Anders & Wunderlich: Der Geschichten-Podcast

Der Mensch hat die Sprache beim Geschichtenerzählen erfunden. Geschichten erklären die Welt. Sie können uns Mut oder Angst, Freude oder Trauer fühlen lassen, uns Wissen oder Weisheit vermitteln. Eine Geschichte ist kein Werk, sondern ein Akt. Wir denken, schreiben, sprechen und Du hörst uns zu – so kommt sie erst in die Welt. Wir haben über 75 Stunden im Archiv, professionell produziert und kostenlos zu hören. Viele Geschichten sind phantastisch, die meisten regen zum Nachdenken an, einige sind Erlebniserzählungen und hin und wieder sind sie auch komisch. Alle Geschichten sind exklusiv für unseren Podcast geschrieben, gesprochen, aufgenommen, geschnitten und abgemischt. Wir machen keine Werbung, haben keinen Sponsor und es gibt weder Paywall noch Abonnement. Um unabhängig zu bleiben und unsere Arbeit zu finanzieren, suchen wir allerdings nach Unterstützer*innen und haben uns für ‚Steady‘ aus Berlin entschieden. Wer uns monatlich ein paar Euro widmet, kann uns im Blog oder im eigenen Feed zuhören, wie wir uns nach der Aufnahme einer Geschichte über die Hintergründe, Gedanken und Ideen dazu unterhalten. (Gut. Das ist zu hochgestochen und klingt langweiliger, als es ist...

https://morgenradio.de

subscribe
share






Expl0365: Kein Oscar, bitte!


Die Oscar-Verleihung ist das Fest, an dem Hollywood sich selber feiert. Natürlich hat der Preis nicht wirklich etwas mit schauspielerischem Können zu tun. Oder mit der Beliebtheit eines Schauspielers beim Publikum. Er kann vor allem eines: Karrieren von guten Schauspielern so richtig ruinieren. Was ich beweisen kann!

Download der Episode hier.
Opener: „Chris Rock Calls The Oscars White BET Awards“ von wochit Entertainment
Closer: „Snoop Dogg Says F The Oscar Awards“ von blackfirst 4eva
Musik: „Hollywood Blvd. Remix“ von Blacknbloom / CC BY-SA 3.0

+Skript zur Sendung
Die Oscar-Verleihung rückt näher. Und Hollywood wird ein bisschen nervös. Dieses glamouröseste Filmfest der Welt – oder haben die in Bollywood ein cooleres? – sorgt aber schon vorab für Aufregung.

Denn wie auch letztes Jahr, so ist auch dieses Jahr niemand „of color“ nominiert. Und das heißt in den USA, wo die Kulturen eben nicht melten, kein Afro-, Hispano- oder Asio-Amerikaner. Ich glaub, den letzten Begriff habe ich gerade erfunden. Aber ihr wisst, was ich meine, oder?

Jada Pinkett-Smith und Spike Lee werden die Veranstaltung deswegen boykottieren. Die aber dafür von Chris Rock moderiert wird. Der macht sich zwar über die weissen „BET Awards“ lustig – BET heisst Black Entertainment Television – aber gekündigt hat er bislang nicht.

Aaaber. Wenn man so drüber nachdenkt. Und das mal so anschaut. Und sich so Gedanken macht. Und Statistiken fälscht. Dann lässt sich ganz klar beweisen, dass der Oscar kein Segen ist für den Empfänger, sondern ein Fluch. Der Oscar ist verflucht! Clip/Uaharrharrharrr

Wer einen Oscar gewinnt, dreht danach nur noch unwichtiges Zeug.
Oder gar nichts, manchmal vielleicht auch die bessere Wahl.

Und das kann ich euch an 10 Beispielen beweisen. Und zwar Beispiele, die ihr vielleicht auch kennt. Denn es gibt z.B. auch Marlee Matlin, Timothy Hutton, Mira Sorvino oder Mercedes Ruehl – da hat der Fluch so heftig zugeschlagen, dass ihr die wahrscheinlich gar nicht mehr kennt. Selbst, wenn die zu ihrer Zeit richtig heiß waren.

Also, das Verfahren ist eröffnet.

Beweismittel 1: Charlize Theron
Charlize Theron hat ihren Oscar 2003 bekommen. Für den Film „Monster“. Ein Biopic über Aileen Wuornos, eine Prostituierte, die zur Serienkillerin wird. Und wie sie diesen Film dominiert hat, war unglaublich, eine tolle schauspielerische Leistung. Nicht weil sie so hübsch und sexy war, sondern im Gegenteil. Danach: Nichts Wichtiges mehr. Aeon Flux? Nee. Hancock? Doppel-Nee. Klar, sie war die eigentliche Hauptrolle in Mad Max: Fury Road – aber das ist nicht so richtig großes Schauspiel, oder?

Beweismittel 2: Helen Hunt
Ihr Oscar stammt von 1997 und der Film hieß: „Besser geht’s nicht.“ In dem sie sogar Jack Nicholson an die Wand gespielt hat. Obwohl das auch einer der besseren Nicholson-Filme war.
Sie kam noch in „Cast Away: Verschollen“ vor, aber hatte dabei weniger Zeit auf der Leinwand als Clip/Wilsoooon! Fernsehfilme zählen auch nicht, sorry.

Beweismittel 3: Adrien Brody
Auch ein toller Schauspieler. Darum hat er – zurecht – 2003 den Oscar bekommen für „Der Pianist“. Und könnte sicher noch viel mehr als nur ein zu ernster Jack Driscoll in „King Kong zu sein. Oder ein zu ernster Actionstar in diesem unsäglichen Predators-Sequel.
Die Gewalt des Fluchs ist enorm!

Beweismittel 4: Gwyneth Paltrow
Ja, ich weiß, die sieht man immer noch. Aber wo? In der Serie Glee? Oder als love interest von Iron Man? Oder in Austin Powers? Oder im unsäglichen Mortdecai? Das ist doch nicht Schauspielerei! Auf jeden Fall nichts im Vergleich zu „Shakespeare in Love“, einem ausgezeichneten Film für den sie 1998 verdient einen Oscar bekommen hat.

Beweismittel 5: Cher
Ja, die Cher! Die kann schauspielern, wirklich. „Mondsüchtig“ ist eine der besseren Rom-Coms, selbst wenn der Film schon von 1987 ist. Und sie hatte vorher mit „Silkwood“ und „Die Maske“ respektable Leistungen gezeigt. Mit dem Oscar aber war ihre Schauspiel-Karriere vorbei. Und die musikalische auch. Doppel-Fluch.

Beweismittel 7: Roberto Benigni
Ich mochte ja „Das Leben ist schön“ nicht so besonders. Ein KZ als Setup für so einen Kitsch, das war nicht meins. Trotzdem hat der sympathische, italienische Komiker seinen Preis 1998 zurecht bekommen – und wenn’s nur wegen der lustigsten Dankesrede in der Geschichte war. Seitdem hat er meines Wissens überhaupt nichts mehr gemacht.

Beweismittel 8: Nicolas Cage
Bevor Nicolas Cage und sein – sagen wir ‘mal exaltierter – Schauspielstil, zum Dauerwitz im Internet wurde, konnte er richtig gut sein. „Leaving Las Vegas – Liebe bis in den Tod“ von 1995 ist eine echt ergreifende Schmonzette. Wegen seiner Leistung. Danach, na ja, das wisst ihr ja.

Beweismittel 9: F. Murray Abraham
Ein besonders herber Verlust. Da ist ein Schauspieler, der in die Klasse eines Ben Kingsley oder Robert de Niro gehört. Und der eine faszinierende, packende Leistung bringt. Und zwar als Salieri. Als der Bösewicht in „Amadeus“. Dann kriegt er dafür einen Oscar und die Karriere ist beendet. Dabei hätten wir so ein Talent wirklich gebrauchen können. Last Action Hero, Star Trek: Insurrection oder gar Muppets in Space? Wo ist Dein Talent hin, F?

Beweismittel 10: Cuba Gooding Jr.
Ein Riesen-Schauspieler, acuh wenn ihr’s nicht glaubt. Sein Part als Rod Tidwell im Klassiker „Jerry McGuire“ – mein Lieblings-Tom-Cruise-Film – hat ihm 1996 den Oscar verdient. Clip/Show me the Money! Danach ging’s bergab. In einigen Nebenrollen taucht er noch in wichtigeren Produktionen auf, aber die Filme mit ihm als Hauptdarsteller? Nee. Habt ihr ‘mal „Norbit“ gesehen?

Und einen Ehrenplatz möchte ich noch Halle Berry widmen. Die immer noch ganz gut verdient hat und sogar „Catwoman“ überlebt hat. Auch in „Cloud Atlas“ kann man sehen, dass sie mehr ist als nur ein Bikini-Modell wie im schrecklichen „Die Another Day“. Aber ihre Rolle als Leticia Musgrove im großartigen Monster’s Ball – zu der Qualität hat sie seit ihrem Oscar 2002 nie mehr zurück gefunden. Oder finden dürfen.

So, ich hoffe, das ist genug an Material. Die ganze Veranstaltung mit Namen Oscar wird komplett missverstanden. Es geht der Academy überhaupt nicht darum, besondere Karrieren zu befördern, sondern sie zu vernichten. Wenn jemand in Hollywood zeigt, dass er wirklich schauspielern kann, dann kriegt er einen Oscar und die Konkurrenz ist aus dem Weg geräumt.

Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern, wie ihr gerade gehört habt, gut belegbar.
Wahrscheinlich ein Psycho-Phänomen. Jeder Schauspieler leidet am Hochstapler-Syndrom und mit diesem Preis im Regal bricht die Seele endgültig.

Guter Trick, Hollywood, guter Trick!


fyyd: Podcast Search Engine
share








 January 21, 2016  12m