Der Mensch hat die Sprache beim Geschichtenerzählen erfunden. Geschichten erklären die Welt. Sie können uns Mut oder Angst, Freude oder Trauer fühlen lassen, uns Wissen oder Weisheit vermitteln. Eine Geschichte ist kein Werk, sondern ein Akt. Wir denken, schreiben, sprechen und Du hörst uns zu – so kommt sie erst in die Welt. Wir haben über 75 Stunden im Archiv, professionell produziert und kostenlos zu hören. Viele Geschichten sind phantastisch, die meisten regen zum Nachdenken an, einige sind Erlebniserzählungen und hin und wieder sind sie auch komisch. Alle Geschichten sind exklusiv für unseren Podcast geschrieben, gesprochen, aufgenommen, geschnitten und abgemischt. Wir machen keine Werbung, haben keinen Sponsor und es gibt weder Paywall noch Abonnement. Um unabhängig zu bleiben und unsere Arbeit zu finanzieren, suchen wir allerdings nach Unterstützer*innen und haben uns für ‚Steady‘ aus Berlin entschieden. Wer uns monatlich ein paar Euro widmet, kann uns im Blog oder im eigenen Feed zuhören, wie wir uns nach der Aufnahme einer Geschichte über die Hintergründe, Gedanken und Ideen dazu unterhalten. (Gut. Das ist zu hochgestochen und klingt langweiliger, als es ist...
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Expl0386: Wultak, der Zerstörer
Kennt ihr die Fernsehserie „Flash Gordon“ aus den Dreißigern? Mit Buster Crabbe als Flash und dem fabelhaften Charles Middleton als „Ming, the Merciless“? Das ist genau der Posten, auf den sich im heutigen Hörspiel Wultak, der Zerstörer bewirbt. Mal hören, ob er über das verfügt, was ein Galaktischer Diktator so braucht…
Download der Episode hier.
Musik: „Tyrante (2006)“ von Petit Homme / CC BY-NC-ND 3.0
Wir sehen einen Warteraum. Ist wohl eine Behörde. Ein untersetzter Mann sitzt auf einem der Sessel. Er trägt eine rabenschwarze Robe mit blutrotem Samtfutter und Stehkragen. Und eine Stahlkappe auf dem Kopf. Die steht mit seiner Nickebrille durchaus in Kontrast. Er wirkt unruhig und knetet nervös seine Hände.
Eine Tür öffnet sich und ein Mann – mit genau so einer Robe – stapft wütend heraus.
Ming: „Überholt, sagt er. Pah! Ming, der Gnadenlose und überholt! Was ist gegen Kanonen einzuwenden, die Unwetter verursachen? Pah! Ich werde ihn vernichten. Zertrampeln! Wenn dieser Flash Gordon nicht gewesen wäre, dieser Erdenwurm! Ihr werdet es alle schon noch sehen! Wartet nur ab!“
Über den Lautsprecher ertönt eine Durchsage: „Der Nächste, bitte!“
Der Mann steht auf und geht ins Zimmer.
W: War das Ming, der Gnadenlose? Vom Planeten Mongo?
B: Ja, das war er.
W: Das war ein großes Vorbild für mich.
B: Ja, aber Bösewichte mit asiatischem Hintergrund, ich bitte Sie. Das geht wirklich nicht mehr.
W: Ah, verstehe.
B: Sind Sie Wultak, der Zerstörer?
W: Ja, ja. Das bin ich. Wultak, der Zerstörer. Ich meine: Ich bin Wultak, der Zerstörer! Moment, einen Augenblick. Der Echoknopf geht nicht. Eine Sekunde, das haben wir gleich…
War nur die Batterie. Also: Ich bin es! Wultak, der Zerstörer! (Echo)
B: Aha, sehr schön. Wir haben ihre Bewerbung erhalten, vielen Dank.
W: Ah, prima, freut mich. (Echo) Sorry, jetzt klemmt er… So. Jetzt. Wo waren wir.
B: Herr Wultak, der Zerstörer, Sie bewerben sich also…
W: Ja, genau.
B: Auf die freie Stelle.
W: Wenn’s Ihnen recht ist.
B: Na klar. Ich sehe, Sie hatten eine weite Reise. Ich hoffe, es war nicht zu unangenehm.
W: Ach was, nur bei Beteigeuze gab’s wieder Stau auf der Hyperraumstraße. Man sollte meinen, dass die sich mittlerweile auf Asteroidenschauer eingerichtet haben. Aber nein, drei Lichtjahre, Raumschiff um Raumschiff. Das wirft diesen Zweig der Galaxis wirtschaftlich weit zurück, das kann ich Ihnen sagen.
B: Ja ja, da haben Sie wahrscheinlich recht.
B: Haben Sie denn den Willen, diesen Job auch auszufüllen?
W: Ja. Ich will der ultimative, galaktische Despot werden. Äh, Moment. Ich will der ultimative, galaktische Despot werden.(Echo)
B: Schön, schön. Aber wir nennen das galaktischer Großdiktator auf Lebenszeit.
W: Ach. Stimmt, soll ich noch einmal?
B: Nein, nein, passt schon, vielen Dank.
W: Ich kann aber gerne.
B: Nein, wirklich nicht. Ich sehe hier, Sie haben und die Bewerbung und ihren Lebenslauf zugeschickt.
W: Ja, hab’ ich. Ich hoffe, das war in Ordnung so. Ich habe mich ja nicht an Ihre vorgegebenen Formatierungen gehalten.
B: Das kann man sagen. Die haben schon ihren Sinn, Herr Wultak, der Zerstörer.
W: Klar, klar, das verstehe ich.
B: Und so wie Sie das gemacht haben, kann man das schlecht an eine Email anhängen.
W: Verstehe ich. Verstehe ich.
B: Nicht dass 666.000 Sklaven nicht unpraktisch sind…
W: Gell, finde ich auch!
B: Aber nachdem Sie ihre Unterlagen auf deren Rücken tätowiert haben…
W: Das ist eine originelle Idee, oder?
B: Ja, durchaus, durchaus. Aber man kann das so auch schlecht abheften.
W: Also, mir würden da schon Methoden einfallen. Moment. Wultak, der Zerstörer hat eine Idee (Echo)
B: Passt schon, vielen Dank! Wir haben die Sklaven einfach Stück für Stück auf den Scanner gelegt und dann eine Worterkennung drüber geschickt. Also, schauen wir uns das einmal an.
Wie hat das denn bei Ihnen so angefangen mit dem Despotentum?
W: Na ja, steht ja auf den Sklaven.(Echo) Sorry, ich meine, das haben Sie gelesen, oder?
B: Bitte erzählen Sie mir das doch noch einmal persönlich.
W: Also meine früheste Erinnerung ist, wie ich Stubenfliegen gefangen habe und mit Superkleber an einen Papierflieger geklebt habe.
B: Mhm..
W: Dann habe ich’s mit Schmetterlingen versucht, weil ich dachte, die haben mehr Auftrieb…
B: Mhm…
W: Bald habe ich dann die Tierquälerei auf Säugetiere ausgedehnt. Und bald auch entdeckt, was für ein Spaß das Foltern so ist. Ich habe da ganz neue Methoden entwickelt. Z.b. das Honig-Boarden…
B: Ja, gut. Ich sehe. Hier steht weiter noch Nahkampfausbildung bei den Klingonen, Lehrjahre bei Galaktus und rechte Hand von Bowser.
W: Ja, aber das hatte keine Perspektive. Der wurde immer drolliger. Da habe ich mich selbstständig gemacht und erst einmal eine kleine Stadt unterjocht.
B: Ja, ich sehe.
W: Aber das… Moment. Aber Wultak, der Zerstörer wird die Galaxis unterjochen.(Echo)
B: Moment, Moment, Moment. Eines nach dem Anderen. Ich sehe hier weiters, dass Sie einen kleinen Planeten von unserer Behörde zugewiesen bekommen haben. Mit eine Bevölkerung von mehreren Millionen Humanoiden.
W: Wultak hat sie alle unterjocht! Der ganze Planet zittert unter meiner Knute!(Echo)
B: Aber es läuft nicht so toll, oder?
W: Na ja, die Wirtschaft…(Echo) Moment. Die Wirtschaft schwächelt etwas – die 666.000 Sklaven fehlen natürlich schon sehr schmerzhaft. Aber kein Opfer ist zu groß…
B: Stoppen Sie ‘mal Herr Wultak, der Zerstörer. Sie haben also ihren Planeten verarmt, um sich hier bewerben zu können?
W: Ja. Ich wollte Einsatz zeigen.
B: Verstehe… Herr Wultak, der Zerstörer. Ich kann es Ihnen gerade heraus sagen: Sie sind nicht der Typ von galaktischer Großdiktator auf Lebenszeit, den wir suchen.
Es wird sehr ruhig im Zimmer. Eine Träne rollt aus einem Auge von Wultak, dem Zerstörer. Man kann das hören.
W: Nicht?
B: Nein. Das Modell sadistischer Tyrann, der durch Gewalt regiert, das ist so 20stes Jahrhundert.
W: Ist es?
B: Ja, wir sehen auch in Zukunft keinen Platz, Sie weiter zu beschäftigen.
W: Das ist… Sehr…
B: Bitte nehmen Sie das nicht persönlich. Die Zeiten ändern sich.
W: Wultak wird… Moment.
B: Nehmen Sie sich alle Zeit, die sie brauchen. Wollen Sie ein Bonbon.
W: Wultak, der Zerstörer wird Sie vernichten!(Echo)
B: Nein, das wird Wultak nicht. Ich habe hier eine Broschüre für Sie. Wir bieten Ihnen eine Umschulung an. Sozialberufe sind nichts für Sie, also studieren Sie einfach ‘mal das Heftchen, in Ordnung?
W: Was mit Medien?(Echo) Sorry, was mit Medien?
B: Ja, da besteht durchaus Bedarf. Gerade für Leute wie Sie. Sie könnten Journalist werden, zum Beispiel in einem Boulevardblatt. Oder Showmaster in einer Castingshow. Die Galaxis braucht Leute wie Sie, Herr Wultak, der Zerstörer.
W: Eine Frage noch…
B: Aber gerne.
W: Könnte sich Ihre Behörde vielleicht an meinen Spesen beteiligen.
B: Welche Spesen? Wir leisten nur Beihilfe bei Bewerbungskosten.
W: Ja, eben. Ich kann die Rechnung hier nicht zahlen. Die vom Tätowierer…