Anders & Wunderlich: Der Geschichten-Podcast

Der Mensch hat die Sprache beim Geschichtenerzählen erfunden. Geschichten erklären die Welt. Sie können uns Mut oder Angst, Freude oder Trauer fühlen lassen, uns Wissen oder Weisheit vermitteln. Eine Geschichte ist kein Werk, sondern ein Akt. Wir denken, schreiben, sprechen und Du hörst uns zu – so kommt sie erst in die Welt. Wir haben über 75 Stunden im Archiv, professionell produziert und kostenlos zu hören. Viele Geschichten sind phantastisch, die meisten regen zum Nachdenken an, einige sind Erlebniserzählungen und hin und wieder sind sie auch komisch. Alle Geschichten sind exklusiv für unseren Podcast geschrieben, gesprochen, aufgenommen, geschnitten und abgemischt. Wir machen keine Werbung, haben keinen Sponsor und es gibt weder Paywall noch Abonnement. Um unabhängig zu bleiben und unsere Arbeit zu finanzieren, suchen wir allerdings nach Unterstützer*innen und haben uns für ‚Steady‘ aus Berlin entschieden. Wer uns monatlich ein paar Euro widmet, kann uns im Blog oder im eigenen Feed zuhören, wie wir uns nach der Aufnahme einer Geschichte über die Hintergründe, Gedanken und Ideen dazu unterhalten. (Gut. Das ist zu hochgestochen und klingt langweiliger, als es ist...

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Expl0356: Das Fermi-Paradox


Das Fermi-Paradox ist eigentlich eine Frage. Wenn es aller Wahrscheinlichkeit im Universum so viel Leben gibt, dann müsste uns doch irgendeine Zivilisation bereits besucht haben, oder? Warum ist das nicht so? Tja, das heutige Hörspiel beantwortet diese Frage. Ein für allemal.

Download der Episode hier.
Closer: „Aliens would conclude no intelligent life on Earth“ von NotPercy203
Musik: „Show Me What You Got“ von Ay und 14Ice / CC BY-NC-ND 3.0

+Skript zur Sendung
Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2016. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs /Clip, das mit seiner 400 Mann starken Besatzung 5 Jahre unterwegs ist, um fremde Galaxien zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt dringt die /Clip in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.

Und wir befinden uns auf der Brücke der /Clip. Die ein Gallert-Ball ist, der mit mehrfacher Lichtgeschwindigkeit durch’s All schießt. Die Kopffüßler vom Planeten /Clip haben schon vor Jahrtausenden entdeckt, dass man Materie nicht auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen kann. Das gilt für alle Materie. Bloß nicht für Götterspeise.

Der Käptain betritt die Brücke. Alle Kopffüßler stehen stramm.

K: Rührt euch! Passt schon! Leutnant /Clip, warum haben sie mich meiner Koje geholt.
L: Sir, wir haben jetzt diesen blauen Planeten erreicht. Klasse M. Unsere Mission ist jetzt seinen Status zu überprüfen, Sir.
K: Oooch, wie langweilig. Muss ich das machen? Können nicht Sie das machen?
L: Sir, das Protokoll verlangt, dass der ranghöchste…
K: Ja, ist ja schon gut. Ist schon gut…

Der Käpt’n schwingt seinen Kopf und seine 12 Tentakel elegant auf den Kommandostuhl und drückt beliebige Tasten, die in der Armlehne integriert sind.

K: O.k., dann machen wir das systematisch. Wann wurde der Planet das letzte Mal gecheckt.
L: Sir, vor ca. 1 Mio. Jahren. Von den Amphinianden von Beta Iridiani.
K: Gut, und was haben die so berichtet?
L: Sir, hier der Bericht:
Bericht 345-455 Alpha-Deuterium.
Sicherheitststufe Public Domain
Analyseprogramm…
K: Ist schon gut! Hören Sie auf! Mir reicht die Kurzversion! Erklären Sie mir das Ergebnis, wie sie es einem Kind erklären würden!
L: Sir, im Ernst, Sir?
K: (genervt) Ja!
L: Also. Es gibt intelligentes Leben. Im Wasser. Das hatte auch das Land erobert. Aber die intelligentesten Lebewesen sind wieder umgekehrt. „Hochkultur? Das ist nichts für uns! Zivilisation? Nein, danke! Wir wollen lieber planlos rumschwimmen, fressen und ficken. Und nicht dafür arbeiten.“ Hat damals der Emissär der Delphine ausgesagt.
K: Aha. Verständliche Einstellung. Keine dummen Wesen, diese Dolphine.
L: Delphine, Sir.
K: Was auch immer. Sonst irgendwelche Zeichen für intelligentes Leben auf diesem Wasserball?
L: Ja, Sir. Unser Scan zeigt eine Rasse, die sich aus Primaten entwickelt hat und Kennzeichen von Intelligenz besitzt.
K: Oooch, schade. Ich dachte, ich kann wieder ins Bett. Und jetzt?
L: Jetzt müssen wir eine Einschätzung vornehmen und diese für alle Lebewesen des Universums protokollieren.
K: Können nicht Sie das machen?
L: Sir, die Regeln schreiben vor, dass der ranghöchste…
K: Ja, schon gut, schon gut… Welche Indizien gibt es denn?
L: Na ja. Diese Primaten haben den ganzen Erdball besiedelt und Städte gebaut, die Demokratie entdeckt und haben mit der Raumfahrt begonnen. Sehr zögerlich.
K: Schön. Aber Sie schauen so kritisch mit ihren Brauenwülsten.
L: Na ja. Sie verbrauchen die Ressourcen ihres Planeten doppelt so schnell, wie sich diese regenerieren können.
K: Wieso das denn? Das ist ja bescheuert! Das soll intelligentes Leben sein? Sie schauen ja immer noch so bös! Was denn noch?
L: Sir, diese Primaten kommen in zwei Geschlechtern…
K: Nur zwei? Das ist kritisch! Das führt immer zu Problemen!
L: Ja, Sir. Diese Primaten, also da regiert nur ein Geschlecht. Das andere wird für schwach gehalten und von Machtpositionen verdrängt.
K: Das ist ja so was von Devon! Können wir den Chef der Primaten raufbeamen und ihm ‘mal die Leviten lesen?
L: Sir, das ist das nächste Problem. Der ganze Ball ist in über 200 kleine Länder aufgespalten. Und die letzten zweitausend Jahre haben die sich bekriegt. Wegen der Ressourcen. Es gibt also keinen „Chef der Primaten“, wie Sie das so schön blumig ausgedrückt haben.
K: Das ist ja alles haarsträubend! Ich denke, wir bleiben bei der Einstufung Wasserball ohne Zeichen von Intelligenz, oder? Nicht? Wieso kucken Sie jetzt denn immer noch so komisch?
L: Sir, es gibt auch Zeichen von Intelligenz bei dieser Spezies.
K: Ooch, das auch nichts einfach sein kann!
L: Zum einen haben sie vor ca. 70 Jahren die Atomkraft entdeckt. Und zuerst einmal eine Waffe gebaut.
K: Klar, wie wir auch vor 300.000 Jahren.
L: Ja, Sir. Aber diese Waffe haben die Primaten nur zweimal eingesetzt. Dann haben sich dir großen Länder so viele Raketen gebaut, dass sie den Ball ein paar Mal hätten sprengen können.
K: Klar, wie wir auch.
L: Ja, Sir. Aber das haben sie nicht gemacht. Nach den ersten zwei Bomben kam nie wieder eine zum Einsatz.
K: Mist. Das ist schon ziemlich intelligent. Sonst noch ‘was?
L: Na ja, Sir. Diese Primaten schaffen die ganze Zeit Werke, die nicht primär der Ernährung oder der Fortpflanzung dienen…
K: Au weh! Ein Künstlerplanet!
L: Ja, Sir. Die sind richtiggehend süchtig nach Bildern, Musik oder Filmen. Sie können gar nicht anders.
K: Musik? Ah! Da kenne ich mich auch ein bisschen aus! Können Sie irgend etwas vorspielen?
L: Kann ich, Sir. Die Primaten betreiben hunderttausende von Sendern, die Musik per Radiowellen übertragen. Ich picke ‘mal irgendeinen zufällig raus…

/Clip Modern Talking

Die ganze Mannschaft erstarrt. Der Kopf des Navigationsoffiziers platzt. Von den Wänden des Raumschiffs beginnt die Götterspeise zu tropfen.

K: Schalten Sie das aus! Um Gottes Willen! Schalten Sie das aus.

Es wird sehr still auf der Brücke der /Clip. Ein Tropfen Götterspeise fällt zu Boden. Man kann das hören. Wir werden Zeuge, wie sich das Raumschiff mit Überlichtgeschwindigkeit entfernt.

Und dieses Geschehen ist die Antwort auf das Fermi-Paradox. Enrico Fermi hat 1950 die Frage formuliert: Wenn das Weltall also voller Leben ist, warum war dann noch keiner hier?
Ihr, geneigte Hörende, wisst jetzt die Antwort. Sie lautet: Modern Talking.


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 January 8, 2016  11m