Mit einem Ministerium und menschenfreundlicher Stadtplanung gegen die Einsamkeit
Einsamkeit ist kein individuelles Problem, um das sich jeder nur privat kümmern sollte. Denn Einsamkeit wird begünstigt durch die Art wie wir als moderne Menschen leben und durch die Strukturen, die uns umgeben. Die Politik kann diese Rahmenbedingungen gestalten und menschenfreundlicher machen. In Folge 46 schlagen wir daher zwei Lösungen vor, was die Politik gegen die Einsamkeit tun kann.
Das Problem: Einsamkeit tötetEinsamkeit ist tödlicher als Übergewicht und soll genauso tödlich sein wie eine Schachtel Zigaretten am Tag. Noch dazu nimmt das Phänomen Einsamkeit zu. Immer mehr Menschen fühlen sich einsam und leiden darunter. Schnell denkt man dabei an ältere Menschen, die alleine leben, z.B. weil sie ihren Partner oder ihre Partnerin verloren haben. Einsamkeit betrifft jedoch alle Altersgruppen und nimmt auch bei jüngeren Generationen wie der Generation Y zu.
Insgesamt sollen 10 bis 15 Prozent der Deutschen unter Einsamkeit leiden. Bei den über 85-Jährigen sind es sogar 20 Prozent. Die Kontaktsperren und Ausgangsbeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie halten nun schon seit Wochen an und werden das Problem der Einsamkeit höchstwahrscheinlich verstärken. Vor allem Singles befürchten, dass jetzt einsame Wochen anstehen.
Ein Ministerium gegen die EinsamkeitGroßbritannien hat es vorgemacht und zu Beginn des Jahres 2018 ein Einsamkeitsministerium gegründetAuch in Deutschland wäre das denkbar angesichts der zunehmenden Vereinsamung (Es gibt aber auch kritische Stimmen). Was würde passieren, wenn Deutschland ein Einsamkeitsministerium hätte?
Symbolischer Akt Wie in Großbritannien wäre das Thema in allen Medien. In jeder Talkshow und in jeder Zeitung würde darüber diskutiert werden. Das Thema Einsamkeit wäre im gesellschaftlichen Diskurs für gewisse Zeit ganz oben.
Aufmerksamkeit und Bewusstsein Die generierte Aufmerksamkeit steigert das Problembewusstsein in der Bevölkerung. Dies könnte man nutzen, um das Thema Einsamkeit zu enttabuisieren und besprechbar zu machen.
Klare Verantwortungszuschreibung Es muss klar sein, dass die Ministerin oder der Minister gegen Einsamkeit die Ansprechperson für das Thema in Deutschland ist. So wüssten die Redaktionen, wen sie ansprechen können.
Vorabprüfung politischer Maßnahmen Das erste Ziel sollte es dann sein, dass die Regierung das Problem der Einsamkeit nicht noch schlimmer macht. Politische Maßnahmen sollten auf ihre Auswirkungen hinsichtlich der Einsamkeit geprüft werden.
Maßnahmen und Gesetze gegen Einsamkeit Ein Ministerium muss dann auch selbst tätig werden und Gesetzesvorhaben vorantreiben. Eine konkrete Maßnahme aus dem britischen Einsamkeitsministerium ist beispielsweise das Social Prescribing, bei dem Ärztinnen und Ärzte auch “Geselligkeit” verschreiben dürfen.
Informationskampagnen gegen Einsamkeit durchführen Mit politischen Kampagnen kann das Thema breiter in die Bevölkerung getragen werden, ähnlich wie mit der Campaign to End Loneliness in Großbritannien.
Stadtplanung und Wohnungsbau gegen die EinsamkeitWenn es darum geht, die Umgebung an die menschlichen Bedürfnisse anzupassen, um Wohlbefinden zu steigern, müssen wir auch unser derzeitiges Wohnen hinterfragen. Der dänische Architekturprofessor Jan Gehl hat in seinem Buch “Städte für Menschen” Faktoren definiert, die eine menschenfreundliche Stadt ausmachen:
Positiv- und Negativ-Beispiele für lebenswerte Städte, die Einsamkeit verringern könnten:
Ein zweiter Aspekt unseres modernen Wohnens ist die große Anzahl an Single-Haushalten. In vier von zehn Haushalten lebt nur eine Person und das kann das Risiko für psychische Krankheiten erhöhen. Wer allein lebt, leidet ungefähr doppelt so oft an einer psychischen Erkrankung wie andere. Es gibt neue Wohnlösungen, die mehr Gemeinschaft ermöglichen und die der Staat fördern kann, was er teilweise auch bereits macht: Mehrgenerationenhäuser und Wohnprojekte mit gemeinsam genutzten Sozialräumen sind ein Weg, genauso wie Senioren-WGs.
Zugabe: Was kann ich tun, wenn ich mich einsam fühle?
Die Podcasterin von Herrengedeck, Ariana Baborie, hat auf ihrem Instagram-Kanal von Psychologinnen, Therapeuten und Betroffene Tipps gegen Einsamkeit gesammelt und kompakt veröffentlicht.
Lest ihre 20 Tipps, um euch zu stärken, wenn ihr Depressionen habt, Angststörungen oder schlecht alleine sein könnt und die Corona-Zeit mit Quarantäne, Ausgangssperren und Kontaktverbot für euch besonders schwer ist.
Darunter auch einige Programme, die mit Expertinnen und Experten gemeinsam entwickelt wurde und während Corona kostenfreie Angebot machen, wie z.B. die App SELFAPY.