SPIELGEFUEHL

Menschen verbinden Medien oft mit besonderen Momenten. Der erste Kuss im Kino. Ein bewegendes Buch in schweren Stunden. Oder der Soundtrack zu einer unvergesslichen Nacht. Auch Videospiele begleiten uns durch das Leben und hinterlassen prägende Eindrücke in der Geschichte jedes einzelnen. Im Spielgefühl Podcast widmen wir uns diesen Anekdoten mit unseren Gästen in thematisch gegliederten Podcast-Staffeln, bereichert durch die jeweilige Spielmusik. Im wöchentlichen Format Puls & Minus diskutieren zudem Tim und Timo jeden Montagmorgen den Bruch, der sich durch die Digitalbranche zieht.

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The Legend of Zelda – Link’s Awakening: Erwachende Erinnerungen


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Bitte, spiel sie noch einmal. Die Ballade. Die Ballade vom Windfisch. Spiel sie noch einmal, während ich hier oben auf den Bergen stehe und auf die Insel hinabblicke. Denn auch wenn der Wind nicht echt ist, der mir gerade so sanft durchs Haar streichelt, so ist es doch immerhin dieser Moment.

Quelle: zeldadungeon.net Strandurlaub in Cocolint

Wenn man ein geliebtes Spiel nach langer Zeit wieder in die Hand nimmt, dann ist das so, als sei man von einer mühsamen Reise nach Hause zurückgekehrt. Link’s Awakening ist so ein Spiel für mich. Fern abseits des eigentlichen The-Legend-of-Zelda-Universums strandet Link in diesem Abenteuer auf der Insel Cocolint. Weder die zauberhafte Zelda noch der böse Großmeister Ganondorf tauchen hier auf. Es gibt nur die Insel, die ulkigen Bewohner und ringsherum Meer. Doch ich kehre nicht nur zurück auf das gepixelte Eiland, sondern auch in meine Kindheit.

Wenn ich mit den Pegasus-Stiefeln durch die Urunga-Steppe flitze und dem Affen am Strand die Kokusnüsse um die Ohren fege, dann sehe ich gleichzeitig meine Grundschule vor mir. Den Pausenhof, auf dem wir getobt, gekickt und natürlich auch gezockt haben. Ich sehe meine Freunde, wie sie sich um mich herum und den Gameboy Color gequetscht haben. Und währenddessen kämpft sich Link durch den Wurmpalast, tauscht eine rote Schleife gegen eine Dose Hundefutter und lauscht am Marktplatz Marins wunderschönem Gesang, der Ballade vom Windfisch.

Denn es ist so: der Windfisch schläft. Hoch oben, auf der Spitze des Tal Tal Gebirges, dort schläft er in seinem Ei. Es ist riesig und hat runde, pinke Flecken. Warum schläft er? Link weiß es nicht. Aber er wird ihn wecken, wenn er die acht Instrumente der Sirenen vor ihm spielt. Doch was hat es mit dieser Legende auf sich, die er im Tempel entdeckt hat? Die Wandmalerei, die erzählt, dass Cocolint nur eine Illusion sei, nur der Traum des Windfisches selbst?

Quelle: zeldalegends.net Zurück in die Kindheit

Mir hat das Spiel damals nicht gehört. Ich habe es von einer Klassenkameradin geliehen und zusammen sind wir dann eingetaucht. Nun, es war eines meiner ersten Spiele, Zelda als Reihe kannte ich nicht (obwohl es Ocarina of Time und Majoras Mask schon gegeben haben muss). Ich wusste noch nicht viel von Videospielen und ihren Mechaniken. Die drei Spielstände waren schon beschrieben und zufällig war Link in derselben Reihenfolge gerade im ersten, zweiten und dritten Dungeon. Also dachte ich mir, dass das wohl so sein müsse, die anderen Dungeons (denn eine Karte in der Bücherei verriet mir, dass es insgesamt acht gebe) seien wohl nur in einem anderen Spiel erreichbar.

Und so hing ich stundenlang fest, weil ich mit den Spielmechaniken nicht zurechtkam und nicht wusste, was ich gegen diesen fiesen Waschbären im Wald tun sollte. Trotzdem hatte ich meinen Spaß. Die wenigen quadratischen Bildschirme die ich kannte und die beim Erreichen des Randes zum nächsten übergingen, lernte ich lieben. Genauso wie das liebevolle Örtchen Mövendorf  mit Plaudertasche Ulrira (der aber nur quatscht, wenn man ihn anruft), Madame MiouMiou mit ihrem Kettenhund Struppi und der Spielhalle mit der Yoshi-Puppe als Hauptgewinn. Und selbstverständlich Marin, dem unschuldigen Mädchen, dessen Wunsch es ist, als Möwe die Welt zu besingen.

Heute kenne ich das Spiel in und auswendig. Dass ich dem Waschbären im Wald nur Zauberpulver über den Kopf hätte schütten müssen, um seinem Irrgarten zu entkommen, ist mir mittlerweile so klar wie das Wasser in der Zwergenbucht. Genauso kenne ich das Versteck jeder Zaubermuschel und jedes einzelnen Herzteils. Ich sehe mein jüngeres Ich und würde es ihm gerne verraten, doch dann bemerke ich, wie er auch ohne Fortschritt glücklich in dem einen begehbaren Feld am Fuße des Berges steht, nur um der wunderschönen 16-Bit-Musik zu lauschen, die dort unten aus dem Lautsprecher tönt.

Quelle: zeldalegends.net Melodie im Herzen

Link’s Awakening mag nicht das beste Spiel der Zelda-Reihe sein. Als Vorzeigekind rühmt sich nach wie vor Ocarina of Time, Wind Waker beeindruckt auch im HD-Remake mit wunderschöner Cel-Shading-Grafik und Seefahrerfreiheit und sogar das rund zwei Jahre früher (wenn auch für SNES) erschienene A Link to the Past protzt bereits mit dem Wechsel zwischen Ober- und Schattenwelt. Und trotzdem hat das Gameboy-Spiel mit dem fliegenden Wal und der verträumten Geschichte einen besonderen Platz in meinem Herzen. Weil es eines meiner ersten Spiele war. Und weil es mich an diese Zeit zurückerinnert.

Mittlerweile bin ich beim Windfisch angelangt. Ich stehe vor seinem Ei, die Instrumente gezückt, bereit, alles zu beenden. Und wenn der Windfisch erwacht, wird nicht nur die Insel wie eine alte Erinnerung verblassen. Ich werde auch in die Gegenwart zurückkehren und meinen Alltag leben. Das ist nicht schlimm, denn ich mag meinen Alltag. Doch manchmal ist es eben schön, sorgenfrei in der Vergangenheit zu schwelgen. Also, bitte, spiel sie noch einmal. Die Ballade. Die Ballade vom Windfisch.

 

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 March 15, 2016  6m