Anders & Wunderlich: Der Geschichten-Podcast

Der Mensch hat die Sprache beim Geschichtenerzählen erfunden. Geschichten erklären die Welt. Sie können uns Mut oder Angst, Freude oder Trauer fühlen lassen, uns Wissen oder Weisheit vermitteln. Eine Geschichte ist kein Werk, sondern ein Akt. Wir denken, schreiben, sprechen und Du hörst uns zu – so kommt sie erst in die Welt. Wir haben über 75 Stunden im Archiv, professionell produziert und kostenlos zu hören. Viele Geschichten sind phantastisch, die meisten regen zum Nachdenken an, einige sind Erlebniserzählungen und hin und wieder sind sie auch komisch. Alle Geschichten sind exklusiv für unseren Podcast geschrieben, gesprochen, aufgenommen, geschnitten und abgemischt. Wir machen keine Werbung, haben keinen Sponsor und es gibt weder Paywall noch Abonnement. Um unabhängig zu bleiben und unsere Arbeit zu finanzieren, suchen wir allerdings nach Unterstützer*innen und haben uns für ‚Steady‘ aus Berlin entschieden. Wer uns monatlich ein paar Euro widmet, kann uns im Blog oder im eigenen Feed zuhören, wie wir uns nach der Aufnahme einer Geschichte über die Hintergründe, Gedanken und Ideen dazu unterhalten. (Gut. Das ist zu hochgestochen und klingt langweiliger, als es ist...

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Expl0325: James Bond nervt


Der James Bond meiner Jugend war Roger Moore. Dessen James Bond kann man heute nicht mehr ertragen – da schaut man besser Austin Powers – das ist die bessere Unterhaltung. Mittlerweile geht mir James Bond aber nur noch auf die Nerven und ich kann auch erklären, warum!

Download der Episode hier.
Opener: Explikator-Sendung 0132: Rente für James Bond
Closer: „All 24 James Bond Theme Songs Performed in a Minute“ von Chad Neidt
Beitragsbild: „James Bond 007 10“ von Themeplusb/ CC BY-SA 3.0
Musik: „Agent“ von Darius Makowski / CC BY-NC-SA 3.0

+Skript zur Sendung
Es ist wieder James-Bond-Zeit! Jeder redet über den schlechtesten Geheimagenten aller Zeiten. Ein Relikt aus anderen, schlechteren Tagen. Warum dieser Franchise überhaupt noch relevant ist, bleibt mir ein komplettes Rätsel. Und dann auch noch so erfolgreich. In Großbrittanien hat der letzte Film „Spectre“ schon jetzt den erfolgreichsten Filmstart aller Zeiten hingelegt.

Klar, ich hab’ die Filme auch gesehen. Aber das zählt nicht, weil ich ja eh’ jeden Scheiss kuck. Aber bei diesem Bond bin ich mir nicht sicher, ob ich das noch tu’. Aber ich hab` natürlich gute Gründe.

Zum ersten…
ist Bond ja wohl das frauenfeindlichste und sexistische Arschloch aller Zeiten. Wenn ihr mir nicht glaubt, dann fragt Daniel Craig oder Pierce Brosnan – die sagen das beide auch. Bei James Bond werden Frauen verprügelt, einfach weil es Frauen halt manchmal nötig haben.

Trotzdem will jede Frau mit ihm schlafen. Und er auch mit jeder Frau. Seine Verführungskünste lassen sich so zusammenfassen: Frauen wollen vor dem Sex ausgezogen werden.

Wenn Vespa sich traumatisiert in die Dusche zurückzieht, weil sie Zeuge geworden ist, wie Bond jemanden kaltblütig erschossen hat. Dann steigt Bond einfach mit in die Dusche und zuzelt an ihren Fingern: Zack – posttraumatische Belastungsstörung geheilt!

Dass er mit seinen Machokräften auch Lesben von ihrer Perversion kurieren kann, ist logisch. KEINE Frau kann ihm widerstehen. In diesem Fall reicht eine kleine Vergewaltigung im – jawohl, im Heu, darum liegt das hier ‘rum – und schon schwört Pussy Galore der Liebe zum eigenen Geschlecht ab.

Und überhaupt: Diese Namen! Pussy Galore! Wer nennt denn sein Kind Pussy, wenn er Galore mit Nachnamen heißt, bitteschön? „Ja, Herr und Frau Massenweise, kein Problem, dann heißt ihre Tochter Muschi. Muschi Massenweise!“ Aber das muss schon sein. Mit einer Rosemarie Müller würde sich Bond nicht einlassen. Da muss frau sich schon umtaufen. Meine Empfehlung: Nachname „NimmMichBond“, Vorname: „Vagina“.

Zum zweiten…
Wie schon im Opener erwähnt – schön, dass ich mich mittlerweile selbst referenzieren kann – Bond ist der ungeheimste Agent der Welt. Klar, wir wollen auch nicht echte Agenten bei der Arbeit sehen, denn das ist per Definition ein langweiliger Anblick. Denn die versuchen aus beruflichen Gründen so unauffällig wie möglich zu sein. Schon, wenn Verdachtsmomente entstehen, werden sie abgezogen.

Das ist so wie in: „Guten Tag. Ich bin von Beruf Taschendieb.“
„Ach? Könnten Sie ‘mal auf meine Handtasche aufpassen, bitte schön?“

O.k. Bedenken wir kurz, dass heute jeder einen Fotoapparat und eine Videokamera in der Hosentasche trägt, oder? Und dann schauen wir auf „Die Welt ist nicht genug“ – da war das auch schon so. Da wird ein Anschlag auf das Hauptquartier des MI6 verübt.

Das übrigens mitten in London liegt. Wahrscheinlich fahren die Top-Agenten da mit der U-Bahn hin. Eine Aktentasche unter dem Arm. Feindliche Agenten müssen nur vor dem Eingang warten und können alle britischen Spione bequem knipsen. Was? Aaach! Ein Geheimeingang!

Na, wurst. Auf jeden Fall bricht Bond dann auf, denn Attentäter zu verfolgen. Mit so einem kleinen Raketenboot. Durch die Innenstadt, die Themse entlang. Dann steigt er um in einen Heissluftballon. Um schließlich am Millenium Dom zu hängen. Einem Touristenmagneten. Ich bin mir sicher, dass hat KAAINER fotografiert…

Das reicht eigentlich für einen Geheimagenten zur fristlosen Entlassung, denke ich.
Aber das führt zum nächsten Punkt:

Zum dritten…
Bond macht nie, was er gesagt bekommt. Lassen wir ‘mal außen vor, dass Q ihn ständig macht, dass Techno-Spielzeug nicht kaputt zu machen. Was er nie macht. Versteh’ ich schon. Ein running gag…
Aber schauen wir uns doch einmal den bislang erfolgreichsten Bond ‘mal genauer an. Das ist „Skyfall“ – eine Milliarde Dollar Umsatz. Der beweist, dass Bond eigentlich eine Pfeife ist.

Da ist also dieser Patrice. Der hat eine Liste Agenten geklaut. Die soll Bond wiederholen. Dabei wird er angeschossen. Von Moneypenny. Also schon mal ein Bock gebaut.
Dann kehrt er wieder zurück. Und muss eine Reihe von Tests machen, um zu beweisen, dass er noch tauglich ist.
Die verhaut er alle. Aber er darf trotzdem weiter lizenztöten. Sagt seine Bossin. Warum er dann diese Tests machen muss, lassen wir mal aussen vor…
Dann fängt er diesen Patrice, der aber vorher noch jemanden tötet. Ach, die Liste? Von der redet schon keinner mehr.
Dann fängt ihn der Oberbösewicht, er scheitert an dem nächsten Schusstest, seine neue Freundin wird erschossen und erst DANN ruft er um Schützenhilfe.
Der Bösewicht flüchtet. Und richtet ein Massaker am Picadilly-Circus an. Und flüchtet noch einmal.
Bonds Plan ist dann: Ich nehme meine Bossin und kehre in ein alleinstehendes Haus fernab der Zivilisation zurück. Da werden mein arthritischer Hausmeister und ich alleine meine Chefin retten. Vor einer überwältigenden Gegnerschaft mit modernen Kampfhubschraubern. Ich, mein Hausmeister und eine Schrotflinte.
Klappt natürlich nicht und seine Bossin stirbt in seinen Armen. Die Liste ist auch weg.
Und dafür kriegt er dann eine Beförderung und noch einen Film? Im Ernst?

Zum vierten…
…die welterobernden Bösewichter. Der eine hat eine radioaktive Insel, Dr. No, der nächste eine Jahrmarktsinsel, Scaramanga, der dritte einen Vulkan umgebaut und der vierte hat unbemerkt eine ganze Raumstation gebaut. Im Ernst? Für was zahlen wir den BND oder die NSA eigentlich? Da muss ein einzelner Schotte ins Weltall aufbrechen?

Zum fünften…
Bond tötet nur Behinderte. Dr. No hat künstliche Hände, Stromberg hat Schwimmhäute, Scaramanga hat eine dritte Brustwarze, Reynard hat eine Kugel im Kopf, die ihn töten wird, Largo hat nur ein Auge, der Silva von oben hat nur noch ein halbes Gesicht und einen Ödipuskomplex, Blofeld ist Rollstuhlfahrer und der Beisser hat einen Zahnarzt, der nur mit Altmetall arbeitet. Und lasst uns nicht die ganzen Kleinwüchsigen vergessen, die er tötet. Eine Spezialität von Bond.

Man kann nur hoffen, dass er niemals auf den Paralympics eingesetzt wird, das wäre ein Massaker!

Und der letzte Grund: Bondfilme sind absehbar. Egal, ob die aus der Austin-Powers-Zeit mit Connery oder Moore, oder die aus der Punisher-Zeit oder die heutigen Bourne-Filme. Am Ende gewinnt natürlich Bond.

Puh, genug gerantet. Ihr ahnt es wahrscheinlich. Irgendwie mag ich Bond immer noch. Ist wie ein Schulfreud, mit dem man aufgewachsen ist.

Hat halt den falschen Beruf ergriffen. Und erzählt einem etwas vom Pferd, wie aufregend sein Leben so ist. Aber irgendwie hat man sich an ihn gewöhnt. Man nimmt ihn nicht besonders ernst, aber man mag ihn…


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 November 12, 2015  14m