Anders & Wunderlich: Der Geschichten-Podcast

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Expl0394: Der reichste Mensch aller Zeiten


Reich zu sein ist ja so lästig. Ich kann mich jeden Tag nicht entscheiden, ob ich jetzt den Bentley, den Jaguar oder doch den Ferrari nehmen soll, um in mein Studio zu fahren. Doch bei all’ der Kohle, die ich mit dieser Sendung verdiene bin ich natürlich nicht so reich wie Mansa Musa, der wahrscheinlich reichste Mensch der Geschichte.

Download der Episode hier.
Closer: „Gold, Gold, Gold, Gold, Gold, Gold, Gold, Gold, Gold, Gold!“ von NICHTLUSTIG
Musik: „Gold Fever“ von The Wind of Whistles / CC BY-NC-SA 3.0

+Skript zur Sendung
„Gold wird irgendwo auf der Welt aus der Erde gegraben. Dann schmelzen wir es zu Barren, bauen einen unterirdischen Tresor und graben es wieder ein. Wenn uns Außerirdische dabei beobachten, es käme ihnen reichlich obskur und seltsam vor.“ Sagt zumindest Warren Buffet. Der selbst nicht gerade ein armer Mensch ist. Man schätzt ihn auf 60 Milliarden Euro.

Aber so reich wie König Musa I. von Mali ist er nicht. Ist überhaupt kein Mensch, der heute lebt. In die Top Ten der reichsten Menschen der Geschichte schafft es überhaupt nur Bill Gates. Und der wird da mit 80 Milliarden eingeschätzt, die er ja mittlerweile auch nicht mehr hat.

Bei Musa war es natülich kein Betriebssystem, sondern Gold, das ihn so reich gemacht hat. Weil es ja eigentlich so selten ist. Wenn man alles Gold, das wir heute fördern, zu einem Würfel stapelt, kann man schnell darum herum gehen. Denn der wäre nur 40m hoch, breit und tief. Denn mehr als 2700 Tonnen fördern wir auf der ganzen Welt nicht. Und im Mittelalter, so schätzt man, lag die Produktion bei ca. 4 bis 5 Tonnen. Weltweit.

Und eine Tonne davon wurde in Mali gefördert. Das König Musa zu einer afrikanischen Großmacht gemacht hatte. Gekrönt wird Musa Keita der Erste im Jahre 1312.
In Europa ist das vierzehnte Jahrhundert durch große Hungersnöte, viele kleine Konflikte und einige größere Krieg gekennzeichnet. Ein Drittel der Bevölkerung wird von der Pest hingerafft. Die Wissenschaft ist noch unbedeutend – Universitäten gibt’s eine Handvoll, medizinische Fortschritte sind kaum in Sicht.

Die muslimische Welt aber blüht und gedeiht. Sie umfasst Marokko, Algerien, Lybien, Ägypten, den nahen Osten, Arabien, fast die ganze Türkei, Asien bis runter nach Indien und hoch bis zum Aralsee. Überall entstehen Universitäten und Moscheen. Eine Welle des Wissens, der Ingenieurskunst und der Kultur. Diesen Fortschritt will Musa unbedingt auch in seine Heimat Mali bringen.

Durch die Anbindung seines Reichs an die wichtigen Handelsrouten zum Mittelmeer kann er auch gut mit den Dingen handeln, die es in seinem Reich zuhauf gibt. Und das wären Salz und eben Gold. Viel Gold. Der Historiker Richard Smith vom Ferrum College rechnet eine Tonne gefördertes Gold für Mali in dieser Zeit aus. Das ist ein Fünftel, vielleicht sogar ein Viertel der gesamten Fördermenge auf der Welt zu diesem Zeitpunkt. Und das gehörte alles ihm persönlich – sein königliches Eigentum.

Aber das setzt Musa auch ein. Er investiert. Zuerst leistet er sich erst einmal eine moderne Armee nach arabischem Vorbild. Bis zu 200.000 Mann unter Waffen, ein Viertel davon Kavallerie. Die Bundeswehr, zum Vergleich besteht aktuell aus 178.573 aktiven Soldaten.

Mit dieser Übermacht erweitert er sein Reich umgehend. Am Ende seiner Regentschaft umfasst es – für den Fall, dass ihr in afrikanischer Geographie fit seid… Ich bin ja schon dankbar, dass Südafrika seinen Aufenthaltsort im Namen verrät – umfasst Mali also Mauretanien, Senegal, Gambia, Guinea, Burkina Faso, Niger, Nigeria, den Tschad. Und halt Mali.

Mit Timbuktu und Gao gelingen ihm zwei strategisch wichtige Eroberungen. Und in diese zwei Großstädte investiert er richtig viel Geld. Timbuktu bekommt außer zahlreichen Moscheen auch ein Universität spendiert, für die er die fähigsten Köpfe der muslimischen Welt akquirieren will.

Das läßt sich prima mit seinem Reiseplan unter einen Hut bringen. Denn als gläubiger Muslim muss er ja auch eine Hadsch unternehmen, eine Reise nach Mekka. Und die hat er ordentlich vorbereitet. Seine Reise soll auch eine Image-Kampagne für sein Reich sein und für seinen Reichtum.

Da heißt es klotzen, nicht kleckern. Von dieser Reise haben wir wirklich viele Berichte, so spektakulär geriet sie. Die Zahlen, die dabei benutzt werden, zeigen deutlich, dass niemand diesen Reichtum auch nur annähernd fassen konnte. Seine Karawane war so lange, dass sie mehr als einen Tag benötigte um einen Ort zu passieren.

Man schätzt, seine Karawane umfasste 60.000 Mann. Darunter 12.000 Sklaven, die kiloweise Gold trugen, Hunderte von Pferden, die kiloweise Gold trugen und 800 Kamele, die kiloweise Gold trugen. Alleine für so eine mittelgroße Marktgemeinde täglich Verpflegung und Unterkunft zu finden, geht ins Geld.

Aber damit nicht genug. Jede Stadt, die er besuchte, bekam große Gastgeschenke. Alle Armen in diesen Städten wurden mit Gold beschenkt. Und in jeder Stadt bezahlte er den Bau einer Moschee im voraus. Es heißt, Musa habe jeden Freitag eine neue Moschee in Auftrag gegeben.

Seine Reise währte über ein Jahr und brachte den besuchten Regionen aber nicht nur Gutes. Er, alleine durch seine Goldverschenkerei und den umfangreichen Ankauf von Souvenirs ruinierte Ägyptens Währungssystem komplett.

Durch diese Goldflut brach der Denar zusammen, der – wie die meisten Währungen damals – Gold gedeckt war. 10 Jahre sollte es dauern, bis die schlimmste Inflation erst einmal wieder im Griff war. Denn natürlich explodieren die Preise, wenn jeder Bettler und Kranke erst einmal eine große Shoppingtour machen kann. Da kann ja das Angebot nicht mitmachen.

Zurückgekommen nach Mali, ein Jahr später, es sit 1325, setzt er den Ausbau Malis fort. Während seiner Regentschaft gibt es im Reich 400 Städte und die massive Zuwanderung ins reichste Land der Welt sorgt dafür, dass das Niger-Delta war dichter bewohnt als jemals zuvor und danach.

Er baut auch die große Freitagsmoschee, Djinger(e)-ber in Timbuktu, deren Überreste heute noch stehen. Und einen beeindruckenden Palast im modernen, andalusischen Stil.

Und seine Universität zieht wirklich kluge Köpfe und viele Studenten aus dem gesamten muslimischen Reich an. An der Sankore-Universität studieren und wohnen und leben – kostenfrei – 25.000 Studenten. Für Bologna können wir z.B. von ca. 300 Studenten ausgehen. Und die Bibliothek dieser Universität ist die umfangreichste seiner Zeit und wahrscheinlich die größte seit Alexandria. Eine Million Manuskripte sind für das 14. Jahrhundert eine beeindruckende Menge. Auch die Universität ist in Timbuktu noch zu sehen.

Wann Musa genau stirbt ist nicht ganz sicher zu sagen, da differieren die Quellen, aber die meisten errechnen 1337. 57 Jahre alt.

Wie reich aber war er wirklich? Auf jeden Fall so reich, dass seine Zeitgenossen buchstäblich keine Worte fanden, dies zu beschreiben. Heute ist ein Gramm Gold ca. 40 Euro wert. Besäße man heutzutage ein Viertel der jährlich geförderten Menge wären das 27 Milliarden Euro Einkommen. Im Jahr. Oder 74 Millionen Euro jeden einzelnen Tag. Oder 50.000 Euro jede Sekunde.

Und das war nur sein goldenes Gold.
Denn vom Salz, dem weißen Gold, von dem fangen wir gar nicht erst an…

Es bleibt wirklich nur Dagobert Duck. Der mit 174 Fantastilliarden natürlich noch reicher ist.


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 March 2, 2016  11m