Anders & Wunderlich: Der Geschichten-Podcast

Der Mensch hat die Sprache beim Geschichtenerzählen erfunden. Geschichten erklären die Welt. Sie können uns Mut oder Angst, Freude oder Trauer fühlen lassen, uns Wissen oder Weisheit vermitteln. Eine Geschichte ist kein Werk, sondern ein Akt. Wir denken, schreiben, sprechen und Du hörst uns zu – so kommt sie erst in die Welt. Wir haben über 75 Stunden im Archiv, professionell produziert und kostenlos zu hören. Viele Geschichten sind phantastisch, die meisten regen zum Nachdenken an, einige sind Erlebniserzählungen und hin und wieder sind sie auch komisch. Alle Geschichten sind exklusiv für unseren Podcast geschrieben, gesprochen, aufgenommen, geschnitten und abgemischt. Wir machen keine Werbung, haben keinen Sponsor und es gibt weder Paywall noch Abonnement. Um unabhängig zu bleiben und unsere Arbeit zu finanzieren, suchen wir allerdings nach Unterstützer*innen und haben uns für ‚Steady‘ aus Berlin entschieden. Wer uns monatlich ein paar Euro widmet, kann uns im Blog oder im eigenen Feed zuhören, wie wir uns nach der Aufnahme einer Geschichte über die Hintergründe, Gedanken und Ideen dazu unterhalten. (Gut. Das ist zu hochgestochen und klingt langweiliger, als es ist...

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Expl0311: Zeitreisen


Wenn irgendwo in der Beschreibung eines Films das Wort „Zeitreise“ vorkommt, dann reicht’s mir in der Regel schon. Denn dann platzt der Plot wegen all der Paradoxe und Pannen. Das gilt selbst für „Zurück in die Zukunft“. Zum Glück hat das auch Doc Brown erkannt und stellt heute seine Experimente ein. Hörspiel.

Download der Episode hier.
Opener: „Nellie the Elephant Goes Time Travelling“ von Pora Nace
Closer: „Bill & Ted’s Excellent Adventure HD Trailer“ von wormontheweb
Musik: „All I Ever Wanted“ von Devon Elizabeth / CC BY 3.0

+Skript zur Sendung
Unsere heutige Geschichte beginnt und endet in Doc Browns Garage. Ja, der Doctor Emerett Brown aus „Zurück in die Zukunft“. In der Garage steht der berühmte DeLorean mit dem Flux-Kompensator. Und viel technischer Schnickschnack. Der Raum ist dunkel, nur in der Ecke flimmert ein alter, kleiner Röhrenfernseher. Es läuft „McGuyver“. Ohne Ton.

Davor sitzt Doc Brown und trinkt ein Bier. Zwei, drei Sixpacks stehen neben ihm auf dem Boden und auch schon ein paar leere Flaschen.

Marty McFly kommt aufgeregt in die Garage gerannt.

MM: „Da sind sie ja, Doc! Ich hab’ sie schon im gesamten Haus gesucht! Wir müssen jetzt aufbrechen! Zurück in die Vergangenheit!“
DB: „(Mit schwerer Zunge) Zeitreisen in die Vergangenheit sind unmöglich. Ich habe noch einmal nachgerechnet – das ist physikalisch einfach nicht möglich!“
MM: „Aber ich muss in Jahr 1955 zurück! Ich muss! Damit sich meine Mutter in mich verliebt, aber dann doch in meinen Vater. Das ist jetzt eben der Lauf der Geschichte! Und die Tatsache, dass es mich gibt, ist der Beweis, dass es eben doch möglich ist!“
DB: „Pfft. Marty McFly, das Physikgenie! Das ich nicht lache!“

Doc Brown öffnet noch ein Bier.
Plötzlich beginnt es in der Luft zu knistern, als ob alles im Raum elektrisch geladen wäre. Es bildet sich ein leichtende, zischende Halbkugel auf dem Boden auszubreiten. Es kommt zu einer lauten, elektrischen Entladung. Auf einmal kniet am Boden ein nackter, österreichischer Bodybuilder.

Die Figur schreitet breitschultrig auf Doc Brown zu und sagt:
AS: „Deine Kleider. Gib’ sie mir!“
DB: „Den Teufel werde ich tun! Was willst Du hier, Du Clown?“
AS: „Marty McFly muss sterben. Damit Sarah Connor nie geboren wird.“
MM: „Moment, Moment! Ich habe noch nie im Leben von einer Sarah Connor gehört!“
AS: „Du wirst ins Jahr 1955 zurückreisen…“
MM: „Sehen Sie, Doc!“
DB: „Pfft! (Flaschensound)“
AS: „Und von einer Gruppe Halbstarker verfolgt werden. Doch auf dem Skateboard entkommen. Dabei rempelst Du einen Studenten an, der vom Bürgersteig stolpert. Dort findet er eine Geldbörse mit 140 Dollar. Die gibt er bei der Polizei ab. Der glückliche Besitzer gibt ihm $ 40,- Finderlohn. Damit fährt dieser Student am Wochenende mit dem Greyhound nach San Francisco. Wo er eine junge Frau kennenlernen wird. Die ihn zwei Wochen später besuchen kommt. Deswegen machen die Mitbewohner dieser jungen Frau eine Party. Die bestellen dann Pizza, die ein anderer junger Student vorbeibringt. Eine der Besucherinnen der Party kommt ins Gespräch mit diesem Pizzaboten und die beiden verlieben sich. Und zeugen fünf Jahre später Sarah Connor.“
MM: „Also, wenn ich nicht in die Vergangenheit reise, dann passiert ‘was…“
AS: „Keine Sarah Connor. Kein menschlicher Widerstand. Skynet regiert die Welt.“
DB: „So ein Quatsch! Ohne menschlichen Widerstand baut Skynet auch keine Terminatoren, die extra menschlich aussehen, um genau diesen Widerstand zu infiltrieren. Und damit gibt’s Dich gar nicht. Wenn Dein Plan also aufgehen würde, wärst Du gar nicht hier!“

Doch während Doc Brown so vor sich hinphilosophiert, hat der Terminator Marty McFly schon erwürgt. Und löst sich im Moment des Exitus in Luft auf.

DB: „Pfft.“ (Bierflaschensound.)
Plötzlich fliegt die Seitentür durch den Raum und Superman betritt den Raum.

DB: „Ach verdammt! Wer repariert das denn jetzt wieder! Die Garagentür steht meilenweit auf, Du Superclown! Was willst Du?“
SM: „Auf allen Radiostationen der Welt läuft nur noch Klassik und Jazz. Das ist eine temporale Störung. Und die hat hier ihr Epizentrum!“
DB: „Klar. Wenn Marty nicht in die Fünfziger zurückkehrt und nicht „Johnny B. Good“ auf dem Abschlußball spielt, dann kann auch niemand Chuck Berry anrufen und ihm das vorspielen. Also wird die Rockmusik nie entwickelt. Aber Marty kann nicht in die Vergangenheit reisen, weil er nicht mehr lebt.“
SM: Das werde ich ändern. Ohne Musik von Queen ist dieser Planet für mich unerträglich!“

Und Superman fliegt los. Und rast so schnell er kann immer wieder in Gegenrichtung um den Planeten. Wie er das in Superman III gemacht hat. Und tatsächlich – es klappt! Wir befinden uns plötzlich wieder genau eine Minute vor den Ereignissen dieser Sendung in der Garage.

Wir sehen, wie Marty sich der Garage nähert – er lebt! Dann materialisiert sich aus dem Nichts plötzlich ein Buckelwal über ihm. Steht kurz in der Luft und – platsch – landet vor der Garage, aber auf Marty.

Zwei seltsam gekleidete Gestalten erscheinen in der Garage. Eine trägt eine weiße Robe und ein Stirnband, die andere ein lockiges Toupet.

K: „Das tut mir leid! Scottie hat die falschen Koordinaten eingegeben! Eigentlich sollte der Wal in unser Raumschiff gebeamt werden, sorry! Hoffentlich ist nichts Schlimmes passiert!“
DB: „Ach, ihr zwei! Vom Raumschiff Enterprise! Ihr wollt den Wal mit in die Zukunft nehmen, weil die bei euch ausgestorben sind, stimmt’s?“
K: „Stimmt genau. Aber woher wissen Sie das?“

Die Gestalt mit dem Stirnband hebt eine Augenbraue und meint nur: „Faszinierend!“

DB: „Das ist ja auch so ein Idiotenplan. Wie wollt ihr denn mit einem Wal eine neue Population aufbauen?
K: „Aber das haben wir natürlich bedacht! Wir sind ja aus der Zukunft! Der Wal ist ein Weibchen. Und sie ist schwanger! So!“
DB: „Ach ja? Und die kriegt dann mit ihrem Sohn zwei halbdoofe Walkinder. Und diese Geschwister kriegen dann vier ganz doofe Babies, die wieder miteinander… Das ist der Plan? Schon ‘mal daran gedacht, dass das Baby im Bauch vielleicht ein Weibchen ist?“
(Pause)
DB: „Das dachte ich mir, ihr Westernhelden aus der Zukunft! Schaut ‘mal in eure Biologiebücher! Um eine gesunde Population aufzubauen, müsst ihr mindestens 150 Exemplare mitnehmen!“

K: „Was? Aber? Stimmt das, Spock!“
S: „Faszinierend, aber der komische Mann hat recht, Captain!“

K: „Dann müssen wir das eben machen! Dann fliegen wir eben 150 Mal mit Warp 10 um die Sonne und reisen so in die Vergangenheit. Und holen eben 150 dieser Buckelwale. Aber wir müssen die Erde retten!“

DB: „Toller Plan! Wisst ihr, warum diese Wale vom Aussterben bedroht sind? Und was das bedeutet? Es bedeutet, dass es nur noch so wenige gibt, dass die Population vielleicht nicht mehr erhaltensfähig ist! Wenn ihr 150 dieser Wale in die Zukunft mitnehmt, dann seid ihr der Grund, dass sie in unserer Zeit ausgestorben sind, denn das sind wahrscheinlich alle!“

K: „Aber… Stimmt das, Spock?“
S: „Faszinierend. Auch dieses Mal hat der alte Mann recht, Captain. Wenn wir die Mission abbrechen, dann sterben die Wale nicht aus und die Probleme in der Zukunft haben sich nie ereignet!“

K: „Scottie, beam uns hoch! Die Mission ist abgebrochen!“

Die beiden seltsamen Gestalten verschwinden.

DB: „Hey, und der Wal! Lasst ihr den einfach auf Marty vor meiner Garage liegen?“

Der Wal verschwindet plötzlich von selber, wie vorher der Terminator auch.

DB: „Pfft. Zeitreisen! Einfach unmöglich…“

Es wird sehr still in der Garage. Ein Bierdeckel fällt zu Boden. Man kann das hören.

Neben Martys leblosem Körper materialisiert sich eine rote Telefonzelle…


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 October 23, 2015  13m