So ein Filmabspann ist ja verwirrend lange und die meisten Bezeichnungen sagen einem ja nichts. Best Boy, Gaffer oder Key Grip. Und was ist eigentlich ADR? O.k., Additional Dialogue Recording, das war schnell gegoogelt. Aber wozu braucht man das?
Download der Episode hier.
Opener: „He’ got lowest voice in the world“ von anil CNN
Closer: „Deutsche Synchronsprecher Bart und Lisa“ von hiwi234
Kleiner Fehler: In der Sendung sage ich den falschen Titel an. Das ist der richtige…
Musik: „Voices“ von FREEKY CLEEN & DICKEY F / CC BY-NC-ND 3.0
Und die Sendung 275 war komplett dem völlig unterbewerteten Beruf des Cutters gewidmet. Der nach dem Regisseur und dem Drehbuchautor wahrscheinlich der wichtigste Mensch in so einer Filmproduktion ist. Und es macht auch wirklich viel Spaß, sich mit Schnitt-Technik zu beschäftigen, das ist wirklich eine große Kunst.
Nachdem animierte Filme immer populärer werden, gibt es noch einen Beruf, der plötzlich in den Vordergrund tritt. Den des Voice Actors. Des Stimmen-Schauspielers.
Unvergessen zum Beispiel Jeremy Irons als der Löwe Scar im König der Löwen.
/Clip Jeremy Irons
Und der kann auch singen!
/Clip Jeremy Irons sings
Bloß, die Wahrheit ist: Jeremy Irons kann gar nicht singen. Null.
Bei der Produktion des König der Löwen stellte sich das sehr zum Entsetzen von Elton John und Tim Rice leider etwas spät heraus. „Man hört seiner Singstimme jede einzelne Malboro an, die er im Leben je geraucht hat“, meinte Elton John.
Also griff er sich den Telefonhörer – ja, es war 1993, da hatte noch nicht jeder ein Handy – und rief Jim Cummings an. Einen bekannten Voice Actor. Er spricht zum Beispiel Winnie Pooh oder Tigger in der Disney-Fernsehserie. Und der kam vorbei und sang den Song, den ihr da oben im Ausschnitt gehört habt.
Denn ein Teil der Voice Actors hat sich spezialisiert auf das Voice Matching. Ein Voice Match, oder – altmodischer – ein Soundalike, ist eine Person, die genauso klingt wie ein Schauspieler. Oder besser noch: Mehrere Schauspieler. In Deutschland würden wir sagen: Ein Synchronsprecher.
Wofür braucht man aber einen Synchronsprecher, wenn man doch das Original zur Verfügung hat? Das ist eine berechtigte Frage, denn die Tätigkeit eines Voice Matchs bleibt in der Regel verborgen. In den allermeisten Filmen werden die gar nicht im Abspann erwähnt, bestenfalls gesammelt im Menüpunkt ADR. Das bedeutet in der Langversion „Additional Dialogue Recording“.
Aber, noch einmal: Wofür braucht an das? Und hier ist das Erstaunliche: Man braucht das sehr, sehr oft. Fast in jeder größeren Produktion hat jeder von uns das schon einmal gehört, ohne es zu merken oder zu wissen. Also, wenn ihr ab und zu einen Film im Original kuckt.
Da ist zum Beispiel das Szenario, dass es bei der Aufnahme zu technischen Problemen kam. Das Mikrofon Nummer 23 hat einfach seinen Dienst versagt. Manchmal ist auch eine Action-Szene zu laut geraten. Dann muss der Dialog nachgesprochen werden. Oder, auf Drängen eines Fernsehsenders, müssen aus einem Film die swear words entfernt werden. Also zum Beispiel die 250 Fucks aus Big Lebowski. Nee, nur ein Scherz. Oder ein Darsteller hat beim Dreh etwas nicht so optimal gelöst. Zum Beispiel scheint Cameron Diaz so seltsam zu schreien, wenn sie im Film in Panik gerät, dass das oft Jessica Gee-George noch einmal in schön für sie machen muss.
In letzter Zeit ist noch eine Verwendung häufig geworden: Nachdem es mittlerweile üblich wird schon Teaser vor den Trailern zu veröffentlichen, um den Markt vorzuheizen, sind manchen Dialogzeilen von den Stars noch gar nicht eingesprochen. Oder finden im Film gar nicht statt.
Dann braucht man ADR. Additional Dialogue Recording. Und dann müssten sich die Schauspieler noch einmal in die Sprechkabine begeben.
Nun kann es aber sein, dass der entsprechende Schauspieler nicht zur Verfügung steht.
Meistens aus einem von vier Gründen. Zum Beispiel ist er gerade auf der anderen Seite des Planeten. Oder sie ist gerade erkältet. Oder er verlangt für das zusätzliche Aufnehmen zuviel Kohle. Oder, und das ist ein häufiger Grund: Sie will es nicht machen oder er kann es nicht.
Denn das ist keine einfache Aufgabe. Im Gegensatz zum Synchronsprechen, wo die Lippenbewegungen nie 100% passen können, muss man als Voice Match ganz genau aufpassen, wie sich die Lippen bewegen. Das amerikanische oder englische Publikum ist nämlich Synchronisierungen nicht gewöhnt und bemerkt da kleine Ungenauigkeiten genau.
Und dann ist die Situation in so einer Sprechkabine für viele Schauspieler auch ungewohnt. Anders als am Set ist man da nicht von Leuten umgeben. Sondern man steht ganz allein in einem nahezu schalltoten Raum und erhält die Anweisungen vom Regisseur über den Kopfhörer.
Und es gilt natürlich auch zu beachten, welche Stimmung darzustellen ist. Grob gesagt: War man beim Dreh an der Stelle im Film außer Atem, dann muss man es jetzt auch glaubwürdig. Oder wütend. Oder angetrunken. Oder verführerisch.
Und das können manche Schauspieler einfach nicht. Und andere wollen das nicht, weil es einfach zu schwierig ist.
Dafür sind dann Voice Matches da. Soundalikes. Unbekannte Helden Hollywoods. Die so gar einen gewissen Stolz aus der Tatsache ziehen, dass man sie nicht kennt. Nur wenige Namen stechen da ein bisschen heraus. Einer der bekanntesten ist Stephen Stanton.
Und mit dem machen wir ein kleines Quiz. Ich spiele ein Soundschnipsel vor und ihr müsst raten, welchen Schauspieler er da matcht. Wenn ihr ab und zu Filme im Original hört, ist das ganz witzig.
Also: Erst der Clip, dann sage ich die Auflösung. Und natürlich heißt die ganz, ganz richtige Auflösung in jedem Fall Stephen Stanton, schon klar…
/Clip Stephen Stanton
Das ist schon ziemlich verblüffend, oder? Eine verborgene, schwarze Kunst. Voice Match.