte, denn beide konzentrierten sich darauf die Umgebung im Blick zu behalten. Besonders in der Dämmerung war es schwer nicht gesehen zu werden, denn man konnte die Scheinwerfer der Autos nicht so leicht identifizieren und im Zwielicht sah man die Menschen kaum, die in ihren Gärten aufräumten oder die letzten Sonnenstrahlen nutzten, um den Tag im freien ausklingen zu lassen. Je dunkler es wurde, umso einfacher wurde es sich zu verstecken und eine gute halbe Stunde nachdem sie aufgebrochen waren, wurde es ihr Weg deutlich leichter. Die Sonne war untergegangen.

Dementsprechend wurde es allerdings auch deutlich kälter. Trixi fror. „Wie weit ist es noch?“ fragte sie. „Mindestens zwei Stunden.“ kam die Antwort mit der Sicherheit, die Aram offensichtlich in der Normwelt zu eigen war. Während Trixi fror und versuchte einen schnelleren Ausweg aus der Situation zu finden, wurde ihr klar, dass es tatsächlich keinen gab. Hier konnte keine Abkürzung plötzlich entstehen, sie konnte nicht einfach bei jedem Haus klingeln und sich ein Jacke leihen. Trixi war sehr froh, dass sie Aram dabei hatte. Ohne ihn wäre sie vielleicht überfordert gewesen. Aram war ebenfalls extrem dankbar für Trixis Anwesenheit. Das war nicht sein erster nächtlicher Ausflug, aber er wusste, dass die Suche nach seiner Mutter durch Trixis Hilfe eine ganz neue Richtung bekam.

Im Morgenland hatten Trixis Eltern und Rosie die Zeit genutzt, um sich erneut über die Lage abzusprechen. Sie waren nicht wirklich weiter gekommen, weil sie es immer noch nicht geschafft hatten, Travis zu kontaktieren. Auf der einen Seite war er im Moment nicht so einfach zu treffen, da er sich viel in der Normwelt aufhielt, um wieder mehr zu tanzen. Auf der anderen Seite wussten die drei, dass sie ihm würden gestehen müssen, was sie getan hatten.

„Ich wusste, dass uns diese Geschichte wieder einholen würde“ seufzte Frau Lichtert und nippte an ihrem Wein. „Jule, wir wussten alle, dass es echt ein Problem sein könnte und wir haben mit Travis drüber gesprochen, aber der war so blind vor Liebe. Wir hatten keine Chance ihn mit Worten zu stoppen, es musste etwas getan werden.“ „Es musste etwas getan werden“, stimmte Trixis Papa zu. „Aber wir wussten alle, dass der Stein nicht für uns gedacht war.“ Rosie beharrte darauf: „Das stimmt auch, aber was wäre mit der Energie passiert? So viel Lebensenergie, einfach so aus dem Morgenland zu ziehen? Und da hatten die beiden doch schon ein Kind. Wir haben alles getan, alles gegeben, damit das klappt und sie hätten es gut sein lassen müssen. Dann wäre Travis jetzt ein Tänzer von Weltrang, und Dio eine glückliche Mutter, anstatt wie im Koma auf eine kurzzeitige Erweckung zu warten. Immer gebunden an diesen Felsen“. Rosie blickte Gedanken versunken in ihr leeres Glas.“ Frau Lichtert ging zu Herrn Lichtert herüber, legte ihm die Hände auf die Schultern und bat ihren Mann: „Torben, ich glaube du hast den besten Draht zu Travis.“ Torben hatte bereits gewusst, dass es darauf hinaus laufen würde, dass er mit Travis über die Rückkehr des Steines sprechen würde, von dessen Existenz Travis noch nichts wusste. „Ich werde dann aber reinen Tisch machen und werde ihm auch erzählen, wozu der Stein vielleicht mal gedacht war“. Er schaute Rosie und Jule tief in die Augen während er das sagte und es gab keinerlei Widerspruch. Er sah das schlechte Gewissen auch in Rosies Augen. „Sie hätten es bei einem Kind belassen sollen, ich liebe Aram und er ist für mich wie ein Sohn, aber er hat nicht das Leben gehabt, das ein Morgenländler haben sollte.“ meinte Torben. „Kein Wunder mit geborgter Lebensenergie, dass er überhaupt geboren wurde und gesund ist, verstehe ich bis heute nicht.“ Rosie klang verbittert, als sie das sagte. Jule ging zu ihr rüber und nahm sie in den Arm. Unerwartet fing Rosie an zu schluchzen und heulte in den Armen von Trixis Mama liegend, wie ein kleines Kind. Schluchzend und verheult wiederholte sie immer wieder: „Es tut mir alles so leid“.

Es war langsam Zeit nach Hause zu gehen und Rosie wollte sich auf den Weg machen, da fiel ihr auf: „Wo ist eigentlich Trixi?“. Torben schaute auf die Uhr „Hätte vor über einer halbe Stunde hier sein müssen“. Die Eltern schauten sich besorgt an. Jule lief ins Elternschlafzimmer und kam wenige Momente später mit ihrem Passanten in der Hand wieder zurück. Sie fingerte daran herum und sagte dann: „Noch nicht wieder im Morgenland.“ „Damit hat sich das Warten erledigt“, entschied Torben. „Ich geh zu Travis und frage ihn nach Aram.“ Die drei machten sich gemeinsam auf. Rosie ging nach Hause, um zu schauen, ob Trixi vielleicht dort war, Jule schlug die Richtung ein, in der das Normtor lag und Torben machte sich auf den Weg zu Travis, um ihn nach dem Verbleib seines Sohnes zu befragen. Die Erwachsenen vermuteten ganz richtig, dass die beiden möglicherweise zusammen los gezogen sein könnten.

Aram und Trixi machten gerade Pause an einer stillgelegten Bushaltestelle. Nachdem Trixi endlich zugegeben hatte, dass sie fror, hatte Aram ihr sein Regencape gegeben. Er selber war natürlich auf kalte Temperaturen vorbereitet gewesen und hatte dementsprechend einfach eine Jacke aus seinem Rucksack geholt nachdem die Sonne untergegangen war. Trixi fummelte gerade an ihrem Passanten, um sich die Strecke anzeigen zu lassen. Es war wirklich viel schwerer sich in einer Umgebung zu orientieren, die man nicht kannte. Aram hatte Gott sei dank früh Bescheid gesagt, dass er sich nicht ganz sicher war, wo es weiter ging, sie fuhren also schon seit einiger Zeit nach den Anweisungen des Passanten. Nun wollte sie aber wissen, wie weit es noch war und dazu öffnete sie wieder das Menu und lies sich die Strecke anzeigen. Nur ganz klein vor sich, sodass der Lichtschein nicht so weit zu sehen war. Der Passant zeigte die Straßen und markierte den Weg, denn sie fahren musste gelb. Nach einigem Ziehen und Drehen und Tippen sagte Trixi: „Noch ungefähr dreißig Minuten, dann sind wir am Tor. Wir müssen aber noch durch ein Dorf, also eher etwas länger.“ „Ist das das letzte Dorf vor dem Tor?“ fragte Aram. Trixi bestätigte nach einem prüfenden Blick auf die Karte. „Dann rasen wir da einfach volle Lotte durch“, grinste Aram. „Dann können sie uns nicht mehr einholen und wir verschwinden, HokusPokus, durchs Normtor und sind schon wieder im Morgenland.“ Trixi gefiel die Idee, sie hielt Aram aber noch am Arm fest als der losfahren wollte und sagte: „Wir müssen uns erst besprechen.“ Aram runzelte die Stirn. „Wir werden nicht so bald wieder Zeit haben, uns ungestört zu treffen, du Schule, ich Passantenurlaub.“ Trixi seufzte und merkte beiläufig an: „Was daran Urlaub sein soll, soll mir auch mal einer verraten.“ Und fuhr dann fort: „Egal, wir müssen sicher sein, dass wir das Gleiche erzählen.“ Aram überlegte kurz und sagte: „Wir wollten so nah wie möglich an der Wahrheit bleiben, nicht lügen nur ein paar Sachen auslassen. Wir erzählen alles, was wir über deinen Namen heraus gefunden haben und auch, dass wir die Zeit vergessen haben. Schließlich sind wir ja nur zwei Morgenländler und dann die Abläufe in der Normwelt noch nicht gewohnt sind.“ Aram lächelte. „Kein Wort über das Foto. Kein Wort zu unserem Plan“ ergänzte Trixi. „Welcher Plan?“ erkundigte sich Aram und Trixi begann ihm zu erzählen, was sie sich in den letzten 90 Minuten schon zurecht gelegt hatte.

Als sie geendet hatte, maulte Aram „Aber dann müssen wir auf meine Gogyo-Ki warten. Das ist kein guter Plan.“ „Du wirst noch diese Woche gerufen.“ versicherte Trixi ihrem bestem Freund. „Vertrau mir“. Die Beiden ordneten ihre Sachen, schnallten ihre Rucksäcke fest und stiegen auf ihre Boards. Trixi schnappte sich das Seil, das Aram unterwegs gefunden und nun am Bauchgurt seines Rucksacks befestigt hatte. So konnten sie deutlich schneller fahren. Aram konnte sich auf sein Board konzentrieren, weil er nicht eine seiner Hände nach hinten zu Trixi halten musste und Trixi hatte mehr Freiheit, weil sie notfalls einfach schnell das Seil fallen lassen konnte, dessen Länge so gewählt war, das es sich nicht um die Achse von Arams Board wickeln konnte, sollte Trixi loslassen müssen. Sie atmen einige Male tief durch, schüttelten kurz Arme und Beine aus, nahmen auf den Boards eine tiefe Haltung ein, um den Luftwiderstand zu verringern und Aram gab Gas. Nach kurzer Beschleunigung surrte der Elektromotor auf Hochtouren und der Fahrtwind sauste den beiden in den Ohren. Sie waren so schnell, dass sie sich in die engeren Kurven mit ganzem Körpereinsatz hineinlegen mussten. Es machte unglaublichen Spaß. Anstatt sich vor den wenigen Menschen, die noch auf den Straßen unterwegs waren, zu verstecken, grüßten sie laut jubelnd und bekamen darauf überraschend positives Feedback.

Während Trixi und Aram durch die dunkle Normwelt dem Morgenland entgegen sausten, kam Trixis Papa bei Arams Papa an. Er klingelte und die Tür öffnete sich sofort. „Travis war für die wichtigen Sachen immer zu erreichen“, dachte er, während die Tür aufschwang. „Torben!“ sagte Travis und schien positiv überrascht zu sein. „Trav!“ antwortete Torben. „Verdammt, du siehst jünger aus, du siehst echt gesund aus.“. „Danke, ich tanze wieder, die Lebensenergie der Freude kommt zu mir zurück, ich esse gut und manchmal, da liege ich einfach nur in der Sonne“.

Torben fühlte ein dringendes Bedürfnis in sich aufsteigen, seinen alten Freund zu umarmen, aber das konnte er nicht tun, bevor der nicht die ganze Wahrheit erfahren hatte. Kurz standen die beiden sich gegenüber, beide überwältigt von positiven Erinnerungen an eine wilde und unabhängige gemeinsame Kindheit. Mit einem kleinen Kopfnicken Richtung Küche und einem Lächeln lud Travis seinen alten Freund ein einzutreten. In der Küche angekommen sagte Torben: „Ich bin hier um reinen Tisch zu machen.“ Travis reagierte mit einem seufzenden Ausatmen und setzte sich auf einen der Barhocker, die in der Küche und im Wohnzimmer standen. „Ich weiß nicht genau ob ich dass überhaupt möchte“. „Ich glaube es ist einfach nötig, nein ich weiß es, weil es aktuell ist und unsere Kinder angeht.“ Travis wurde hellhörig und fragte „Alle?“, „Alle.“ bestätigte Torben. „Du weist wahrscheinlich, das Trixi ihre Gogyo-Ki hatte.“ „Aram redet über nichts anderes“ lächelte Travis. „Okay, ich versuche mal das kurz zu machen“ versprach Torben „Das wäre sehr gut“, fand Travis.

„Also, es existiert ein Original. Seit einigen Tagen vor Arams Geburt. Es könnte sein, dass Aram nicht gerufen wird, weil das sein Original ist und er deshalb keine Gogyo-Ki mehr braucht. Es könnte aber auch der von Azet sein. Vielleicht braucht er jetzt einen.“ fasste Torben die Überlegungen der Erwachsenen des heutigen Tages zusammen. „Wie kommst du darauf?“ wollte Travis wissen. „Der Stein ist ein Original, er sieht inzwischen genau aus wie Dio und ist im Passanten meiner Tochter ins Morgenland zurück gereist.“ Travis war verwirrt. „Zurück gereist? Wo war er?“. „In Turisede“, gab Torben mit gesenktem Kopf zu. „Rosie!“ rief Travis mit einer gehörigen Portion Wut in der Stimme. „Wir alle, Travis, wir alle. Auch ich und Jule haben mitgemacht. Wir hatten eine unglaubliche Angst um dich und wir waren sicher, dass ein zweites Kind euch auffressen würde, ihr hattet beide schon keine Energie mehr. Ist das nicht auch fast passiert? Wir hatten Angst, was mit dem Morgenland passiert, wenn es versucht euch zu helfen. Wir dachten damals, der Morgenfelsen würde einfach immer weiter kalben bis er weg ist. Wir alle leben seit dem fast ohne unsere Passanten und wir alle achten seitdem darauf, dass wir das Morgenland nicht schwächen. Azet hat sein Leben hier sogar ganz aufgegeben.“ Als Torben das sagte, begann Travis zu weinen. „Glaubst Du, das ist es was ich wollte? Glaubst du, ich habe das mit Absicht gemacht? Ich vermisse Azet jeden Tag. Meine Frau ist eine Göttin, wie sollte ich glauben, dass sie fast keine Lebensenergie hat, weil sie sie immer nur ausgegeben hat und nie angesammelt. Wie sollte ich das wissen? Azet hat gesehen, dass es für das Leben in der Normwelt nur ein Verständnis dafür braucht, wo die eigenen Grenzen sind, wann die eigene Energie aufgebraucht ist und wie sie wieder aufgefüllt werden muss. Die Menschen in der Normwelt funktionieren so und Azet hat sich das ausgesucht, weil er es für ehrlicher hielt. Habt ihr mal daran gedacht, dass das auch Dios Passant sein könnte? Habt ihr mal daran gedacht?“

Als Travis das sagte, entglitt Torben jede Miene und plötzlich wurde ihm kalt klar, wie stark sein Handeln und das seiner Freunde damals von Eifersucht geleitet gewesen war. „Nein haben wir nicht“. Torben wurde sehr leise, vielleicht waren sie Schuld daran, das Aram von seiner Mutter getrennt worden war. „Es tut mir leid.“ Es entstand ein kurzes Schweigen. „Wo sind die beiden?“ „Jule und Rosie?“ Torben stand neben sich. „Nein Mann, Aram und Trixi!“. „Wir suchen sie, wir vermuten sie sind in der Normwelt.“ Travis war erleichtert das zu hören und das verwirrte Torben noch mehr. „Warum erleichtert dich das?“. „Glaube mir, wenn Trixi mit Aram in der Normwelt ist, dann braucht ihr euch keine Sorgen machen, dann ist es einfach nur so schön, dass sie die Zeit vergessen haben. Aram kennt sich aus, er ist schon seit Jahren dort alleine unterwegs.“ Torben grinste. „Warum überrascht mich das nicht?“ Travis grinste auch und zuckte mit den Achseln. „Ich sage den anderen Bescheid“. Er holte seinen Passanten heraus, tippte und drehte daran herum und war dann mit Jule und Rosie verbunden. „Kommt zum Normtor, wir müssen uns keine Sorgen machen.“ liess er sie wissen. Torben stand auf und ging zur Tür. „Los!“ forderte er seinen alten neuen Freund auf ihm zu folgen. Travis stand auf und folgte ihm und als sie das Haus verließen und wie immer die Tür offen ließen, weil sie ja im Morgenland waren und ihnen nichts passieren konnte, da schlug Travis seinem alten neuen Freund auf die Schulter und der sah seine Gelegenheit gekommen, drehte sich um, umarmte Travis und sagte „Entschuldige bitte“. Travis schwieg, aber Torben wusste, dass das ein guter Anfang für eine Versöhnung gemacht war.

Als sie nach einem kurzen Spaziergang am Normtor ankamen, warteten Jule und Rosie bereits dort. Torben ergriff sofort das Wort und sagte: „Es könnte Dio`s Passant sein“, den beiden Frauen entglitten die Mienen genau wie Torben zuvor. Sie merkten die gelöste Stimmung zwischen den beiden Männern und umarmten Travis zur Begrüßung.

Als Trixi und Aram fast am Tor zum Morgenland angekommen waren, fing Trixis Passant plötzlich an rot zu leuchten und dann zu blinken. „Nächste Möglichkeit halten“, rief Trixi Aram zu. Der Elektromotor hörte auf zu surren, Trixi liess das Seil los und beide rollten langsam aus. Aram drehte sich im langsamer werden um und sah, dass Trixi an ihrem Passanten rumspielte. „Ich habe doch vorhin versucht meine Mutter zu lokalisieren, am Bahnhof. Ich glaube, uns erwartet direkt hinter dem Tor ein gehöriges Donnerwetter, jedenfalls scheint sie dort zu warten.“ Sie rollten weiter und beschmierten sich noch hier und da mit Matsch, sodass sie wirklich bemitleidenswert aussahen, bevor sie den Tunnel betraten, der sie zurück nach Hause führen würde.

Jule, Rosie, Torben und Travis hörten ein Ploppen, gleich nachdem sie sich begrüßt hatten. Sie hörten es im Tunnel rumoren und dann belauschten sie ihre Kinder bei ihrer Unterhaltung und waren sehr, sehr erleichtert. Trixi sagte gerade: „Ich habe nicht dran gedacht, dass wir ja den ganzen Weg zurück müssen.“ Und Aram moserte: „Ja soll ich daran denken oder was? Ich kriege bestimmt Ärger, wenn Papa herausfindet, dass ich in der Normwelt war.“ Als Torben und Travis das hörten, lächelten sie sich an und schwiegen.

Die Begrüßung war eine riesige Erleichterung für alle. Trixi fühlte sich wieder sicher und dass alle vier hier versammelt waren, machte die beiden sehr glücklich, denn was immer passiert war, es schien zu heilen. Trixi und Aram verabschiedeten sich und alle bekamen vom Morgenland eine gehörige Abkürzung spendiert, so dass es zu den Häusern, die eigentlich drei Kilometer voneinander entfernt waren, jeweils nur einige dutzend Meter waren.

Als Trixi ihr Zimmer betrat, ihre Pokale und das von Mama frisch bezogene Bett sah und den Geruch des Baumes vor ihrem Fenster aufsaugte, wurde sie unfassbar müde und fühlte sich unglaublich sicher. Auch wenn sie wusste, dass dies ihr Kinderzimmer war und sie ihm bald entwachsen würde, war es im Moment noch das Schönste und Vertrauteste, was es für sie gab. Sie schaffte es noch sich ihren liebsten Pyjama anzuziehen und legte den Passanten auf ihrem Nachttisch ab, bevor sie unter die Decke schlüpfte und sofort einschlief.


Trixi im Morgenland von Integralis e.V. ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Nicht-kommerziell – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz

 

Date Title Duration 2. Dezember 2019 10:15 Das Ende ist nur der Anfang
0:38:19 12. November 2019 10:19 Freiheit für die Liebe
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Der Beitrag Trixi im Morgenland Folge 07: Alte und neue Wunden erschien zuerst auf trixiness.de.


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 May 21, 2019  37m